bwp@ 42 - Juni 2022

Soziale Ungleichheit und Bildungsgerechtigkeit in der Berufsbildung

Hrsg.: Karin Büchter, H.-Hugo Kremer, Marcus Eckelt & Franz Kaiser

Berufliche Bildung und chronische Erkrankung – Erhöhung der Chancengerechtigkeit durch die Förderung von individueller und organisationaler Gesundheitskompetenz

Beitrag von Janine Michele, Julia Gillen & Ariane Steuber
bwp@-Format: Diskussionsbeiträge
Schlüsselwörter: Barrierefreiheit, Chronische Erkrankung, Diversität, Gesundheitskompetenz, Intersektionalität, Organisationskultur

Immer mehr Kinder und Jugendliche in Deutschland sind von chronischen Erkrankungen betroffen. Für diese Zielgruppe gestaltet sich die Bewältigung schulischer und ausbildungsbezogener Entwicklungsaufgaben anspruchsvoller als für gesunde Mitschüler:innen (Hurrelmann/Quenzel 2016, 222). Da ein nachgewiesener Zusammenhang zwischen der sozialen Herkunft und den individuellen Gesundheitschancen besteht, kann hier von einem Wirkmechanismus der (Re-) Produktion sozialer Ungleichheit ausgegangen werden. Folglich stellen diese Jugendlichen strukturell und organisatorisch eine Zielgruppe dar, die es in der beruflichen Bildung systematisch mitzudenken gilt. Im vorliegenden Beitrag wird diskutiert, wie sich individuelle und organisationale Gesundheitskompetenz in berufsbildende Kontexte adaptiert lässt und wie durch die Herstellung von einer möglichst umfassenden Barrierefreiheit dazu beigetragen werden kann, gesundheitliche Ungleichheit und bildungsbezogene Benachteiligung aufgrund von chronischer Krankheit zu reduzieren.

Vocational education and chronic disease - increasing equity by promoting individual and organizational health literacy

English Abstract

An increasing number of children and adolescents in Germany are affected by chronic diseases. For this target group, coping with educational and vocational development tasks is more challenging than for healthy peers (Hurrelmann/Quenzel 2016, 222). Since there is a confirmed causal connection between social background and individual health opportunities, it can be assumed that social inequality is (re)produced through this mechanism of action. Accordingly, these young people represent a target group, both structurally and organizationally, that needs to be systematically considered in vocational education and training. This article discusses how individual and organizational health literacy can be adapted to vocational educational contexts and how the creation of holistic accessibility can contribute to reducing health- and education-related deprivation due to chronic illness.

1 Einleitung und Problemaufriss

In Deutschland ist derzeit ca. jedes sechste Kind zwischen 0 und 17 Jahren von mindestens einer chronischen Erkrankung betroffen (vgl. Krause et al. 2021, 2; Neuhauser/Poethko-Müller 2012, 780). Die Anzahl dieser Kinder und Jugendlichen nimmt seit Jahren rapide zu (vgl. u. a. Fischer 2020, 66; Stricker 2019, 124ff; Zöller/Tutschner 2014, 3). Chronische Erkrankungen gehen dabei meist nicht nur mit dem Bedarf einer gesteigerten gesundheitlichen Versorgung einher. Vielmehr müssen die Betroffenen und ihr Umfeld neben den krankheitsbezogenen Belastungen zusätzlich noch psychosoziale Anforderungen bewältigen, die durch den individuellen Gesundheitszustand bedingt sind (vgl. Krause et al. 2021, 2). Dazu gehört auch die Bewältigung schulischer und ausbildungsbezogener Entwicklungsaufgaben, welche sich für sie entsprechend anspruchsvoller als für ihre gesunden Mitschüler:innen darstellen (vgl. Hurrelmann/Quenzel 2016, 222). Hierfür müssen die Betroffenen im Besonderen gesundheitsbezogene Informationen finden, verstehen, reflektieren und anwenden können, um langfristig handlungsfähig zu sein (Dierks 2017, 2).

Zwar haben sich die Lebensbedingungen von Kindern und Jugendlichen insgesamt verbessert (vgl. Kuntz et al. 2018), jedoch lässt sich auch ein genereller Wandel im Krankheitsspektrum feststellen, wobei eine Verschiebung von den körperlichen hin zu den psychischen und weg von den akuten hin zu den chronischen Erkrankungen erfolgt. In diesem Zuge spricht man von einer neuen Morbidität oder ‚new morbidity‘ (Nöst 2021, 83). Dies ist insbesondere dahingehend bemerkenswert, als dass sich Gesundheitszustände sehr ungleich in den gesellschaftlichen Milieus abbilden (vgl. ebd.). So weisen Kinder und Jugendliche aus prekären Bildungs- und Sozialstrukturen einen vergleichsweise schlechten allgemeinen Gesundheitszustand auf. In der Konsequenz müssen sie entsprechend häufiger mit gesundheitlichen Einschränkungen und damit einhergehenden Limitationen wie z. B. Folgebeschwerden, einer niedrigeren Lebenserwartung oder funktionellen Einschränkungen in der Alltagsbewältigung umgehen (vgl. Kuntz et al. 2018; Lampert 2019, 157). Auch Erhebungen aus der KiGGS-Studie (Welle 2) zeigen, dass Bildungs- und Sozialstrukturen in direkter Wechselwirkung mit dem Gesundheitszustand stehen. Ein „guter allgemeiner Gesundheitszustand“ (Poethko-Müller et al. 2018, 8) wird hierbei als maßgebliche Quelle zur Bewältigung eben dieser Entwicklungsaufgaben des Kindes- und Jugendalters eingestuft (ebd.). Auf diese Weise tragen soziale Ungleichheiten deutlich dazu bei, dass Gesundheitschancen ungerecht verteilt werden – und bleiben.

Lenkt man ausgehend von dieser individuellen Perspektive den Fokus auf die berufliche Bildung, so gilt es zunächst zu berücksichtigen, dass Auszubildende mit sehr heterogenen gesundheitlichen und herkunftsbedingten Grundvoraussetzungen, Ressourcen und Bedürfnissen in das berufliche Bildungssystem einmünden und dort zugleich vor neuen physischen und psychischen Herausforderungen stehen (Zöller/Tutschner 2014, 3). Nur exemplarisch sind hierbei Übergangsproblematiken, Belastungen aufgrund der Arbeitszeit und eines veränderten Lebensstils, soziale Konflikte, mangelnde pädagogische Unterstützung oder die Angst vor Fehlern zu nennen (vgl. ebd., 4). Gemäß Berufsbildungsgesetz (BBiG) und Handwerksordnung (HwO) stehen alle Ausbildungsberufe dabei zwar allen angehenden Auszubildenden gleichermaßen offen. Tatsächlich besteht aber das grundsätzliche Problem, dass sowohl Arbeitgeber:innen als auch Ausbilder:innen über chronische Erkrankungen und auch Fördermöglichkeiten meist nicht ausreichend informiert sind (Pfizer Pharma GmbH 2018, 10; 14). Aufgrund dessen trägt das Berufsbildungssystem dazu bei, Konsequenzen ungleicher Gesundheitschancen zu verfestigen oder zu verstärken. Daher stellt sich nicht nur die Frage, welche individuellen Kompetenzen (insbesondere chronisch erkrankte) Jugendliche benötigen, um langfristig und unter der Perspektive der Selbstermächtigung gesundheitsförderlich agieren zu können. Vielmehr gilt es aus Sicht der beruflichen Bildung auf einer organisational-strukturellen Ebene zu reflektieren, inwieweit in allen Situationen des beruflichen Lernens die Rahmenbedingungen gegeben sind, in denen die Förderung von Gesundheitskompetenz als Querschnittsaufgabe mitgedacht und ein emanzipiertes gesundheitskompetentes Handeln der Lernenden ermöglicht wird. Um dies auf struktureller Ebene herstellen zu können, gilt es zunächst gesundheitsbezogene Ungleichheiten auf individueller Ebene zu betrachten, um Rückschlüsse auf die gesundheitskompetenzförderliche Gestaltung von Organisationsstrukturen im Bereich der beruflichen Bildung ziehen zu können.

Ausgehend davon wird im vorliegenden Beitrag zunächst eine forschungstheoretische Einordnung der zentralen Kategorien chronische Erkrankung und Gesundheit vor dem Hintergrund des Diversitätsdiskurses in der beruflichen Bildung vorgenommen (Kap. 1). Dies ermöglicht eine differenzierte Betrachtung intersektioneller Wirk- und Diskriminierungsmechanismen und das Identifizieren konkreter Problemfelder hinsichtlich möglicher ‚blinder Flecken‘ im Bereich der beruflichen Bildung. Zudem wird ein umfassendes Verständnis des Konzeptes der Barrierefreiheit erörtert, das es ermöglicht, anstelle von rein kompensatorischen Maßnahmen vorrangig die Selbstermächtigung bzw. das Empowerment betroffener Jugendlicher und junger Erwachsener zu fokussieren (Kap. 2). Anschließend wird ein Mehrebenenansatz zur Förderung von Gesundheitskompetenz vorgestellt, der die individuelle Gesundheitskompetenz auf der Mikroebene mit den gesundheitsförderlichen Strukturen in institutionellen Kontexten auf der Mesoebene verbindet (Kap. 3). Dieser Ansatz wird anschließend auf die institutionellen Strukturen der beruflichen Bildung übertragen, um konkrete Anhaltspunkte für die Förderung von gesundheitsbezogenen Kompetenzen auf beiden Ebenen aufzuzeigen (Kap. 4). Abschließend werden zusammenfassend Implikationen für die berufsbildende Praxis dargelegt. Zudem wird ein Ausblick auf weiterführende Forschungsbedarfe gegeben (Kap. 5).

