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bwp@ Spezial 22 - November 2024
Berufliche Orientierung im digitalen Wandel
Hrsg.:
, &Thematisierungsweisen beruflicher Zukünfte in Rückmeldegesprächen von Potenzialanalysen
Die Berufliche Orientierung Jugendlicher und deren Begleitung durch Schulen rücken seit einigen Jahren verstärkt in den Fokus bildungspolitischer Initiativen auf Bundes- und Länderebene. Mit der breiten Einführung von Potenzialanalysen halten Instrumente Einzug in die Berufliche Orientierung, welche sich durch einen ausgeprägten Bezug auf die individuellen Vorrausetzungen der Schüler*innen auszeichnen. Diese sollen Ausgangspunkt für einen möglichst früh beginnenden, über mehrere Jahrgangsstufen andauernden Prozess einer gezielten Berufs- und Studienorientierung in Schulen sein. Auf programmatischer Ebene sind Potenzialanalysen mit verschiedenen Anforderungen verbunden. Sie sollen die Schüler*innen dazu anleiten, „erste berufliche Interessen und Neigungen zu erkunden“, die Berufsfeldwahl, etwa im Rahmen erster Praktika, unterstützen, zugleich aber auch Hinweise auf „Entwicklungsziele und nächste Schritte“ sowie „Anhaltspunkte für die schulische und außerschulische Förderung“ (BMBF, 2022, S. 2) geben. Potenzialanalysen ist somit eine gewisse „Mulitfunktionalität“ (Kuhn et al., 2018, S. 9) inhärent, bisher wurde jedoch nicht erforscht, wie diese auf der Ebene von Praktiken und Interaktionen im einzelschulischen Kontext umgesetzt werden. Integraler Bestandteil sind sogenannte Reflexions- bzw. Rückmeldegespräche, welche spätestens drei Wochen nach Durchführung der Potenzialanalyse stattfinden sollen und im Fokus des vorliegenden Beitrags stehen. Auf der Grundlage von ethnografischen Beobachtungen von Rückmeldegesprächen, welche im Kontext einer Studie[1] zur Prozessierung von Potenzialanalysen durchgeführt wurden, geht der Beitrag der Frage nach, wie die Ergebnisse von Potentialanalysen zum Gegenstand von Lern-, Bildungs- und Beratungsprozessen in der Schule gemacht werden. Da die Rückmeldegespräche als Ausgangspunkt eines mehrjährigen, aufeinander aufbauenden Prozesses der Beruflichen Orientierung (KMK, 2017) an der Schule gelten, können diese als Scharnierstelle angesehen werden, an welcher die in den Potenzialanalysen angefertigten Kompetenzprofile in spezifische pädagogische Adressierungen transformiert werden. Anhand der Analyse exemplarischer Rückmeldegespräche, die in unterschiedlichen Settings – bei externen Trägern und in Schulen – ethnografiert wurden, beleuchtet der Beitrag, wie die berufliche Zukunft in diesem spezifischen Gesprächsformat thematisiert wird und wie die Jugendlichen dabei adressiert werden. Damit fokussiert der Beitrag die lokalen, alltäglichen Umsetzungsvarianten von Rückmeldegesprächen und zeigt, wie die involvierten Akteure die programmatischen Vorgaben vor dem Hintergrund lokaler organisatorischer und institutioneller Relevanzen umsetzen.
[1] Das von 2023 bis 2026 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Projekt „Jugend im Blick. Die Prozessierung von Entwicklungsbeobachtung und -begleitung im Kontext schulischer Berufsorientierung“ (DFG-Projektnummer 505852785) wird von Stephan Dahmen und Marc Thielen geleitet. Wissenschaftliche Mitarbeitende sind Marisa Beckmann und Markus Reimann.
Modes of engagement with professional futures in institutionalized settings of early vocational counselling
The vocational orientation and guidance of young people by schools has increasingly become the focus of educational policy initiatives in Germany. With the widespread introduction of so called "Potenzialanalysen" (a form of standardized competency assessment), instruments are finding their way into vocational orientation that are characterized by a strong focus on individual prerequisites for specific vocational fields. They are intended to be the starting point for a process of targeted vocational orientation in schools that begins early and that is supposed to last until the end of obligatory schooling. At a programmatic level, potential analyses are associated with various requirements. They are supposed guide pupils to "explore initial career interests and inclinations", support the choice of career field, for example in the context of initial internships, but at the same time also provide information on "development goals and next steps" as well as "indications for school and extracurricular support" (BMBF, 2022 S. 2). Thus, at programmatic level, potential analyses have a inherent "multi-functionality" (Kuhn et.al, 2018, S. 9) Until recently, however, no research has been conducted into how these are implemented at the level of practices and interactions. In this article, we focus on so called feedback interviews, in which pupils receive feedback on the results of their competence assessment. On the basis of ethnographic observations, the article examines the question of how the results of potential analyses are made object of learning, education and counselling processes at school. Since the feedback interviews are considered the starting point of a multi-year, consecutive process of vocational orientation (KMK, 2017) at the school, they can be seen as a focal site in which the results of the competence assessments are translated and transposed into specific educational practices. The article specifically sheds light on how professional futures are interactionally negotiated and discussed, and how local actors implement the institutional requirement to perform competence assessment against the background of local organizational and institutional requirements.
- Details
1 Potenzialanalysen als Bestandteil einer integrierten und präventiven Beruflichen Orientierung
Die Berufliche Orientierung Jugendlicher und deren Begleitung durch die Schule rücken seit einigen Jahren verstärkt in den Fokus bildungspolitischer Initiativen. Wurde die Vorbereitung auf die Arbeitswelt historisch v.a. als Aufgabe der Hauptschule betrachtet, werden Angebote der Beruflichen Orientierung nun deutlich ausgeweitet und fächerübergreifend in allen Schulformen verankert (Schröder & Bertelsmann Stiftung, 2015). Die Fokussierung eines biografisch früheren Zeitpunkts sowie die verbindliche Verankerung kann auch als Reaktion auf die wahrgenommene Ineffizienz des sogenannten Übergangssystems gedeutet werden (Konsortium Bildungsberichterstattung, 2006; Autorengruppe BIBB & Bertelsmann Stiftung, 2011). In bildungspolitischen Initiativen der 2010er Jahre wurde eine frühe Berufs- und Studienorientierung als zentrale Aufgabe der allgemeinbildenden Schule definiert und mit der Hoffnung verknüpft, durch deren Ausweitung die Anzahl der jungen Menschen zu verringern, welche die Schule ohne Anschlussperspektive verlassen. So gab die Bundesregierung auf dem Bildungsgipfel 2008 das Ziel aus, den Anteil an Personen ohne Berufsabschluss bis 2015 von 17,8% auf 8,5% zu senken (Bundesregierung, 2008, S. 9).
Die Reformstrategie des Ausbildungspaktes war von der Überzeugung geleitet, dass „viele freibleibende Ausbildungsplätze […] besetzt [hätten] werden [können], wenn Jugendliche besser informiert wären, sich selber realistisch einschätzen könnten und die Voraussetzungen für die Aufnahme einer Berufsausbildung erfüllen würden“ (Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, 2005, S. 3). Dementsprechend forderte der Ausbildungspakt die Einführung einer „systematische[n] Berufsorientierung an allen Schulen“ sowie die „Optimierung des Übergangsmanagements“ (Nationaler Pakt für Fachkräftenachwuchs in Deutschland, 2009, S. 2). Auch die Länder haben 2011 die Reform des sogenannten Übergangsystems zu einer bildungspolitischen Priorität erklärt und setzten u. a. im Kontext der Initiative „Übergänge mit System“ (Bertelsmann Stiftung, 2011) auf eine Stärkung der Berufs- und Studienorientierung in allgemeinbildenden Schulen. Die KMK-Empfehlungen zur Beruflichen Orientierung an Schulen beschreiben die „Vorbereitung auf die Berufs- und Arbeitswelt“ als Teil des Bildungs- und Erziehungsauftrags der Schulen sowie als einen mehrjährigen Prozess der „Auseinandersetzung der Schülerinnen und Schüler mit ihren Neigungen und Wünschen, Perspektiven und Möglichkeiten“ (KMK, 2017, S. 2). Der Vereinbarungstext der Allianz für Aus- und Weiterbildung im Jahre 2014 plädierte vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und eines zu erwartenden Fachkräftemangels für eine „verstärkte Berufsorientierung an allen Schulen“, um die „Potenziale junger Menschen früh zu erkennen und eine individuelle, kontinuierliche Unterstützung bei der Berufs(wahl)orientierung sicherzustellen“ (Allianz für Aus- und Weiterbildung, 2014, S. 3). Gleichzeitig kündigte die Bundesregierung die Einführung eines „systematischen Kompetenzprofils vor dem Verlassen der Schule an, um den Übergang in die weiterführende Schule und in das Ausbildungssystem zu erleichtern, indem [...] die Jugendlichen für ihre Stärken und Schwächen sensibilisiert und besser auf eine Ausbildung vorbereitet werden“ (Bundesregierung, 2008, S. 9). Auch die OECD empfahl die Einführung eines „Kompetenzassessments nach deutschlandweiten Standards […] in der 7. Klasse“ (Hoeckel & Schwartz, 2010, S. 22) sowie eine möglichst frühe Berufliche Orientierung.
