bwp@ 41 - Dezember 2021

Führung und Management beruflicher Schulen

Hrsg.: Karl Wilbers, Nicole Naeve-Stoß, Cornelia Wagner-Herrbach & Franz Gramlinger

Erfolgreiche Umsetzung von Berufsbildungsreformen dank geteilter Führung und agiler Schulentwicklung?

Beitrag von Reto Wegmüller
bwp@-Format: Aus der Praxis
Schlüsselwörter: Bildungsreform, Schulentwicklung, agiles Projektmanagement, geteilte Führung

Die aktuellen Berufsbildungsreformen im Bereich des Detailhandels und der Kaufleute sind für Berufsfachschulen in der Schweiz eine große Herausforderung. Die konsequente Ausrichtung auf berufliche Handlungskompetenzen mit gleichzeitigem Wegfall der bekannten Schulfächer stellt einen Paradigmenwechsel dar. Das Kaufmännische Bildungszentrum Zug baut für eine erfolgreiche Umsetzung der Reformen auf die etablierte Tradition der Schulentwicklung unter Einbezug des Kollegiums auf. Dies wird durch Elemente des agilen Projektmanagements und der geteilten Führung in Schulentwicklungsprojekten gezielt erweitert.

Successful implementation of VET reforms thanks to shared leadership and agile school development?

English Abstract

The ongoing VET reforms in the retail and commercial sectors are a major challenge for vocational schools in Switzerland. The consistent focus on vocational competences with the parallel elimination of the familiar school subjects represents a paradigm shift. For a successful implementation of the reforms, the Kaufmännisches Bildungszentrum Zug uses the established tradition of school development with the involvement of the teaching staff. This is specifically extended by elements of agile project management and shared leadership in school development projects.

1 Berufsbildungsreformen

In der Schweizer Berufsbildung ist es üblich, dass die Ausbildungsberufe regelmäßig überprüft und den sich verändernden Gegebenheiten angepasst werden. Ziel dieser Berufsreformen ist es sicherzustellen, dass die angehenden Berufsleute praxis- und arbeitsmarkgerecht ausgebildet werden. Dabei sind die Organisationen der Arbeitswelt OdA für die Weiterentwicklung verantwortlich. Die Prüfung und Genehmigung der neuen Bildungsverordnungen und Bildungspläne erfolgt im Anschluss durch das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation SBFI.

Die Berufsbildungsreformen Verkauf 2022+ und Kaufleute 2022 wurden im Rahmen einer umfassenden Berufsfeldanalyse durch die zuständigen Organisationen der Arbeitswelt in den letzten Jahren erarbeitet und im Laufe dieses Jahres durch die Schweizerische Eidgenossenschaft erlassen. Sie treten im Fall des Detailhandels (Einzelhandel) auf Lehrbeginn im Sommer 2022 und bei den Kaufleuten auf Lehrbeginn im Sommer 2023 in Kraft. Die Berufsfelder des Detailhandels und der Kaufleute stellen in der Schweiz mit den dreijährigen beruflichen Grundbildungen der Detailhandelsfachleute bzw. Kaufleute mit eidgenössischen Fähigkeitszeugnis zwei der drei größten Ausbildungsberufe dar. Zusätzlich sind von den Reformen auch die entsprechenden Berufsmaturitätsausbildungen sowie die zweijährigen Attestausbildungen betroffen.

Die Ausrichtung auf die zukünftigen Arbeitsmarktanforderungen führt zu einer konsequenten Orientierung entlang der Handlungskompetenzen der angehenden Berufsleute. Dies bedeutet u.a., dass an allen drei Lernorten, also im Betrieb, in den überbetrieblichen Kursen und in der Berufsfachschule die Ausbildung in Handlungskompetenzbereichen stattfindet. Für die Berufsfachschulen bedeutet dieser Paradigmenwechseln, dass künftig nicht mehr in den traditionellen Schulfächern wie bspw. Deutsch, Englisch, Wirtschaft und Gesellschaft unterrichtet wird, sondern in interdisziplinieren Kompetenzbereichen (Beispiel: Kaufleute EFZ Handlungskompetenzbereich A – Handeln in agilen Arbeits- und Organisationsformen).

