bwp@ 35 - Dezember 2018

Ökonomisierung in der Bildung und ökonomische Bildung

Hrsg.: Karin Büchter, Tade Tramm & Jens Klusmeyer

Irrungen und Wirrungen im „Abseits politisch-ökonomischer Reflexion“. Eine nicht ganz unpolemische und zugleich de(kon)struktive Entgegnung auf Günter Kutschas „Polemik in konstruktiver Absicht“

Beitrag von Klaus Beck
Schlüsselwörter: Berufliche Bildung, emanzipatorische Berufsbildung, politisch-ökonomische Bildungsdimension, berufliche Handlungskompetenz, Entgegnung, Streitkultur

Günter Kutscha und ich sind uns in dem Bedauern darüber einig, dass die paradigmatische Grundlagendiskussion aus den Publikationen zur Berufs- und Wirtschaftspädagogik weitgehend verschwunden ist. Gänzlich uneinig sind wir dagegen darin, welche Position in dieser Auseinandersetzung bevorzugt werden sollte. Dennoch stimmen wir auch darin überein, dass man ein bestimmtes Paradigma nicht nach Belieben wie ein Arbeitsinstrument aus dem Werkzeugkasten greifen und bei der nächsten Gelegenheit wieder zurücklegen kann, weil die Auswahlentscheidung weit über die wissenschaftliche Arbeit hinaus auch folgenreich für das je eigene personale Selbstverständnis ist. Gerade deshalb halten wir den Grundlagendiskurs als eine Daueraufgabe der Disziplin für essentiell: Er dient der (Selbst-)Vergewisserung dessen, was allem Forschen und disziplinären Räsonieren als sinngebende Voraussetzung zugrunde liegt.

Was unseren Dissens betrifft, so versucht der vorliegende Beitrag die argumentativen Schwächen der von Günter Kutscha vorgelegten Rechtfertigung für (s)eine emanzipatorisch inspirierte Sichtweise auf die gegenwärtige Berufsausbildung freizulegen und zu widerlegen – dies in der Sache ebenso wie in der Tonlage. Der paradigmatische Standpunkt, von dem aus meine Entgegnung erfolgt, liegt im Umfeld eines Wissenschaftsverständnisses, das dem Kritischen Rationalismus zuzurechnen ist.

1 Vorbemerkung: Akzidentielles und Grundsätzliches

Es ist nicht so, dass das Projekt einer „emanzipatorischen Berufs- und Wirtschaftspädagogik“ aus dem aktuellen Mainstream gänzlich verschwunden wäre. Terminologische Bezugnahmen finden sich hier und da auch noch in neueren und durchaus „unverdächtigen“ Publikationen, etwa wenn von erstrebenswerter „Mündigkeit“ gegenüber gesellschaftlich erhobenen „Anpassungszwängen“, von herzustellender „Chancengleichheit“[1] für „Unterprivilegierte“[2] oder von der Forderung nach „gleichberechtigter Teilhabe“ an wirtschaftlichen Erfolgen die Rede ist. Ob solche Formulierungen vor dem Hintergrund eines programmatisch vertretenen Emanzipationsanspruchs vorgetragen werden oder ob sie sich lediglich einer stilistisch inspirierten façon de parler verdanken, ist nicht immer ohne weiteres auszumachen. Vielmehr ist zu fürchten, dass sie lediglich als ein rhetorisches Sediment der zurückliegenden Grundlagendebatten übriggeblieben sind und sich in den disziplinsprachlichen Fundus leichthin verfügbarer Begrifflichkeiten eingenistet haben, sei es mit oder sei es ohne substanziellem Bezug zu ihren paradigmatischen Wurzeln.

In diesem Punkt lässt der hier thematisierte Diskussionsbeitrag von Günter Kutscha (2019) von vornherein keinerlei Zweifel aufkommen. Schon gleich in der Überschrift kündigt er eine Stellungnahme in Gestalt einer „politisch-ökonomischen Reflexion“ an, ein Kernthema und Lieblingsverfahren emanzipatorischer Pädagogik, und stellt sie in einen systematischen Bezug zum Werk eines ihrer „Väter“, nämlich Wolfgang Lempert. Ebenfalls im Vorfeld, d.h. im Abstract (Abs. 2), erweitert er diesen, seine Überlegungen anleitenden Rekurs um die Perspektive auf den „emanzipatorisch orientierten Theorie- und Forschungsansatz“ (ebd.) von Herwig Blankertz, des anderen herausragenden, leider viel zu früh verstorbenen Inaugurators und einflussreichen Ausgestalters einer in der „Kritischen Theorie der Frankfurter Schule“ gründenden Berufs- und Wirtschaftspädagogik. Als „Schüler“ des letzteren rechnet Günter Kutscha zur zweiten Generation (vgl. 7[3]) der Vertreter und Verbreiter dieses Programms, das in der Allgemeinen Pädagogik und in ihren weiteren Subdisziplinen die Diskussion während der späten 1960er Jahre bis etwa zum Beginn der letzten Dekade des vergangenen Jahrhunderts wesentlich (mit-)bestimmt hat.

Für das Verständnis und die Einordnung des hier verhandelten Beitrags sind diese sehr knappen Hinweise zum Hintergrund, vor dem er zu sehen ist, m.E. heute nötig, weil die Auseinandersetzung mit der Frage nach der Leistungsfähigkeit und den Leistungen einer emanzipatorisch bewegten Berufs- und Wirtschaftspädagogik weitgehend eingeschlafen zu sein scheint – dies, obwohl ihr fortwirkender „subkutaner“ Einfluss auf das diskursive Innenleben der Disziplin gar nicht zu übersehen ist. Mit Günter Kutschas Einlassungen zur „Unterwerfung der beruflichen Bildung unter die Hegemonie von Ökonomik und Technik“ (Abstract, Abs. 3) liegt nun ein neuer Text vor, in dem das Konzept einer emanzipatorisch ausgerichteten Sichtweise wiederbelebt, konsistent angewandt und konsequent durchdekliniert wird, ein Text also, dessen Gehalt – so finde ich – die Beachtung der „community“ ebenso verdient wie eine kritische Stellungnahme.[4]

2 Wirrungen: Was Einzelhändler (nicht) lernen sollen

Günter Kutscha kritisiert, dass gegenwärtig im Diskurs der Berufs- und Wirtschaftspädagogik ebenso wie in der Berufsbildungspraxis der Anspruch, „berufliche Bildung“ zu vermitteln, zugunsten des Ziels „berufliche Handlungskompetenz“ preisgegeben worden sei. Dabei bleibe gänzlich unbemerkt und jedenfalls unbedacht, dass „berufliche Kompetenzentwicklung Teil der kapitalbasierten Maschinerie und des darauf fixierten Wertesystems ist“ (Abstract, Abs. 1). Tatsächlich werde damit einer inakzeptablen „Gleichsetzung von beruflicher Handlungskompetenz und beruflicher Bildung“ das Wort geredet (Abstract, Abs. 2).