Den skizzierten Empfehlungen folgt die bundesweite Initiative „Bildungsketten bis zum Abschluss“ des BMBF, der Bundesagentur für Arbeit und der Länder, durch die junge Menschen vom Beginn der Beruflichen Orientierung bis hin zum Ausbildungsabschluss unterstützt werden sollen. Die Initiative folgt dem Leitmotiv „vorbereiten statt reparieren“ (BMBF, 2010, S. 2) und zielt darauf ab, einen „präventiven und konzertierten Ansatz zu installieren, um zu vermeiden, dass Bildungsverläufe durch Maßnahmen des Übergangssystems repariert werden müssen“ (BMBF, 2010, S. 2). Als chronologisch erster Schritt einer früh ansetzenden Beruflichen Orientierung fördert das Bildungskettenprogramm sogenannte Potenzialanalysen, welche sich an Schüler*innen in der 7. oder 8. Jahrgangsstufe richten (BMBF, 2018). In diesem Format wird die Berufliche Orientierung als ein ab dem frühen Jugendalter systematisch zu beobachtendes Entwicklungsgeschehen betrachtet, das durch die gezielte Förderung von „Entwicklungspotenzialen“ (Hammer et al., 2019, S. 54f.) pädagogisch unterstützt und optimiert werden soll (Driesel-Lange et al., 2020). Hierzu halten Verfahren Eingang in Schulen, die Ende der 1990er Jahre zunächst in der Berufsvorbereitung benachteiligter Jugendlicher im Übergangssektor eingesetzt wurden. Jene Instrumente, die an Assessment-Center der Personalauswahl angelehnt sind, sollen präzise Auskunft über den jugendlichen Entwicklungsstand geben, um Anhaltspunkte für die Festlegung von „Entwicklungszielen“ (BMBF, 2018, S. 27) abzuleiten. Die Testergebnisse, die zur Nutzung in der schulischen Förderung gedacht sind, werden den Jugendlichen und deren Erziehungsberechtigten in Feedbackgesprächen rückgemeldet und im Portfolio „Berufswahlpass“ dokumentiert und bearbeitet (Ryter, 2020).
2 Umsetzungsvarianten, Kontroversen und institutionelle Vorgaben von Potenzialanalysen
Wenngleich die Einführung von Potenzialanalysen – wie oben gezeigt – unter anderem mit dem Ziel begründet wurde, die „Ausbildungsreife“ (BA, 2009) junger Menschen präventiv verbessern zu wollen, wird in programmatischer Hinsicht ein anderer Akzent gesetzt. Mit dem Fokus auf individuelle „Potenziale“ bzw. „Talente“ (BMBF, 2018), zielen die Verfahren (zumindest vordergründig) insbesondere auf ein „stärkenorientierte(s), wertschätzende(s) Vorgehen“ (BMBF, 2022) und die Reflexion der eigenen Berufsbiografie. Dabei wird einerseits betont, dass die Kompetenzanalysen rein formativ sind und „nicht eine bestimmte berufliche Richtung vorgeben, sondern den Blick für zukünftige Optionen und Möglichkeiten öffnen“ (BMBF, 2015, S. 4) sollen. Andererseits definieren die Konzepte einiger Bundesländer Kompetenzanalysen als eine Kombination aus „wissenschaftlich anerkannten Testverfahren, zu bewertenden Praxisaufgaben und Elementen von Assessment-Centern“ (MAGS NRW, 2018, S. 29). Im Jahr 2021 haben 14 der 16 Bundesländer Vereinbarungen mit dem Bund geschlossen, welche unter anderem die breite Einführung von Potenzialanalysen beinhalten. Grundsätzlich soll die Potenzialanalyse den Qualitätsstandards des Bundes nach eine Dauer von mindestens zehn Zeitstunden verteilt auf zwei Tage haben und unterschiedliche Aufgabentypen beinhalten, die alleine oder in einer Gruppe zu bearbeiten sind. Die Beobachtung der Kompetenzen soll durch geschultes Personal erfolgen (BMBF, 2022, S. 4). Ungeachtet dieser Vorgaben ist die Umsetzung in Bezug auf die Verfahren und Organisationsformen sehr heterogen. Während sich Baden-Württemberg, Niedersachsen, Sachsen und Rheinland-Pfalz für das Programm „Profil-AC“ entschieden haben, das von den Lehrkräften in den Schulen durchgeführt wird, gibt es in Nordrhein-Westfalen eine Vielzahl von Verfahren, die bei externen Trägern außerhalb der Schule durchgeführt werden. Die entsprechenden Verfahren werden zum Teil lizensiert von größeren Anbietern vorgehalten und zum Teil von kleineren Trägern entworfen. Auch auf der Ebene der Einzelschule sind heterogene Umsetzungsformen erwartbar, da Schulen aufgefordert sind, das Instrument in ihre jeweiligen Aktivitäten der Beruflichen Orientierung zu integrieren.
Die verschiedenen Verfahren und landesspezifischen Umsetzungsvarianten in den Blick nehmend, unterscheidet Kunert (2014) zwischen „summativen“ und „formativen“ Ausprägungen. Während die Potenzialanalyse im Berufsorientierungsprogramm des Bundes (BOP) einem formativen Verständnis folgt und auf die selbständige Auseinandersetzung mit den eigenen Interessen und Kompetenzen im Sinne einer eigenständigen Biografiegestaltung zielt, gibt es vereinzelt Verfahren, welche an einem summativen Verständnis und entsprechend stärker an externen Anforderungen des Arbeitsmarkts orientiert sind. Kunert (2014) verweist auf das Problem, dass das Ziel, die Ergebnisse der Potenzialanalyse für die berufsorientierenden Werkstatttage und Praktika zu nutzen, in manchen Fällen dahingehend missverstanden wird, dass das Instrument primär für die spätere Passung zu bestimmten Berufsfeldern zu nutzen sei. In einer explorativen Studie zeigen Kaiser und Dahmen (2020), dass sich die Umsetzung der Potenzialanalyse im Spannungsfeld von „normalisierender Messung von Kompetenzen“ und der „Förderung von biografischer Selbstreflexivität“ (Kaiser & Dahmen, 2020, S. 37) abspielt. Dies lässt sich auch dadurch erklären, dass die eingesetzten Verfahren auf sehr unterschiedliche konzeptionelle Rahmen Bezug nehmen: Während einige Verfahren aus der Benachteiligtenförderung stammen und initial als Diagnose- und Förderplanungsinstrument entworfen wurden (Krztala & Retzmann, 2014), sind andere stärker an Assessment-Center der Personalauswahl in Unternehmen angelehnt. Viele Verfahren enthalten zudem erlebnispädagogische Elemente, etwa in Form von offenen, gruppenbezogenen Aufgabenstellungen.
In der Vielfalt der Umsetzungsformen spiegelt sich ein für Berufliche Orientierung zentrales Spannungsfeld zwischen den Interessen des Individuums auf der einen und den Möglichkeiten, Bedarfen und Anforderungen der Arbeits- und Berufswelt auf der anderen Seite wider (Büchter & Christe, 2014, S. 12). Mit den Potenzialanalysen sind demzufolge eine Vielzahl von teilweise widersprüchlichen Zielen verbunden: Biografische Selbstreflexion, Förderplanung, Koordination von anschließenden schulischen Aktivitäten, Unterstützung für weitere Berufsfelderkundungen. In Analogie zu Bildungsdokumentationen, welche bei Übergängen von der Kita in die Grundschule zum Einsatz kommen, kann von einer „Multifunktionalität“ (Kuhn et al., 2018, S. 9) entsprechender Instrumente ausgegangen werden. Sie finden praktische Verwendung in Rückmeldegesprächen und auf ihrer Basis sollen gemeinsame Zielformulierungen mit den Jugendlichen abgeschlossen werden (BMBF, 2022). Sie ermöglichen es, den Entwicklungs- bzw. Kompetenzstand verschiedener Schüler*innen zu vergleichen und zu antizipierten Anforderungen der Arbeitswelt ins Verhältnis zu setzen. Wie, auf welche Weise und in welchen Kontexten Potenzialanalysen in der weiteren schulischen Beruflichen Orientierung an Einzelschulen Anwendung finden, ist bisher jedoch unzureichend erforscht.
