bwp@ 25 - Dezember 2013

Ordnung und Steuerung der beruflichen Bildung

Hrsg.: Karin Büchter, Sandra Bohlinger & Tade Tramm

Steuerungsprinzipien und -mittel europäischer Berufsbildungspolitik

Der Begriff europäische Berufsbildungspolitik lässt zunächst ein klar markiertes Politikfeld vermuten, das dem Unionsrecht unterliegt und an ein ebenso klar abgrenzbares nationales Politikfeld gekoppelt ist. Ein so verstandenes Politikfeld im Bereich der beruflichen Bildung kann es nicht geben, zum einen, weil die Hoheit über berufliche Bildung explizit in den Händen der Nationalstaaten liegt und zum anderen, weil die Berufsbildungspolitik sich seit jeher an der Schnittstelle zwischen Bildungs-, Wirtschafts- und Sozialpolitik bewegt.

Dennoch hat sich im Laufe der vergangenen Jahrzehnte ein europäisches Politikfeld gebildet, das – meist eher durch indirekte als direkte Steuerung – die berufliche Bildung in ihrem Kern berührt und ganz entscheidende Auswirkungen auf die nationale Gestaltung von beruflicher Bildung hat.

Dieser Beitrag skizziert das europapolitische Feld rund um die berufliche Bildung und zeigt anhand zentraler Steuerungsprinzipien und -mittel, wer an welchen Stellen und mit welchen Mitteln erheblichen Einfluss auf das Verständnis und die Ausgestaltung von beruflicher Bildung in der nationalen (konkret: deutschen) Berufsbildungspolitik nimmt. Anhand von Beispielen wird dabei auch erläutert, warum und wie die konkrete Einflussnahme deutlich über die vertraglich geregelten Grenzen hinausgeht. In einem letzten Schritt wird eine Einschätzung zur Weiterentwicklung der Spannungsfelder zwischen nationalstaatlicher und europäischer Berufsbildungspolitik vorgenommen.

Governance principles and central European vocational education and training policies

English Abstract

The term European vocational education and training policies would lead one to assume, initially, a clearly demarcated area of politics which is subject to Union law, and is linked to an equally clearly demarcated national area of politics. An area of politics conceived of in this way in the field of vocational education and training cannot exist because, on the one hand, sovereignty over vocational education and training explicitly lies in the hands of the national states and, on the other, because vocational education and training has always been at the intersection of educational, economic and social policy.

However, in the course of recent decades, a European area of politics has formed which – mostly through indirect rather than direct governance – has touched upon the core of vocational education and training and has had decisive implications for the national organisation of vocational education and training.

This paper outlines the European field regarding vocational education and training and shows, using central governance principles and measures, who, in which positions and with which instruments, has a considerable influence on the understanding and arrangement of vocational education and training in national (in this case: German) vocational education and training policy.  Using examples, the paper also explains why and how the concrete exertion of influence significantly exceeds the contractually agreed limits. Finally, the paper offers an assessment of the further development of the tensions between national and European vocational education and training policy.

1 Einleitung

Seit ihrer Gründungsstunde am 18. April 1951 – damals als „Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS)“ – verfolgt die Europäische Union drei Leitziele, nämlich die Friedenssicherung, die soziale Kohärenz und die Schaffung eines gemeinsamen Wirtschaftsraums. Gerade im Hinblick auf letzteren Aspekt ist die berufliche Bildung dabei immer wieder als Handlungsfeld der Politik „entdeckt“ worden, verspricht sie doch, Menschen entsprechend ihre Fähigkeiten und Neigungen für eine berufliche Tätigkeit (im deutschen Verständnis: für einen Beruf) zu qualifizieren, schafft damit die Grundlage für die dauerhafte Arbeitsmarktteilhabe und leistet so einen entscheidenden Beitrag zur Realisierung der Ziele der EU.

Damit stimmt das europapolitische Ziel beruflicher Bildung mit dem bundesrepublikanischen (und zwar sowohl in Wissenschaft als auch in Politik) grundlegend überein: Leitziel der beruflichen Bildung ist die Vermittlung beruflicher Handlungsfähigkeit und damit die „Reproduktion des gesellschaftlichen Arbeitsvermögens von einer Generation zur anderen“ (HARNEY 1999, 51), d. h. auf die Vermittlung von Bildung, die auf die Ausübung eines Berufs bzw. einer Erwerbstätigkeit zielt (BLANKERTZ 1977, 90; DOBISCHAT/ DÜSSELDORF 2010, 384). Allerdings weichen die Auffassungen darüber, wie berufliche Bildung gestaltet werden muss, um dieses Ziel zu erreichen, nicht nur zwischen europäischer und deutscher Politik, sondern auch innerhalb Deutschlands und hier v. a. zwischen Politik und Wissenschaft teils ganz erheblich voneinander ab.

Zwischen Europa und Deutschland (ebenso wie zwischen Europa und anderen Nationalstaaten und zwischen den Nationalstaaten) führen die unterschiedlichen Vorstellungen darüber, welche Qualifikationen überhaupt dem Bereich der beruflichen Bildung zuzuordnen sind, über den Berufsbegriff per se, über Erwerbstätigkeiten, Qualifikationen und Qualifikationswege immer wieder nicht nur zu terminologischen Missverständnissen, sondern vor allem zu inhaltlichen Schwierigkeiten. Es ist selbstredend, dass nationale sprachliche, wissenschaftsdisziplinäre und kulturhistorische Prägungen ihren Teil dazu beitragen, diese Situation noch komplexer zu machen.

Hinzu kommt eine kaum überschaubare Akteursvielfalt auf nationaler und europäischer Ebene: In Deutschland sind es vor allem die beiden Ebenen Bund und Länder mit all ihren Parlamenten, Parteien, Ministerien, nachgeordneten Institutionen, Vertretern, Ausschüssen, Kammern, Gewerkschaften, Verbänden, Vereinen, (wissenschaftlichen) Gesellschaften etc., die das Feld prägen; auf europäischer Ebene gestalten vor allem der Ministerrat, der Europäische Rat, die Europäische Kommission und Europaparlament, aber auch die Agenturen (v.a. das CEDEFOP und die ETF[1]), die Ausschüsse[2], der Europäische Gerichtshof und nicht zuletzt die Lobbyisten die Politik rund um die berufliche Bildung.

Ziel dieses Beitrags ist es daher, das Feld europäischer Berufsbildungspolitik mitsamt ihren Steuerungsprinzipien und -mitteln zu skizzieren und zu hinterfragen, inwiefern die Politik der Union Einfluss auf die Gestaltung nationaler (konkret: deutscher) Berufsbildungspolitik nehmen kann. Anhand von Beispielen wird dabei auch gezeigt, warum und wie die konkrete Einflussnahme deutlich über die vertraglich geregelten Grenzen hinausgeht. Dazu wird zunächst der Frage nachgegangen, was unter (Berufsbildungs)Politik und Steuerung der beruflichen Bildung zu verstehen ist (Kapitel 2), anschließend werden die zentralen Steuerungsprinzipien und -ziele europäischer Politik im Kontext der Genese dieses Politikfelds verortet (Kapitel 3). Kapitel 4 skizziert anhand von Beispielen die zentralen Steuerungsinstrumente europäischer Politik und deren Auswirkungen auf die nationalstaatliche berufliche Bildung. Abschließend (Kapitel 5) wird eine Einschätzung zur Weiterentwicklung der Schnittstellen zwischen nationalstaatlicher und europäischer Berufsbildungspolitik und den sich daraus ergebenden Spannungs-, Handlungs- und Lösungsfeldern für die berufliche Bildung diskutiert.

2 Markierung des Forschungsfelds

Die Berufs- und Wirtschaftspädagogik befasst sich traditionell vorrangig mit der Ausbildung im dualen System, doch soll dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese Fokussierung nur einen Ausschnitt der beruflichen Bildung und der wissenschaftlichen Disziplin bildet. Da berufliche Bildung per se an der Schnittstelle zwischen Bildungs- und Beschäftigungssystem angesiedelt ist, verstehe ich die Bezugsdisziplin und den zentralen Forschungsgegenstand daher in im Sinne LIPSMEIERS weiter gefasst als „die erziehungswissenschaftliche Disziplin, die sich mit den Zielen, Bedingungen und Möglichkeiten und Realitäten der Qualifizierung von Menschen (vornehmlich Jugendlichen) durch (in der Regel institutionalisierte) Maßnahmen [weitgehend, Anm. d. V.] (unter Ausschluss der Qualifizierung an Hochschulen) für eine Erwerbstätigkeit und für das Leben in der Gesellschaft beschäftigt“ (LIPSMEIER 1972, 21f.).