Die entsprechende Umsetzung an den Berufsfachschulen gilt sowohl in pädagogischer, personeller als auch organisatorischer Hinsicht als herausfordernd und komplex. Die didaktische Aufbereitung der beruflichen Handlungssituationen setzt disziplinäres und interdisziplinäres Wissen gleichermassen voraus. Lehrpersonen müssen die aktuellen betrieblichen Lern- und Arbeitssituationen der Lernenden kennen, um das berufliche Lernen und Reflektieren darauf auszurichten.

Weiterführende Informationen zu den Veränderungen in den Berufsfeldern des Detailhandels und der Kaufleute sind bei den jeweiligen Trägerschaften einsehbar (Kaufleute SKKAB https://www.skkab.ch/fachinformationen/ bzw. Detailhandel BDS https://www.bds-fcs.ch/de/Info-Komm).

2 Kaufmännisches Bildungszentrum Zug

Das Kaufmännische Bildungszentrum Zug ist zuständig für die berufliche Grundbildung der angehenden Kaufleute und Detailhandelsleute im Kanton Zug. Dabei entfällt rund zwei Drittel der Lernenden auf das Berufsfeld der Kaufleute. Darüber hinaus bietet die Bildungsinstitution zahlreiche Weiterbildungsangebote in den Bereichen Finanzen, Handelsschule, Management und Führung, Marketing und Verkauf, Sprachen, Personal, Office Management, Detailhandel und Immobilien an. Über 150 Lehrpersonen unterrichten jährlich gut 1.000 Lernende in der Grundbildung und gegen 2.000 Teilnehmende in Kursen, Lehrgängen und an der Höheren Fachschule für Wirtschaft.

Im Jahr 2015 wurde das Kaufmännisches Bildungszentrum Zug mit dem Schweizer Schulpreis ausgezeichnet. Gemäss dem Jurybericht erfolgte dies u.a. aufgrund den von den Lehrpersonen gemeinsamen getragenen Lehr- und Lernkonzepte, die innovativen Unterstützungsprogramme sowie die aktuellen IT-gestützte Methoden im Unterricht.

Diese Auszeichnung hat auch damit zu tun, dass das Kaufmännisches Bildungszentrum Zug eine lange Tradition erfolgreicher Schulentwicklung aufweist. Dies zeigt sich beispielsweise daran, dass im Jahr 1998 ein innovatives Lehr- und Lernkonzept unter dem Namen MittelPunkt gemeinsam erarbeitet und in den folgenden Jahren umgesetzt wurde. Vor rund zehn Jahren wurde im Kollegium deutlich proklamiert, dass – auch wenn dies in den bestehenden Bildungsplänen nicht enthalten ist – die digitalen Medien im Unterricht einen festen Stellenwert einnehmen sollen. So wurde in den Jahren 2013 bis 2017 ein Konzept zum Einsatz von digitalen Medien im Unterricht erarbeitet, erprobt und optimiert. So, dass ab 2017 digitale Medien mit dem Ansatz von Bring your own Device (ByoD) flächendeckend eingeführt wurden. Die digitalen Medien dienten dabei einerseits als Unterrichtsgegenstand und andererseits als Hilfsmittel beim Lernen. Das Byod-Konzept wie auch das methodisch-didaktische Konzept stellen eine ideale Grundlage für die Reformumsetzung dar und erlauben es, dass gewisse Entwicklungsschritte im Vergleich zu anderen Berufsfachschulen beschleunigt angegangen werden können.

Die vorstehenden Schulentwicklung am Kaufmännischen Bildungszentrum Zug erfolgt immer durch einen partizipativen Ansatz und einem Einbezug des Kollegiums. Die Führung der jeweiligen Schulentwicklungsprojekte oblagen dem zuständigen Schulleitungsmitglied. Dabei stellt das 3-Wege-Modell von Rolff (2016) das vorherrschende Grundverständnis dar, an welchem sich die jeweiligen Verantwortlichen ausrichten. Dies bedeutet somit, dass am Kaufmännischen Bildungszentrum Zug Unterrichts-, Personal- und Organisationsentwicklung als holistischer Schulentwicklungsprozess verstanden und gelebt wird.