3 Befunde zur Umsetzung der Potenzialanalysen und deren Einbettung in die Berufliche Orientierung an Schulen
Blickt man auf den Forschungsstand zur Umsetzung Beruflicher Orientierung in der Schule, zeigt sich, dass bis vor einigen Jahren noch von einer hohen Beharrungskraft eines schulischen Blicks sowie einem erheblichen Handlungsbedarf an den allgemeinbildenden Schulen gesprochen wurde (vgl. etwa Büchter & Christe, 2014). Es wird von einer „Dominanz asymmetrischer Kommunikationsbeziehungen und institutioneller Macht“ (Popp, 2007, S. 34) ausgegangen, welche eine „identitätsfördernden Berufsorientierung von Jugendlichen“ entgegenstehe. So hänge die „konzeptionelle, inhaltliche, didaktische Gestaltung und professionelle Voraussetzung von Berufsorientierung häufig von den institutionellen Bedingungen und den schulischen Akteuren ab“ (Büchter & Christe, 2014, S. 13). Einige der oben beschriebenen Reformen scheinen (zumindest indirekt) auf diese Kritik zu reagieren: So fordert die Kultusministerkonferenz, dass sich die berufliche Orientierung auch an den „individuellen Interessen, Kompetenzen und Potenzialen“ (KMK, 2017, S. 2) orientiert. Generell wird eine Akzentverschiebung in Richtung der „individuellen Beratung und Begleitung“ (Arnoldt et al., 2017, S. 392) konstatiert. Die Übergangsforschung weist darauf hin, dass Beratung als eine spezifische Steuerungsform von Übergängen betrachtet werden kann (Dittrich & Walther, 2020; Dahmen, 2021), die auf das Generieren einer „biographische(n) Selbstreflexivität“ (Schützeichel, 2014, S. 47) abzielt.
Die mit dem Ausbau der Beruflichen Orientierung einhergehenden Veränderungen an Schulen wurden bisher insbesondere in Hinblick auf größere Akzentverschiebungen im Kontext der Politiken der Beruflichen Orientierung erforscht, es überwiegen Studien zu einzelnen Schulen oder Verfahren, welche mehrheitlich auf Interviews basieren (vgl. Lippegaus-Grünau & Voigt, 2012; Faulstich-Wieland & Scholand, 2017; Bigos, 2020; Keller & Blessinger, 2023). Studien, welche die unterschiedlichen Varianten von Potenzialanalysen sowie deren Weiterbearbeitung auf der Ebene Einzelschule systematisch kontrastieren, gibt es hingegen bisher nur wenige. Angesichts der Vielzahl an unterschiedlichen Schulformen, differenter landespolitischer Vorgaben sowie unterschiedlicher sozialstruktureller Voraussetzungen und nicht zuletzt der mittlerweile in einigen Bundesländern bestehenden Vorgabe, dass Schulen ein eigenes Konzept zur Beruflichen Orientierung vorlegen müssen, kann die individuelle Situation der Einzelschule für deren Umsetzung jedoch als sehr bedeutsam angesehen werden: In einer auf Interviews mit Lehr- und Fachkräften unterschiedlicher Schulen und Schulformen fußenden Studie skizziert Bigos (2020, S. 365f.) zwei differente Verständnisse Beruflicher Orientierung. Während in sogenannten begleitend-eigenverantwortlichen Ansätzen die Unterstützung einer eigenständigen und fundierten Beruflichen Orientierung im Fokus steht, zielen zuweisend-vormundschaftliche Konzepte „auf eine qualifikationsbezogene oder reglementierte Einschränkung der beruflichen Aspirationen auf ausgewählte Zielfelder und Statusebenen“ (Bigos, 2020, S. 366). Thielen und Kurt entwerfen in Anlehnung an die Schulkultur- sowie die reflexive Übergangsforschung das heuristische Konzept der „Übergangskultur“ (Thielen & Kurth, 2023, S. 1) als spezifische Modi der einzelschulischen Prozessierung von Übergängen aus der Sekundarstufe I. In diesem Verständnis lässt sich anhand der jeweiligen Praktiken der Beruflichen Orientierung in jeder Schule ein spezifischer Umgang mit den Strukturproblemen des Bildungssystems und der Antinomien pädagogischen Handelns in Bezug auf die Berufliche Orientierung rekonstruieren. Budde und Weuster (2018) zeigen in einer ethnografisch kontrastierenden Studie in zehnten Klassen von drei Schulen, dass sich Angebote zur Beruflichen Orientierung im Spanungsfeld von widersprüchlichen Herausforderungen bewegen: Der „Selbstfindung der SchülerInnen“, dem begreiflich machen der „Anforderungen, Realitäten und Strukturen der Arbeitswelt“ sowie der eher sozialpolitischen Zielstellung, möglichst alle Jugendlichen in Erwerbsarbeit zu bringen (Budde & Weuster, 2018, S. 223). Die Studie zeigt, wie diese Logiken in den jeweiligen Einzelschulen in unterschiedlicher Weise, mit jeweils unterschiedlichen Adressierungsweisen umgesetzt werden. Für die Berufliche Orientierung an Schulen kann dementsprechend von multiplen „Koordinations- und Gerechtigkeitsprinzipien“ (Imdorf, 2011, S. 243) ausgegangen werden, mit denen Lehr- und Fachkräfte deutend umgehen und welche sich in für jede Schule spezifischer Form ausprägen.
Studien zur Umsetzung der Potenzialanalysen selbst liegen bislang nur vereinzelt vor. Faulstich-Wieland und Scholand (2017) zeigen in ihrer ethnografischen Studie zu Beruflicher Orientierung und Geschlecht bezüglich der Durchführung von trägerbasierten Potenzialanalysen in Hamburg, dass diese zwar einen starken Fokus auf die Entdeckung beruflicher Neigungen legen. Die in der Schule anschließende Berufliche Orientierung werde jedoch „in erster Linie in die üblichen schulischen Routinen von Lehren, Lernen, Leistungsüberprüfung eingefügt und somit im Hinblick auf Benotung handhabbar gemacht“ (Faulstich-Wieland & Scholand, 2017, S. 101). Lippegaus-Grünau und Voigt (2013, S. 6) argumentieren auf der Grundlage von Experteninterviews, dass die individuelle Förderung in der Schule mit explizitem Bezug auf die Ergebnisse der Potentialanalyse eher den Ausnahmefall darstelle. Sie kommen jedoch zum Schluss, dass die Potenzialanalyse „zur Persönlichkeitsentwicklung und zur selbstständigen Biografiegestaltung der Jugendlichen“ (Lippegaus-Grünau & Voigt, 2012, S. 61) beitrage. In einer Studie zur Umsetzung Beruflicher Orientierung an unterschiedlichen Sekundarschulformen in Niedersachsen zeigt sich, dass einzelne Schulen angesichts des hohen zeitlichen, organisatorischen und personellen Aufwands die Potenzialanalyse selektiv einsetzen und in der Sekundarstufe I nur für diejenigen Schüler*innen vorsehen, denen der Übergang in die gymnasiale Oberstufe nicht zugetraut wird (Kurth & Thielen, 2024). Hier scheint die Potenzialanalyse insbesondere in Bezug auf die Gestaltung nachschulischer Übergänge relevant zu sein. In einer diskursanalytischen Fallstudie analysieren Keller und Blessinger (2023) die Programmpapiere zur Potenzialanalyse und kommen zum Schluss, dass diese als Dispositiv zur Hervorbringung autonomen berufsbezogenen Handelns gedeutet werden kann. Die Autoren formulieren das Desiderat, zu erforschen, wie „sich das im Programm formierte und angeleitete dispositive Arrangement […] in der Praxis ausform[t]“ (Keller & Blessinger, 2023, S. 90) und verweisen auf die Notwendigkeit, Gründe und Effekte „praktische[r] Abweichungen von den programmatischen Vorgaben zu betrachten“ (Keller & Blessinger, 2023, S. 90) sowie wie die „aneignende Übersetzung […] des Subjekts in ein berufliches Selbstkonzept“ (Keller & Blessinger, 2023, S. 90) einschließlich der individuellen, potentiell auch widerständigen Umgangsweisen mit den Adressierungen der Potentialanalysen in den Blick zu nehmen.