Ist die berufliche Bildung ein komplexes Themenfeld, so gilt dies erst recht für die Berufsbildungspolitik. Eine klare Abgrenzung von Berufsbildungspolitik ist alleine schon mit Blick auf die nationalstaatlichen Berufsbildungspolitiken nur schwer erkennbar, weil sie zwischen Bildungs-, Wirtschafts- und Sozialpolitik angesiedelt ist (vgl. ausführlich der Beitrag von BÜCHTER in dieser Ausgabe). Auch eine genaue gesellschaftliche Funktionsbestimmung ist aufgrund der unterschiedlichen Akteure und Interessengruppen nur schwer möglich. Diese Problematik ist bei dem Versuch der Eingrenzung europäischer Berufsbildungspolitik mit Blick auf die Komplexität der Thematik durch die Vielzahl und Vielfalt der Mitgliedstaaten umso stärker ausgeprägt und birgt ein um ein Vielfaches größeres Konfliktpotential, zumal der Begriff insofern irreführend ist, als dass er ein Politikfeld bezeichnet, das von der Union nicht direkt gesteuert werden darf (siehe ausführlich unten).

Beim Politikbegriff selbst vermischen sich umgangssprachliche mit wissenschaftlichen Politikvorstellungen, die im Kern um Stichworte wie „Konflikt“, „Interessen“, „Macht“, „Ordnung“, „Konsens“ und „soziales Handeln“ gruppiert werden können (vgl. BÖHRET 1985). Wiederum innerhalb des wissenschaftlichen Diskurses konkurrieren bei der Suche nach der Erfassung des Politikverständnisses u. a.

  • governementale versus emanzipatorische Politikbegriffe („Staatskunst“, Führung und Herrschaft versus Machtbeschränkung durch Partizipation und Demokratisierung),
  • normative versus deskriptive Politikbegriffe (harmonisierende Gemeinwohlvorstellungen versus verbindliche Regelung gesellschaftlicher Werte),
  • konfliktorientierte versus konsensbezogene Politikbegriffe („Kampf der Klassen“ versus harmonieorientierte Politikkonzepte) (vgl. ALEMANN 1994),

wobei kein Verständnis erkennbar wäre, das allen Aspekten Rechnung tragen würde. Infolge dessen hat sich die Politikwissenschaft seit den 1970er Jahren von der Beschreibung des Wesens von Politik tendenziell ab- und mehr der inhaltlichen Dimension von Politik bzw. Politikfeldern zugewandt. Die Politikfeldanalyse zielt auf die Beantwortung der Frage, „what governments do, why they do it, and what difference it makes“ (DYE 1978, 3). Dabei wird das Politikfeld aus systemtheoretischem Blickwinkel und unter Rekurs auf die englische Ausdifferenzierung des Politikbegriffs anhand von drei Dimensionen, i. e. der institutionellen (polity), der inhaltlichen (policy) und der prozessualen (politics) analysiert (HARTWICH 1985; WINDHOFF-HÉRITIER 1987). Hierbei bezieht sich

  • polity auf die Formen bzw. die formale Dimension von Politik, also Staatsstrukturen, Ordnungsmittel und Bedingungen des politischen Handelns sowie die dazugehörigen Normen und Institutionen. Polity ist dabei gleichermaßen Voraussetzung für Politik, Ergebnis von und Voraussetzung für zukünftige gesellschaftliche Veränderungsprozesse. Mit Blick auf die Berufsbildungspolitik umfasst polity also die konstitutionellen Rahmenbedingungen beruflicher Bildung und ihren rechtlich geregelten Ordnungszusammenhang;
  • policy auf die Entscheidungsinhalte von Politik (Politikfelder), also Ursachen, Gegenstände, Ziele und Wirkungen politischer Aktivitäten. Die Analyse dieser sog. Bindestrich-Politiken (wie Gesundheits-Politik, Bildungs-Politik, Sozial-Politik) erfolgt dabei primär aus der Sicht der involvierten Akteure. Mit Blick auf die Berufsbildungspolitik umfasst policy jene Gegenstands- und Problembereiche, die auf die Ordnung und Gestaltung beruflicher Bildung im weitesten Sinne zielen;
  • politics auf die Prozesse der Vermittlung und Entscheidung unterschiedlicher, meist konkurrierender gesellschaftlicher, institutioneller und individueller Interessen und deren (konfliktäre) Austragung. Mit Blick auf die Berufsbildungspolitik umfasst politics jene (Entscheidungs-)Prozesse („Machtkampf“), die auf die Ordnung und Gestaltung beruflicher Bildung zielen, d. h. „durch die innerhalb der Berufsbildungspolitik nationalstaatliche, supranationale und nicht-hoheitliche Entscheidungsträger durch den Einsatz von Mitteln politischer Macht versuchen, Entscheidungen mit kollektiv bindender Wirkung herzustellen“ (KUTSCHA 1997, 649).

Allerdings können diese drei Dimensionen von Politik in der Praxis, wenn überhaupt, nur analytisch getrennt voneinander betrachtet werden; de facto überlagern sie sich und stehen in Wechselwirkung zueinander. Das gilt auch für den damit eng verbundenen Begriff politische Steuerung (governance). Sie umfasst im politikwissenschaftlichen Verständnis den „säkularisierten, auf sachlich-technische Dimensionen reduzierten Begriff politischer Herrschaftsausübung und tritt damit in Konkurrenz zu dem üblicherweise umfassender verwandten Begriff ‚Regieren’. In einem spezifischeren Sinn […] bezieht sich der Begriff auf die positive, (Daseins-)Risiken vermeidende oder kompensierende und Wohlstand mehrende Gestaltungsaufgabe in modernen Demokratien“ (SCHUBERT 1995, 454) und schließt mit Blick auf bildungspolitische Fragestellungen die „intentionale Handlungskoordination zur gemeinwohlorientierten Gestaltung der gesellschaftlichen Verhältnisse“ (SCHARPF 1988, 64) ein. Dementsprechend umfasst die politische Steuerung beruflicher Bildung die konzeptionell organisierte Gestaltung der (berufs)bildungspolitischen Umwelt auf nationaler und supranationaler Ebene durch politische Akteure und Institutionen einschließlich ihrer theoretischen, empirischen und normativen Fundierung. Theorien politischer Steuerung (beruflicher Bildung) beziehen sich dabei auf die Prozesshaftigkeit von Politik (policy process), die politische Steuerung selbst zielt hingegen auf die Entwicklung von Problemlösungen (policy making).

Aus der Politikwissenschaft liegen dabei zahlreiche Analysekategorien für die Politikfeldanalyse vor, die im Kern allesamt auf die Erklärung von Steuerungsmöglichkeiten, -logiken und -instrumenten zielen. Exemplarisch seien hier als die wichtigsten genannt

  • die Differenzierung zwischen distributiven, redistributiven, regulativen und selbstregulativen Politiktypen nach LOWI (1972) (wie werden Ressourcen verteilt und Konflikte ausgetragen? welches Steuerungsprinzip kommt dabei zum Tragen?),[3]
  • die Differenzierung zwischen Steuerungsprinzipien und -instrumenten (WINDHOFF-HÉRITIER 1987; HOWLETT/ RAMESH 1993),
  • die Differenzierung zwischen übergeordneten Politikzielen (Paradigmen und grundlegende Überzeugungen), Steuerungsinstrumenten und der Anpassung bzw. Veränderung der Steuerungsinstrumente (HALL 1993; SABATIER 1993),
  • die Differenzierung zwischen lösbaren, komplexen und teilbaren Politikaufgaben, bei denen die Steuerungsinstrumente und -prinzipien sich an dem jeweiligen Aufgabentypus orientieren müssen (PETERS 2005),
  • die Differenzierung zwischen strukturalistischen Ansätzen zur Erklärung der Einflussfaktoren auf die Gestaltung von Politikfeldern (welche sozioökonomischen Strukturen beeinflussen die Politik?), makro-akteurtheoretischen Ansätzen (wie hängen parteipolitische Regierungspolitiken und Politikfeldgestaltung zusammen?) und institutionenökonomischen Ansätzen (wie nutzen individuelle und kollektive Akteure Interaktionen strategisch so, dass sie ihren Nutzen maximieren können?) (SCHARPF 2000; LAUTH/THIERY 2009).[4]

Dabei kann keiner der Ansätze das politische Geschehen vollständig erklären, vielmehr hängt ihre Anwendung und Erklärungsreichweite von der jeweiligen Fragestellung und Forschungsperspektive ab. Ich werde in den folgenden Kapiteln zeigen, wie diese Ansätze für die Erklärung der Steuerungsprinzipien und -mittel der Union im Bereich der beruflichen Bildung genutzt werden können und an welchen Stellen es weiterer Erklärungsansätze bedarf.