Das übergeordnete Ziel des Beitrags ist es, für die Förderung von Gesundheitskompetenz und die gleichzeitige Herstellung von umfassender Barrierefreiheit einen Lösungsansatz in Form einer interdisziplinären Verzahnung aus gesundheitswissenschaftlichen und berufspädagogischen Konzepten auf individueller und struktureller Ebene zu entfalten.

2 Chronische Erkrankungen – ein bislang unzureichend betrachtetes Diversitätsmerkmal

Im Folgenden werden chronische Erkrankungen in ein allgemeines Verständnis von Diversität eingeordnet. Hierfür wird eine non-kategoriale und inklusionsorientierte Sichtweise eingenommen, um auch potenzielle Einschränkungen und gesellschaftliche Barrieren für Betroffene zu verdeutlichen. Diese Perspektivenerweiterung ermöglicht es u. a., den Einfluss institutioneller Rahmenbedingungen in den Blick zu nehmen und Ansatzpunkte für ressourcenorientierte präventive Maßnahmen zur Gesundheitsförderung in Bildungskontexten zu sondieren. Um die eindimensionale Betrachtungsweise der Kategorie chronische Erkrankungen bzw. Gesundheit zu überwinden, wird abschließend eine intersektionelle Perspektive eingenommen.

2.1 Chronische Erkrankungen in einem allgemeinen Verständnis von Diversität

Unter chronischen Erkrankungen lässt sich ein breites Spektrum an Krankheitsbildern fassen, die sich auf individuell unterschiedliche Weise äußern können. In einer ersten Annäherung lassen sich physische und psychische Erkrankungen voneinander unterscheiden. Zu den physischen Krankheiten zählen z. B. Allergien, Asthma bronchiale, chronisch entzündliche Darmerkrankungen (z. B. Morbus Crohn), Diabetes mellitus, Epilepsie, Krebs, multiple Sklerose, Migräne, Mukoviszidose, Neurodermitis, Rheuma oder angeborene Herzfehler, zu den psychischen Erkrankungen z. B. ADHS (Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung), Borderline-Persönlichkeitsstörung, Bulimie, Depressionen, Magersucht, schizophrene Psychosen und Angststörungen (LISUM 2010, 7; Pfizer Pharma GmbH 2018, 5).

Chronische Erkrankungen verbindet das Merkmal, dass die Betroffenen über einen – oft lebenslang – andauernden Zeitraum gesundheitliche Beeinträchtigungen haben und auf eine entsprechende medizinische Versorgung angewiesen sind. Im Regelfall sind chronische Erkrankungen zwar therapier-, aber nicht heilbar (Pinquart 2013, 2). Die Charakteristika und die Varianz der Attribute chronischer Krankheiten selbst sind jedoch kaum einzugrenzen (vgl. Schmacke 2019, 21). Im Allgemeinen stehen diese Erkrankungen in Wechselwirkung mit individuellen genetischen, sozialen und verhaltensbezogenen Aspekten. In Rückgriff auf das beschriebene Verständnis von Gesundheit und Erkrankung geht es hier folglich nicht um einen akutmedizinischen Ausnahmezustand, den es zu beheben gilt. Vielmehr liegt unweigerlich ein Alltagsverständnis von chronischen Erkrankungen zu Grunde, das sich durch einen hohen Grad an Organisation und Interdependenz auszeichnet (vgl. Corbin/Strauss 1993, 36; vgl. Fesenfeld 2006, 241ff.). Für die Betroffenen und ihre Angehörigen resultieren daraus verschiedene Einschränkungen körperlicher, sozialer oder psychischer Natur, die den gesamten Lebensentwurf potenziell stark determinieren (vgl. ebd.).

Vor diesem Hintergrund hat sich in Hinblick auf chronische Erkrankungen vermehrt das sog. ‚biopsychosoziale Krankheitskonzept‘ etabliert, in dem das Krankheitsbild ganzheitlich betrachtet wird. Dies spiegelt sich auch in non-kategorialen Klassifizierungsansätzen von Erkrankungen wider. Dies erlaubt es eine chronische Erkrankung nicht mehr durch ihre Diagnose zu klassifizieren, sondern entlang diverser Merkmale wie z. B. dem Verlauf, ihrer Sichtbarkeit oder hinsichtlich einer möglichen Stigmatisierung. Der non-kategoriale Ansatz geht von der Prämisse aus, dass erkrankte Personen und ihr Umfeld – unabhängig von der Art ihrer Diagnose – grundsätzlich ähnlichen Stressoren ausgesetzt sind und dadurch Einbußen und Einschränkungen in verschiedenen Dimensionen in Kauf nehmen müssen (Schmidt/Thyen, 2008; Warschburger, 2009).

Tabelle 1:     Non-kategoriale Klassifikationsmerkmale von chronischen Erkrankungen (nach Schmidt/Thyen 2008, 586)

Konzeptuelle Übersicht über non-kategoriale Klassifikationsmerkmale chronischer Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter

Dimension

Beurteilungskriterien

Aktivität (ICF)

Beeinträchtigung bei der Durchführung von Alltagsaktivitäten

Partizipation (ICF)

Probleme beim Einbezogen-Sein in eine Lebenssituation

Schmerz (ICF)

Schmerzbelastungen der chronischen Erkrankung

Stigma (ICF)

Belastung durch Vorurteile, Stigmatisierung der Erkrankung durch die Gesellschaft/ Umwelt

Sichtbarkeit*

Belastungen durch das Ausmaß der Sichtbarkeit der Erkrankung sowie durch Wachstumsverzögerungen oder Abweichungen im Erscheinungsbild (ebenfalls Sichtbarkeit durch Medikamenteneinnahme)

Prognose*

Belastungen durch den Verlauf der Erkrankung (chronisch, progredient, stabil), Remissions- und Mortalitätswahrscheinlichkeit der Erkrankung

Kontrolle

Inwieweit ist die Erkrankung durch Therapiemaßnahmen (Medikamente, OPs, etc.) beeinflussbar und kontrollierbar? Eigene Einflussmöglichkeiten in akuten Phasen der Erkrankung, Angst vor einem Kontrollverlust

* Diese Komponenten sind nicht im ICF, sondern allgemein im diagnoseübergreifenden, generischen Ansatz definiert.

Diese non-kategoriale Sichtweise erscheint aus berufspädagogischer Perspektive besonders interessant, da sie es ermöglicht, gesundheitsförderliche und barrierefreie Rahmenbedingungen in berufsbildenden Institutionen aus einer inklusionsorientierten Perspektive zu betrachten. Durch die Berücksichtigung der Interaktion zwischen Individuum und Umwelt in den entsprechenden Dimensionen, ergeben sich konkrete Handlungsfelder für die Akteur:innen (z. B. berufsbildende Institutionen) um aktiv Einfluss auf die relevanten Rahmenbedingungen auszuüben. In diesem Sinne kann der Aufbau einer prozessorientierten Sichtweise dazu beitragen, gesundheitsbezogene Normalitätsvorstellungen zu hinterfragen und zu überwinden. Dies wird im Folgenden unter Rückgriff auf das salutogenetische Gesundheitsverständnis nach Aaron Antonovsky (1991) erläutert.

2.2 Krankheit und Gesundheit in einem prozessorientierten Verständnis

In der Auseinandersetzung mit Gesundheits- und Krankheitsvorstellungen findet sich der menschliche Wunsch Krankheiten zu lindern, zu heilen oder ihnen präventiv entgegenzuwirken in sämtlichen Kulturen und Epochen (vgl. Austerer/Radinger 2018, 13). ‚Gesund-sein‘ stellt den gesellschaftlich erwünschten ‚Normalzustand‘ dar (vgl. Fischer-Rosenthal 1996). Dieses Verständnis ist Teil unserer Sozialisation und prägt unser Verhältnis, unsere Denk- und Handlungsmuster (vgl. Fesenfeld 2006, 246). Dies spiegelt sich auch in einer der ersten neuzeitlichen Definitionen zur Gesundheit der WHO aus dem Jahr 1948 wider, in der Gesundheit als „Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur des Freiseins von Krankheit und Gebrechen“ (WHO 1984) verstanden wird. Diese noch recht binäre und pathologische Definition wurde im Rahmen der Ottawa-Charta (1986) um gesellschaftliche und politische Implikationen erweitert. So heißt es dort, dass:

„Gesundheit […] von den Menschen in ihrer alltäglichen Umwelt geschaffen und gelebt [wird]: dort, wo sie spielen, lernen, arbeiten und lieben. Gesundheit entsteht dadurch, dass man sich um sich selbst und für andere sorgt, dass man in die Lage versetzt ist, selber Entscheidungen zu fällen und Kontrolle über die eigenen Lebensumstände auszuüben sowie dadurch, dass die Gesellschaft in der man lebt, Bedingungen herstellt, die allen ihren Bürgern Gesundheit ermöglichen“ (WHO 1986).