3 Reformumsetzung an der Einzelschule

Seit Herbst 2019 sind erste Eckpunkte der Reformen bekannt und die verschiedenen Berufsbildungsakteure konnten schrittweise mit der Planung der Umsetzungsschritte beginnen. Es gilt diesbezüglich aber zu beachten, dass der Erlass von Bildungsverordnungen und -plänen erst in diesem Jahr erfolgte und wichtige Umsetzungsinstrumente erst im Herbst 2021 vorliegen werden. Am Kaufmännischen Bildungszentrum Zug, welches sämtliche vorerwähnten berufliche Grundbildungen anbietet, werden die Reformen im Rahmen von agiler Schulentwicklung und geteilter Führung angegangen. Bei der Umsetzung der Berufsbildungsreformen sollen die positiven Erfahrungen aus vorangegangenen Schulentwicklungsvorhaben die Grundlage für das Gelingen bilden.

Nachstehend werden auf ausgewählte Projekt- bzw. Umsetzungsschritte im Hinblick auf die Einführungen im Sommer 2022 respektive 2023 eingegangen. Dabei wird in erster Linie auf eine interne Verantwortungsübernahme gesetzt. Da nebst erhalten sämtliche Berufsfachschulen umfangreiche Unterstützungsmaterialen und Weiterbildungs-Workshops aus dem Nationalen Koordinationsgremium NKG, welches durch die Trägerschaften der Berufe gebildet wurde. Die Schulleitung des Kaufmännischen Bildungszentrums Zug hat zusätzlich eine Begleitgruppe Bildung für den gesamten Umsetzungsprozess etabliert. Die Mitglieder dieser Begleitgruppe sind Expertinnen und Experten von verschiedenen Pädagogischen Hochschulen, welche den internen Entwicklungsprozess begleiten und dabei die Lehrpersonen, die Teilprojektleitenden und die Projektleitung unterstützen.

3.1 Vorgelagerte Entwicklungsschritte

Im April 2018 legte die Schulleitung des Kaufmännischen Bildungszentrums Zug den Grundstein zur Überarbeitung des etablierten methodisch-didaktischen Konzepts MittelPunkt (1998), in welchem bereits auf ein selbstgesteuertes Lernen gesetzt und Lernen als einen aktiven und sozialen Prozess verstanden wurde.

Die Erarbeitung eines neuen Lehr- und Lernkonzepts soll wiederum gemeinsam im Team erfolgen sowie auf den bisherigen Werten und Erfahrungen aufbauen. Gleichzeitig sollte das neue Konzept auch innovativ, profilierend und identitätsstiftend sein. Das am Leitbild orientierende Konzept hat das nachhaltige Lernen und die optimale Kompetenzentwicklung zu ermöglichen. Während rund eineinhalb Jahren erarbeitete eine Projektgruppe, welche repräsentativ über die verschiedenen Fachschaften zusammengestellt wurde, die Grundzüge zum neuen Lehr- und Lernkonzept Lernen 2020 (2021).

Von Beginn weg war klar, dass der künftige Unterricht am Kaufmännischen Bildungszentrum Zug den Themen wie Handlungskompetenzorientierung, authentische Lernbezüge und fachübergreifendes Lernen, individualisiertes und selbstreguliertes Lernen sowie den 4Ks (kritisches Denken und Problemlösen, Kommunikation, Kooperation sowie Kreativität und Innovation) Rechnung tragen soll. Im Rahmen von mehreren Vernehmlassungen konnten bei der Erarbeitung des Konzepts die verschiedenen Bedürfnisse des Kollegiums berücksichtigt werden.

Im Laufe der Zeit wurde deutlich, dass die bevorstehenden Reformen in der beruflichen Grundbildung von erheblicher Dimension sein werden. Deshalb wurde entschieden, dass das neue Lehr- und Lernkonzept in einem iterativen Prozess anhand der neu eintreffenden Informationen zu den Berufsreformen fertiggestellt werden soll. Deshalb erfolgt die Verabschiedung des Konzepts auch später als geplant nämlich erst im Frühjahr 2021. Dank des gewählten Vorgehens ist nun sichergestellt, dass die Umsetzung der Berufsreformen auf der Basis gemeinsam getragener Werte zum Unterrichten erfolgen kann.