Zuvor scheint mir wichtig, einige Anmerkungen zum Forschungsstand in den beiden Themenfeldern, i. e. Steuerung beruflicher Bildung und Berufsbildungspolitik, vorzunehmen. In der Berufs- und Wirtschaftspädagogik liegt dazu eine Reihe von Untersuchungen vor. Viele davon beziehen sich allerdings

  • explizit auf die Berufsbildungspolitik in Deutschland (vgl. z. B. DAUENHAUER 1981; MÜNCH 2006) oder
  • (unter dem Stichwort „Export des dualen Systems“) auf die Steuerung beruflicher Bildung in Drittwelt- und Schwellenländern (vgl. z. B. CLEMENT 1999; GREINERT 1997) oder
  • allgemeiner auf die Internationalisierung der Berufs- und Wirtschaftspädagogik (vgl. z. B. LAUTERBACH 2004; WOLF 2013) oder
  • klammern eine dezidierte Auseinandersetzung mit der methodischen Zugangsweise zur Untersuchung der politischen Steuerung aus, was vor allem jene Untersuchungen betrifft, die sich auf die Mitgliedstaaten der Union beziehen (vgl. ERTL 2002; SELLIN 2002) oder
  • beziehen sich auf die Auswirkungen europäischer Politik, z. B. im Kontext von lebenslangem Lernen, Schulentwicklung, Beschäftigungsfähigkeit, Leistungspunktesystemen, Qualifikationsrahmen oder Anerkennungsregelungen (vgl. exemplarisch die Beiträge von WITTMANN und HERKNER in dieser Ausgabe).

Deutlich seltener sind hingegen Studien, die sich explizit mit der Steuerung beruflicher Bildung im Spannungsfeld zwischen nationalstaatlichen Interessen und europäischer Integration befassen (vgl. z. B. BAUM-CEISIG 2005; BOHLINGER 2008; MÜNK 2006; SIEBENBRUNNER-ROSIC 2004).

Unabhängig davon finden sich zahlreiche politikwissenschaftliche Studien zur politischen Steuerung und Steuerbarkeit der Europäischen Union (vgl. z. B. JACHTENFUCHS 2002; JACHTENFUCHS/KOHLER-KOCH 2004; SCHARPF 2003; SZUKALA 2012), die das Themenfeld berufliche Bildung allerdings entweder garnicht oder nur rudimentär in den Blick nehmen.

Infolge dessen ist ein deutliches Forschungsdefizit zu erkennen, das sich unter der Fragestellung zusammenfassen lässt, „wer steuert was, wie und warum im Politikfeld ‚berufliche Bildung‘ im Mehrebenensystem Europas?“ Dieses Defizit ist darauf zurückführen, dass die Entwicklung der Europäischen Union und ihre Auswirkungen auf die Nationalstaaten in der Erziehungswissenschaft bzw. in der Bildungsforschung lange Zeit eine untergeordnete Rolle gespielt haben. Bis weit in die 1980er Jahre hinein war die (berufliche) Bildung in der Europäischen Union ein eher marginales Politikfeld und blieb durch den Gründungsvertrag der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) von 1957 zumindest de jure vollständig in der Hoheit der Nationalstaaten.

Ähnliches gilt aus politikwissenschaftlicher Perspektive: Gerade weil die berufliche Bildung nicht in den Regelungsbereich der Union fällt, und weil sie in das Interessengeflecht aus Wirtschafts-, Sozial- und Bildungspolitik eingebunden ist, gilt sie – anders als z. B. Fiskal- oder Agrarpolitik – als kein eigenständiges Politikfeld, das von europapolitischer Bedeutung wäre.

Und speziell aus der berufs- und wirtschaftspädagogischer Perspektive gilt die Berufsbildungspolitik, noch dazu die europäische, eher als alltagsfern und „sperrig“ (vgl. der Beitrag von BÜCHTER/ BOHLINGER/ TRAMM in dieser Ausgabe), das nur dann Beachtung findet, wenn die Grundpfeiler deutscher beruflicher Bildung, und allen voran dualer Ausbildung, bedroht zu sein scheinen. Für diese Behauptung sprechen z. B. all jene Studien, die im Laufe der Jahrzehnte z. B. zu Modularisierung, Qualifikationsrahmen, Anerkennungsverfahren, Deckungsanalysen etc. immer dann entstanden, wenn durch ein weiteres Europäisierungsinstrument das Ende bundesrepublikanischer Ausbildungstraditionen befürchtet wurde (vgl. BANK 2009; DREXEL 2005).

Auch Anzahl und Ausrichtung der Forschungsarbeiten und Publikationen zu diesem Themenfeld in den vergangenen Jahren[5] und ein Blick in auf die vergleichsweise geringe Anzahl an Beiträgen in dieser Ausgabe der bwpat im Vergleich zu z. B. didaktischen oder lehr-lerntheoretischen Auseinandersetzungen sprechen für diese Vermutung.

Dass die eher geringe Beachtung der Thematik der Tragweite der Europapolitik nicht gerecht wird, erschließt sich allerdings erst mit Blick auf die Politikziele, Steuerungsprinzipien und Steuerungsmittel der Union. Sie lassen erkennen, dass hier sehr wohl ein Bereich durch die Union indirekt, aber massiv gesteuert wird, der eigentlich der ausschließlichen Steuerungsgewalt der Nationalstaaten unterliegt.

3 Übergeordnete Politikziele und Steuerungsprinzipien

Die übergeordneten Politikziele der Europäischen Union bilden seit ihrer Geburtsstunde die Friedenssicherung, die Wirtschaftsförderung und die soziale Kohäsion, d. h. die Angleichung der Lebensverhältnisse. Die Steuerungsinstrumente und ihre permanente Veränderung und Anpassung folgen bis auf den heutigen Tag der scheinbar simplen Logik der Umsetzung dieser Ziele. Zu ihrer Erreichung hat die Union ihre Kompetenzen im Laufe der Jahrzehnte auf zahlreiche weitere gesellschaftspolitische Bereiche ausgeweitet. Die Grundpfeiler der Union bilden die Römischen Verträge, die in Artikel 23 ff. und Artikel 39 ff. den freien Waren-, Dienstleistungs-, Personen- und Kapitalverkehr regeln. Besonders relevant ist dabei die sog. Freizügigkeit der Arbeitnehmer, die nach Artikel 39 die „Abschaffung jeder auf Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen“ gewährleistet (BUNDESMINISTER DER JUSTIZ 1957).

Die Gewährleistung dieser vier Grundfreiheiten ist der Kern europäischer Politik und bildet quasi ihre Handlungs- und Steuerungslogik. Aus dieser Logik heraus wird das zentrale Steuerungsprinzip der Europapolitik verständlich, das direkt oder indirekt die berufliche Bildung berührt und sich wiederum im Kern aus den Römischen Verträgen ableitet, i. e. das Subsidiaritätsprinzip bzw. das Harmonisierungsverbot.