Dass dem so sei, möchte Kutscha am Beispiel der Ausbildung für den Einzelhandel illustrieren, ein Feld, auf dem er selbst empirisch gearbeitet hat (Kutscha 1988; Kutscha,/Besener/Debie 2012). Knapp zusammengefasst läuft seine Argumentation etwa so (1-3):

Im Lernfeld 2 des einschlägigen Rahmenplans der KMK (2016, 9) wird u.a. vorgegeben: „Die Schülerinnen und Schüler führen unter Anwendung von Waren-, Kommunikations- und Verkaufskenntnissen Verkaufsgespräche zur Zufriedenheit der Kunden und des Unternehmens. Sie beherrschen wichtige Elemente der Kommunikations- und Verkaufstechnik sowie Techniken zum Erwerb wesentlicher Kenntnisse über Waren.“

Diese Formulierung ist, so Kutscha, „leerformelhaft“ (1) und „neutralisiert die politisch-ökonomische Brisanz des Warenverkaufs in einer Welt globaler Verschwendung und Vernichtung knapper und begrenzter Ressourcen“ (2). Seiner Meinung nach werden gemäß der dem KMK-Rahmenlehrplan zugrundeliegenden Auffassung die Auszubildenden – und hier zitiert Kutscha einen Text des marxistisch argumentierenden Sprachtheoretikers Rossi-Landi aus 1972 – „zur Verausgabung (ihrer) sprachlichen Arbeitskraft gezwungen, und (ihnen) werden zwangsweise die Formen dieser Verausgabung gelehrt“ (3). In den Worten Kutschas: „Auszubildende werden in den Dienst genommen für die systematische Beherrschung der Regeln betrieblicher Kommunikationsstrategien zur Realisierung einzelwirtschaftlicher Interessen“ (3).

Demgegenüber ist s.E. ein „(k)ritisch-reflexiver Warenverkaufsunterricht … geboten, wenn Bildung keine Ware und Warenverkaufsunterricht auch als Bildung vorstellbar sein soll, statt sich auf Verkaufsstrategien und Techniken zum Erwerb von Warenkenntnissen als Elemente beruflicher Handlungskompetenz zu fokussieren“ (2). „Integraler Bestandteil des Berufsschulunterrichts“ müsse es sein, „ein kritisch-begreifendes Denken (zu) ermöglichen, das Distanz und Widerstand gegenüber den in fremdorganisierten Lernprozessen enthaltenen Beschränktheiten zulässt“ (5, Eigenzitat aus Kell/Kutscha 1977) und „Handlungskompetenzen auch für demokratische Formen des Protests und des Widerstands“ zu vermitteln (10). Diese Sicht untermauert Kutscha im Rekurs auf Argumentationen von Herwig Blankertz und Wolfgang Lempert, die beide einem so verstandenen „kritischen Bildungsbegriff“ das Wort geredet haben (v.a. 6-11).

Was soll man dazu sagen? Aus meiner Sicht ist zunächst zu konzedieren, dass die KMK-Rahmenlehrpläne für die Berufsschulen (und auch die Ausbildungsrahmenpläne für die betriebliche Lehre) unter mehreren Aspekten kritikwürdig erscheinen können. So mag man etwa das deskriptive sprachliche Gewand, in dem sie daherkommen, als inadäquat bemängeln, weil es sich bei ihnen ja um (Lehrziel-)Normen handelt, die gerade nicht wahrheitsfähig sind (s. auch 4). Zu ihnen kann man, worauf weiter unten nochmals zurück zu kommen sein wird, prinzipiell nur per Zustimmung oder Ablehnung (oder in dazwischenliegenden Nuancierungen) sinnvoll Stellung nehmen – eine unhintergehbar subjektive Angelegenheit. Auch dass seitens der KMK in den 1990er Jahren ohne jede vorauslaufende Erprobung diese Pläne einer folgenreichen Lernfeldstruktur unterworfen worden sind, kann man noch heute, vorsichtig gesagt, als bedauerlich empfinden.

Es ist aber in sich widersprüchlich, wenn man moniert, sie seien „leerformelhaft“ (1), und andererseits zugleich doch unterstellt, sie übten mit dem ihnen zugrunde liegenden Bildungs- und Kompetenzverständnis einen ganz spezifischen, inhaltlich bestimmten Zwang aus, nämlich den Auszubildenden eine „kritisch-reflexive“ Sicht auf ihre beruflichen Tätigkeiten vorzuenthalten und sie für die „Realisierung einzelwirtschaftlicher Interessen“, wie es heißt, „in Dienst zu nehmen“ (3). Wären sie „leerformelhaft“, so schlössen sie weder diese noch irgendeine andere Deutung aus, auch die von Günter Kutscha gewünschte nicht.

Unter dem sprachanalytischen Aspekt kommt hinzu, dass sich die Möglichkeit der kontrastierenden Entgegensetzung von „Bildung“ und „Handlungskompetenz“, die Kutschas gesamte Einlassung zur Voraussetzung hat, seinem idiosynkratischen Begriffsverständnis verdankt, dem eine einseitige Engführung des Kompetenzbegriffs zugrunde liegt. Sie reduziert dessen Bedeutung auf die Fähigkeit, „in marktadäquaten Austauschbeziehungen“ (Abstract, Abs. 2) gemäß kapitalistisch-ideologisch inspirierten betrieblichen Vorteilsinteressen (vgl. 3 und passim) erfolgreich zu agieren. Damit „bastelt“ er sich sozusagen eine Begrifflichkeit zurecht, die von der „disziplinspezifischen“ (Abstract, Abs. 1) – bei all ihrem Variantenreichtum – substanziell abweicht (vgl. z.B. Sloane 2005; Reinisch 2006; Achtenhagen 2007; Seeber 2008; Winther/Achtenhagen 2008; Kettschau 2012; Seeber/Schumann/Eberle 2015; Minnameier/Heinrichs/Kirschbaum 2016; Wuttke/Seeber/ Seifried 2019) [5] und die es allererst erlaubt, in der von ihm vorgetragenen Weise gegen die „distanzlose Allianz“ der Berufs- und Wirtschaftspädagogik „mit der Berufsbildungspolitik“ (4) zu polemisieren.