3.2 Agile Schulentwicklung

Auf der Basis des provisorischen neuen Lehr- und Lernkonzepts Lernen 2020 wollten die Verantwortlichen Erfahrungen für eine mögliche künftige Umsetzung sammeln. Damit konnte die zusätzliche Zeit, bis weitere Informationen zu den Reformen 2022 vorliegen, überbrückt und sinnvoll genutzt werden.

Im Schuljahr 2020/2021 sammelten also Pilotteams erste Erfahrungen. Dazu wurden zwei Teams für die Grundbildung und ein Team für die Weiterbildung gebildet. Die interdisziplinären Teams schafften Lerngelegenheiten, welche fächerübergreifendes und selbstgesteuertes Lernen mit einem authentischen Lernbezug ermöglichen. Die beiden Pilotteams der Grundbildung nahmen dazu auch die bis dahin publizierte Lerninhalte der Reformen 2022 auf.

Die Pilotteams hatten den Auftrag im Verständnis von agilem Projektmanagement neue Lösungsansätze zu formulieren, zu konkretisieren, auszuprobieren und darüber zu berichten. Die Ausführungen zu Agiles Projektmanagement in der Schulentwicklung von Wolters-Vogeler (2019) dienten dabei als Inspiration. Die inhaltliche Umsetzung lag jedoch in den Händen der Pilotteams, wobei sie sich an den folgenden Zielen orientierten:

  • Handlungsoptionen für die Umsetzung von Lernen 2020 aufzeigen
  • Strategien für die Zusammenarbeit in interdisziplinären Teams generieren
  • Kompetenz von Unterrichtsentwicklung nach agilem Projektmanagement aufbauen
  • Unterrichtssettings zur erfolgreichen Umsetzung von Lernen 2020 entwickeln, diese beinhalten eine möglichst grosse Anzahl der nachstehenden Punkte:
    A) Authentische Lernbezüge unter Einbezug der 4K
    B) einen grossen Anteil an Handlungskompetenzorientierung
    C) individualisiertes und selbstgesteuertes Lernen
    D) aktives und soziales Lernen
    E) Lernerfolg (für alle Beteiligten)
    F) Ansprüche an die räumliche Gestaltung
    G) Ansätze von fächerübergreifendem und problembasiertem Lernen
    H) Ansitze zu adäquatem Prüfen und Bewerten
    I) Einbezug von digitalen Medien

Der Start zur agilen Unterrichtsentwicklung erfolgte anlässlich einer Kick-off Sitzung. Dabei wurden Ziele, Erwartungen und Ansätze der Zusammenarbeit geklärt. Einige Tage später lernten wurde von und mit einem Fachexperten das agile Projektmanagement näher beleuchtet. Dabei entwickelten die involvierten Personen gemeinsam auf der Basis von SCRUM ein Projektmanagement, welches für die Arbeitsweise am Kaufmännischen Bildungszentrum Zug bzw. für die Pilotteams zielführend sein sollte. Im Anschluss haben die Teams selbstorganisiert in verschiedenen Workshops die weitere Zusammenarbeit festgelegt und einen Katalog von möglichen Pilotergebnissen erarbeitet. In dieser Organisationsform legten die Pilotteams auch ihren Scrum Master fest und das projektleitende Schulleitungsmitglied übernahm die Rolle des Product Owner.

Die drei Pilotteams trafen sich i.d.R. wöchentlich in physischer oder virtueller Form, um ihre Projekte voranzutreiben. Rund alle sechs Wochen fand ein gemeinsames Treffen aller involvierten Personen statt, an welchem die Ergebnisse präsentiert und diskutiert sowie die neuen Entwicklungsinhalte (Sprints) festgelegt wurden.