Insgesamt zeigt der Forschungsstand, dass sowohl zur verlaufsförmigen Organisation und Durchführung von Potenzialanalysen sowie deren praktischer Aneignung durch Schüler*innen als auch zur Verknüpfung der Potenzialanalysen mit Elementen der schulischen Beruflichen Orientierung auf der gegenwärtig als zentral erachteten Ebene der Einzelschule bislang nur wenige Erkenntnisse vorliegen.
4 Forschungsdesign und heuristische Konzepte: Adressierungsweisen als Bearbeitung von Übergängen im Kontext von Rückmeldegesprächen
Den Rückmeldegesprächen wird in Evaluationsstudien zur Potenzialanalyse eine zentrale Rolle für ihre nachhaltige Wirksamkeit zugesprochen (Sommer & Rennert, 2020; Kunert & Sommer, 2023). Ihre Bedeutung wurde entsprechend in den aktualisierten Qualitätsstandards präzisiert und geschärft (BMBF, 2022, S. 8). Aus Sicht des Forschungsprojektes sind die Rückmeldegespräche auch deshalb interessant, weil sie als Scharnierstelle zwischen der Potenzialanalyse und dem weiteren Prozess der Beruflichen Orientierung angesehen werden können: Denn zum einen werden die im Zuge der Potenzialanalyse erstellten Kompetenzprofile anlässlich des Gesprächs an die Schüler*innen und gegebenenfalls ihre Eltern bzw. Erziehungsberechtigten übergeben, zum anderen soll im Gespräch thematisiert werden, in welchen Berufsfeldern Praktika gemacht werden und welche individuellen Ziele und Fragestellungen im weiteren Prozess der Beruflichen Orientierung fokussiert werden sollen. Die Ergebnisse sollen in einer schriftlichen Vereinbarung festgehalten werden (BMBF, 2022, S. 8). In gewisser Weise stellen die Rückmeldegespräche ein „Grenzobjekt“ (Hörster et al., 2013) als Schnittstelle zwischen verschiedenen Sozialen Welten, insbesondere der Schule, der Potenzialanalyse und der Lebenswelt der Schüler*innen sowie ihrer Eltern bzw. Erziehungsberechtigten dar. In Bezug auf die interaktive Gestaltung und den Gesprächsablauf fragt die Untersuchung, wie die in der Potenzialanalyse hervorgebrachten Kompetenzprofile in spezifische pädagogische Adressierungen transformiert werden, in welcher Art und Weise auf die Ergebnisse eingegangen wird und welche normativen Zielvorstellungen dabei wirksam werden.
Die dem Beitrag zugrundeliegende Studie folgt den theoretischen Prämissen der „Reflexiven Übergangsforschung“ (Walther, 2020; Wanka, 2020). In dieser wendet sich der Blick weg von einer linearen Orientierung auf die Outcomes von Übergängen und nimmt „deren praktischen Vollzug, die Gestaltung und damit die Herstellung, die Prozesse der Hervorbringung“ (Walther, 2020, S. 65) in den Blick. Einer solchen Perspektive ist eigen, dass sie Übergangspraktiken als sozio-materiell und multi-situiert (Wanka, 2020, S. 189) konzipiert. So ist etwa die Situation des Reflexionsgesprächs durch unterschiedliche Artefakte (das Dokument „Kompetenzprofil“, ein Gesprächsleitfaden, ein Dokument zur Ergebnissicherung, ein spezifisches Arrangement an Tischen und Stühlen etc.) ausgestattet, und die für Übergänge relevanten Praktiken finden an verschiedenen, miteinander verknüpften Orten statt (Potenzialanalyse, Reflexionsgespräch, Unterricht mit Bezug zur BO, Beratungsgespräche, Praktika etc.). Die Studie ist ethnografisch angelegt und realisiert ein methodenplurales Vorgehens (Breidenstein et al., 2013). Im Kern steht die teilnehmende Beobachtung von unterschiedlichen Settings rund um die Potenzialanalyse. Zudem werden die zum Einsatz kommenden Dokumente und Artefakte gesammelt und Interviews mit den zuvor beobachteten Lehr- und Fachkräften geführt. Der Prämisse eines iterativ-zirkulären Forschungsprozesses der Grounded Theory (Strübing, 2014) folgend werden Beobachtungsprotokolle und Interviewtranskripte mittels Kodierverfahrens der Grounded Theory (offen, axial, selektiv) kodiert. Hierbei werden spezifische Szenen selektiert und Phänomene und Prozesse materialübergreifend identifiziert und systematisch kontrastiert (Charmaz & Mitchell, 2001, S. 161). Daran anknüpfend werden nach dem Prinzip der minimalen und maximalen Kontrastierung einzelne Ausschnitte der Daten ausgewählt und sequenzanalytisch ausgewertet (Bergmann, 2009; Breidenstein et al., 2013, S. 139f.).
Während die Studie die transsequenzielle Verknüpfung (Scheffer, 2013) der Übergangspraktiken über verschiedene Orte hinweg erforscht, beschränkt sich dieser Beitrag auf die Analyse eines Kontextes, dem Rückmeldegespräch. Wir konzipieren die Rückmeldegespräche als Orte der biografischen Selbstthematisierung, als ein „doing biography“ (Dausien & Kelle, 2005, S. 200). Im Sinne einer reflexiven Übergangsforschung fokussieren wir dabei jene „institutionellen und gesellschaftlichen Bedingungen und Praxen, die zur Formierung von Lebensläufen beitragen“ (Dausien, 2011, S. 32). Immerhin werden die Schüler*innen auf programmatischer Ebene zu einer reflexiven Beschäftigung mit ihrer (beruflichen) Zukunft angehalten. Angelehnt an die Adressierungsanalyse von Rose und Ricken (2018) interessieren wir uns dabei insbesondere für die sich in Interaktionen vollziehenden Anerkennungsprozesse und die darin eingelagerten „sozial etablierten und intelligiblen Normen der Anerkennbarkeit und Sichtbarkeit“ (Reh & Ricken, 2012, S. 42). Analytisch blicken wir hier insbesondere darauf, wie im Rahmen der Rückmeldegespräche „jemand von wem vor wem als wer angesprochen bzw. explizit oder implizit adressiert wird und […] ebenso wie – […] die re-adressierende Reaktion darauf diesen Prozess mitbestimmt und ihrerseits den oder die andere subjektiviert“ (Rose & Ricken, 2018, S. 168). Angelehnt an Gubrium und Holstein verstehen wir die Gespräche als „discursive environments for identity work“ (Gubrium & Holstein, 2001, S. 13).
5 Differente Thematisierungsweisen von beruflichen Interessen im Kontext von Rückmeldegesprächen
Wir gehen nun exemplarisch auf zwei kontrastierende Rückmeldegespräche ein, in denen in jeweils spezifischer Weise Bezug auf berufliche Interessen und die (beruflichen) Zukünfte der jeweiligen Schüler*innen genommen wird. Wenngleich die beiden Gespräche aus unterschiedlichen Bundesländern mit differenten Regularien zur Potenzialanalyse entstammen, zielt unsere Analyse nicht darauf, bundesland- oder verfahrensspezifische Merkmale als kausale Ursachen für Unterschiede in den Gesprächsverläufen zu identifizieren. Alleine schon die Heterogenität der von uns bislang beobachteten Gespräche in beiden institutionellen Kontexten ließe eine derartige Interpretation als wenig überzeugend, da grob vereinfachend erscheinen. Wir möchten demgegenüber nachzuvollziehen, wie in der Situation des Rückmeldegesprächs unterschiedliche Bezüge auf die individuellen Kompetenzprofile und den daraus resultierenden beruflichen Empfehlungen von den am Gespräch Beteiligten eingenommen werden und welche Ankerkennungsnormen und Möglichkeitsräume sich in den Interaktionsverläufen manifestieren.