In der Sache jedoch ist es so, dass sich die Rahmenlehrpläne keineswegs auf die von Kutscha ohne Rücksicht auf den Kontext herausgepickte und „eigen-sinnig“ missinterpretierte „Handlungskompetenz“ beschränken. In dem von ihm als Exemplum herangezogenen Plan für den Einzelhandel [6] heißt es nämlich u.a., dass die Auszubildenden nicht nur „zur Erfüllung der Aufgaben im Beruf“ befähigt werden sollen, sondern auch „in sozialer und ökologischer Verantwortung“ „zur Mitgestaltung der Arbeitswelt und Gesellschaft“, weiterhin dazu, „bei der individuellen Lebensgestaltung und im öffentlichen Leben verantwortungsbewusst zu handeln“ (KMK 2016, 3) und „sich … sachgerecht, durchdacht und sozial verantwortlich zu verhalten“ (ebd., 4). In die ebenfalls geforderte „Personalkompetenz“ wird weiterhin auch „Kritikfähigkeit“ und die „selbstbestimmte Bindung an Werte“ eingeschlossen. Sogar die „gesamtgesellschaftliche Verantwortung des [ausbildenden; K.B.] Unternehmens“ (ebd., 8) wird zum obligaten Gegenstand des Räsonierens der Auszubildenden erhoben. Das alles klingt, um es etwas salopp zu sagen, eher nach einem „overkill“ in Sachen „Bildung und Mündigkeit“ (im Kutschaschen Sinne) als nach einer Abrichtung auf die „Erwerbsarbeit in der kapitalistischen Produktion“ (8, im Zitat von Dammer 2015). Warum also diese radikale Ablehnung?

Tatsächlich verbirgt sich hinter Kutschas Curriculum-Kritik ein weiteres Argument. Er unterstellt nämlich, dass es jedenfalls im betrieblichen Teil der Berufsausbildung aus Gründen des „einzelwirtschaftlichen Interesse(s)“ (3) bedauerlicherweise stets lediglich darum gehe, das zu erlernende „Handeln auf betriebsspezifische Ziele und Arbeitsprozesse auszurichten“ (5), dass die Schule jedoch dieses Bestreben nicht etwa kompensiere oder gar konterkariere, sondern unterstütze, obwohl es ihre Aufgabe sei, „kritisch-begreifendes Denken zu ermöglichen, das Distanz und Widerstand gegenüber den in fremdorganisierten Lernprozessen enthaltenen Beschränktheiten zulässt“ (5).

Man muss sich die Bedeutung dieser Rekonstruktion einer solchen Dualität klar vor Augen führen. Zwar scheint Kutscha anzuerkennen, dass „sich berufliches Handeln immer … im Kontext konkreter betrieblicher Anforderungen und Aufgaben (vollzieht)“ (5). Das müsste ihm jedoch konsequenterweise auch die Einsicht ermöglichen, dass Ausbildungsbetriebe gar nicht anders können, als Auszubildende in die Verfahren und Tätigkeiten einzuführen, die für das Bestehen des Unternehmens am Wettbewerbsmarkt erforderlich sind. Was sonst sollten sie auch tun?! Sollten sie etwa den Auszubildenden vermitteln, dass die von ihnen zu erwerbenden „Handlungskompetenzen“ als Verkaufstätigkeiten eigentlich inakzeptabel sind, weil sie fehlgeleitete Kundenwünsche zu erfüllen helfen? Sollen sie Käufern womöglich sogar vom Erwerb unnötiger Güter abraten, um so „globale Verschwendung und Vernichtung knapper und begrenzter Ressourcen“ (2) zu bekämpfen?

So konsequent möchte Günter Kutscha offenbar seine Kritik nicht zu Ende denken. Stattdessen nimmt er aber die Berufsschulen in die Pflicht (vgl. 4). Sie sollen im „(k)ritisch-reflexive(n) Warenverkaufsunterricht“ ihren Schülern „Distanz und Widerstand“ gegenüber den unter „Kapitalverwertungsdruck“ (Abstract, Abs. 1) entwickelten Verkaufsstrategien beibringen, damit sie sich nicht zwingen lassen, ihre Arbeitskraft in zwangsweise gelehrten Formen zu verausgaben (vgl. 3, im Anschluss an Rossi-Landi 1972).

Es ist gar nicht zu übersehen und man muss es so drastisch sagen, dass mit solch einem Konzept die Schülerinnen und Schüler der Einzelhandelsklassen (und ebenso der Klassen im Handwerk und in der Industrie; vgl. 5) in ein gravierendes Dilemma gestürzt werden, das sie nicht allein in einen desaströsen Loyalitätskonflikt zu ihren Ausbildungsbetrieben treibt, sondern letztlich sogar an der Legitimität des von ihnen gewählten Berufs (ver-)zweifeln lassen müsste: Berufsschule als institutioneller Gegenpart zum Ausbildungsbetrieb und die Auszubildenden „dazwischen“.

Dass Günter Kutscha in seiner ideologisch getriebenen Sicht einem solchen berufspädagogisch destruktiven und nachgerade widersinnigen Gedankenspiel auch nur in Ansätzen Raum gibt, ist umso unverständlicher, als er in seinen Arbeiten zur Einzelhandelsausbildung eine Fülle von – schon ohne emanzipatorische „Aufklärung“ drängenden – realen Problemen dieser jungen Menschen zutage gefördert hat, die ihnen bei der Bewältigung ihres Berufseinstiegs bereits genug zu schaffen machen. Es bedrücken sie Sorgen, weil sie noch über kein ausreichendes Wissen über die zum Verkauf angebotenen Produkte verfügen; sie haben Angst davor, Fehler zu machen, es geht für sie um mögliche Konflikte mit Vorgesetzten sowie um den Umgang mit schwierigen Kunden usw. (z.B. Kutscha/Besener/Debie 2012). Und dazu hat Kutscha damals ja selbst zusammen mit seinen Co-Autoren gesagt, in Anbetracht all dessen seien für die angehenden Einzelhändler „Misserfolgserlebnisse und Stressbelastungen in einer Phase vorprogrammiert, in der es eigentlich darum gehen sollte, Unsicherheiten abzubauen und die Auszubildenden zu stabilisieren“ (2012, 404).