Während der rund 12 Monate entwickelte jedes Pilotteam rund fünf konkrete Unterrichtssettings und führte es nach Möglichkeit mit Lernenden durch. Sowohl die Unterrichtssettings wie auch die Erkenntnisse daraus wurden von den involvierten Lehrpersonen im Rahmen von zwei schulinternen Fortbildungstagen präsentiert. Das rege Interesse des Kollegiums wie auch das positive Fazit der Pilotteams zeigen, dass diese agile Form der Unterrichtsentwicklung durchaus von grossem Wert für eine Bildungsinstitution sein kann.

Das Kaufmännische Bildungszentrum Zug investierte bewusst in diese Erprobungsphase, um eine Vielzahl von erfolgsversprechenden Ansätzen für die spätere Umsetzungsphase zu generieren. Selbstverständlich gehörte auch das partielle Scheitern zu einer solchen Testphase. Ziel war es, für die Umsetzungsphase konkrete und zielführende Handlungsoptionen zu erhalten. Damit sollen auch die notwendigen Ressourcen abgeschätzt und der Aufwand für die Lehrpersonen bei der späteren Umsetzung in Grenzen gehalten werden. Nun gilt es die vielfältigen Erkenntnisse bei der Umsetzung der Berufsreformen ab Frühling 2022 einfliessen zu lassen.

Zum Abschluss konnte gefolgert werden, dass insbesondere für die gemeinsame Unterrichtsentwicklung die agilen Methoden einen grossen Mehrwert darstellen können. Für die Schulentwicklung als Ganzes gilt es dies in Zukunft zu berücksichtigen und auch bei den anstehenden Reformumsetzungen situativ in Ergänzung zu den traditionellen Projektmanagement-Methoden einzusetzen.

3.3 Geteilte Führung

Um das organisatorisch anspruchsvolle Reformvorhaben erfolgreich umzusetzen, hat sich die Schulleitung für eine breit abgestützte Projektorganisation mit klarer Entscheidungsstruktur entschieden. Dabei wurden acht Leistungsziele und zwölf Wirkungsziele formuliert, welche in insgesamt zwölf Teilprojekten verfolgt werden. Die Dimension der von den Veränderungen tangierten Bereiche ist dabei immens. So ist nicht nur der eigentliche Unterricht, welcher nicht mehr in Fächern, sondern in Handlungskompetenzbereichen stattfindet, betroffen. Nein, es müssen auch Aspekte der individuellen Förderung, das Prüfen und Bewertens, der räumlichen Ansprüche sowie Überlegungen zum Einsatz von digitalen Medien inkl. Lernmanagementsystem angegangen werden. Aufgrund der grossen Anzahl Teilprojekte sowie in Anlehnung an den Ansatz von geteilter Führung bspw. in Anderegg und Strauss (2020) hat die Schulleitung entschieden, separate Teilprojektleitende zu ernennen. Die Besetzung der verantwortungsvollen Funktionen wurde mittels Ausschreibungsverfahren an die Hand genommen.

Sämtliche Teilprojekte im pädagogisch-didaktischen Bereich (Umsetzung der einzelnen Berufe / Schullehrpläne, individuelle Förderung, Prüfen und Bewerten) leiten Lehrpersonen aus dem Kollegium. Die Teilprojektleitenden bilden zusammen mit dem Change Agent (Projektleitung) den Steuerungsausschuss zur erfolgreichen Umsetzung des Projekts. Der Steuerungsausschuss tagt in der Regel monatlich und dient der Koordination zwischen den Teilprojekten sowie der Information und Klärung. Um eine Teilprojektleitung zu übernehmen, bedarf es nebst Interesse an der erfolgreichen Reformumsetzung eine ausgesprochene Dialogbereitschaft. Damit die Teilprojektleitenden selbstständig und erfolgreich die Projektarbeit bewältigen können, wurden im Vorfeld die Anforderungen, Ziele sowie Ressourcen definiert.