5.1 Das Rückmeldegespräch im Modus optimierter Praktikumsvorbereitung
Das zunächst ausschnitthaft analysierte Gespräch wurde an einer niedersächsischen Gesamtschule im achten Jahrgang beobachtet. An der entsprechenden Schule wurden unterschiedliche Schwerpunkte in den von den Klassenlehrkräften geführten Gesprächen sichtbar. In der Klasse, in der das Gespräch stattfand, wurden die Ergebnisse der Potenzialanalyse insbesondere in einen Bezug zum im nächsten Halbjahr anstehenden Praktikum gestellt, das etwa neun Monate später starten sollte. Im Interview äußerte die Lehrerin die Hoffnung, dass die Schüler*innen, die sich noch nicht um einen Praktikumsplatz gekümmert haben, durch das Rückmeldegespräch Anhaltspunkte für ein mögliches Berufsfeld erhalten und zudem zu baldigen Bewerbungen motiviert werden. Aus ihrer Sicht besteht die Notwendigkeit zu einer zeitnahen Bewerbung, da die attraktiven Praktikumsplätz zu dieser Zeit häufig schon vergeben sind. Die Rückmeldegespräche fanden im Rahmen der wöchentlichen Klassenlehrerinnenstunde statt. Die Lehrerin stellte hierzu einen Tisch und zwei Stühle im Gang direkt vor dem Klassenraum auf, gab der Klasse einen Arbeitsauftrag und rief dann nacheinander einzelne Schüler*innen zum Gespräch in den Gang. Hier kam es immer wieder durch vorbeigehende Schüler*innen zu Unruhe. Die Gespräche, die durch den Aufbau des Kompetenzprofils strukturiert wurden, gliederten sich in zwei Teile. Nach einer Reflexion der auf dem Kompetenzprofil zunächst in einer fünfstufigen Skala dargestellten Selbst- und Fremdbewertungen der einzelnen Kompetenzen widmete sich der auf das Praktikum bezogene Gesprächsteil den am Ende des Kompetenzprofils aufgelisteten Berufsfeldern. Hier setzt der Auszug aus dem Beobachtungsprotokoll zum Rückmeldegespräch mit einer Schülerin an, die wir Josefine nennen:
Die Lehrerin kommt dann auf das im nächsten Halbjahr bevorstehende Praktikum zu sprechen und fragt Josefine, ob sie schon wisse, wo sie ihr Praktikum macht. Josefine schüttelt den Kopf. Die Lehrerin schaut daraufhin auf Josefines Kompetenzprofil und liest einige der auf der dritten Seite gelisteten Berufsgruppen vor: „Dienstleistung – Freizeit, Tourismus, Fremdsprachen und Marketing“, „Kunst, Kultur und Gestaltung“. In Bezug auf „Kunst und Kultur“ meint die Lehrerin spontan zu Josefine: „Das wären die Bereiche, so wie ich dich wahrnehme im Unterricht.“ Sie liest dann noch weitere Berufsgruppen vor, die auf dem Kompetenzprofil folgen: „Verkehr und Logistik“ und meint diesbezüglich: „Das wäre noch mal etwas ganz anderes“. Schließlich liest sie noch die als letztes aufgeführte Berufsgruppe „Soziales und Pädagogik“ vor. Die Lehrerin empfiehlt Josefine, dass sie sich für ihr Praktikum nach Möglichkeiten in den Bereichen „Kunst und Kultur“ informieren soll und rät ihr, sich dafür an den Ausbildungslotsen der Schule, Herrn X, zu wenden: „Der hat auch immer Betriebe in der Nähe, wo man den Beruf kennenlernen kann“. Josefine wendet sich nun recht leise und akustisch schwer zu verstehen mit einer Frage an die Lehrerin. Aus dem weiteren Gesprächsverlauf und einem kurzen Nachgespräch mit der Lehrerin schließe ich, dass Josefine wissen möchte, ob es schlimm wäre, wenn sie sich für einen Beruf entscheidet, bei dem sie nicht so viel mit Menschen zu tun hat. Offenbar bezieht sich Josefine mit ihrer Nachfrage vor allem auf das als letztes im Kompetenzprofil ausgewiesene Berufsfeld „Soziales und Pädagogik“. Die Lehrerin gibt Josefine daraufhin zu verstehen, dass sie diese durchaus als sehr teamfähig wahrnimmt: „Ich glaube, dass du gut mit anderen zusammenarbeiten kannst, wobei ich natürlich nicht sehe, wie du dich dabei fühlst.“ Sie bestärkt Josefine schließlich noch einmal, sich über Berufe im künstlerischen Bereich zu informieren, „wo man auch alleine arbeiten kann.“ Da Josefine Zustimmung signalisiert, beendet die Lehrerin das Gespräch und gibt der Schülerin ihr Kompetenzprofil mit. (Beobachtungsprotokoll)
Den auf das Praktikum bezogenen Teil des Rückmeldegesprächs eröffnet die Lehrerin mit einer Frage, mittels derer sie sich bei Josefine über den Stand ihrer Praktikumsvorbereitung erkundigt. Konkret möchte sie wissen, ob die im Gespräch insgesamt ruhig und zurückhaltend wirkende Schülerin bereits einen Praktikumsplatz hat. Auf die durch das Kopfschütteln nonverbal zum Ausdruck gebrachte Verneinung geht die Lehrerin nicht weiter ein, denkbar wäre eine Nachfrage zu möglichen Ideen oder Interessen Josefines. Stattdessen richtet die Lehrerin die Aufmerksamkeit wieder auf das Kompetenzprofil und beginnt Josefine die auf Basis der Kompetenzauswertung vorgeschlagenen Berufsfelder vorzulesen. Beim Berufsfeld „Kunst und Kultur“ unterbricht sie spontan das Vorlesen und teilt der Schülerin ihre Einschätzung als Klassenlehrkraft mit, indem sie Josefine angesichts ihrer unterrichtlichen Erfahrungen eine Passung für jenes Berufsfeld bescheinigt. Ein Austausch mit der Schülerin zu jener Einschätzung findet nicht statt, stattdessen fährt die Lehrerin mit dem Vorlesen der weiteren Berufsgruppen fort. Nachdem die Lehrerin damit fertig ist, kommt sie auf das von ihr als passend erachtete Berufsfeld „Kunst und Kultur“ zurück und schlägt der Schülerin sogleich darauf bezogene Aktivitäten zur Vorbereitung des Praktikums vor, ohne sich nach der Selbsteinschätzung der Schülerin zu erkundigen. Die Empfehlungen der Lehrerin beziehen sich auf das Einholen von Informationen zum als passend erachteten Berufsfeld sowie zum Kontaktieren des Ausbildungslotsen zwecks Unterstützung bei der Suche nach einem geeigneten Praktikumsbetrieb.
In der folgenden, durch eine Nachfrage von Josefine initiierten, Interaktion wird eine Differenz zwischen der Fremdeinschätzung im Kompetenzprofil und der Selbstwahrnehmung der Schülerin verhandelt. Anlass ist das im Kompetenzprofil empfohlene Berufsfeld „Soziales und Pädagogik“, mit dem sich Josefine angesichts der antizipierten Intensität an sozialen Kontakten offenbar nicht identifizieren kann. Bemerkenswerterweise ist die Schülerin jedoch offenbar unsicher, ob es legitim ist, den im Kompetenzprofil ausgewiesenen Vorschlag abzulehnen, obwohl für sie klar zu sein scheint, dass sie im beruflichen Alltag nicht viel Kontakt zu Menschen haben möchte. Josefine schreibt dem Dokument damit einen gewissen Grad an Verbindlichkeit zu, dem sie sich nicht ohne Weiteres entziehen kann. Hierzu hofft sie offenbar auf Unterstützung durch die Lehrerin, die jedoch die Fremdeinschätzung des Kompetenzprofils teilt und die aus ihrer Sicht ausgeprägte Teamfähigkeit der Schülerin hervorhebt. Tatsächlich wurde Josefine in dieser Kompetenz mit fünf Punkten eine sehr hohe Ausprägung zugeschrieben, während sich die Schülerin selbst mit zwei Punkten nur eine geringe Ausprägung attestiert hat. Die Lehrerin bekundet Verständnis für Josefines Einschätzung und stellt schließlich eine Passung zwischen den Bedürfnissen der Schülerin und den Empfehlungen des Kompetenzprofils her, indem sie betont, dass im Berufsfeld „Kunst und Kultur“ die Möglichkeit besteht, allein zu arbeiten. Damit endet das Gespräch, ohne dass Josefine sich selbst näher zum für das Praktikum empfohlenen Berufsfeld äußert.