Wie wahr! Und wie unverständlich seine Forderung, diese verunsicherten Berufsanfänger nun auch noch mit systemkritischen Distanzierungs- und Widerstandszumutungen zu belasten! Selbst sein emanzipatorischer Vordenker, Herwig Blankertz, der freilich mit dieser Äußerung ebenfalls in Selbstwidersprüche gerät (vgl. z.B. Blankertz 1968), hat angesichts seiner Begegnung mit der konkreten Praxis der Berufsausbildung im damaligen Kollegschulversuch Nordrhein-Westfalen zu der Einsicht gefunden, dass der Auszubildende „eine spezifische Berufsrolle antizipieren und sich mit ihr identifizieren (muss)“; denn „anders“, so fährt er fort, „würde keine Kompetenzentwicklung möglich sein“ (Blankertz 1983, 139 [7]).

Da kann man ihm nur zustimmen: Junge Menschen für einen Beruf auszubilden und ihnen zugleich klarzumachen, dass sie mit seiner Erlernung und Ausübung ein letztlich inhumanes kapitalistisches System stützen – ein System, das schon ihre Ausbildung durch funktionalistische Indienstnahme korrumpiert hat und das sie daher eigentlich bekämpfen sollten –, das ist zwar kein logischer, aber ein gravierender praktischer Widerspruch in sich, der das Potential hat, die Adressaten in endlose kognitive und erst recht in erdrückende emotionale Konflikte von identitätskritischer Qualität zu stürzen.

3 Irrungen (1): Berufsausbildung als Gesellschaftspolitik?

Angesichts der angesprochenen problematischen Folgen eines Auseinanderklaffens der Intentionen von Berufsschule und Ausbildungsbetrieb(en) dürfte es als plausibel erscheinen, wenn die Rahmenpläne fordern, dass diese beiden Instanzen an einem Strang ziehen, also „im Rahmen der dualen Berufsausbildung einen gemeinsamen Bildungsauftrag“ (KMK 2016, 3) erfüllen sollen. Günter Kutscha scheint diese Anforderung allerdings für einen „red herring“ (ein Ablenkungsmanöver), ein ständig „rezitiertes“ „Dogma“ (4) der KMK zu halten. Er weist darauf hin, dass Betriebe „marktwirtschaftlich agierende Unternehmen“ und „keine Bildungseinrichtungen“ sind, „sondern funktional an einzelwirtschaftlichen Erfolgs- und Überlebenskriterien … orientierte Sozialsysteme“ (ebd.). Als solche, so folgert er, sind sie weder bereit noch in der Lage, zusammen mit der Berufsschule einem „gemeinsamen Bildungsauftrag“ gerecht zu werden.[8]

Dagegen dürfte seine Einschätzung der Lage so lauten: Gegenwärtig agieren Berufsschule und Betriebe zwar insoweit nun doch „gemeinsam“, als sich die Berufsschule faktisch den Anforderungen der von den Betrieben arbeitsplatzdienlich interpretierten, „marktadäquaten“ „Handlungskompetenz als Surrogat für berufliche Bildung“ (Abstract, Abs. 1) in „«Unterwerfung unter die Wirtschaftsgesetze»“ (14; vgl. auch 6) gebeugt hat. Daher muss jetzt unter dem emanzipatorischen Aspekt diese „Gemeinsamkeit“ aufgebrochen werden, indem „sich die Berufsschule – mehr denn je – auf ihren eigenen (spezifischen) Bildungsauftrag besinn(t)“ (4). Und der besteht darin, die Schüler vom Zwang seitens der „herrschenden Klasse“ (Rossi-Landi 1972, 203) zum Erlernen von utilitären Formen der Verausgabung ihrer Arbeitskraft (vgl. 3), also von einem „handlungs- und marketingorientierten Unterricht“ (3) zu befreien.

Die Intention, die hinter einer solchen Forderung steht, entstammt einer Kritik der gegenwärtigen gesellschaftlichen Verhältnisse, die gekennzeichnet seien durch das Vorherrschen eines „ungebremsten Kapitalismus“ (10), in dem „die sozial-regulative Idee gesellschaftlichen Fortschritts untergraben wird“ (8) durch die „Gleichzeitigkeit von Hunger und Verschwendung, Verknappung natürlicher Ressourcen, Vermögenskonzentration und Finanzmarktkrisen, Diskrepanz zwischen arm und reich sozialer Gruppen“ (10) und durch die „Herrschaft des Verwertungsprinzips“, die „auf den weltgesellschaftlichen Ruin hinausläuft“ (8, zit. nach Euler 2015). Man wird m.E. Günter Kutscha keineswegs vorhalten können, dass diese Charakterisierungen völlig abwegig seien, auch wenn man ihrem apokalyptischen Duktus vielleicht nicht zustimmen mag. Gründe für eine kritische Sicht auf die „Welt-Lage“ gibt es wahrlich zu hauf!

Allerdings richtet sich die hier zu stellende dringliche (Rück-)Frage darauf, wie, um alles in der Welt, er und seine Gewährs- und Gefolgsleute auf den abwegigen Gedanken kommen konnten, eine Korrektur oder gar Revision dieser Verhältnisse sei auf dem Weg über die Beeinflussung der Auszubildenden in den Berufsschulen zu bewerkstelligen. Dass sie dies tatsächlich für möglich halten, zeigt sich etwa in den Überlegungen von Blankertz, „ob die Rationalisierung betrieblicher Arbeitsprozesse und gesellschaftlichen Lebens (im emanzipatorischen Sinne; K.B.) durch eine erweiterte Kontrollgewalt hantierender Menschen erreicht werden könne“ (7). Und bei Lempert wird dieser Gedanke sichtbar, wenn er moniert, dass im Politikunterricht der Berufsschulen „der gesellschaftliche Wandel in seinen technischen, ökonomischen und politischen Dimensionen fast immer unberührt bleibe“ (9).[9] Günter Kutscha schließt sich dem ausdrücklich an, wenn er betont, „Handlungskompetenz ohne das Potenzial der Kritik und der Bereitschaft zum Handeln … verfehle das Prinzip beruflicher Bildung“ (7).