An dieser Stelle werden zum einen die Relevanz der Selbstbefähigung der/s Einzelnen sowie die Wechselwirkung und Abhängigkeit mit dem individuellen direkten und übergeordneten Umfeld deutlich. Aus forschungstheoretischer Perspektive lassen sich bedeutsame Zugänge von Gesundheitsvorstellungen finden. So beschreibt Hurrelmann bereits 1988 Gesundheit als

„den Zustand des objektiven und subjektiven Befindens einer Person, der gegeben ist, wenn diese Person sich in den physischen, psychischen und sozialen Bereichen ihrer Entwicklung in Einklang mit den Möglichkeiten und Zielvorstellungen und den jeweils gegebenen äußeren Lebensbedingungen findet“ (Hurrelmann 1988, 16).

Demnach sei die Gesundheit dann als beeinträchtigt einzustufen, wenn in mindestens einem der definierten Bereiche Anforderungen an das Individuum gestellt werden, welche dieses in seiner aktuellen Lebenssituation nicht bewältigen könne. Manifestieren können sich diese Beeinträchtigungen schlussendlich in sozialen, psychischen oder physisch-physiologischen Symptomen (vgl. ebd.). In der Auseinandersetzung mit dem Verhältnis von Krankheit und Gesundheit erscheint es in einer vordergründigen Betrachtung, als würden sich Individuen auf einem Kontinuum bewegen, bei dem das eine abnimmt, sobald sich das andere im gleichen Ausmaß steigert (vgl. Wettstein 2020, 12ff.). Hier ist auch das salutogenetische Gesundheitsverständnis nach Aaron Antonovsky anschlussfähig. Demnach sind ‚gesund‘ und ‚krank‘ jeweils als zwei gegensätzliche, nahezu unerreichbar Pole eines Kontinuums zu betrachten (vgl. Antonovsky 1991, 123; Reinshagen 2008, 147). Durch die permanente Auseinandersetzung mit Stressoren in ihrem Umfeld bewegen sich Menschen innerhalb dieses Kontinuums zwischen den beiden Polen ‚krank‘ und ‚gesund‘ (vgl. Wettstein 2020, 12ff.). In der Konsequenz folgt daraus, dass das absolute Verständnis von ‚krank‘ und ‚gesund‘ nicht gelten kann und ‚Gesund-sein‘ nicht als der Normalzustand angesehen werden kann, weil dies die Realität zu unterkomplex wiedergibt (vgl. Antonovsky 1991, 123; Reinshagen 2008, 147). Diese binäre Betrachtungsweise gilt es demnach zu überwinden. Als Ausgangspunkt für den Gesundheitszustand wird also nicht länger „pathogenetisch nach der Erklärung von Krankheit“ (Antonovsky 1991, 123), sondern vielmehr proaktiv nach Entstehungsbedingungen und Entwicklungsfaktoren gefragt (Reinshagen 2008, 149). Eine ausschlaggebende Bedingung für eine gute Gesundheit sind somit konstruktive Mechanismen zur Stressbewältigung (Coping).

Im Sinne dieser Haltung stellt sich vorrangig die Frage: „Was befähigt Menschen, sich auf das ‚gesunde Ende‘ des Kontinuums zuzubewegen?“ Demnach lässt sich das Verhältnis von ‚Krank-sein‘ und ‚Gesund-sein‘ im Sinne Antonovskys als ein Prozessmodell konstruieren, das sich von der Normalitätsvorstellung des ‚Gesund-seins‘ löst und sowohl physische, psychische als auch soziale Aspekte als Entstehungsbedingungen und Entwicklungsfaktoren für den individuellen Gesundheitszustand einbezieht. Da eine eindimensionale Betrachtungsweise von Differenzmerkmalen in der Regel jedoch zu kurz greift, wird die Prozesskategorie ‚Krankheit – Gesundheit‘ im Folgenden aus einer intersektionellen Perspektive betrachtet, um mögliche Wechselwirkungen mit anderen Differenzkategorien aufzuzeigen.

2.3 Chronische Erkrankungen und Gesundheit im Zusammenhang mit anderen Differenzlinien

In der beruflichen Bildung muss sowohl in schulischen als auch betrieblichen Kontexten „gewissermaßen systemimmanent mit sehr heterogener Klientel sowie stark divergierenden Voraussetzungen und Anforderungen umgegangen werden“ (Gillen/Koschmann 2013, 172). Als relevante Differenzmerkmale werden die schulische Vorbildung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen, der soziale und kulturelle Hintergrund sowie das Alter benannt (Severing/Weiß 2014, 5; vgl. Gillen/Koschmann 2013, 172). Darüber hinaus ist der Anteil der ausländischen Jugendlichen im Bereich der dualen und vollzeitschulischen Ausbildung gegenüber dem Jahr 2016 gestiegen. Dennoch münden ausländische Jugendliche nach wie vor häufiger in den Übergangssektor ein (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2020, 161). Des Weiteren unterscheiden sich die Lernenden u. a. hinsichtlich der betrieblichen Lernkontexte und des fachlichen Hintergrunds (Gillen/Koschmann 2013, 172). Die an dieser Stelle aufgeführten Diversitätsmerkmale wirken „sowohl in beruflichen Lehr-Lernprozessen als auch schon bei den Eingangsbemühungen in die berufliche Erstausbildung und damit in den ersten Arbeitsmarkt“ (ebd., 174).

Allerdings fällt auf, dass die Kategorie chronische Erkrankungen in diesem Zusammenhang meist nicht explizit betrachtet wird, sondern unter dem Oberbegriff der (körperlichen) Behinderung subsumiert wird (z. B. Vollmer/Frohnenberg 2014, 17; 83). Trotz der bislang eher unzureichenden Betrachtung kann angenommen werden, dass der Kategorie chronische Erkrankungen für die Teilhabe an beruflicher Bildung und auf dem Arbeitsmarkt eine Schlüsselrolle zukommt. Nach Degele und Winkler (2007) gewinnen „körperliche Zuschreibungen über Kategorien wie Alter, Leistungsfähigkeit, Gesundheitszustand und Attraktivität“ (6; Herv. d. Verf.) in einer wettbewerbs- und leistungsorientierten Gesellschaft eine zunehmende Bedeutung. So können psychische oder physische Einschränkungen auf Grund einer (chronischen) Erkrankung z. B. dazu beitragen, dass junge Erwachsene den Anforderungen des Arbeitsplatzes nicht mehr gerecht werden können. Dies kann wiederum mit Einbußen in Bezug auf das Selbstvertrauen, die Selbstwirksamkeitsüberzeugung oder mit Schuldgefühlen gegenüber Kolleg:innen einhergehen (vgl. Meierjürgen et al. 2019, 11). Im Arbeitsprozess wird Personen mit körperlichen oder psychischen Beeinträchtigungen häufig eine verminderte Produktivität unterstellt (Charta der Vielfalt 2022b). Aus Angst vor Diskriminierung oder Repressionen vermeiden es viele betroffene Arbeitnehmer:innen deswegen generell, ihre Erkrankung am Arbeitsplatz zu offenbaren (vgl. ebd.). Bei der Betrachtung von Differenzkategorien wie z. B. chronischen Erkrankungen muss zudem berücksichtigt werden, dass diese in der Regel im Zusammenhang mit weiteren ungleichheitsgenerierenden Dimensionen auftreten, z. B. Geschlecht, sozialer Hintergrund, Zuwanderungshintergrund etc. (Degele/Winkler 2007, 1). Die Kategorien können „in verwobener Weise auftreten und sich wechselseitig verstärken, abschwächen oder auch verändern“ (ebd.). Aus Studien zu geschlechtsspezifischen Differenzen im Bereich der Gesundheit geht beispielsweise u. a. hervor, dass Mädchen und junge Frauen während der Pubertät eher von chronischen und psychischen Erkrankungen betroffen sind, während junge Männer häufiger an akuten und lebensbedrohlichen Krankheiten leiden. Junge Männer zeigen zudem ein riskanteres Gesundheitsverhalten als junge Frauen (Gamper et al. 2019).

Aus der bislang eher statischen und defizitorientierten Betrachtungsweise von Beeinträchtigungen wie Behinderungen oder chronischen Krankheiten wurden im Bereich der beruflichen Bildung vor allem kompensationsorientierte Strategien abgeleitet, z. B. Nachteilsausgleiche im Rahmen von Abschlussprüfungen (Vollmer/Frohnenberg 2014., 26f.; 83). Mit der Verabschiedung der UN-Behindertenrechtskonvention im Jahr 2006 wurde jedoch ein Paradigmenwechsel eingeleitet (Friedel 2019, 3):

„Statt Behinderung entlang eines normativen Körperbilds als medizinisches Defizit zu betrachten, basiert das Abkommen auf einem weiten Verständnis von Behinderung als Ergebnis des Zusammenspiels individueller Beeinträchtigungen mit gesellschaftlichen Barrieren, die Wahrnehmung gleicher Rechte behindern“ (ebd.).