Die exemplarische Analyse zeigt, dass das Rückmeldegespräch in der untersuchten Klasse genutzt wird, um die Praktikumsvorbereitung zu optimieren, und dies in mehrerlei Hinsicht: Zunächst dient das Gespräch der Kontrolle der individuellen Praktikumsvorbereitung der Schüler*innen, indem diese um Auskunft zum Stand ihrer Bewerbungsaktivitäten gebeten werden. Bei den noch unversorgten Jugendlichen sollen die Kompetenzprofile samt der darin enthaltenen Berufsempfehlungen eine möglichst passgenaue Suche begünstigen. Die Jugendlichen werden damit als berufswahlkompetente Subjekte angerufen. Zugleich hat das Gespräch eine aktivierende Logik, da die Jugendlichen aufgefordert werden, nun aktiv mögliche Berufsfelder für das Praktikum zu eruieren und bei der Suche nach geeigneten Betrieben die Unterstützung des Ausbildungslotsen in Anspruch zu nehmen. Bei denjenigen, die bereits einen Praktikumsplatz haben – dies war tatsächlich nur bei einzelnen Jugendlichen der Fall – kann das Kompetenzprofil die bereits getroffene Wahl nachträglich legitimieren. Bei einer Schülerin, die sich bereits für ein Praktikum in einem Drogeriemarkt entschieden hatte, wies das Kompetenzprofil tatsächlich unter anderem auch das Berufsfeld „Kosmetik und Hygiene“ aus. Im Modus der optimierten Praktikumsvorbereitung kommt dem Setting des Rückmeldegesprächs eine disziplinierende Funktion zu, die Gemeinsamkeiten mit dem Initiieren und Prüfen zukunftsplanender Aktivitäten in berufsvorbereitenden Bildungsgängen des Übergangssektors aufweist (Thielen & Handelmann, 2021, S. 94–98).
5.2 Das Rückmeldegespräch im Modus angeleiteter biografischer Selbstexploration
Das im folgenden analysierte Rückmeldegespräch wurde an einer nordrhein-westfälischen Gesamtschule beobachtet. Entsprechend der trägerbasierten Variante wurden die Rückmeldegespräche zwei Wochen nach der Potenzialanalyse durch die Mitarbeiter*innen der Träger an der entsprechenden Schule durchgeführt. Die Gespräche mit allen Jugendlichen, die an der Potenzialanalyse teilgenommen haben, fanden an einem Morgen in der Aula der Schule statt. Zu diesem Zweck wurden etwa zehn Tischgruppen arrangiert, an jeder Tischgruppe saß eine mitarbeitende Person, welche nacheinander die zu beratenden Schüler*innen aufrief. Die Gespräche orientierten sich, ähnlich wie in der beobachteten niedersächsischen Schule, stark am Kompetenzprofil. Nach einer Besprechung der Ergebnisse der Potenzialanalyse wurden weitere Schritte im Prozess der Beruflichen Orientierung angesprochen. Anders als in dem vorherigen Beispiel scheint in dieser lokalen Variation ein starker Fokus auf fragende, den oder die Schüler*in zum eigenen Reflektieren und Sprechen anhaltende Adressierung zu liegen. So begannen die meisten Gespräche mit der Frage, wie die Schüler*innen die Potenzialanalysen fanden, welche Aufgabe ihnen am besten gefallen haben, und ob sie dabei etwas „neues“ über sich erfahren haben. An der Rückmeldung zum Kompetenzprofil, auf welchem die Fremd- und Selbsteinschätzung grafisch in fünfstufigen Balken dargestellt ist, setzt der folgende Ausschnitt an:
Der Mitarbeiter erläutert, dass im Stärkenprofil die Selbsteinschätzung in grün abgelesen werden kann und in blau abgelesen werden könne, wie sie von ihm eingeschätzt wurde (…) „und da siehst du jetzt die unterschiedlichen Werte und der Vergleich (…) wie wirkt das auf dich? Was fällt auf?“ Bea antwortet zögernd „weiß nicht“ und ergänzt, auf den Unterschied eines Punktes zwischen Fremd- und Selbsteinschätzung eingehend: „Ich glaube bei Achtsamkeit habt ihr schon recht, weil manchmal bin ich sehr unachtsam, dann lasse ich mich leicht ablenken“. Der Mitarbeiter fragt, ob sie denn auch bestimmte Stärken gezeigt habe. Und ob denn bestimmte Sachen bestätigt werden. Bea zeigt auf einen der Balken und sagt „Ordnung“. Der Mitarbeiter nickt bestätigend: „Beim strukturierten Vorgehen hast du die höchste Anzahl“. Die Selbst- und Fremdeinschätzung stimme auch überein, und bei Achtsamkeit sei vier auch ein sehr guter Wert. Das heiße nicht, dass sie unachtsam sei, sondern sich vielleicht bei einer Aufgabe ein paar Mal habe ablenken lassen. Man sei ja nicht in der Schule, es gäbe kein richtig oder falsch, sondern das sei ihre eigene Wahrnehmung. Er mache die Wahrnehmung von außen und daher könne man das einfach vergleichen. Das sei so ein bisschen wie ein Spiegelbild für sie, es gäbe ja keine großen Unterschiede zwischen der Selbst- und Fremdeinschätzung, also ein halber Punkt höchstens.
Auch in diesem Gespräch wird die Abweichung der Fremd- und Selbsteinschätzung zum Thema gemacht. Nach der Vorstellung des Kompetenzprofils durch den Mitarbeiter fordert dieser Bea auf recht offene Art und Weise auf, sich zum Kompetenzprofil zu verhalten. Bea greift die Abweichung der Fremd- und Selbsteinschätzung von einem Bereich auf, indem sie sich als „manchmal sehr unachtsam“ beschreibt. Offenbar war Bea unklar, wie die Aufforderung zu verstehen ist. Denn im weiteren Verlauf relativiert der Mitarbeiter diese eher defizitäre Selbstzuschreibung, indem er hervorhebt, dass „vier ein guter Wert“ sei und dass das Kompetenzprofil nicht dahingehend zu interpretieren sei, dass sie unachtsam sei. Der Mitarbeiter nimmt eine erneute Rahmung der Situation vor und erläutert, wie das Kompetenzprofil und die Potenzialanalyse zu verstehen seien. Er grenzt diese von einer bewertenden, in seinen Worten „schulischen“ Logik ab, und rahmt die Gegenüberstellung von Fremd- und Selbsteinschätzung als Spiegelbild, welches die Möglichkeit des Reflektierens über eigene Stärken und Schwächen ermöglicht.
Durch die unspezifische Aufforderung, sich zu den Ergebnissen der Potenzialanalyse zu verhalten, gibt der Mitarbeiter die Deutungshoheit über die Ergebnisse an die Schülerin teilweise ab, die relativierende Reaktion auf die defizitäre Selbstbeschreibung von Bea sowie die Re-fokussierung auf ihre Stärken, zeigt, wie das Kompetenzprofil zum Gegenstand einer gemeinsamen Aushandlung gemacht wird. Dabei wird die Schülerin insbesondere durch die individuelle Adressierung sowie die personenbezogene Aufforderung sich zum Profil zu verhalten, zur biografischen Selbstexploration angeleitet: Wer bin ich? Was kann ich? Was wusste ich bisher noch nicht über mich?