So folgte die Europapolitik bis weit in die 1960er Jahre der Leitidee der Harmonisierung und Angleichung der Berufsbildungssysteme der Mitgliedstaaten. Beispielsweise findet sich in einem Ratsbeschluss vom 02.04.1963 über die Aufstellung allgemeiner Grundsätze für die Durchführung einer gemeinsamen Politik der Berufsausbildung als achter Grundsatz: „Die gemeinsame Politik der Berufsausbildung muss insbesondere so beschaffen sein, dass sie die schrittweise Angleichung der Ausbildungsniveaus ermöglicht. Die Kommission verfasst je nach Bedarf zusammen mit den Mitgliedstaaten für verschiedene, eine bestimmte Ausbildung erfordernde Berufe aufeinander abgestimmte Beschreibungen der Grundanforderungen für den Zugang zu den verschiedenen Ausbildungsstufen. Anhand dieser Beschreibungen wird eine Angleichung der objektiven Bedingungen für das Bestehen der Abschlussprüfungen angestrebt, um eine gegenseitige Anerkennung der Zeugnisse und sonstigen Urkunden über den Abschluss der Berufsausbildung zu erreichen“ (RAT DER EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTSGEMEINSCHAFT 1963; Hervorhebungen d. V.).

Es wundert vor diesem Hintergrund nicht, dass mit nur wenig zeitlicher Verzögerung in allen europäischen Staaten zahlreiche Ansätze zur Angleichung, Vergleichbarkeit und Zusammenführung von Berufsprofilen und Ausbildungsgängen durchgeführt werden, so etwa in Deutschland die Deckungsanalysen mit mehr als 10.000 unterscheidbaren Ausbildungszielen und -inhalten (vgl. SCHMIEL 1971).

Eine Angleichung der Berufsbildungssysteme erwies sich im Laufe der folgenden Jahre allerdings als unrealistisch, zumal die berufliche Bildung nicht direkt, sondern nur indirekt die Arbeitnehmerfreizügigkeit (und weiteren Sinne auch den freien Dienstleistungsverkehr) betrifft. Folgerichtig fand in den 1970er Jahren eine Abwendung von der Idee der Harmonisierung bzw. Angleichung statt (ausführlich: MATTERN/ MÜNK 2006). Den Wendepunkt markiert dabei das DAHRENDORF-Memorandum von 1973[6], in dem DAHRENDORF die Harmonisierung des Bildungswesens – jedenfalls „in seiner Gesamtheit“ – als weder realistisch noch notwendig beschreibt und vielmehr die Ergänzung nationalstaatlicher Bildungspolitiken als künftige Kernaufgabe der Gemeinschaft skizziert. Betont wird damit gleichsam die „die Vielfalt kultureller Traditionen“ und die notwendige Schaffung einer „europäischen Dimension“ im Bildungswesen.

Seither ist ein deutlicher Ausbau von Maßnahmen und Programmen zur Schaffung eines Europas des Lernens bei gleichzeitiger Anerkennung der Vielfalt nationaler Qualifikationswege und -strukturen zu erkennen. Zudem wurden seit 1980 zahlreiche Bildungsprogramme wie LEONARDO DA VINCI, PETRA oder COMENIUS geschaffen, die mittlerweile unter dem Leitprogramm LEBENSLANGES LERNEN zusammengeführt wurden (vgl. ausführlich SELLIN 2002). Sie beziehen fast alle Bereiche der allgemeinen, beruflichen und hochschulischen Bildung sowie Kooperationen mit außereuropäischen Partnern ein. Grundlegendes Prinzip aller Programme ist die freiwillige Teilnahme der Mitgliedstaaten; die Unterstützung bzw. der Eingriff durch Unionsorgane erfolgt nur dann, wenn die Mitgliedstaaten explizit ihre Zustimmung geben.

Die zentrale Idee dieser Vorgehensweise, i. e. Subsidiarität statt Harmonisierung, ist mittlerweile fester Bestandteil des Vertragswerks: Im Rahmen der EG-Verträge fand das Subsidiaritätsprinzip 1986 mit Art. 130 Eingang in die Einheitliche Europäische Akte (EEA)[7], wurde mit seiner Aufnahme in die Maastrichter Verträge zum Grundsatz der Europapolitik und findet sich aktuell im Vertrag von Nizza wieder (EGV Artikel 149, Harmonisierungsverbot)[8]. Die Gemeinschaft wird dabei nur innerhalb der Grenzen der ihr in diesem Vertrag zugewiesenen Befugnisse und gesetzten Ziele tätig. In den Bereichen, die nicht in ihre ausschließliche Zuständigkeit fallen – wie etwa die berufliche Bildung –wird die Gemeinschaft nach dem Subsidiaritätsprinzip nur tätig, sofern und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen auf der Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht und daher wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen besser auf Gemeinschaftsebene realisiert werden können.

Mittlerweile hat die berufliche Bildung als Politikfeld in Europa deutlich an Kontur und Dynamik gewonnen: Im Zuge der Lissabon-Strategie mit dem Ziel, „die Union zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt zu machen – einem Wirtschaftsraum, der fähig ist, dauerhaftes Wirtschaftswachstum mit mehr und besseren Arbeitsplätzen und einem größeren sozialen Zusammenhalt zu erzielen“ (EUROPEAN COUNCIL 2000) wurde die berufliche Bildung erstmals in der Geschichte der EU-Gipfel in ihrer Bedeutung als strategisches Ziel gewürdigt (vgl. FREDRIKSSON 2003, 523). Von den rund 80 Indikatoren, mit deren Hilfe die Erreichung der Lissabon-Strategie regelmäßig überprüft wurde, beziehen sich fünf auf die (berufliche) Bildung, weitere 20 (die sich teils damit überschneiden) wurden im Rahmen des Arbeitsprogramms „Education and Training“ entwickelt, darunter u. a. die Teilnahme Erwachsener am lebenslangen Lernen, die Qualifikationen Erwachsener, Sprachkenntnisse und die berufliche Entwicklung von Lehrkräften und Ausbildern (vgl. EUROPEAN COUNCIL/EUROPEAN COMMISSION 2002). In diesem Programm wurden die Ziele für den gesamten Bildungsbereich festgehalten, auf das sich die Länder mit der Union einigen, um die beiden übergeordneten Politikstrategien (Lissabon-Strategie und Europa 2020) zu erreichen. Nur am Rande sei in diesem Kontext erwähnt, dass der Brügge-Kopenhagen-Prozess für die berufliche Bildung sowie der bereits 1998 gestartete Bologna-Prozess für die hochschulische Bildung in diesem Kontext lediglich der Umsetzung der beiden übergeordneten Politikstrategien dienen.

In der Folgestrategie Europa 2020 (EUROPEAN COMMISSION 2010) wurde die Rolle der (beruflichen) Bildung nochmals betont und als strategisches Ziel ausgebaut, was sich auch im neuen Arbeitsprogramm „Education and Training 2020“ (vgl. EUROPEAN COUNCIL 2009) widerspiegelt und eine Fortschreibung des vorherigen Arbeitsprogramms darstellt. Zentrale Inhalte des aktuellen Programms sind

  • die Schaffung eines europäischen Raums für lebenslanges Lernen,
  • die Verbesserung der Transparenz und gegenseitigen Anerkennung von Qualifikationen,
  • die Mobilitätsförderung von Individuen,
  • die Förderung sozialer Kohäsion und aktiver gesellschaftlicher Teilhabe,
  • die Förderung von Kreativität, Innovation und Entrepreneurship,
  • die Reduktion der Anzahl frühzeitiger Schulabgänger,
  • die Förderung der Berufsbildungszusammenarbeit innerhalb der Mitgliedstaaten, der EWR-Länder, der Beitrittskandidaten und außereuropäischer Länder,
  • der Ausbau beruflicher Bildung auf postsekundärem Niveau und die Förderung des Lernens im Erwachsenenalter (vgl. EUROPEAN COUNCIL 2009).

Die Vielzahl und inhaltliche Reichweite dieser Ziele zeigt deutlich, welch umfassendes Interesse die Union am (Berufs)Bildungsbereich gewonnen hat und wie übergreifend sie auf diese einzuwirken versucht, um die Lissabon-Strategie bzw. Europa 2020 umzusetzen.

Zu der Vielzahl an „Vorschlägen“, die infolge der beiden Strategien für die nationalstaatliche Umsetzung konzipiert wurden, gehören u. a. der Europass, der Europäische Qualifikationsrahmen, das europäische Leistungspunktesystem für die berufliche Bildung (ECVET), die Validierungsgrundsätze, die Lernergebnisorientierung und der massive Ausbau und die Bewerbung der MINT-Fächer[9]. Bedeutend erscheint mir dabei die Frage, mit welchen Instrumenten die Union einen Bereich so steuert, dass die Mitliedstaaten den „Vorschlägen“ der Union tatsächlich folgen.