Dem entsprechend steht „der Abbau dieser Barrieren im Fokus, um allen Menschen eine selbstbestimmte Teilhabe zu ermöglichen“ (ebd.). Barrierefreiheit bedeutet aus einer allgemeinen und eher pragmatisch orientierten Perspektive zunächst, alle gesellschaftlichen Lebensbereiche so zu gestalten, dass sie grundsätzlich für alle Menschen ohne fremde Hilfe zugänglich sind (Aktion Mensch o. J.). Hierbei ist zu beachten, dass es neben physischen auch solche Barrieren in den Blick zu nehmen gilt, die den Zugang zu Inhalten, Lebensräumen und Diskursen verhindern (vgl. Maaß/Rink 2020, 42). So treffen z. B. Personen mit einer Behinderung oder (chronischen) Erkrankungen aufgrund von a priori abgesprochenen Kompetenzen auf Diskursbarrieren. Abseits ihrer tatsächlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten werden sie aufgrund fehlender vorliegender gesellschaftlicher Konzeptualisierungen aus bestimmten Diskursräumen exkludiert (z. B. ein:e Richter:in mit Depressionen, ein:e Steward:ess im Rollstuhl, etc.). Dieser Zugang bildet jedoch die Grundlage für eine freie Lebensgestaltung in einer inklusiven Gesellschaft mit der Möglichkeit am Arbeitsmarkt partizipieren, die persönlichen Potentiale zu entfalten und den eigenen Lebensunterhalt bestreiten zu können (vgl. ebd., 39).

Da im Kontext von (beruflicher) Inklusion dem gesellschaftlichen Umfeld die Verantwortung für den Abbau von Barrieren zugeschrieben wird, ist es erforderlich, die Personengruppe chronisch Erkrankter sowohl in schulischen als auch betrieblichen Bildungszusammenhängen systematisch mitzudenken. Darüber hinaus müssen die Betroffenen mithilfe von adressat:innengerechten Förderansätzen nachhaltig zu gesundheitsförderlichem Handeln befähigt werden. Im Folgenden wird deshalb das Konzept der Gesundheitskompetenz als ein ressourcenorientierter Ansatz für die Herstellung von Chancengerechtigkeit in der beruflichen Bildung vorgestellt.

3 Ein Mehrebenenansatz zur Förderung von Gesundheitskompetenz in berufspädagogischen Umfeldern

Auch wenn es sich bei Gesundheitskompetenz um eine individuelle Ressource handelt, bedarf es spezifischer organisationaler Strukturen, damit sich diese entsprechend entfalten kann. Sowohl in Bildungseinrichtungen als auch in Betrieben stellt sich die Aufgabe, den Kompetenzerwerb für alle Individuen gleichermaßen zu ermöglichen (Schaefer et al. 2019, 6). Hierfür ist es notwendig, die Förderung von Gesundheitskompetenz als Querschnittsaufgabe in berufsbildenden Organisationen zu verankern. Um Möglichkeiten der Implementierung zu verdeutlichen werden im Folgenden zwei organisationale Ebenen betrachtet. Zum einen wird auf der Mikroebene die individuelle Gesundheitskompetenz der Lernenden fokussiert. In diesem Zusammenhang wird der Fragestellung nachgegangen, welche zentralen gesundheitsbezogenen Kompetenzen auf Subjektebene gefördert werden können, um die Menschen zu gesundheitsförderlichem Handeln zu befähigen. Zum anderen wird einem strukturellen Annäherungsversuch nachgegangen, indem geprüft wird, wie sich das Konzept der organisationalen Gesundheitskompetenz – ausgehend von einem Public Health-orientierten Verständnis – aus berufspädagogischer Perspektive interpretieren und für die berufliche Bildung adaptieren lässt, um die Chancengerechtigkeit für betroffene Jugendliche und junge Erwachsene zu fördern. Auf der Mesoebene werden zu diesem Zweck Determinanten für gesundheitskompetenzförderliche Strukturen in berufspädagogischen Umfeldern herausgearbeitet.

3.1 Mikroebene: Individuelle Gesundheitskompetenz als multidimensionales Konzept

Seit den 1990er Jahren hat die Diskussion um Gesundheitskompetenz (ursprünglich Health Literacy) in verschiedenen Disziplinen deutlich an Relevanz gewonnen. Dies schlug sich zunächst im medizinischen Versorgungssystem nieder. Aufgrund einer signifikanten Anzahl an Nutzer:innen, die lediglich über unzureichende Kompetenzen verfügen, um bestehende Angebote wahrzunehmen und der damit einhergehenden schlechten Compliance, hat die Popularität von Gesundheitskompetenz als Forschungsgegenstand hier deutlich zugenommen. Auf der anderen Seite haben die zunehmend komplexen Alltagsstrukturen, die einem generellem gesundheitskompetenten Handeln entgegenwirken, dazu geführt, dass auch aus der Perspektive von Public Health ein Interessenzuwachs gegenüber dem Forschungsgegenstand stattgefunden hat. In dieser Diskussion lag der Fokus jedoch fast ausschließlich auf der Zielgruppe der Erwachsenen (vgl. Okan/Pinheiro/Bauer 2019, 68). Ein wesentlicher Grund für diesen offensichtlichen Bedeutungszuwachs ist das Potenzial, das der Gesundheitskompetenz zugeschrieben wird, um individuelle und gruppenbezogene Unterschiede bei verschiedenen gesundheitlichen Outcomes zu verstehen, zu erklären und zu bekämpfen (vgl. Okan et al. 2019, xxi). Dies bestätigte sich erst jüngst in den Ergebnissen des zweiten Health Literacy Surveys Germany (HLS-GER 2), wonach 58,8% der deutschen Bevölkerung eine problematische oder inadäquate Gesundheitskompetenz aufweisen (Schäffer et al. 2021, 21).

Unter Gesundheitskompetenz lassen sich die kognitiven, sozialen und motivationalen Fähigkeiten und Fertigkeiten eines Individuums fassen, die dazu beitragen sich eigenständig Zugang zu gesundheitsbezogenen Informationen zu verschaffen, und diese so verstehen und nutzen zu können, dass sie zur Krankheitsbewältigung, zur Krankheitsprävention und/oder der Gesundheitsförderung beitragen (vgl. Dierks 2017, 2; Bitzer/Sørensen 2018, 754). Im Fokus der Definition steht also ein Vierschritt aus dem (1) Finden bzw. sich Zugang verschaffen, (2) Verstehen, (3) Beurteilen und (4) Anwenden-Können von gesundheitsrelevanten Informationen. Gesundheitskompetenz stellt dabei ein multidimensionales Konzept dar, welches sich nicht unabhängig von seinen sozialen und kulturellen Komponenten betrachten lässt. Es lässt sich z. B. durch Bildung und Alphabetisierung auch an die Zielstellung koppeln, das Gesundheitsverhalten zu verbessern und auf die politischen und sozialen Determinanten von Gesundheit und Wohlbefinden einzuwirken (Okan et al. 2019, xxii). Konkret handelt es sich um einen emanzipatorischen Ansatz, der sich sowohl auf funktionale als auch auf interaktive und kritische Dimensionen beziehen kann (vgl. Bitzer/Sørensen 2018, 761). Die grundlegende Unterscheidung nach Nutbeam in diese drei relationalen Formen bildet eine maßgebende Orientierung im Diskurs um Gesundheitskompetenz (Abel/Sommerhalder 2015, 924; vgl. Nutbeam 2000, 264). So beschränkt sich funktionale Gesundheitskompetenz auf die Fähigkeit gesundheitsrelevante Informationen ihrer medizinischen oder gesundheitsförderlichen Intention entsprechend verstehen zu können. Im Fokus steht also der Wissenserwerb (Abel/Sommerhalder 2015, 924). Darauf aufbauend umfasst die interaktive Gesundheitskompetenz die Fähigkeit sich mit den eigenen Wissensbeständen in einen proaktiven Austausch mit der Umwelt zu begeben. Individuen, die eine interaktive Gesundheitskompetenz aufweisen, können ihr Wissen dementsprechend unter variierenden Umständen anwenden und problemlösend einsetzen (Nutbeam 2000, 265). Daran anschließend bildet die kritische Gesundheitskompetenz als ausgeprägteste Form den aufgeklärten und reflektierten Umgang mit der eignen Gesundheit ab (Abel/Sommerhalder 2015, 924). Sie erlaubt eine normative, (selbst-)bewusste und (selbst-)kritische Lebensgestaltung. Kritischer Gesundheitskompetenz obliegt durch diesen engen Bezug zum Empowerment-Ansatz ein stark emanzipatorischer Charakter (Sommerhalder/Abel 2007). So tragen der Erwerb und die Förderung von Gesundheitskompetenz zur Persönlichkeitsentwicklung eines Individuums bei und können durch den Ausbau von gesundheitsbezogener Bildung und lebenspraktischen Handlungsoptionen helfen, Mitbestimmung für eigene Gesundheitsinteressen zu entwickeln (vgl. WHO 1986, 4).