Im weiteren Verlauf des Rückmeldegespräches werden auch die im Kompetenzprofil beschriebenen Arbeitsfelder und Berufsbereiche zum Gegenstand des Gesprächs gemacht. In einer einführenden Beschreibung, geht der Mitarbeiter darauf ein, welche Bereiche zu den im Kompetenzprofil beschriebenen Stärken passen würden. Er zählt auf:
Das wären jetzt die Bereiche, die zu diesen Stärken passen würden, „Büro und Verwaltung“, „Soziales und Erziehen“, „Dienstleistungen“, die sind hier aufgelistet und mit Tätigkeiten beschrieben. Strukturiertes Vorgehen passe sehr gut zu „Büro und Verwaltung“, da macht man als Tätigkeiten (liest ab) Abrechnungen und Briefe erstellen, Tabellen erstellen, organisieren, Akten führen. Bea erläutert, dass das passe, da sie sich zuhause seit der 7. Klasse für jedes einzelne Hauptfach einen Ordner erstellt habe und das ihr Spaß mache. Der Mitarbeiter ergänzt „ja toll, das ist besser wie mancher Erwachsene und wichtig für das spätere Leben“. Sie sei gut organisiert. Der Mitarbeiter leitet zu den Berufen „Pädagogik, Soziales, Gesundheit“ über. Dazu gehöre auch Gesellschafts- und Sozialwissenschaften. Er erläutert, dass man da den Menschen helfe, Beratungen durchführe oder Menschen betreue. Dies sei auch ein sehr breites Feld. Er fragt Bea, ob sie dies überrasche oder in etwa so erwartet habe. Bea erwidert, dass sie „Soziales und Erziehen“ schon gewundert habe, aber sie fände es cool. Und Naturwissenschaften würde passen, weil das habe sie auch als Hauptfach genommen „hier in der Schule“. Der Mitarbeiter greift dies auf und sagt, dass es ja nicht nur der Pädagogikbereich sei, sondern auch Soziale Berufe, in denen viel mit Menschen umgegangen werden müsse. Das könne dann auch in den Kaufmännischen Bereich gehen. Naturwissenschaften sei auch so ein Beispiel. Das liege jetzt an ihr, weiter darüber nachzudenken und mit ihren Eltern und Lehrern darüber zu sprechen und sich beraten zu lassen, etwa in der Berufsberatung der Agentur für Arbeit. Was noch helfen könne, um sich besser zu „profilieren“, sei das Praktikum. Bea habe vorhin gesagt, dass sie da schon Idee habe.
Die Beschreibung der Berufsfelder durch den Mitarbeiter erfolgt im Modus einer potenziellen Passung der im Kompetenzprofil beschriebenen Stärken und den Anforderungen der verschiedenen Berufsbereiche. Die Beschreibung konkreter Tätigkeiten aus dem Berufsfeld „Büro und Verwaltung“ wird durch die Schülerin mit dem Einwurf unterbrochen, dass dies in der Tat mit ihren eigenen Interessen und Charaktereigenschaften übereinstimme („Spaß mache“). Sie verleiht ihrer Aussage Gewicht, indem sie über eigene Gewohnheiten im Umgang mit schulischen Materialien berichtet. Die Validität der Ergebnisse der Potenzialanalyse werden hier in einem gewissen Sinne ko-konstruiert, die schriftlich vorliegenden Ergebnisse werden durch lebensweltliche Erzählungen ergänzt und ausgestattet, sodass sich beide Gesprächsteilnehmenden auf deren Gültigkeit einigen können. Nachdem der Mitarbeiter die weiteren Berufsfelder beschrieben hat, fragt er die Schülerin ob sie diese Ergebnisse „gewundert“ haben. Diese Frage bestätigt die Lesart, dass das Rückmeldegespräch hier im Modus einer Form der biografischen Selbstexploration geführt wird, in welcher Bea die Möglichkeit eingeräumt wird, ihr bisheriges Selbstbild mit neuen, möglicherweise unbekannten Aspekten anzureichern und zu ergänzen. Durch die Aufforderung, dass es jetzt an der Schülerin liege „weiter darüber nachzudenken“, was jetzt zu tun sei, wird diese als ein auf die Zukunft gerichtetes, biografisch selbstverantwortlich planendes Subjekt adressiert. Im Vergleich zum oben rekonstruierten Gespräch wird der Schülerin ein deutlich höheres Maß an Freiräumen zugestanden: Der Mitarbeiter, der im Gegensatz zur am ersten Gespräch beteiligten Lehrerin die Jugendliche nicht aus dem schulischen Kontext kennt, schlägt kein konkretes Berufsfeld vor, sondern überlässt der Schülerin selbst die Entscheidung. Er gibt lediglich Empfehlungen zur möglichen Gestaltung des Entscheidungsprozesses, zu dem er interessanterweise auch das Praktikum zählt. Diesem kommt damit eine stärker explorierende Funktion zu, während im zuerst skizzierten Gespräch die Entscheidung über ein angemessenes Berufsfeld für das Praktikum stärker vorgegeben wird. Das Praktikum erhält dort die Funktion einer zielgerichteten Erkundung eines im Vorfeld bereits als passend erachteten Berufsfelds. Im Rückmeldegespräch beim Träger erscheinen die sichtbar werdenden pädagogischen Adressierungen in Bezug auf den Prozess der Beruflichen Orientierung insgesamt offener und weniger verbindlich, wohingegen der Kontext Schule eine stärker lenkende Ordnung des Rückmeldegesprächs begünstigt. Dies wird möglicherweise auch dadurch verstärkt, dass die Lehrerin im Verlauf der weiteren Schullaufbahn der Schülerin selbst in den Prozess der Beruflichen Orientierung involviert sein wird und daher mit dem Gespräch auch eigene, über die Exploration beruflicher Neigungen hinausgehende pädagogische Absichten verfolgt.
6 Fazit und Diskussion
Im Rahmen dieses Beitrages haben wir anhand von zwei exemplarischen Analysen des im Rahmen von Potenzialanalysen fest verankerten Rückmeldegesprächs rekonstruiert, wie im Gesprächsverlauf auf die individuellen Kompetenzprofile Bezug genommen wird, wie diese in spezifische pädagogische Adressierungen transformiert werden und welche Ankerkennungsnormen und Möglichkeitsräume sich manifestieren. Dabei wurden zwei idealtypische Gesprächsvarianten rekonstruiert, welche sich – zum Teil in schwächeren Ausprägungen und Mischformen – auch im weiteren bisher erhobenen Datenmaterial finden. Im ersten Modus, welchen wir als optimierte Praktikumsvorbereitung konkretisiert haben, werden die Ergebnisse der Potenzialanalyse weniger zum Gegenstand einer gemeinsamen Aushandlung gemacht, sondern zielgerichtet für an der Schule verpflichtend zu absolvierende Aktivitäten der weiteren Beruflichen Orientierung genutzt. Im Modus angeleiteter biografischer Selbstexploration werden die Ergebnisse der Potenzialanalyse für einen überwiegend durch den oder die Schüler*in zu vollziehenden Reflexionsprozess über die eigene biografische Zukunft mobilisiert.
Ungeachtet der differenten Ordnungen und der unterschiedlichen Thematisierungsweisen beruflicher Interessen kann das Format des Rückmeldegesprächs in beiden Modi als eine spezifische Form der Beratung und Steuerung von (beruflichen) Übergängen betrachtet werden (Dittrich & Walther, 2020), werden doch jeweils spezifische kommunikative Möglichkeitsräume geschaffen, auf welche sich die weiteren beruflichen Orientierungsaktivitäten beziehen sollen. Dies geschieht in beiden Modi in unterschiedlicher Weise: Im ersten Gespräch liegt der Fokus auf der Kontrolle der individuellen Praktikumsvorbereitung der Schüler*innen, indem sie um Auskunft zum Stand ihrer Bewerbungsaktivitäten gebeten werden. Hier wird insofern ein spezifisches Verständnis von Beruflicher Orientierung sichtbar, da im Gespräch die institutionalisierte Erwartung vermittelt wird, dass sich die Schülerin möglichst selbständig, eigenverantwortlich und zielgerichtet um einen Praktikumsplatz zu kümmern habe. Insofern handelt es sich hier um eine Situation, in der lebenslaufbezogene Anforderungen bezüglich eines spezifischen Verständnisses von Beruflicher Orientierung als Entwicklungsaufgabe in Praktiken übersetzt und als Handlungsaufforderungen an die Jugendlichen gerichtet werden. Auch wenn jene normativen Erwartungen im zweiten Gespräch nicht auf die gleiche Weise sichtbar werden, drückt sich auch hier ein spezifisches Verständnis von Beruflicher Orientierung aus: Der Fokus liegt auf der selbstgesteuerten Auseinandersetzung mit der eigenen biografischen Zukunft. Dies verweist auf die Anerkennungsordnung eines kompetenten Berufswahlsubjektes, welches sich seiner eigenen Stärken und Schwächen bewusst ist, darüber Auskunft geben kann und im Sinne eines individuellen Selbstprojekts einen den eigenen Interessen folgenden Zukunftsentwurf hervorbringt. Zugleich kommt es hier implizit zu einer Zuschreibung von Verantwortung im Sinne einer reflexiven Wahlbiografie, in deren Rahmen die Unsicherheitsabsorption durch das Individuum zu vollziehen ist.