So ‚verwegen‘ die Vorstellung ist, die nachwachsende Auszubildendengeneration zur Speerspitze einer gesellschaftsreformierenden Bewegung machen zu können, so pädagogisch unvertretbar (um das Mindeste zu sagen!) ist die Absicht, sie für das emanzipatorische Projekt einer tiefgreifenden Gesellschaftsreform zu instrumentalisieren. Es ist schwer, den Begriff „zynisch“ zu vermeiden, wenn diese jungen Menschen, wie es heißt, „für demokratische Formen des Protests und des Widerstands“ (10) nicht nur ‚handlungskompetent‘ (sic!) gemacht, sondern zugleich noch dazu angestiftet werden sollen, mit emanzipatorisch-egalitärem Impetus dieser „Kompetenz“ in ihren Ausbildungsbetrieben handelnd freien Lauf zu lassen (vgl. ebd.). Eingangs hatte Kutscha noch beklagt: „Auszubildende werden in Dienst genommen … zur Realisierung einzelwirtschaftlicher Interessen“ (3). Ist ihre ‚Ertüchtigung zur Torpedierung einzelwissenschaftlicher Interessen‘ etwa keine ‚Indienstnahme‘? Heiligt der wirtschafts- und gesellschaftspolitische Zweck solche berufserzieherischen Mittel?

Strategien der Gesellschaftsreform sind auf einer anderen Ebene zu verhandeln und zu realisieren als Ziele und Verfahren beruflicher Bildung (vgl. dazu auch bei Freedman 2007). Beide sozusagen in einem Atemzug synchronisieren zu wollen, individuelle Bildung und Gesellschaftsstruktur als direkte Ursache-Wirkungsbeziehung zu modellieren, ist Ausdruck einer fatalen Ebenenverwechslung und rechnet zu den „Irrungen“, die in der Überschrift zu diesem Abschnitt angekündigt worden sind.[10]

Die Hoffnung politisch bewegter Weltverbesserer, gesellschaftlichen Wandel qua (Berufs-) Erziehung herbeiführen zu können, ist freilich kennzeichnend für viele, historisch immer wieder gehegte, aber stets an der Realität gescheiterte pädagogische Utopien (Böhm 1975, 163; s. auch Brinkmann 1986, 204; Kemper 1990, 10-12; Böhm/Oelkers 1999; Oelkers 2005, 254-255; zum Scheitern der Utopie der ‚Frankfurter Soziologen‘ Jeffries 2019, 387 ff.), zu denen unter diesem Aspekt auch das Programm einer emanzipatorischen Erziehung zu rechnen ist. Diese Erfahrung könnte und sollte inzwischen auch die „zweite Generation“ ihrer Vertreter beim Blick auf die Resultate gemacht haben, die sie trotz der in den 1970er bis hinein in die 1990er Jahre von ihnen nahezu flächendeckend betriebenen, „kritisch“ infiltrierten Lehrerbildung erzielt hat.[11] Es ist eben eine genuin politische Angelegenheit, unerwünschte Strukturen einer gegebenen Gesellschaft zu verändern. Wer das will, sollte m.E. selbst versuchen, die für erforderlich gehaltenen Veränderungen auf den Weg zu bringen und nicht angesichts des eigenen Scheiterns Auszubildende mit diese Aufgabe belasten, die sich selbst gerade erst auf dem schwierigen Weg abmühen (müssen), zu vollgültigen Mitgliedern dieser Gesellschaft heranzuwachsen.[12]

4 Irrungen (2): Lehrerbildung als Medium der Beförderung einer emanzipatorischen Bildungsreform?

Dass die Dinge in Sachen Einzelhandelsausbildung während der zurückliegenden Jahre nicht im Sinne der emanzipatorisch gewünschten Richtung vorangekommen sind, hat aus Kutschas Sicht zwei Gründe. Zum ersten habe „das Hochschulstudium in Deutschland“ schon „seit Jahrzehnten“ „eine wissenschaftlich fundierte verkaufskundliche und warenwirtschaftliche Ausbildung für Lehrer und Lehrerinnen der Fachrichtung Wirtschaftswissenschaften“ „nicht mehr (vorgesehen)“ (2). Mit dafür verantwortlich sei der Einfluss von Friedrich Schlieper, seinerzeit Wirtschaftspädagoge an der Universität Köln, der quasi eine konzeptuelle Wende von der „warenkundlichen Ausrichtung des Unterrichts“ (2) zu einem „Marketingkonzept der Verkaufslehre“ (ebd.) initiiert habe.

Irritierend ist hier weniger, dass diese beiden Konzeptionen zu exkludierenden Alternativen hochstilisiert werden, was nur dann plausibel wäre, wenn man, wie offenbar Günter Kutscha, „Warenkunde“ als in seinem Sinne genuin „kritisch-reflexiv“ (ebd.) versteht und „Marketing“ dagegen als genuin „kapitalistischen Auswuchs“ (vgl. 11 und passim). Dass eine solche Entgegensetzung keinesfalls zwingend ist, liegt auf der Hand.

Viel irritierender ist jedoch die Unterstellung, dass die frühere Warenkunde als „wissenschaftlich fundiert“ gelten soll, die Marketingorientierung dieses Attribut aber nicht verdiene, obwohl sie doch offenbar ebenfalls als Resultat wissenschaftlicher Forschung ins Spiel gebracht worden ist, und dass am Ende nunmehr beide „auf der Grundlage politisch-ökonomischer und bio-ökonomischer Erkenntnisse“ (2) doch einer für die Didaktik des Verkaufskundeunterrichts „paradigmatischen Wende“ (ebd.; im Anschluss an Seifert 2013) zum Opfer fallen sollen. „Wissenschaftlich“ – und damit in der Lehrerbildung zu vermitteln – scheint demnach jeweils nur das zu sein, was sich dem emanzipatorischen Impetus gerade am besten fügt.