Die Teilprojektleitenden bearbeiten das zugewiesene Teilprojekt selbstständig oder in der Regel mit weiteren Lehrpersonen gemeinsam. In dieser Funktion übernehmen sie für das Gesamtprojekt Verantwortung und generieren mit ihrem Team Lösungen für das Teilprojekt. Der Steuerungsausschuss agiert dabei zurückhaltend und greift nur bei Notwendigkeit in die Teilprojektarbeit ein. Gemeinsam werden die Reforminhalte für das Kaufmännische Bildungszentrum Zug umsetzungstauglich und zukunftsträchtig gestaltet, um mit dieser gelebten Partizipation den Weg für die neuen Ausbildungsgänge vorzubereiten.

In Ergänzung zu den Teilprojekten bilden in Anlehnung an Dubs (2005) erfahrene Lehrpersonen am Kaufmännischen Bildungszentrum eine Validierungsgruppe Schullehrpläne. Dieses Gremium stellt sicher, dass die Teilprojekte zur Umsetzung der verschiedenen Berufe die gleiche Stossrichtung verfolgen. Dazu versuchen sie die Gedankengänge der Teilprojektgruppen nachzuvollziehen und überprüfen sogleich, ob sie zu denselben Schlussfolgerungen gelangen. Bei Meinungsverschiedenheiten wird gemeinsam mit den Teilprojektleitenden eine Lösung erarbeitet. Die Validierungsgruppe trägt somit zur Objektivierung der Erkenntnisse bei und sorgt auch für eine kohärente Umsetzung über die verschiedenen Berufe hinweg.

3.4 Nächste Schritte

Die Teilprojektleitenden erarbeiten zurzeit die konkrete Umsetzung in den verschiedenen Berufen. Die daraus entstehenden Schullehrpläne dienen zusammen mit dem vom Kaufmännischen Bildungszentrum Zug gewählten Organisationsmodell dazu, dass die Lehrpersonen anschließend gemeinsam den Unterricht ab Sommer 2022 respektive Sommer 2023 gestalten können. Für die Erarbeitung der neuen Unterrichtsinhalte sollten die Erfahrungen aus den Pilotteams und dem agilen Projektmanagement wieder einfliessenDie schrittweise Einführung der Reformen über die Jahre 2022 bis 2026 wird voraussichtlich durch interne und externe Evaluationen begleitet. Dieses Vorgehen ermöglicht zeitgerecht Anpassungen an den gewählten Umsetzungsschritten vorzunehmen.

4 Fazit

Das Kaufmännische Bildungszentrum Zug stellt sich mit großem Engagement den Herausforderungen, welche sich durch Berufsreformen Verkauf 2022+ und Kaufleute 2022 ergeben. Wichtige Umsetzungsetappen konnten in der Zwischenzeit angegangen werden. Die bisherigen Erfahrungen mit der gewählten Projektorganisation stimmen für die weitere Reformumsetzung positiv. Ob die agile Schulentwicklung in Kombination mit geteilter Führung aber tatsächlich eine erfolgreiche  Reformumsetzung ermöglicht, wird erst die Zukunft weisen.

Literatur

Anderegg, N./Strauss, N.-C. (2020): Teacher Leadership – Schule gemeinschaftlich führen. Bern.

Dubs, R. (2005): Die Führung einer Schule. Leadership und Management. 2. Aufl. Stuttgart.

KBZ, K. B. Z. (1998): MittelPunkt. In Pädagogisch-diaktisches Konzept des KBZ. Zug: KBZ.

KBZ, K. B. Z. (2021): Lernen 2020 in der KBZ Grund- und Weiterbildung. In: Lehr- und Lernkonzept (pp. 14). Zug: KBZ.

Rolff, H.-G. (2016): Schulentwicklung kompakt. 3. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Weinheim.

Wolters-Vogeler, G. (2019): Agiles Projektmanagement in der Schulentwicklung. Journal für Schulentwicklung, 4, 44-51.

Zitieren des Beitrags

Wegmüller, R. (2021): Erfolgreiche Umsetzung von Berufsbildungsreformen dank geteilter Führung und agiler Schulentwicklung. In: bwp@ Berufs- und Wirtschaftspädagogik – online, Ausgabe 41, 1-8. Online: https://www.bwpat.de/ausgabe41/wegmueller_bwpat41.pdf (20.12.2021).