Ungeachtet der skizzierten Differenzen werden die Jugendlichen in beiden Gesprächsvarianten mit einem spezifischen Selbstbeschreibungsvokabular bekannt gemacht, welches auf Anforderungen der Arbeitswelt abgestimmt ist. Im Sinne eines „doing biography“ (Dausien & Kelle, 2005, S. 200) generiert das Format des Rückmeldegesprächs „zukunftsbezogenes (biografisches) Sprechen“ (Geipel, 2022, S. 80), in welchem ein zukünftiges (Berufs-)Leben antizipiert wird und Vorstellungen und Möglichkeitsszenarien über die (berufliche) Zukunft entwickelt werden. Die adressierungsanalytische Perspektive sensibilisiert dafür, dass hier auch (implizite und explizite) Normierungen vermittelt werden, zu welchen sich die jungen Menschen in situ aktiv positionieren (etwa wie Bea als besonders „ordentlich“ und „strukturiert“ oder wie Josefine gerade nicht als besonders „teamorientiert“). Dies wird dadurch akzentuiert, dass Ergebnisse der Kompetenzanalysen in den Gesprächen meist vollumfänglich der Person zugeschrieben werden, und sowohl von den Jugendlichen, als auch von den Lehr- und Fachkräften tendenziell als „Wahrheiten“ behandelt und vermittelt werden. Differenzen zwischen den beiden Gesprächsmodi zeigen sich insbesondere in Bezug auf die aufgerufenen zeitlichen Ordnungen sowie die Positionierungen der Beteiligten: Während sich das Gespräch im Modus biografischer Selbstexploration überwiegend auf eine subjektiv-biografische Zeitdimension bezieht, orientiert sich das Gespräch im Modus optimierter Praktikumsvorbereitung auf zukunftsplanende Aktivitäten in Bezug auf die institutionelle Zeit in Gestalt des im Schuljahresverlauf vorgesehenen Praktikums. Während sich die Fachkraft im Modus biografischer Selbstexploration eher zurückhaltend und gerade nicht autoritativ-vorschreibend positioniert, agiert die Lehrerin im Modus optimierter Praktikumsvorbereitung direktiver, indem sie der Jugendlichen in einer tendenziell advokatorisch-paternalistischen Weise mitteilt, in welcher „Berufsgruppe“ sie diese sieht.
Die beiden im Beitrag porträtierten Modi stehen exemplarisch für das breite Spektrum an Gesprächsvarianten. Die sichtbar gewordenen Differenzen lassen sich dabei nur bedingt durch die jeweilige Variante der Potenzialanalyse – schulintern oder trägerbasiert – erklären. Vielmehr verweisen die bisherigen Analysen auf eine hohe Varianz auch innerhalb der jeweiligen Verfahren und sensibilisieren damit für die hohe Bedeutung einzelschulischer Umsetzungsvarianten. Als aufschlussreich für die Analysen erweist es sich, die in den Gesprächen beobachteten Interaktionsverläufe zu den jeweils bereitgestellten Materialien, Arbeitshilfen und Vorgaben in Bezug zu setzen. So schlägt die den Lehrkräften über ein Online-Tool bereitgestellte „Checkliste zur Strukturierung von Rückmeldegesprächen“ im Rahmen des Verfahrens Profil AC vor, nach einer Reflexion des Kompetenzprofils einen „Entwicklungsplan“ (MTO GmbH, 2020, S. 36) zu verfassen, in welchem präzise, terminierte und überprüfbare Entwicklungsziele und Fördermaßnahmen tabellarisch festgehalten werden. Diese Vorgaben zeigen strukturelle Ähnlichkeiten zu den im Kontext von individualisiertem Unterricht zum Einsatz kommenden Lernentwicklungsgesprächen (Bonanati, 2018; Rabenstein & Strauß, 2018), im Zuge derer ebenfalls (Schüler*innen-)Selbsteinschätzungen eingeholt und daran anschließende Zielvereinbarungen festgelegt werden. Das Dokument „Mein Entwicklungsplan“ in Profil AC fokussiert bei näherer Betrachtung damit weniger die Berufliche Orientierung im engeren Sinne, denn die Optimierung allgemeiner (auch schulisch relevanter) Kompetenzen. Der rekonstruierte Modus optimierter Praktikumsvorbereitung weicht erheblich von den standardisierten Vorgaben von Profil AC ab, da auf den „Entwicklungsplan“ kein Bezug genommen wird. Dies lässt auf das Vorhandensein von Deutungs- und Ermessensspielräumen der Lehrkräfte schließen und bestätigt das dem Projekt zugrundeliegende heuristische Verständnis einer relativen „Instabilität der Praxis“ (Schäfer, 2013), in der institutionelle Vorgaben die lokale Praxis zwar präfigurieren, die Akteure jedoch gleichwohl immer wieder vor der Herausforderung stehen, diese situationsbezogen anzuwenden, zu (re-)interpretieren und mit einer Vielzahl anderer organisatorischer Anforderungen zu koordinieren.
Auch im Kontext der in NRW durchgeführten trägerbasierten Variante von Potenzialanalysen stehen seit kurzem relativ kleinteilige Gesprächsleitfäden und Begleitmaterialien für die Gestaltung von Rückmeldegesprächen bereit („Begleitkarten für Auswertungs- und Reflexionsgespräche“), welche mit dem Ziel erstellt wurden, angesichts der „hohen Varianz bei der Umsetzung […] die Qualität der Auswertungs- und Reflexionsgespräche zu sichern“ (LGH, 2022, S.1). Diese zielen – anders als die Begleitmaterialien von Profil AC – expliziter darauf ab, durch „Fragetechniken und Methoden zur Anregung der Selbstreflexion“ (LGH, 2022, S. 2) den Schüler*innen einen hohen Gesprächsanteil zu ermöglichen. Die Dokumente fordern zudem dazu auf, „keine Ratschläge und keine Berufsempfehlungen [zu] erteilen“ (LGH, 2022, S. 1). Am Schluss des Gesprächs steht anstelle des tabellarischen „Entwicklungsplans“ in Profil AC ein durch die Schüler*innen auszufüllendes Dokument, in welchem diese dazu aufgefordert sind, Auskunft über Interessen, Stärken und Pläne zu geben (etwa: „das möchte ich gerne ausprobieren:“). Verweise auf zukünftige Kontexte jenseits der konkreten Situation des Rückmeldegesprächs sind auch hier vielfältig, insofern in den Materialien auf die in NRW einheitlich festgelegten weiteren Elemente der Beruflichen Orientierung verwiesen wird. Auch sind die Durchführenden angewiesen, weitere Instrumente wie die landesweit eingeführte „Berufswahlapp“ und den sogenannten „Berufswahlordner“ vorzustellen und ihre Nutzung anzuregen. Auch wenn das von uns rekonstruierte Gespräch im Modus angeleiteter biografischer Selbstexploration eine recht hohe Übereinstimmung mit diesen Regularien aufweist, ist vor dem Hintergrund eines hohen Personalisierungsgrades des Gesprächs, der Heterogenität sowohl der Schulen als auch der Schüler*innen von einer ausgeprägten lokalen Varianz auszugehen.
Vor dem Hintergrund der dargelegten Befunde ergeben sich für den weiteren Verlauf des Projekts einige zentrale Fragen. Zum einen gilt es durch die systematische Kontrastierung von in unterschiedlichen Kontexten durchgeführten Gesprächen die Bandbreite der Gestaltung des Formats „Rückmeldegespräch“ aufzuschlüsseln. So ist davon auszugehen, dass die hier rekonstruierten Modi der Thematisierung biografischer Zukünfte nicht nur von den jeweiligen Instrumentierungen abhängen, sondern sich auch je nach Ausgangslage der Schüler*innen, Schulform sowie den im Kompetenzprofil festgehaltenen Kompetenzen unterscheiden. Hier soll angesichts des programmatischen Anspruchs von Potenzialanalysen Stärken und Potenziale zu identifizieren, „die in formellen Lernumgebungen nicht zutage treten“ (BMBF, 2018, S. 14), auch das Verhältnis von schulischen und außerschulischen Logiken und Akteuren näher beleuchtet werden. Dies gilt grundsätzlich auch für die außerschulische Variante der Potenzialanalyse – denn auch hier besteht der Anspruch einer systematischen Verknüpfung mit den unterschiedlichen Aktivitäten der Beruflichen Orientierung im Sinne einer „Bildungskette“. Die Frage, wie die in den Potenzialanalysen generierten Kompetenzprofile über die Rückmeldegespräche hinaus die weitere pädagogische Arbeit strukturieren, untersucht das Projekt durch die längsschnittliche Betrachtung anknüpfender Settings der Beruflichen Orientierung an den fokussierten Einzelschulen.
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Zitieren des Beitrags
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