4 Steuerungsinstrumente

Zentrale Steuerungsinstrumente der Europäischen Union sind neben den Vertragsgrundlagen v.a. fünf weitere Rechtsmittel, die sich ebenfalls an der Logik der Gewährleistung der vier Grundfreiheiten und am Subsidiaritätsprinzip orientieren. Die folgende Tabelle gibt zunächst eine Übersicht dieser Rechtsformen und entsprechende Beispiele, die Erläuterung folgt anschließend.

Tabelle 1:  Fünf Rechtsformen der EU (Artikel 288 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union)

Bezeichnung

Reichweite

Beispiele mit Bezug zur beruflichen Bildung

Verordnungen

allgemeine Geltung; in allen ihren Teilen und für jeden Mitgliedstaat verbindlich

Verordnung (EU) Nr. 1304/2013 über den Europäischen Sozialfonds (ESF) (EUROPÄISCHES PARLAMENT/RAT DER EUROPÄISCHEN UNION 2013)

Richtlinien

hinsichtlich des zu erreichenden Ziels für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, verbindlich; überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die freie Wahl der Formen und Mittel ihrer Umsetzung

Richtlinie 2005/36/EG (Anerkennungsrichtlinie für reglementierte Berufe) (EUROPEAN PARLIAMT AND THE COUNCIL OF THE EUROPEAN UNION 2005)

Entscheidungen

in allen Teilen für diejenigen verbindlich, die sie bezeichnet

Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH-BLAIZOT 1988[10]; EuGH-GRAVIER 1988[11])

Empfehlungen

nicht verbindlich

Empfehlung zur Einrichtung des Europäischen Qualifikationsrahmens für lebenslanges Lernen (EUROPEAN COUNCIL/EUROPEAN PARLIAMENT 2008)

Stellungnahmen

nicht verbindlich

Stellungnahme zur Wachstumsförderung (EUROPEAN COUNCIL 2012)

4.1 Verordnungen

Rat und Parlament regeln verbindlich auf Vorschlag der Kommission (und nach Anhörung der Ausschüsse) Bereiche, die im Vertragsrecht gemeinschaftlich geregelt werden. Da die berufliche Bildung in den Hoheitsbereich der Mitgliedstaaten fällt, kann die Union keine Verordnungen treffen, die die berufliche Bildung direkt betreffen, also etwa eine Verordnung über Formen der beruflichen Aus- und Weiterbildung. Allerdings betreffen zahlreiche Verordnungen die berufliche Bildung indirekt, so auch im Fall des ESF: „Im Rahmen seiner Aufgaben gemäß Artikel 162 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sollte der ESF die Beschäftigungsmöglichkeiten verbessern, die soziale Inklusion fördern, die Armut bekämpfen, Bildung, Fähigkeiten und lebenslanges Lernen fördern sowie Maßnahmen zur aktiven, umfassenden und dauerhaften Inklusion und zur Bekämpfung von Armut entwickeln und somit zum wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt […] beitragen“ (EUROPÄISCHES PARLAMENT/RAT DER EUROPÄISCHEN UNION 2013).

Während eine direkte Einflussnahme auf berufliche Bildung also nicht möglich ist, schaffen Verordnungen die Möglichkeit der indirekten Steuerung durch die Hoheit über die Unterstützungsmaßnahmen in den o.g. Bereichen. Gesteuert wird dabei mit finanziellen Anreizen für die Durchführung von berufsbildungspolitischen Maßnahmen und Programmen, etwa um die Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen, im konkreten Fall mit rund 10 Milliarden Euro jährlich (für alle Mitgliedstaaten), wobei alle geförderten Maßnahmen einen nationalen Eigenanteil von 15-50% pro Maßnahme einbringen müssen.

Folgt man der Klassifizierung von Politiktypen nach LOWI (1972; s. o.), so handelt es sich hierbei zunächst scheinbar um eine distributive Politik, die Anreize für die Durchführung entsprechender Maßnahmen setzt und insofern konsensual ist, als dass alle Mitgliedstaaten sich grundlegend mit den übergeordneten Zielen des ESF identifizieren können. Bei genauerer Betrachtung kann dieser Politiktyp allerdings auch als redistributiv interpretiert werden, da die zur Verfügung stehenden Mittel begrenzt sind und weil hier de facto eine selektive Leistungsgewährung erfolgt, die wiederum auf der Strukturschwäche bzw. -stärke einer Region, dem (vermuteten) Nutzen geplanter Maßnahmen und v.a. auf der Passung zwischen geplanter Maßnahme und Investitionsprioritäten beruht. Dass hierbei sehr wohl – wenn auch nur indirekt – die berufliche Bildung mithilfe eben dieser supranationalen Prioritäten gesteuert werden kann, zeigt sich mit Blick auf einige der Investitionsprioritäten und -konditionen des ESF für die aktuelle Förderperiode 2014-2018 (Hervorhebungen d.V.):

  • Anpassungvon Arbeitnehmern an den wirtschaftlichen Wandel (Maßnahmen für einen vorausschauenden und erfolgreichen Umgang mit Wandel und Umstrukturierung),
  • Maßnahmen zur Förderung der transnationalen Mobilität der Arbeitskräfte,
  • Maßnahmen zur Förderung des Zugangs zu Beschäftigung und der Verbesserung der Qualifikationen ,
  • Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit,
  • Förderung flexibler Bildungswege u. a. durch Berufsberatung und die Bestätigung erworbener Kompetenzen,
  • Ausbau der Aus- und Weiterbildungsinfrastruktur u. a. durch den effizienten Einsatz von Transparenzinstrumenten (z. B. Europäischer Qualifikationsrahmen, Nationaler Qualifikationsrahmen, Europäisches Leistungspunktesystem für die Berufsbildung, Europäischer Bezugsrahmen für die Qualitätssicherung in der beruflichen Aus- und Weiterbildung),
  • Ausbau der Aus- und Weiterbildungsinfrastruktur u. a. durch eine stärker arbeitsmarktrelevante, an die Bedürfnisse der jeweiligen Zielgruppen angepasste allgemeine und berufliche Bildung (vgl. EUROPÄISCHES PARLAMENT/RAT DER EUROPÄISCHEN UNION 2013).

Die Ausrichtung der Prioritäten an den übergeordneten Zielen der Union ist hier ebenso deutlich klar erkennbar wie die Teilnahmemotive der Nationalstaaten: Wer den supranationalen Prioritäten Folge leistet, erhält Subventionen und zwar – wenn man langjährigen Kritiken am ESF Glauben schenkt – unabhängig davon, ob es sich bei den geförderten Themenfeldern tatsächlich um nationale Problemfelder handelt und die Maßnahmen tatsächlich effektiv sind, oder ob die nach 50-jähriger Existenz des ESF noch immer nicht erkennbar reduzierten Problemfelder nur deshalb noch existieren, weil die regelmäßige und verlässliche Bezuschussung durch den ESF eine echte Problemlösung verhindert (vgl. BARNIER 2003; RODRIGUEZ-POSE/ FRATESI 2004).

4.2 Richtlinien

Richtlinien sind hinsichtlich des zu erreichenden Ziels für jeden Mitgliedstaat verbindlich, allerdings bleibt die Wahl der Mittel und Formen zur Umsetzung der jeweiligen Richtlinie den Mitgliedstaaten überlassen. Das hier genannte Beispiel der Anerkennungsrichtlinie betrifft die berufliche Anerkennung im Bereich der sogenannten reglementierten Berufe und bezieht sich auf alle Staatsangehörigen in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU), im Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) und der Schweiz, die ihre Qualifikation in einem Mitgliedsstaat erworben haben, und gewährleistet ihnen den Zugang zu demselben Beruf unter denselben Voraussetzungen wie Inländern. Sie trat 2005 in Kraft und musste innerhalb von zwei Jahren in nationales Recht umgesetzt werden. Auch sie folgt der Logik der Umsetzung bzw. Gewährung der vier Grundfreiheiten, i. e. konkret der Niederlassungsfreiheit von Arbeitnehmern. Diese Richtlinie ist zunächst ein regulativer Politiktyp, da sie eine Verhaltensvorschrift für alle o.g. Staaten darstellt. Gleichzeitig ist sie jedoch konstitutiv, da ihre Anwendung zu teils erheblichen Änderungen in beruflichen Fachgesetzen und Verordnungen geführt hat, so z. B. bei nahezu sämtlichen Pflege- und Gesundheitsberufen oder bei allen medizinischen Berufen, die ein Hochschulstudium voraussetzen.