Zum zweiten aber, so beklagt es Kutscha, stellten sich den Lehrpersonen erhebliche Hindernisse in den Weg, wenn sie versuchen, den aktuellen Herausforderungen der kapitalistischen Wirtschaft „kritisch-konstruktiv“ zu begegnen, d.h. die Schülerinnen und Schüler auf eine wirtschafts- und gesellschaftskritische Haltung einzustimmen. Ironischerweise sind es nämlich nicht etwa die ausschließlich am Gewinn orientierten Betriebe, die diese Versuche von Lehrerinnen und Lehrern erschweren, sondern die „Schülerschaft“ selbst, die als „Opfer“ der „(Psycho-)Logik prüfungsrelevanten Lernens“ stattdessen erwartet, „die Berufsschule möge sie gezielt auf die Abschlussprüfungen vorbereiten“ (13). Hier, so Kutscha, sei die Berufs- und Wirtschaftspädagogik (als wissenschaftliche Disziplin) dazu aufgerufen, „die Organisation des Dualen Systems und die in diesem System geregelten Prüfungszuständigkeiten“ (ebd.) zu revidieren.

5 Irrungen (3): Berufs- und Wirtschaftspädagogik als Bildungspolitik?

Dafür und für all das weitere, was aus Sicht des emanzipatorischen Berufsbildungsverständnisses in der Berufsbildung als misslungen, als versäumt, als unterlassen, als fehlgesteuert und daher als veränderungsbedürftig erscheint, macht Günter Kutscha also insbesondere die Disziplin Berufs- und Wirtschaftspädagogik verantwortlich. Sie „drückt sich“, so seine Worte, „weitgehend um diesen Fragenkomplex herum und betrachtet die zunehmend digitalisierte Arbeitswelt … als normative Kraft des Faktischen“ (Abstract, Abs. 1). Sie entziehe sich des Weiteren „einer radikalen Neubesinnung ihrer «einheimischen» Begrifflichkeiten und Forschungsarbeiten“ und „konzentriere sich auf Theorie, Forschung und Praxis der Vermittlung und Aneignung beruflicher Handlungskompetenzen als Surrogat für berufliche Bildung“ (ebd.), ja, sie gehe „distanzlose Allianzen mit der Berufsbildungspolitik ein“ (4).

Diese Vorwürfe sind alles andere als négligeable.[13] Zwar mag man einer ausdrücklich als „Polemik“ etikettierten Kritik nachsehen, dass sie in der einen oder anderen Passage (weit) über das Ziel hinausschießt, um damit ihre Pointe umso deutlicher hervortreten zu lassen.[14] Und das ist Günter Kutscha im vorliegenden Text zweifellos bestens gelungen. Zugleich treten damit aber ebenso deutlich die „Irrungen“ hervor, in die seine Vorhaltungen sich verstricken. So geht er im weiteren davon aus, dass es Aufgabe der Berufs- und Wirtschaftspädagogik als einer wissenschaftlichen Disziplin sei, für die Realität der Berufsausbildungspraxis Verantwortung zu übernehmen und in ihre Gestaltung gemäß den von ihm und seinen Kombattanten für richtig gehaltenen Vorstellungen einzugreifen. Ja, sie müsse sich dem „«Strom des Zeitgeistes»“ und dem «grassierenden Wahnsystem unserer gegenwärtigen Wirtschaftsweise» … widersetzen“ (14).[15]

Einmal abgesehen davon, dass, was das gegenwärtige Wirtschaftssystem betrifft, die Reichweite möglicher Einflussnahmen unserer Disziplin nach Abzug einer unrealistischen Selbstüberschätzung gleich Null ist, wird man ebenfalls gut beraten sein, sich als Wissenschaftlerin und Wissenschaftler auch hinsichtlich berufsbildungspraktischer Gestaltungsaktivitäten tunlichst in Zurückhaltung zu üben. Immerhin bedarf es in demokratisch organisierten Gesellschaften[16] dafür immer noch einer legitimatorischen Basis – sie gehe direkt aus Wahlen oder indirekt aus einer, im demokratischen Verfahren beschlossenen, institutionell zugewiesenen Ermächtigung zu solchen Eingriffen hervor. Die Beanspruchung einer Berechtigung von Wissenschaft zu reformerischem Gestaltungshandeln, ohne das Risiko eines Legitimationsentzugs qua Amtsverlust eingehen zu wollen, hat eine fatale Nähe zur „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass!“-Strategie.

Selbstverständlich dürfen wir alle in unserer Rolle als Bürger unseres Gemeinwesens unsere Stimme für die Reform oder Erhaltung der Strukturen und Zielkonstellationen auch des Bildungswesens, im Besonderen des Berufsbildungswesens, erheben. Und dafür gibt es gewiss Gründe genug. Aber in unserer Rolle als Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fehlt dazu jegliche Legitimation: Wir sind dafür weder gewählt oder ermächtigt, noch können wir abgewählt werden!

Diese Rollentrennung ist essentiell und es ist missbräuchlich, der Öffentlichkeit zu suggerieren, wir hätten in Fragen der strukturellen und inhaltlichen Ausgestaltung der beruflichen Bildung qua Fachkompetenz ein demokratisches „Prä“ oder gar ein herausgehobenes Entscheidungs- und Bestimmungsrecht.[17] Zielvorgaben und Gestaltungshandlungen verdanken sich stets normativen Setzungen, die ihrerseits bekanntlich nicht wahrheitsfähig, sondern unhintergehbar subjektiver Natur sind und insoweit keinerlei wissenschaftliche Dignität aufweisen. Unser Spezialwissen zu den Gegebenheiten und den (kausalen) Zusammenhängen in der beruflichen Bildung können (und sollten) wir als Argumente dem politischen Diskurs zur Verfügung stellen. Ziele zu setzen und Maßnahmen zu implementieren fällt jedoch nicht in den Bereich dessen, wozu uns unsere wissenschaftliche Tätigkeit ermächtigt. In diesem Sinne schreibt auch Elmar Tenorth: „Natürlich können Bildungsstandards nicht von Wissenschaftlern mit folgenreicher Wirkung in die Welt gesetzt werden, sondern sie bedürfen der politischen Entscheidung und auch der Prozess ihrer Entstehung und der Implementation ist natürlich ohne politische Legitimation vollständig unmöglich. Wir arbeiten nicht an Wissenschaftsallmachtsphantasien ...“ (2003, 157).

Es ist demnach ein weiterer Irrtum, wenn Günter Kutscha der Auffassung ist, unsere Disziplin dürfe (und müsse) seinem Aufruf folgen (vgl. 14), die von ihm präferierten berufsbildungspolitischen und berufsbildungspraktischen Ziele ins Werk zu setzen. Damit verlangt er von deren Mitgliedern etwas, wofür sie ebenso wenig legitimiert sind wie er selbst, und was den demokratischen „Spielregeln“ unseres Gemeinwesens widerspricht.