Die individuelle Gesundheitskompetenz eines Menschen stellt folglich das Resultat seiner kognitiven Fähigkeiten, Lebenserfahrungen, des Wissensschatzes sowie seiner Chancen und Möglichkeiten dar. Sie zielt dabei nicht lediglich auf die Verbesserung der eigenen Gesundheitschancen ab, sondern bezieht auch Fähigkeiten von Individuen und Gruppen zur Schaffung von gesundheitsförderlichen Lebensbedingungen ein (vgl. Bitzer/Sørensen 2018, 761). Dies verdeutlicht, dass Gesundheitskompetenz stets auch relational zu betrachten ist und durch eine wechselseitige Abhängigkeit zwischen Individuum und den strukturellen Gegebenheiten bedingt wird (vgl. Okan/Pinheiro/Bauer 2019, 80). Auch in der Sozialisationsforschung findet sich dieses Dualitätsprinzip der Mensch-Umwelt-Interaktion als ein signifikanter Einflussfaktor für das Aufwachsen von Jugendlichen (vgl. Hurrelmann/Bauer 2015).

Ob Menschen gesundheitsförderliche Entscheidungen treffen (können) oder nicht, ist dementsprechend weitaus mehr als nur eine individuelle Entscheidung oder ein individuelles Vermögen. Um die Gesundheitskompetenz der/s Einzelnen zu fördern, ist es zudem erforderlich, strukturelle Voraussetzungen zu schaffen, welche auf die Selbstbefähigung des Individuums abzielen. An dieser Stelle erweist sich das Konzept der organisationalen Gesundheitskompetenz als anschlussfähig.

3.2 Mesoebene: Organisationale Gesundheitskompetenz in einem gesundheitswissenschaftlichen Verständnis

Organisationale Gesundheitskompetenz bezieht sich auf das Ausmaß, in dem Organisationen (z. B. Bildungsinstitutionen) Richtlinien, Handlungspraktiken und Systeme implementieren, die es den Menschen erleichtern sich um ihre Gesundheit zu kümmern (Sentell et al. 2021, 50). Ist es Organisationen möglich, gesundheitskompetenzförderliches Handeln in Planungs- und Entscheidungsebenen zu etablieren, so erleichtert dies die Möglichkeit adäquat auf die Gesundheitskompetenz einzelner Akteur:innen zu reagieren und diese angemessen, z. B. in Arbeits- oder Versorgungsprozesse, einzubinden. Nach Lubatsch et al. (2021) zeichnet sich eine ‚gesundheitskompetente‘ Organisation durch folgende Merkmale aus:

  1. Sie verfügt über eine Führungsebene, die Gesundheitskompetenz zu einem integralen Bestandteil ihres Leitbilds, ihrer Struktur und ihrer Arbeitsabläufe macht.
  2. Sie integriert die Gesundheitskompetenz in die Planung, die Evaluationsmaßnahmen, die Patientensicherheit und die Qualitätsverbesserung.
  3. Sie befähigt die Beschäftigten zum Erwerb von Gesundheitskompetenz und begleitet ihre Fortschritte.
  4. Sie bezieht die betroffenen Zielgruppen in die Gestaltung, Umsetzung und Bewertung von Gesundheitsinformationen und -diensten und Angeboten ein.
  5. Sie berücksichtigt die Anforderungen von Personengruppen mit unterschiedlichen Gesundheitskompetenzen und vermeidet Stigmatisierung.
  6. Sie wendet Strategien zur Förderung der Gesundheitskompetenz in der zwischenmenschlichen Interaktion an und prüft das Verständnis an allen Schnittstellen.
  7. Sie ermöglicht einen einfachen Zugang zu Gesundheitsinformationen und -diensten und leistet Navigationshilfe.
  8. Sie entwickelt und vermittelt gedruckte, audiovisuelle und soziale Medieninhalte, die leicht verständlich und handlungsorientiert sind.
  9. Sie berücksichtigt die Gesundheitskompetenz in Hochrisikosituationen, einschließlich der Übergänge in der Versorgung und der Kommunikation über medizinische Aspekte.
  10. Sie kommuniziert klar, was die Gesundheitsvorsorge abdeckt und was die/der Einzelne für Leistungen zu tragen hat (vgl. ebd., 2).

Mit ihren Ursprüngen in der Public Health wurde die organisationale Gesundheitskompetenz traditionell für gesundheitsbezogene Einrichtungen wie z. B. Krankenhäuser konzipiert. Diese Perspektive setzt die Verantwortung für die Bereitstellung von Gesundheitsinformationen und Befähigung gezielt auf die Institutionen, anstatt sie den Patient:innen und Pflegekräften zu übertragen (Sentell et al. 2021, 50). Es geht dementsprechend darum, für Individuen angemessene, ihren Fähigkeiten und Fertigkeiten entsprechende, soziale und organisatorische Rahmenbedingungen zu schaffen. Gesundheitssystemisch erfordert dies folglich eine ressourcenorientierte anstelle einer pathogenen Ausrichtung. Der vorgestellte Ansatz stellt also nicht das Individuum, sondern die Responsivität von Organisationsstrukturen in den Fokus (vgl. Okan/Pinheiro/Bauer 2019, 81).

Nicht zuletzt die COVID-19-Pandemie hat aufgezeigt, dass eine Beschränkung des Verständnisses von Gesundheitseinrichtungen lediglich auf Krankenhäuser zu kurz greift. So treffen Menschen ihre gesundheitsbezogenen Entscheidungen maßgeblich auch in anderen institutionellen Rahmungen oder werden durch diese beeinflusst und geprägt – wie z. B. in betrieblichen Kontexten, Bildungseinrichtungen oder Kommunen (vgl. Schaefer 2021, 3). Auch die WHO betont in Bezug auf den Ansatz der ‚people-centred-care‘, dass

“People-centred care also requires that patients have the education and support they need to make decisions and participate in their own care [...]. People-centred care is broader than patient and person-centred care, encompassing not only clinical encounters, but also including attention to the health of people in their communities and their crucial role in shaping health policy and health services“ (WHO 2016, 2).

So ist es auch aus einer gesundheitswissenschaftlichen Perspektive sinnvoll, Ansätze und Merkmale der organisationalen Gesundheitskompetenz auch auf gesellschaftliche Institutionen zu übertragen, die über die medizinische und gesundheitsbezogene Versorgung hinausgehen. Im Folgenden werden hierfür berufliche Bildungseinrichtungen als zentrale Sozialisationsinstanzen für Schüler:innen betrachtet.

3.3 Diversity-Management als Ansatz für die Förderung vom Gesundheitskompetenz in beruflichen Bildungseinrichtungen

Überträgt man das Konzept der organisationalen Gesundheitskompetenz aus dem oben beschriebenen Bereich der gesundheitsbezogenen Einrichtungen auf berufliche Kontexte im Allgemeinen, so liegt es zunächst nahe, auch hier an der oben formulierten Leitidee festzuhalten und zu fragen, inwieweit berufliche Bildungseinrichtungen Handlungspraktiken und Systeme implementieren können, die es den Menschen erleichtern, sich um ihre Gesundheit zu kümmern (Sentell et al. 2021, 50).

An dieser Stelle bietet sich ein Rückgriff auf Ansätze des Diversity-Managements an. Diese zielen Watrinet (2008) zufolge darauf ab, „die Strukturen und Abläufe in der Unternehmung hinsichtlich der vorhandenen oder zu erwartenden Diversity derart zu gestalten, dass die Unterschiedlichkeiten in allen Ausprägungen als Ressource zur Lösung komplexer Probleme genutzt werden können“ (ebd., 14). Diversity-Management wird dabei als Antwort der Organisationen auf gesellschaftliche, rechtliche und wirtschaftliche Veränderungen angesehen. In der beruflichen Bildung werden auf organisationaler Ebene verschiedene Ansätze des Diversity-Managements in Schulen, vor allem aber in Betrieben entwickelt und erprobt. „Diversity an sich stellt jedoch nicht automatisch einen Mehrwert für ein Unternehmen dar, sondern die damit verbundenen Potenziale müssen durch entsprechende Instrumente aktiv genutzt werden“ (Kimmelmann 2009, 8). Dabei zeigt sich, dass in Unternehmen vielfach bereits tragfähige Ansätze etabliert wurden, die in institutionelle Strukturen integriert sind. Nach Kimmelmann (2009) ist dies nicht allein Ausdruck von einer positiven Haltung der Unternehmen gegenüber der Diversität ihrer Belegschaft, vielmehr bedeutet „die nicht adäquate Berücksichtigung von Diversity für ein Unternehmen die Gefahr von innerbetrieblichen Konflikten bis hin zu Diskriminierungsklagen, verminderter Arbeitsproduktivität und erhöhter Fluktuation“ (ebd., 7f.). Eine unternehmensübergreifende Initiative stellt zudem die Charta der Vielfalt dar, die als Selbstverpflichtung der Betriebe zur Förderung von Vielfalt in Unternehmen ins Leben gerufen wurde und durch die Bundesregierung befürwortet und unterstützt wird (Charta der Vielfalt 2022a). So zeigt sich, dass das Konzept des Diversity-Managements „weit über Toleranz oder die Umsetzung von Antidiskriminierungsvorschriften hinaus[geht]“ (Kimmelmann 2009, 8) und als Leitidee an der Unternehmenskultur ansetzt.