Der Katalog reglementierter Berufe umfasst für alle betroffenen Staaten (EU, EWR und die Schweiz) rund 5.000, davon in Deutschland rund 150.[12] Reglementierte Berufe unterliegen sog. Berufszulassungsgesetzen, d. h. für jeden dieser Berufe existiert ein eigenes Gesetz, das regelt, unter welchen Voraussetzungen der Berufsinhaber die jeweilige Berufsbezeichnung tragen darf. Entscheidend ist an dieser Stelle aus meiner Sicht allerdings weniger, welche Voraussetzungen für welchen Beruf (Mindestdauer, zuständige Stellen etc.) genannt werden, sondern warum diese Direktive eingeführt wurde. Hierzu heißt es in Absatz 2: „Nach der Tagung des Europäischen Rates in Lissabon vom 23. und 24. März 2000 hat die Kommission eine Mitteilung […] vorgelegt, die insbesondere darauf abzielt, die Erbringung von Dienstleistungen innerhalb der Gemeinschaft ebenso einfach zu machen wie innerhalb eines Mitgliedstaats. Nach Annahme der Mitteilung […] durch die Kommission hat der Europäische Rat […] die Kommission beauftragt, […] spezifische Vorschläge für ein einheitlicheres, transparenteres und flexibleres System der Anerkennung von beruflichen Qualifikationen zu unterbreiten“. Und weiter: „Es ist angezeigt, zur Erleichterung des freien Dienstleistungsverkehrs besondere Vorschriften zu erlassen, durch die die Möglichkeiten zur Ausübung beruflicher Tätigkeiten unter der im Herkunftsmitgliedstaat erworbenen Berufsbezeichnung erweitert werden“ [Hervorhebung d. V.].

Die Anerkennungsrichtlinie dient also wiederum „nur“ der Umsetzung der Lissabon-Strategie – bzw. allgemeiner – der Schaffung eines gemeinsamen europäischen Wirtschaftsraums und folgt wiederum der Logik der Gewährleistung der vier Grundfreiheiten (konkret: der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit). Wer das Gesetz weiterliest, findet hier im Übrigen zahlreiche Hinweise auf die Entwicklung des Europäischen Qualifikationsrahmens und die Aufforderung, weitere nationale Regelungen und Verfahren zur Beschleunigung von Anerkennungen beruflicher Qualifikationen zu entwickeln – eine Aufforderung, der in Deutschland mittlerweile Folge geleistet wurde, und zwar durch die Verabschiedung des Gesetzes zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen, das als Mantelgesetz nicht nur die Anerkennungsrichtlinie, sondern auch das Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz (BGFG) sowie die infolge dessen notwendigen Änderungen des Berufsbildungsgesetzes, der Handwerksordnung und 63 weiterer Gesetze und Verordnungen für reglementierte Berufe umfasst (vgl. BMBF 2012).

Auch wenn die Anerkennungsrichtlinie also nicht direkt in die berufliche Bildung eingreift, regelt sie indirekt sehr wohl, unter welchen grundlegenden Voraussetzungen bestimmte Berufsbezeichnungen vergeben bzw. getragen werden dürfen. Im Idealfall übernimmt die Richtlinie damit also eine Schutzfunktion für EU-Inländer und vereinfacht deren Arbeitsmarktzugang innerhalb der Union; im schlimmsten Fall allerdings blockiert sie aufgrund ihres Vorrangs vor nationalem Recht Qualifikationsanpassungen und -reformen, die für einen Nationalstaat sinnvoll, wichtig und angemessen wären.

4.3 Entscheidungen

Für die berufliche Bildung und nationale Berufsbildungspolitiken spielen die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) eine bedeutende Rolle. Dieser hat in den vergangenen Jahrzehnten die Zuständigkeiten der Europäischen Union immer wieder extensiv ausgelegt; zum anderen bleibt der Grundsatz unberührt, dass die Organisation des gesamten (Berufs)Bildungswesens und die (Berufs)Bildungspolitik selbst nicht zu den Zuständigkeiten der Union gehören. Die Rechtsprechung selbst folgt dabei wiederum der Logik der Gewährleistung der vier Grundfreiheiten der Römischen Verträge.

Als richtungsweisend können in diesem Kontext die Fälle Blaizot[13] und Gravier[14] betrachtet werden, durch die erstmals Studenten in den Anwendungsbereich der beruflichen Bildung einbezogen wurden. Bis dahin galt: Wer für die Aufnahme eines Studiums in ein anderes Land zog, konnte keinerlei Rechte aus der Arbeitnehmerfreizügigkeit ableiten (also z. B. Erlass von Studiengebühren). Seit diesen beiden Urteilen zählen Studiengänge ebenfalls als eine berufliche Ausbildung, was erhebliche Auswirkungen auf z. B. steuerliche Regelungen, Studiengebühren, Stipendienregelungen etc. hat und der Auflösung der Grenzen zwischen beruflicher und akademischer Bildung erheblich Vorschub geleistet hat.

Die volle Tragweite dieser Urteile lassen sich allerdings erst anhand von weiteren Urteilen erkennen, wie das folgende Beispiel aus Österreich verdeutlicht: In Österreich sind Hochschulstudiengänge kostenfrei und stehen allen Maturanten offen. Infolge dessen hatten zahlreiche deutsche Abiturienten, deren Schulabschlüsse für eine Hochschulzulassung für ein Medizinstudium nach deutscher numerus clausus-Regelung unzureichend waren, ihr Studium in Österreich aufgenommen. Wiederum infolge dessen verabschiedete Österreich eine Regelung, nach der Ausländer nur dann ein Medizinstudium in Österreich aufnehmen durften, wenn sie nachweisen konnten, dass sie auch für ein Medizinstudium in ihrem Heimatland hinreichend qualifiziert waren. Daraufhin leitete die Europäische Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren ein (Stichwort: Gefährdung der Niederlassungsfreiheit). Der Europäische Gerichtshof folgte diesem Einwand nach Artikel 12 EG – was zur Folge hatte, dass in den Folgejahren an einigen medizinischen Fakultäten Österreichs mehr als 60% aller Studienbewerber aus Deutschland kamen und war zugleich den Startschuss für eine europaweite Welle der Einführung von Auswahl- und Eignungsverfahren an Hochschulen hatte (vgl. RECHNUNGSHOF 2007, 97ff.; SCHARPF 2009, 264[15]).

Entscheidend ist hier zunächst, dass erst durch die Anerkennung von Studiengängen als berufliche Bildung und infolge dessen von Studierenden als Arbeitnehmern (Stichwort: Niederlassungsfreiheit) das Verfahren überhaupt möglich war. Das Beispiel veranschaulicht aber auch, wie extensiv der Gerichtshof seine Rechtsprechung zugunsten von Unionsinteressen auslegt und zwar – im wahrsten Sinne des Wortes – ohne Rücksicht auf die Folgen für die Nationalstaaten. Im konkreten Fall bedeutete das: „[So] entscheidet das Gericht darüber, welche nationalen Politikziele überhaupt als ‚zwingende Erfordernisse des öffentlichen Interesses‘ in Frage kommen. Fiskalische Belange beispielsweise werden grundsätzlich nicht berücksichtigt. So wurden etwa in der […] Österreich-Entscheidung die Auswirkungen des massenhaften Zustroms deutscher Studenten auf die Hochschulhaushalte völlig ignoriert“ (SCHARPF 2009, 267) und weiter konkret zu diesem Beispiel, in dem der Gerichtshof „immerhin den Gedanken erwog, dass die Gefahr einer Überfüllung der österreichischen Universitäten ein akzeptabler Rechtfertigungsgrund sein könnte. Dieser Gedanke wurde aber rasch mit der Begründung verworfen, dass dieses Problem sich auch durch nicht diskriminierende Aufnahmeprüfungen vermeiden ließe. Die Tatsache, dass Österreich seine eigenen Studenten bevorzugen müsste, um die im internationalen Vergleich niedrige Studierendenquote zu erhöhen und um eine ausreichende Anzahl von praktischen Ärzten für das österreichische Gesundheitswesen auszubilden, wurde von vornherein nicht als ein berechtigtes Argument anerkannt“ (SCHARPF 2009, 269 unter Verweis auf den o.g. Fall[16]).