6 Das Paradigma-Problem

Es ist gar nicht zu übersehen, dass zwischen Güter Kutschas Sicht und derjenigen, die dieser „Entgegnung“ zugrunde liegt, ein Graben verläuft, der die beiden hier im Spiel befindlichen Paradigmen, die Kritische Theorie der Frankfurter Schule und den Kritischen Rationalismus, voneinander trennt. Und diese Trennung ist – entgegen vergeblichen Harmonisierungsversuchen, wie sie etwa schon von Klafki (1976) oder von Zabeck (1978) und in weiteren berufs- und wirtschaftspädagogischen Quellen oftmals unternommen oder gar als gelungen unterstellt werden (s.o. Abschn. 1) – fundamental und ohne gravierende Inkonsistenzen nicht zu überwinden. Das liegt, ohne dass dies hier näher ausgeführt werden könnte (vgl. dazu für die Berufs- und Wirtschaftspädagogik Beck 1982; 2003), an den inkommensurablen Voraussetzungen, insbesondere den unvereinbaren Menschen- und Gesellschaftsbildern, auf denen diese beiden Sichtweisen (und – mit jeweils eigenen anderen konzeptionellen Grundlagen – weitere Paradigmen, wie etwa die einer marxistischen oder einer geisteswissenschaftlichen Pädagogik zugrunde liegenden) aufbauen. Aus ihnen resultiert ein je unterschiedliches Wissenschaftsverständnis, das mit Blick auf die emanzipatorische Pädagogik bildungspolitische Stellungnahmen und bildungspraktische Interventionen einschließt, während eine kritisch-rational verfasste Berufs- und Wirtschaftspädagogik sich u.a. am Wertfreiheitsprinzip orientiert[18], sich also der Aufstellung von Geltung und Befolgung beanspruchenden Forderungen und der versuchten Eingriffe in die Praxis der Berufsbildung und in die für diese zuständige Politik enthält.

Das schließt selbstverständlich nicht aus, dass man auf einer kritisch-rationalen Basis politisch erhobene Ansprüche oder Behauptungen auf ihre Realisierung bzw. ihre Realisierbarkeit oder ihre empirische Geltung hin untersucht und dazu wissenschaftlich begründete, d.h. prüfbar wahrheitsfähige Aussagen trifft, ob sie eingelöst bzw. unter geeigneten Bedingungen einlösbar sind oder als vorläufig gültig gelten dürfen. Insofern könnte man u.U. die eine oder andere der von Günter Kutscha getroffenen Feststellungen und erhobenen Vorwürfe daraufhin prüfen, ob sie (deskriptiv) zutreffen oder nicht – dies allerdings nur in einer rational rekonstruierten und prüfbar operationalisierten Variante, die emanzipatorisch inspirierten, emotions- und wertbeladenen begrifflichen Konnotationen und Intentionen kaum gerecht werden dürfte. Das liegt an der unhintergehbar fundamentalen, emanzipatorisch aufgeladenen Vermengung von Sachverhalts- bzw. Prozessbeschreibungen mit ihrer politischen Deutung unter dem Aspekt, ob sie für die Herbeiführung des Reformziels, der egalitären Gesellschaft, nützlich sind oder nicht. Epistemisch gewendet und in den Worten von Habermas: „In der Selbstreflexion gelangt eine Erkenntnis um der Erkenntnis willen mit dem Interesse an Mündigkeit zur Deckung; denn der Vollzug der Reflexion weiß sich als Bewegung der Emanzipation. Vernunft steht zugleich unter dem Interesse an Vernunft. Wir können sagen, daß sie einem emanzipatorischen Interesse folgt, das auf den Vollzug der Reflexion als solchen zielt“ (1994, 244).

In der so verstandenen Einheit von Erkenntnis und Interesse übernimmt das emanzipatorische Interesse die Kontrolle über das, was es als Erkenntnis zu gewinnen und anzuerkennen gilt. Und dieses notwendig subjektive Interesse besteht an der Herbeiführung einer „Gesellschaft der Freien und Gleichen“, ein Projekt, zu dem die Emanzipatorische Pädagogik ihren Beitrag leisten möchte. Ihre sogenannte „Bildungstheorie“ beruht denn auch nicht etwa auf Hypothesen über den (kausalen) Zusammenhang von pädagogischen Interventionen und ihren Effekten, sondern besteht aus normativen Bestimmungen zur Herbeiführung einer gelungenen „Gesellschaft ohne Status und Übervorteilung“ (Adorno 1956/2012) mit den Mitteln einer politisch-ökonomisch reflektierten, emanzipatorisch angeleiteten (Berufs-)Bildung (vgl. Bruchhäuser 2010, 41). Günter Kutschas Vorwurf an die Adresse der gegenwärtigen Berufs- und Wirtschaftspädagogik, sie gehe „distanzlose Allianzen mit der Berufsbildungspolitik ein“ (4), wendet sich damit jedoch gegen ihn selbst: Emanzipatorische „Berufsbildungstheorie“ ist nämlich nichts anderes als Ausdruck einer nicht nur distanzfreien, sondern vielmehr ideologisch motivierten Allianz, die pädagogische Anhänger der „Kritischen Theorie der Frankfurter Schule“ mit deren gesellschaftspolitischen Vorstellungen von allem Anfang an eingegangen sind.

Literatur

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[1] Chancengleichheit bedeutet genau genommen, d.h. wenn alle die gleiche Chance haben, Chancenlosigkeit!

[2] „Privilegiert“ bedeutet „bevorzugt“, „bevorrechtigt“. Demnach wäre „unterprivilegiert“ etwa gleichbedeutend mit „weniger als privilegiert“ oder „nicht privilegiert“, was aber nicht gleichbedeutend ist mit „benachteiligt“, sondern eher mit „weder bevorzugt noch benachteiligt“. „Unterprivilegiert“ ist ursprünglich ein emanzipatorischer Kampfbegriff, der sich gegen die „illegitim Privilegierten“, die „Herrschenden“, richten soll.

[3] Seitenangaben beziehen sich auf Kutscha (2019).