Hinsichtlich strategischer Ansätze finden sich auch für Einrichtungen der beruflichen Bildung durchaus Ansatzpunkte, um auf der organisationalen Ebene die Förderung von Gesundheitskompetenz von Individuen zu unterstützen. Doch die Realität dürfte vielfach tatsächlich anders aussehen. Zum einen ist hier zu konstatieren, dass auch und vielleicht besonders (berufliche) Bildungseinrichtungen unter dem Leitbild der Diversität im Alltag ganz andere Differenzlinien bearbeiten bzw. bearbeiten müssen als die der Gesundheit. Zu ausgeprägt ist die Heterogenität der Lernenden hinsichtlich der vorliegenden Bildungsabschlüsse, der betrieblichen Lernerfahrungen sowie familiärer und kultureller Herkünfte. Diese Unterschiedlichkeiten prägen den Alltag in Lern- und Bildungssituationen bereits in hohem Maße, so dass dem Thema Gesundheit in der Praxis keine besondere Bedeutung beigemessen werden kann. Zudem – und das wirkt vor dem hier diskutierten Hintergrund geradezu alarmierend – ist auch in der soziologischen und erziehungswissenschaftlichen Debatte um Diversität die Differenzkategorie der Gesundheit noch nicht deutlich repräsentiert. Zwar gibt es erste Ansätze, die z. B. den Zusammenhang von Migration und Gesundheit in den Fokus nehmen und damit Gesundheit mittelbar als Kategorie auftaucht, da immer deutlicher wird, dass Personen mit Migrationshintergrund (u. a. aktive Einwanderer:innen, deren Nachkommen, Spätaussiedler:innen, Ausländer:innen) hinsichtlich der gesundheitlichen Auswirkungen des Migrationsprozesses differenziert zu betrachten sind (vgl. Weber et al. 2011). Die geringe Repräsentanz innerhalb der Diskussion wird aber dem oben skizzierten Einfluss von gesundheitsrelevanten Faktoren auf Bildungs- und Entwicklungsprozesse nicht annähernd gerecht. Dies sollte auch deswegen problematisiert werden, weil Bildungseinrichtungen grundsätzlich zentrale Sozialisationsinstanzen für Lernende sind, in denen sich potenziell hemmende Strukturen verfestigen können. Insofern lohnt es sich an der Schnittstelle der Gesundheitswissenschaften einerseits und den Erziehungs- und Sozialwissenschaften andererseits nach Ansätzen zu suchen, mit denen diese Hürde überwunden werden kann.

Im Folgenden wird deshalb aufgezeigt, wie der oben erörterte Public Health-Ansatz für die gesundheitsbezogene Kompetenzförderung von Lernenden in berufspädagogischen, d. h. schulischen und betrieblichen Kontexten genutzt werden kann.

4 Gesundheitskompetenz(-förderung) in berufspädagogischen Strukturen – Verortung und Transfer

Hinsichtlich der Verortung von Gesundheits(-kompetenz)förderung in berufsbildenden Kontexten zeichnet sich zunächst ein bekanntes Bild ab. Analog zu den blinden Flecken im Feld der Gesundheitskompetenzforschung Jugendlicher verhält es sich z. B. auch mit konkreten bildungspolitischen Interventionen. Mit dem Joint Committee on National Health Education Standards (vgl. ebd. 1995) der USA, dem Australian Curriculum Health and Physical Education (ebd. 2012) und dem Finnish national board of education (vgl. ebd. 2014) gibt es auf internationaler Ebene drei ausgewiesene Maßnahmen, die Gesundheitskompetenz systematisch auf didaktischer Ebene in den Lehrplänen verorten. Darüber hinaus verweisen auch weiterführende länderübergreifende Pilotmaßnahmen auf verwandte Interventionsfelder wie z. B. die Förderung der psychischen Gesundheitskompetenz von Schüler:innen und Lehrkräften (vgl. Kutcher et al. 2016, 50). Das Programm adressiert das Wissen im Umgang mit psychischen Erkrankungen, Hilfesuchverhalten sowie Stigmatisierung.

Doch wie kann der Erwerb von Gesundheitskompetenz langfristig einen Weg in berufsbildende Strukturen finden? Mit dem „Nationalen Aktionsplan Gesundheitskompetenz“ (NAP) wurde 2018 ein Leitfaden für Politik, Wissenschaft und Praxis auf den Weg gebracht, in dem durch die Förderung von vier Schwerpunktfeldern aufgezeigt wird, wie die Gesundheitskompetenz in unserem Land gestärkt werden kann. Das erste Strategiepapier zu den Empfehlungen des NAP forciert hierbei: „[d]as Erziehungs- und Bildungssystem in die Lage [zu] versetzen, die Förderung von Gesundheitskompetenz so früh wie möglich im Lebenslauf zu beginnen“ (Schaeffer et al. 2018; Hurrelmann et al. 2018, 3). Institutionen des Bildungs- und Erziehungssystems spielen eine signifikante Rolle hinsichtlich der Kompetenzentwicklung von Kindern und Jugendlichen und sind ein wichtiger Ort der Sozialisation. Auf diese Weise können sie eine zentrale präventive Funktion einnehmen, wenn es um die Förderung von Gesundheitskompetenz und zugleich um die Herstellung von Barrierefreiheit geht. Diese Verantwortung gilt es zu unterstreichen, da es bisher an einer abgestimmten Strategie mangelt (vgl. ebd.).

Zwar gibt es auch abseits der bildungspolitischen Interventionen erste Maßnahmen, die z. B. Themen wie Gesundheitswissen und Medienkompetenzen (vgl. Begoray et al. 2009, 39; Hagell et al. 2015, 84) oder den Umgang mit chronischen Erkrankungen und die Vermeidung von gesundheitsriskanten Verhaltensweisen (vgl. Diamond et al. 2011, 103ff.) fokussieren, jedoch zielen diese primär auf Informationsvermittlung ab und vernachlässigen dabei den Anwendungsbezug (vgl. Okan/Pinheiro/Bauer 2019, 76). Ferner fehlt es an grundständigen Evaluationsdaten oder Instrumenten, so dass es unklar bleibt, inwieweit die vorhandenen Maßnahmen sich tatsächlich förderlich auf die Gesundheitskompetenz von Schüler:innen und/oder Lehrkräften auswirken. Insbesondere aufgrund der Tatsache, dass Gesundheitskompetenz im Jugendalter auch immer aus der Perspektive der Betroffenen heraus gedacht werden sollte, empfehlen Okan/Pinheiro/Bauer (2019), dass Perspektiven und Herangehensweisen aus benachbarten Disziplinen berücksichtigt und einbezogen werden sollten, um die Gestaltung von Interventions- und Präventionsmaßnahmen zielführend zu gestalten (vgl. ebd. 76; vgl. Bröder et al. 2016, 4ff.).

4.1 Ansätze zur Förderung individueller Gesundheitskompetenz in Institutionen der beruflichen Bildung

Obwohl die Gesundheitskompetenz bislang in der Regel im Bereich des Gesundheitswesens betrachtet wurde (z. B. Bitzer/Sørensen 2018, 2001; Mancuso 2009), wird auch den Bildungseinrichtungen im nationalen wie internationalen Kontext zunehmende Relevanz für die Entwicklung der Gesundheitskompetenz von Schüler:innen beigemessen (Paakkari/Paakkari 2012, 3; Schmidt et al. 2010; Malcom et al. 2020, 2001; Wu et al. 2010). Neben diversen weiteren Anwendungsbezügen erweist sich das Konzept hier auch als anschlussfähig an grundlegende Leitideen in der beruflichen Bildung. Demnach schreiben z. B. Paakkari und Paakkari (2012) der Gesundheitskompetenz den Stellenwert eines (schulischen) Lernziels zu. So können Bildungsinstitutionen eine Schlüsselrolle einnehmen, wenn es darum geht, den Schüler:innen das Wissen zu vermitteln, das sie dazu befähigt, gesundheitsförderliche Entscheidungen selbst zu treffen (vgl. Kickbusch 2008, 103). Dies gilt insbesondere angesichts der Tatsache, dass Bildungseinrichtungen Kinder und Jugendliche in einer Lebensphase erreichen können, in der sie am stärksten geprägt werden (WHO 1999, 5). Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, sowohl das angestrebte Lernergebnis – in diesem Fall die Gesundheitskompetenz – aber auch die Lernbedingungen adressat:innengerecht zu konzeptualisieren und in Bezug zueinander zu setzen (Paakkari/Paakkari 2012, 5). Indem die Förderung von Gesundheitskompetenz, mitsamt ihrer einzelnen Bestandteile, als ein pädagogisches Lernziel definiert wird, können gleich mehrere Aspekte erreicht werden. Zunächst erleichtert dies den Übertrag auf Bildungsinstitutionen, die sich an pädagogischen Lernzielen und erwarteten Lernergebnissen ausrichten. Damit einhergehend erlaubt eine differenzierte Beschreibung von Gesundheitskompetenz es, Lernziele zu formulieren und deren Erreichung zu unterstützen (ebd.). In diesem Sinne bedarf es einer Schüler:innenzentierung der dominierenden gesundheitswissenschaftlichen Auffassungen von Gesundheitskompetenzförderung (Nutbeam 2008). Paakkari und Paakkari (2012) präzisieren dies wie folgt:

„[T]hey should be able to reflect on health matters from their own perspective, while understanding also the perspectives of others. This requires that students can validate themselves as knowers with regard to their own lives; they become able to reflect on the importance of knowledge in their own lives and to create their personal meanings through such reflection. Moreover, they should be conscious not only about themselves but also about the others, and the world beyond“ (ebd., 5).