Mehr als bei allen anderen Steuerungsmitteln wird hier deutlich, dass die Entscheidungen de facto regulativen und konstitutiven Charakter haben; ihr Verbindlichkeitsgrad ist dabei so hoch, dass sie – bislang – in keinem einzigen Fall reversibel waren (d. h. durch ein neues Urteil der EuGH zurückgenommen worden wären), wodurch letztlich nationalstaatliche Interessen, die die berufliche Bildung betreffen, auch an den Stellen unterminiert werden, an denen die Union eigentlich kein Zugriffsrecht hat.

4.4 Empfehlungen und Stellungnahmen

Empfehlungen und Stellungnahmen sind nicht verbindlich und können keinem der vier Politiktypen nach LOWI zugeordnet werden. Sie können allenfalls – zumindest indirekt – als distributiv gelten, nämlich wenn infolge von Empfehlungen wie jener zur Entwicklung von Qualifikationsrahmen (meist kompetitive monetäre) Mittel zur Verfügung gestellt werden, um den Nationalstaaten Anreize zu bieten, den Empfehlungen und Stellungnahmen zu folgen. In diesem Zusammenhang sind auch Programme wie jenes für LEBENSLANGES LERNEN (mit allen Teilprogrammen wie COMENIUS, ERASMUS etc.) entscheidend: Sie gehören zwar nicht zu den Steuerungsmitteln im juristischen Sinne und die Teilnahme ist überdies freiwillig; sie bieten aber in der gleichen Logik wie die Empfehlungen und Stellungnahmen Teilnahmeanreize, so z. B. bei der Mobilitätsförderung von Arbeitnehmern.

Während Stellungnahmen des Rates (und des Parlaments) mehrheitlich im Bereich der EU-Außenpolitik zu finden sind und Stellungnahmen der Kommission und der Ausschüsse lediglich als Entscheidungshilfe für Rat und Parlament dienen, führen Empfehlungen des Rates und des Parlamentes zu der paradoxen Situation, dass sie letztlich – trotz des rein empfehlenden Charakters – meist von allen Ländern umgesetzt werden. Im oben genannten Beispiel (Empfehlung zur Einrichtung des Europäischen Qualifikationsrahmens) bedeutete das: Selbst Länder, die lange und hartnäckig den nationalen Mehrwert der Rahmen kritisch hinterfragten, schlossen sich der Empfehlung letztlich an und verabschiedeten die Entwicklung eines nationalen Qualifikationsrahmens. Erkennbar wird z. B. anhand der jährlichen Länderberichte zur beruflichen Bildung, die das CEDEFOP 2003 bis 2011 im Kontext des sog. ERO (European Research Overview) regelmäßig von den Nationalstaaten erstellen ließ und anhand derer die Umsetzungsbereitschaft der Länder gegenüber neuen europäischen (Transparenz)Instrumenten, die Umsetzungsfortschritte und -schwierigkeiten aus nationaler Perspektive gut dokumentiert sind.[17]

Anhand der Berichterstattungspflicht gegenüber den Organen der Union wird auch verständlich, weshalb die Nationalstaaten den Empfehlungen trotz Kritik und dem für sie nicht erkennbaren Mehrwert letztlich folgen. So hatten sich die Staaten im Zuge der Lissabon-Strategie auf die Entwicklung von Instrumenten zur Förderung von Transparenz geeinigt; die Empfehlung zur Einrichtung des Europäischen Qualifikationsrahmens durch Rat und Parlament diente daher „nur“ als Hilfsmittel, damit die Länder dieses Ziel umsetzen können. Das Beispiel zeigt weiter, dass Länder, die einer Empfehlung (nicht) folgen, in den jährlichen Fortschrittsberichten mitsamt dem konkreten Entwicklungsstand benannt werden und damit nicht nur öffentlich zur Schau gestellt, sondern auch in ihrer Reputation empfindlich getroffen werden können (siehe nächster Abschnitt).

Hinzu kommt, dass durch die Umsetzung der Empfehlungen scheinbar weder Verbindlichkeiten noch Kosten entstehen, jederzeit reversibel zu sein scheinen oder – wie in Deutschland – zu der Entwicklung von Parallelsystemen führen, wenn etwa bereits existierende Rechtsregelungen (wie Tarifrecht, Hochschulzugangsberechtigungen etc.) parallel zu einem nationalen Qualifikationsrahmen aufrecht erhalten bleiben und infolge dessen bestimmte Qualifikationen je nach System unterschiedlich eingestuft werden.[18]

4.5 Die Sonderrolle der Offenen Methoden der Koordinierung

Im Zuge der europäischen Integration wurde ein Steuerungsinstrument entwickelt, das in all jenen Politikfeldern zum Einsatz kommt, die nicht durch Gemeinschaftsrecht geregelt werden können, wie z. B. der Bildungsbereich: Die Offene Methode der Koordinierung (OMK). Sie soll es ermöglichen, durch die Vorgabe von Leitzielen einschließlich eines konkreten Realisierungsplans, durch die Festlegung von qualitativen Indikatoren für länderübergreifende Vergleiche und durch europaweite Monitoringprozesse europapolitische Strategien im Bildungsbereich durchzusetzen, so etwa im Zuge von Europa 2020 oder den Arbeitsprogrammen „Education and Training“ (vgl. EUROPEAN COUNCIL/ EUROPEAN COMMISSION 2002; EUROPEAN COUNCIL 2009).

Für die Umsetzung der OMK werden kurz-, mittel- und langfristige Ziele in Leitlinien und mit genauen Umsetzungsplänen festgesetzt, die unter Berücksichtigung der nationalen Vielfalt unionsweit gelten. Durch Zielvorgaben und entsprechende Maßnahmen werden die erarbeiteten Leitlinien in nationale und regionale Politik umgesetzt. Dazu erarbeitet die Kommission zunächst einen Vorschlag für die jährlichen Leitlinien, über die der Rat der Union entscheidet. Die Vorschläge sind für die Mitgliedstaaten zwar nicht verbindlich, aber sie müssen in dem jeweiligen nationalstaatlichen Politikfeld Berücksichtigung finden. Für diesen Zweck formulieren die Staaten Nationale Aktionspläne, die zwar an den Kommissionsleitlinien orientiert sind, den Staaten aber genügend Handlungsspielraum bei der konkreten Umsetzung lassen. Zusätzlich setzt die Kommission die Methode des Benchmarking und des Vergleichs von best practice ein, um den Wettbewerb zwischen den Ländern zu fördern und ordnet dabei die nationalstaatliche Performanz der jeweiligen Staaten in eine Rangfolge ein. Für diesen Zweck werden jährliche Rechenschaftsberichte der Länder veröffentlicht und an den Europäischen Rat geleitet, von der Kommission und dem Rat geprüft und evaluiert. Anschließend werden aufgrund des Ranking gezielte Empfehlungen und Bewertungen von der Kommission an die Mitgliedstaaten rückgemeldet. Auf diese Weise beginnt der Politikzyklus aus dem Vorjahr von neuem (vgl. RÉGENT 2002).

Die Überwachung, Kontrolle und Einhaltung der erarbeiteten Ziele durch regelmäßiges Monitoring und gegenseitige Prüfung ist der Kern dieses Steuerungsinstruments, durch die nicht nur der Vergleich des eigenen Fortschritts mit anderen Nationalstaaten ermöglicht wird, sondern die auch die nationalstaatlichen Behörden dazu zwingt, sich kontinuierlich mit dem jeweiligen europapolitischen Feld zu befassen. Zwar basiert der Einsatz der OMK lediglich auf der Selbstbindung der Nationalstaaten, doch wird durch sie anhand der Rankings und Benchmarks Druck auf die nationalstaatlichen Regierungen ausgeübt und kann das Ansehen eines Mitgliedstaates durch die öffentliche Meinung empfindlich treffen, indem – unter dem Stichwort „naming and blaming“ – dem betroffenen Land öffentlich eine erfolglose Politik konstatiert wird .