[4] Günter Kutscha und ich haben im Vorfeld dieser Publikation seinen Text, teils auch unter Einbezug von Adolf Kell, im direkten Dialog andiskutiert und sind dabei übereingekommen, unseren Diskurs, wenn möglich, öffentlich zu machen, weil er auf das Interesse unserer Fachgenossinnen und Fachgenossen stoßen könnte. – Der „vorliegende Text (sollte) auch als Beitrag zu einer Streitkultur unserer Disziplin gelesen werden, deren Pflege sich empfiehlt, weil sie wichtige Einsichten verheißt, die anders nicht zu gewinnen sind.“ Das schreibt Wolfgang Lempert (2006, 131) am Ende einer Auseinandersetzung mit Jürgen Zabeck. So wenig ich in den dort und hier verhandelten inhaltlichen Sichtweisen Lemperts folgen mag, so sehr stimme ich mit ihm in seinem Monitum zur Form des fachlichen Diskurs überein!

[5] Für das Begriffsverständnis in der allgemeinbildenden Pädagogik vgl. z.B. Tenorth (2003, 160), der sogar „Kompetenz als Bildung“ begreifen möchte – eine Gleichsetzung, der man m.E. schon unter dem Aspekt des Sparsamkeitsprinzips nicht zustimmen sollte (Ockham lässt grüßen …).

[6] Und es sei hier als prüfungsbedürftig offengelassen, ob Kutschas umstandslose Generalisierung seiner Analyse auf alle Curricula für die Berufsausbildung zulässig ist.

[7] Zwar argumentiert Blankertz an der angegebenen Stelle so weiter: „(Z)ugleich aber muss er auch immer wieder vom Berufsrollenverständnis absehen und die Perspektive von Wissenschaftspropädeutik und Studienbezug annehmen“. Damit meint er jedoch nicht, wie Kutscha, eine Distanzierung gegenüber der „kapitalbasierten Maschinerie und des darauf fixierten Wertesystems“ (Abstract, Abs. 1) der Gegenwartsgesellschaft, sondern vielmehr, dass im doppeltqualifizierenden Ausbildungsgang, der im damaligen Modellversuch erprobt werden sollte, die Auszubildenden zugleich auf die Aufnahme eines Studiums vorbereitet werden sollten.

[8] Irritierenderweise fügt er hier gleich an, dass „soziales Handeln in Betrieben bislang immer auch eine unverzichtbare Voraussetzung für ökonomischen Erfolg“ (ebd.) gewesen sei. Ob er mit dieser Bemerkung andeuten möchte, dass früher der gemeinsame Bildungsauftrag qua sozialem Handeln doch habe (oder hätte) erfüllt werden können, lässt er offen.

[9]     Ich beschränke mich hier auf das Zitat jener Blankertz- und Lempert-Verweise, die Kutscha selbst für seine Argumentation heranzieht. Im Œuvre dieser beiden Autoren finden sich viele weitere explizite Passagen zu dieser Sichtweise.

[10]   Die Verwendung der Begriffe „Irrungen, Wirrungen“ greift den Titel des gleichnamigen Romans von Theodor Fontane auf, in dem es ebenfalls um eine „Ebenenverwechslung“ geht, freilich dort im Sinne des Standesunterschieds zwischen einem Adligen und einer Bürgerstochter.

[11]   Das gilt sogar, obwohl sich an diesem „Marsch durch die Institutionen“ (Rudi Dutschke) nicht nur die Lehrerinnen und Lehrer, sondern auch weitere Gruppen von Absolventen sozialwissenschaftlicher Studiengänge, wie z.B. Juristen und Soziologen, beteiligt haben. Trotz des offenkundigen Misserfolgs der seinerzeitigen Einflussnahme auf die Lehrerbildung, zumindest was den beruflichen Bereich betrifft, wird Günter Kutscha nicht müde, seine Forderung nach einer am emanzipatorischen Konzept orientierten Lehrerausbildung bis heute zu wiederholen (2).

[12]   Nirgendwo ist in den einschlägigen emanzipatorisch inspirierten Texten die Rede davon, dass man sie in der Berufsausbildung sozusagen nur mit Vorratskompetenzen zur Systemveränderung ausstatten wolle, von denen sie erst dann Gebrauch machen sollen, wenn sie selbst erfolgreiche Berufsinhaber geworden sind.

[13]   In ihrer Pauschalität sind sie freilich ohnehin unzutreffend, weil sie zum einen selbstwidersprüchlich die universitären Vertreter der emanzipatorischen Richtung mit einschließen und weil sie zum anderen den gesamten „Rest“ der Disziplin unterschiedslos anprangern – angesichts der breiten Varianz der vorfindlichen wissenschaftlichen Ansätze und der unter ihnen bearbeiteten Fragestellungen ein höchst undifferenziertes Urteil.

[14]   Vgl. Kutschas entsprechende salvatorische Klausel auf Seite 14.

[15]   In diesem Sinne schreibt Adolf Kell am 15.08.2019 in einer Mail an Günter Kutscha und mich: „Wenn wir forschen, uns an Modellversuchen beteiligen und sie wissenschaftlich begleiten, handeln wir politisch: wir wollen dazu beitragen, dass das Berufsbildungssystem als Umwelt so verändert wird, dass personale Entwicklungsprozesse in Richtung auf das Ziel Bildung/Mündigkeit durch pädagogisches Handeln ermöglicht werden kann.“

[16]   Und dass diese Rahmenbedingung gelten soll, wird im Text mehrfach bekräftigt (11 und passim).

[17]   Nur in unserer Rolle als Lehrende an einer Hochschule sind wir dazu legitimiert, Studiencurricula und -strukturen (mit) zu gestalten, nicht jedoch darüber hinaus.

[18]   Zumindest in der „schwachen“ Variante, die eine klare Trennung von einerseits intersubjektiv prüfbaren deskriptiven, also „wissenschaftlichen“, und andererseits subjektiv zustimmungsbedürftigen, also persönlichen und insofern „nicht-wissenschaftlichen“ Aussagen verlangt (vgl. z.B. Keuth 1989).

Zitieren des Beitrags

Beck, K. (2019): Irrungen und Wirrungen im „Abseits politisch-ökonomischer Reflexion“. Eine nicht ganz unpolemische und zugleich de(kon)struktive Entgegnung auf Günter Kutschas „Polemik in konstruktiver Absicht“. In: bwp@ Berufs- und Wirtschaftspädagogik – online, Ausgabe 35, 1-15. Online: http://www.bwpat.de/ausgabe35/beck_entgegnung-kutscha_bwpat35.pdf (06.12.2019).

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