So wird insbesondere auf das Bewusstsein von Schüler:innen gesetzt, verantwortungsvolle Maßnahmen zur Förderung der eigenen sowie der Gesundheit anderer zu ergreifen. Diese Fähigkeit ergibt sich aus einer Kombination von theoretischem und praktischem Wissen, kritischem Denken, Selbstreflexion sowie ethisch und sozial verantwortlichem Handeln (Paakkari/Paakkari 2012, 133ff.).

Dieses Verständnis zeigt sich gleich aus mehreren Perspektiven anschlussfähig an berufsbildende Grundsätze. Durch die grundlegende Handlungsorientierung in der Operationalisierung von Gesundheitskompetenz als ein Lernziel lassen sich, aus einer didaktischen Perspektive, Verbindungen zu bereits bestehenden Modellen und Arbeitspraktiken ziehen. Dies spiegelt sich auch in der reflexiven Dimension wider, die Gesundheitskompetenz zugeschrieben wird (vgl. KMK 2021, 17). Anhand des eigenständigen Durchdringens von beruflichen Handlungen in möglichst authentischen Lernsituationen sollen Schüler:innen dazu befähigt werden, ihr eigenes Wirken in komplexe Zusammenhänge einzuordnen (vgl. ebd.). So wäre es im Sinne eines reflektierten Umgangs mit der eigenen Gesundheitskompetenz, wenn Schüler:innen ihr gesundheitsbezogenes Handeln in beruflichen Lehr-Lernarrangements eigenständig anwenden. Dies beinhaltet das vollständige Durchlaufen eines Handlungszyklus gemäß den Phasen: „Informieren, Planen, Entscheiden, Ausführen, Kontrollieren und Bewerten“ (Herkner/Pahl 2019, 192). Ein wesentliches Element ist hierbei z. B. die Verschränkung von Fach- und Handlungssystematiken (vgl. ebd.). Im Umgang mit Gesundheitsinformationen ließe sich dies im Sinne der verschiedenen Interaktionsebenen von Lernzieltaxonomien denken, wobei die Gesundheitskompetenz in einem Verständnis als handlungsorientiertes Lernziel über eine potenzielle Anschlussfähigkeit an bestehende didaktische Grundsätze in der beruflichen Bildung verfügt.

Für eine erfolgreiche Förderung der Gesundheitskompetenz in berufsbildenden Kontexten ist es relevant die Spezifika der Zielgruppe in angemessener Weise zu berücksichtigen. Im Folgenden wird ein heuristisches Modell aufgegriffen, in dem sechs Dimensionen identifiziert werden, die in einem ersten Schritt die Charakterisierung von Gesundheitskompetenz im Kindes- und Jugendalter ermöglichen, so dass in einem zweiten Schritt der entsprechende Nutzen und Transfer für gesundheitskompetenzförderliche Rahmenbedingungen in Institutionen der beruflichen Bildung vorgenommen werden kann. Die benannten Dimensionen können in dabei wie folgt abgegrenzt werden:

  1. Disease Epidemiology: berücksichtigt die altersspezifischen Erkrankungen des Kindes- und Jugendalters. Hierbei gilt es insbesondere auch alterstypische Ressourcen und Risikofaktoren mitzudenken.
  2. Demography: bezieht die Tatsache mit ein, dass Kinder und Jugendliche hinsichtlich ihres soziokulturellen und bildungsbiographischen Hintergrunds eine heterogene Bevölkerungsgruppe darstellen. Diese Vulnerabilität gilt es in weiterführenden Handlungsansätzen zu berücksichtigen.
  3. Developmental Change: geht auf die entwicklungsbedingten Unterschiede ein, die sich durch Lern- und Sozialisationsprozesse bei Kindern und Jugendlichen in Bezug auf ihre Fertigkeiten, Fähigkeiten und Wissensbestände feststellen lassen. Hier wird erneut die Relevanz der Interaktion zwischen Individuum und Umwelt für den Kompetenzerwerb betont.
  4. Dependency: beschreibt das wechselseitige Abhängigkeitsverhältnis, in dem sich Erwachsene und Schutzbefohlene während des Aufwachsens befinden. So können z. B. Erziehungsberechtigte in ihrer Funktion als Sozialisationsinstanzen als maßgebliche Vermittler:innen von Gesundheitswissen und Kompetenzen fungieren, was wiederum auf die Persönlichkeitsentwicklung von Kindern und Jugendlichen einwirkt.
  5. Democracy: betont die Rechte von Kindern und Jugendlichen zur gesellschaftlichen Partizipation und Teilhabe. Diese Rechte implizieren eine aktive, selbstbestimmte Gestaltung der persönlichen Lebenswelt. Dies kann wiederum durch die (unterstützte) Beteiligung an z. B. bildungs- oder gesundheitsbezogenen Lebensbereichen erfolgen.
  6. Digital Worlds: hebt die Verlagerung der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen in digitale Umgebungen hervor. Dies gilt ebenso für den Umgang mit gesundheitsrelevanten Informationen oder Dienstleistungen. Diese digitale und medienbezogene Sozialisation muss bei gesundheitskompetenzbezogenen Handlungsansätzen entsprechend berücksichtigt werden (vgl. ebd., 78).

Mit seiner differenzierten Abgrenzung zu generalisierten Gesundheitskompetenzmodellen bietet das 6-D-Modell ein analytisches Rahmenkonzept um die spezifischen Bedarfe von Kindern und Jugendlichen zu berücksichtigen. So lohnt hier insbesondere ein Blick auf binnendifferenzierte didaktisch-methodische Konzepte, welche die Handlungsfähigkeit von Schüler:innen auch über den Informationserwerb hinaus fördern. Jedoch gilt es auch in diesem Kontext zu berücksichtigen, dass die Gesundheitskompetenz der Individuen als relationale Größe in Zusammenhang mit ihren strukturellen Rahmenbedingungen steht (vgl. ebd., 81). Deshalb werden im Folgenden die organisationalen Bedingungen in berufsbildenden Institutionen genauer betrachtet.

4.2 Organisationale Rahmenbedingungen für die Ermöglichung und Förderung von gesundheitskompetentem Handeln in berufsbildenden Kontexten

Im Rahmen einer dualen Berufsausbildung kommt Berufsschulen und Betrieben eine zentrale Rolle für die Gesundheitsförderung von Heranwachsenden zu (Zöller/Tutschner 2014, 7). Beide ‚Settings‘ unterscheiden sich jedoch im Hinblick auf ihre institutionellen Rahmenbedingungen. Während die Berufsschule zumindest teilweise einen pädagogischen Schonraum darstellt, in dem das Thema Gesundheitskompetenz didaktisch strukturiert mit den Schüler:innen bearbeitet werden kann, steht im Betrieb das Bewältigen beruflicher Anforderungssituationen im Vordergrund (vgl. ebd., 5).

Zur Erhöhung der Chancengerechtigkeit stehen auch Lehrkräfte an berufsbildenden Schulen vor der Herausforderung, die Gesundheitskompetenz ihrer Schüler:innen altersgerecht und unter Einbezug von Wechselwirkungen zwischen Individuum und Umwelt zu fördern. Jedoch weisen Studien darauf hin, dass es bereits die Anforderungen des regulären Schulbetriebs dem pädagogischen Personal kaum erlauben entsprechend aktiv zu werden. Faktoren wie monetäre oder zeitliche Ressourcen, Erfahrungsdefizite oder eine unzureichende Vorqualifizierung werden als Hürden für die zielgruppenspezifische bzw. individuelle Förderung von Lernenden wahrgenommen. Dies gilt insbesondere in Bezug auf vulnerable Gruppen (vgl. Bruland et al. 2017, 774), so dass denen, die den Zugang zu Gesundheitskompetenzförderung tendenziell am ehesten bräuchten, eben jener eher verwehrt bleibt. Hinzu kommt, dass auch die Berufsgruppe der Lehrkräfte selber besonders gefährdet für chronischen Stress und die Entwicklung von psychischen Erkrankungen ist (vgl. Albrecht 2016, 11). Folglich kann für die Ausgestaltung von gesundheitskompetenzförderlichen Rahmenbedingungen im berufsschulischen Kontext eine bloße Fokussierung auf die Schüler:innen nicht genügen. So zeigen z. B. Studien von Hartmann et al. (2020), dass das Niveau der individuellen Gesundheitskompetenz von Lehrkräften die Sicherheit in Bezug auf den Umgang mit chronisch erkrankten Schüler:innen zum Teil stark beeinflusst. Zur gleichen Zeit weist jedoch die Hälfte der Lehrkräfte (39,3% problematisch; 10,6% inadäquat) selbst keine ausreichende Gesundheitskompetenz auf (vgl. ebd., 1171). In Rückbezug auf die Merkmale einer ‚gesundheitskompetenten Organisation‘ zeigt sich deutlich die Relevanz für die Qualifizierung des pädagogischen Personals im Sinne einer Schnittstelle zwischen den Schüler:innen und dem institutionellen Umfeld.