5 Fazit: Spannungsfelder und Legitimationsprobleme

Fasst man die Steuerungsinstrumente und -prinzipien in der europäischen Berufsbildungspolitik zusammen, so ist zunächst eine klare Begrenzung auf die Umsetzung der vier Grundfreiheiten und eine deutliche nationalstaatliche Hoheit konstatierbar, was vermuten lassen könnte, dass Europa in der Tat fernab des bundesrepublikanischen Alltagsgeschehens beruflicher Bildung stattfindet.

Auf den zweiten Blick ist allerdings eine beständige Ausweitung des Gemeinschaftsrechts zu erkennen, die auf zwei Steuerungsmitteln beruht, die mittlerweile – überspitzt formuliert – den Charakter von Steuerungsprinzipien angenommen haben, nämlich:

  • eine extensive Auslegung des Unionsrechts, bei dem die Gewährleistung der vier Grundfreiheiten gekoppelt an individuelle Situationen bzw. Fälle nahezu bedingungslos über nationale Interessen gestellt wird und
  • eine permanente und öffentlich zugängliche Berichterstattung mit klarem Kontrollcharakter, durch den die Nationalstaaten ihre Fortschritte bei der Erreichung gemeinsam gesetzter Ziel dokumentieren.

Die Ausweitungsbestrebungen der Union sind also sehr wohl genauer Beobachtung wert und betreffen – so habe ich exemplarisch zu zeigen versucht – die berufliche Bildung ganz entscheidend. Allerdings sind die Ausweitungsbestrebungen für die berufliche Bildung aufgrund der Langwierigkeit ihrer Umsetzung ebenso schwer erkennbar wie ihre Folgen kaum abschätzbar sind. Die Reichweite, Kosten und Folgen der europäischen Politik fallen häufig erst bei der Anpassung an nationale Gegebenheiten auf und so tragen die Nationalstaaten häufig „politische Kosten europäischer Politiken mit, die sie überhaupt nicht, oder nur in geringem Maße, in der Phase der Politikformulierung beeinflussen konnten“ (SZUKALA 2012, 203).

Diese Ausweitungsbestrebungen lassen sich mit den traditionellen politikwissenschaftlichen Ansätzen nur schwer fassen, da sie sich weniger auf die formelle Rechtmäßigkeit (Legalität), sondern vielmehr auf das Vertrauen der Nationalstaaten auf die Rechtmäßigkeit europapolitischen Handelns (Legitimität) beziehen. Die Legitimität des Einsatzes bzw. der Auslegung der Steuerungsprinzipien und -instrumente erscheint dabei zunehmend fragwürdig. Das gilt insbesondere für die Entscheidungen des Gerichtshofs, die aufgrund ihrer Verbindlichkeit mehr als alle anderen Steuerungsinstrumente die nationalen Berufsbildungspolitiken und -landschaften verändert haben. Zu recht schlussfolgert SCHARPF in diesem Zusammenhang, dass „so das europäische Richterrecht […] einzelstaatliche Lösungen [untergräbt], ohne dass Alternativen auf europäischer Ebene zur Verfügung stünden. Die praktische Folge ist ein Verlust politischer Problemlösungskapazität gerade auf den Politikfeldern, die für die Lebenswelt der Bürger und deren Legitimitätsbeziehung zu ihrem politischen Gemeinwesen von kritischer Bedeutung ist“ SCHARPF (2009, 272).

Die berufliche Bildung ist als Handlungs- und Politikfeld für die deutschen Bürger m. E. von kritischer, d. h. zentraler Bedeutung und das gilt erst recht für die Berufs- und Wirtschaftspädagogik. Zugleich ist es unwahrscheinlich, dass sich die hier skizzierten Spannungsfelder und Legitimationsprobleme in den nächsten Jahren auflösen oder obsolet werden würden. Umso wichtiger erscheint es mir, dass sich die Berufs- und Wirtschaftspädagogik als eine Disziplin, die ohnedies seit Jahren um nichts Geringeres als ihren eigenen zentralen Forschungsgegenstand ringt (vgl. ausführlich MÜNK 2011), dieser Thematik langfristig und nicht nur als „Feiertagsthema“ annimmt. Das wäre zumindest dann sinnvoll, wenn die Disziplin nicht nur schmollend auf das Ende bundesdeutscher Berufsbildung warten will, sondern aktiv einen Prozess in seiner vollen Tragweite für ihren zentralen Forschungsgegenstand verstehen, erforschen und mitgestalten will – und dabei möglicherweise ihren ureigenen Forschungsgegenstand wiederfindet.

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[1]     Europäisches Zentrum für die Entwicklung beruflicher Bildung und Europäische Stiftung für Berufsbildung.

[2]     Wirtschafts- und Sozialausschuss und der Ausschuss Regionen.

[3]     Regulativ bezieht sich auf Verhaltensvorschriften für individuelle und kollektive Akteure (z.B. staatlicher Zwang, Überzeugung oder Selbstregulation), distributiv meint die Verteilung von Ressourcen ohne klare Lastenverteilung (Anreize), redistributiv bezeichnet die Umverteilung von Ressourcen mit klaren Kosten- und Nutzenträgern   (Abgabezwang und sozial selektive Leistungsgewährung) und konstitutiv bezieht sich z. B. auf Verfassungsänderungen durch staatliche Institutionen.

[4]     Mir ist bewusst, dass der Zusammenhang der drei Ansätze hier verkürzt dargestellt ist und verweise für eine ausführliche Darstellung auf FAUST/ VOGT 2011.

[5]     Erkennbar ist dies z.B. anhand der Veröffentlichungshinweise, wie sie regelmäßig im Newsletter der bwpat erscheinen oder anhand der Jahresbibliographie und der jährlichen Liste der Dissertationen und Habilitationen, wie sie regelmäßig in der Zeitschrift für Berufs- und Wirtschaftspädagogik erscheint. Auch KLUSMEYER (2010) kommt bei einer thematischen Auswertung berufs- und wirtschaftspädagogischer Veröffentlichungen zu einem sehr ähnlichen Ergebnis.

[6]     Arbeitsprogramm „Forschung, Wissenschaft und Bildung“ des EG-Kommissars Ralf Dahrendorf, Brüssel 1973.

[7]     Einheitliche Europäische Akte. Erschienen im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften, 1987, L169, 30, 1-28.

[8]     Konsolidierte Fassung des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union. Erschienen im Amtsblatt der Europäischen Union, C 326, 55, 1-390.

[9]     Berufe, Studien- und Unterrichtsfächer aus den Bereichen Mathematik, Naturwissenschaften, Ingenieurwissenschaften und Technik.

[10]  Rs. C-24/86, Slg. 1988, 379 - Blaizot - EuGH v. 21.6.1988.

[11] Rs. C-293/83, Slg. 1985, 593 - Gravier - EuGH v. 11.7.1985.

[12]  http://ec.europa.eu/internal_market/qualifications/regprof/index.cfm?action=homepage (19.02.2014). Die Gesamtanzahl mag insofern irreführend sein, als dass es sich hier in allen Ländern um eine mehr oder minder ähnlich große Gruppe von Berufen handelt, die aufgrund der Anerkennungsrichtlinie gegenseitig anerkannt werden.

[13] Rs. C-24/86, Slg. 1988, 379 - Blaizot - EuGH v. 21.6.1988.

[14] Rs. C-293/83, Slg. 1985, 593 - Gravier - EuGH v. 11.7.1985.

[15] Basierend auf Rs. C-147/03, Tz.61, 07.07.2005.

[16] Rs. C-147/03, Tz.61, 07.07.2005.

[17]   Siehe http://www.cedefop.europa.eu/EN/bibliographies/refernet-contributions.aspx

[18]   So z.B. bei Bachelor- und Meisterabschüssen: Während die beiden Abschlüsse zwar in der gleichen Stufe im deutschen Qualifikationsrahmen angesiedelt sind (der wiederum explizit am europäischen Qualifikationsrahmen ausgerichtet ist), sind mit den beiden Abschlüssen nach deutschen Recht nicht die gleichen Berechtigungen verbunden (z.B. Zugang zum Masterstudium).

Zitieren des Beitrags

BOHLINGER, S. (2014): Steuerungsprinzipien und -mittel europäischer Berufsbildungspolitik. In: bwp@ Berufs- und Wirtschaftspädagogik – online, Ausgabe 25, 1-23. Online: http://www.bwpat.de/ausgabe25/bohlinger_bwpat25.pdf   (24-03-2014).