Konkretere Operationalisierungsansätze für die Schaffung gesundheitsförderlicher Rahmenbedingungen an berufsbildenden Schulen lassen sich mit dem hier dargelegten ressourcenorientierten Verständnis sowie der salutogenetischen Perspektive auf Gesundheit begründen. Ausgehend von einer verhältnisorientierten Gesundheitskompetenzforschung bietet es sich an, Maßnahmen, Interventionen o. ä. innerhalb eines ganzheitlichen Ansatzes bzw. als Querschnittsaufgabe zu implementieren und Bedingungen zu schaffen, welche die Gesundheit von Individuen schützen, anstatt die Problematik einer beeinträchtigten Gesundheit defizitorientiert an Zielgruppen zu koppeln (vgl. Okan/Pinheiro/Bauer 2019, 86; Zöller/Tutschner 2014 6). Insbesondere vor dem Hintergrund, dass Gesundheit und Erkrankung in einem spektralen Verständnis verstanden werden müssen, lässt sich hinterfragen, inwieweit es zielführend ist, in Bezug auf die entsprechende Kompetenzförderung ausschließlich Personengruppen zu adressieren, die als sozial schwach, vulnerabel oder anderweitig benachteiligt identifiziert werden. Einen Anknüpfungspunkt bietet hier z. B. das Prinzip des ‚Progressive und Proportionate Unversalism‘ (vgl. Cummings et al. 2011, 14ff.). Maßnahmen oder Konzepte, im vorliegenden Fall abzielend auf die Ausgestaltung von berufsbildenden Einrichtungen, umschließen dabei die gesamte Bezugsgruppe, wobei sie sich dennoch proportional an den Bedarfen der Betroffenen ausrichten:

„universal because we aim to help everyone [...] and progressive because we aim to do more for those who need it most“ (Cummings et al. 2011, 14).

Als bereits erprobtes Beispiel im Bildungssektor kann hierfür etwa die Einführung von Ganztagsangeboten auch in beruflichen Schulen genannt werden. Insbesondere für Schüler:innen und Familien aus prekären Verhältnissen können durch entsprechende Strukturen Voraussetzungen geschaffen und Barrieren abgebaut werden, die es Ihnen erlauben eigene gesundheitsbezogene Kompetenzen zu entwickeln (vgl. Okan/Pinheiro/Bauer 2019). Erneut zeigt sich hier die Relevanz der Qualifizierung von pädagogischem Personal in seiner Funktion als Multiplikator:innen, Repräsentat:innen und Vermittler:innen, da durch sie z. B. entsprechende Lehr- Lernsettings, Beratungsangebote oder Verwendung von Schulmitteln mitbestimmt werden.

Auch im Kontext betrieblicher Gesundheitsförderung lassen sich bereits Konzepte finden, die gesundheitskompetentes Handeln bei ihren Mitarbeiter:innen bereits in der Phase der Berufsausbildung adressieren. Vorteile werden hier unter anderem in der Aufrechterhaltung der Employability und dem präventiven Entgegenwirken von Ausfallzeiten gesehen. Hinzu kommt die frühzeitige Förderung und Unterstützung der Auszubildenden bei einer gesundheitskompetenten Lebensgestaltung und einer entsprechenden Fachkräftesicherung für den eigenen Betrieb (vgl. Zöller/Tutschner 2014, 25). Auch wenn es in der Praxis durch vielfach festzustellende Barrieren, z. B. mangelnde finanzielle oder zeitliche Ressourcen, mit zahlreichen Herausforderungen verbunden bleibt, Gesundheitskompetenzförderung auch auf organisationaler Ebene für die berufsbildende Praxis mitzudenken, so lassen sich doch auf bildungspolitischer, forschungstheoretischer und konzeptioneller Ebene bereits erste Anlässe und Ansätze finden und adaptieren.

5 Zusammenfassung und Ausblick

Vor dem Hintergrund der Zunahme chronischer und psychischer Erkrankungen sind berufsbildende Institutionen in der Pflicht, betroffene Heranwachsende als relevante und in sich heterogene Zielgruppe wahrzunehmen. Als signifikante Sozialisationsinstanzen ist es ihre Aufgabe einen Rahmen zu schaffen, in dem gesundheitskompetentes Handeln gefördert und ermöglicht wird (Hurrelmann et al. 2018, 3). Dies kann durch einen inklusionsorientierten Ansatz realisiert werden, in dem zum einen die individuelle Gesundheitskompetenz der Individuen auf der Mikroebene gefördert wird. Zum anderen gilt es für Betriebe und Bildungsinstitutionen, sich auf organisational-struktureller Ebene als ‚Raum‘ zu begreifen, der in Interaktion mit dem Individuum gesundheitskompetentes Handeln überhaupt erst ermöglicht. Interdisziplinäre Synergien mit den entsprechenden Fachgebieten – wie z. B. den Gesundheitswissenschaften – erweisen sich als anschlussfähig, um etablierte Sichtweisen und gängige Konzepte im Umgang mit gesundheitlich beeinträchtigten Heranwachsenden für die berufliche Bildung kritisch zu reflektieren und hinsichtlich blinder Flecken im forschungstheoretischen Verständnis, aber auch im praktischen Transfer zu hinterfragen.

Die Gesundheit eines Menschen ist eng gekoppelt an Sozialisations-, Lern-, Arbeits- und Bildungsprozesse und ist somit Teil berufspädagogischer Wirkungsräume. Insbesondere in der Phase der beruflichen Sozialisation bietet sich hier die Möglichkeit, junge Erwachsene unter Berücksichtigung ihrer gesundheitlichen Voraussetzungen, nachhaltig im Aufbau einer gesundheitskompetenten Arbeits- und Lebensweise zu unterstützen. Daher ist es Aufgabe der Berufspädagogik, Gesundheit als interdisziplinäres Handlungsfeld aufzufassen. Durch das Verständnis von Gesundheit im Sinne eines Kontinuums kann ein Paradigmenwechsel befördert werden, der auf der Ebene der individuellen Bewältigung bereits deutlich wird und es im Sinne von Antonovsky (1991) ermöglicht, die strikt dichotome Betrachtungsweise zwischen ‚gesund = normal‘ und ‚krank = defizitbehaftet‘ aufzulösen. Ein signifikanter Mehrwert, der hierbei durch die Berufspädagogik geleistet werden kann, liegt darin, dass durch handlungs- und ressourcenorientierte Ansätze zur Gesundheitskompetenzförderung nachhaltige und vor allem präventive Konzepte implementiert werden können. Diese können zu einer Enttabuisierung chronischer Erkrankungen beitragen und sowohl die bildungs- und gesundheitsbezogenen Chancen des/r Einzelnen als auch die strukturelle Barrierefreiheit stärken.

Gleichzeitig lassen sich zahlreiche Forschungsdesiderate und Handlungsbedarfe aufzeigen, z. B. die Frage nach dem Transfer in die Lehrkräftebildung und in die Aus-, Fort- und Weiterbildung des pädagogischen Personals. Auch auf forschungstheoretischer Ebene besteht noch weiterführender Handlungsbedarf, z. B. hinsichtlich der Entwicklung von ressourcenorientierten Gesundheitskompetenzmodellen für die adressierte Zielgruppe mitsamt entsprechender Evaluationsinstrumente. Chronisch erkrankte Jugendliche und junge Erwachsene als bisher kaum berücksichtigte Gruppe bilden diese Herausforderung exemplarisch für vulnerable Gruppen ab und zeigen gleichzeitig auf, welche Implikationen sich auch für die Gesamtheit der Schüler:innen und Auszubildenden ableiten lassen.

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Zitieren des Beitrags

Michele, J./Gillen, J./Steuber, A. (2022): Berufliche Bildung und chronische Erkrankung – Erhöhung der Chancengerechtigkeit durch die Förderung von individueller und organisationaler Gesundheitskompetenz. In: bwp@ Berufs- und Wirtschafts­päda­gogik – online, Ausgabe 42, 1-26. Online: https://www.bwpat.de/ausgabe42/michele_etal_bwpat42.pdf (30.06.2022).