bwp@ 26 - Juni 2014

Berufliche Bildung aus der Perspektive des lernenden Subjekts

Hrsg.: Tade Tramm, Martin Fischer & Nicole Naeve-Stoß

Wie wird man prekäre*r Lohnarbeiter*in? Verändertes Selbstverständnis Jugendlicher in beruflichen Bildungsangeboten

Beitrag von Marcus Eckelt & Guido Schmidt
bwp@-Format: Forschungsbeiträge

Schulische Berufsorientierung, schwierige Übergänge und berufliche Ausbildung bereiten benachteiligte Jugendliche auf eine Existenz als prekäre*r Lohnarbeiter*in vor. Explorativ werden die Wahrnehmung und Interpretation beruflicher Bildungsangebote rekonstruiert. Jährlich beginnt eine Million Jugendliche eine duale bzw. vollschulische Ausbildung oder eine Maßnahme des sogenannten Übergangssystems. Ein Teil der Jugendlichen wird aufgrund der sozialen Herkunft benachteiligt. Bei den sich daraus ergebenden schwierigen Übergängen geben die Jugendlichen schrittweise Ansprüche an die Arbeitswelt auf. Sie wünschen am Ende überhaupt (irgend)eine Ausbildungsstelle zu finden, seien die Bedingungen auch prekär.

Die soziologische Diskussion der Prekarität erwachsener Arbeitnehmer*innen wird dargestellt und mit der Situation der Jugendlichen verglichen: Es finden sich vergleichbare Prozesse wie Fokussierung auf das eigene Durchkommen, Abgrenzung nach unten und adressatenlose Kritik.

Die Probleme auf dem Ausbildungsmarkt entstehen durch gesellschaftliche Prozesse, die durch die Berufsbildung nicht beeinflussbar sind. Gleichzeitig wird die individuelle Verantwortung für das Scheitern bei der Ausbildungsplatzsuche den Jugendlichen zugeschrieben, die diese Perspektive übernehmen. Solche Widersprüche beeinträchtigen die Wahrnehmung beruflicher Bildungsangebote durch Jugendliche und können pädagogische Bemühungen zur Förderung von Mündigkeit konterkarieren.

Datengrundlage sind Fallanalysen aus einem abgeschlossenen Forschungsprojekt zur schulischen Berufsorientierung sowie qualitative Interviews eines laufenden Dissertationsprojekts zur beruflichen Integration Jugendlicher aus dem sogenannten Übergangssystem.

How does one become a precarious casual worker? The changed self-understanding of young people of vocational educational provision

English Abstract

School-based vocational orientation, difficult transitions and vocational training prepare disadvantaged young people for an existence as precarious casual workers. In an exploratory approach, the perception and interpretation of vocational educational provision is reconstructed. Annually a million young people begin a dual training or a school-based training or a training measure in the so-called transition system. A proportion of these young people are disadvantaged because of their social background. In the course of the ensuing difficult transitions the young people give up, step by step, their demands of the working world. In the end they wish to find any training position at all, even if the conditions are precarious.

The sociological discussion of the precarious situation of adult workers is presented and compared with the situation of the young people – there are comparable processes such as the focusing on getting by, downward differentiation and unspecified criticism.

The problems in the labour market are created through social processes which are cannot be influenced by vocational education and training. At the same time, the individual responsibility for failure to find a training place is placed with the young people, who then take on this view. Such contradictions compromise young people’s perception of vocational educational provision and can counteract pedagogical efforts to promote maturity.

The data used are case study analyses from a completed research project on school-based vocational orientation as well as qualitative interviews from an on-going doctoral project on the vocational integration of young people from the so-called transition system.

1 Wie wird man prekäre*r Lohnarbeiter*in?

„Ich dacht‘ mir so: Ich verdien‘ später schon so meine – wenn ich im Beruf ausgelernt habe und denn halt anfange zu arbeiten – verdiene ich schon meine zweitausend Euro netto so. […] Aber das war viel zu hoch. Die meinten: ‚Nee, du verdienst eins- bis einszwei!‘ […] Also, wo ich mir denke heute: Hey, es kommt heut‘ auf jeden Cent an, warum nicht. Da kann ich jetzt nicht sagen/kann ich jetzt nicht rummeckern irgendwie: Ja, ‘nee, ist zu wenig Geld oder so was. Also auf jeden Fall: Muss auf jeden Fall schon zufrieden sein, wenn man überhaupt ein‘ Beruf hat, wo man halt wirklich fest angestellt ist und sein Geld bekommt.“ (Bastian, 19 Jahre, Auszubildender erstes Ausbildungsjahr Fachkraft für Lagerlogistik)

Bastian hat während des Übergangs von der Schule in die Arbeitswelt gelernt, dass ein Nettoeinkommen von 2.000 € für ihn nicht erreichbar ist. Heute wäre er schon zufrieden, nach seiner Ausbildung fest angestellt zu werden. Ein Einkommen knapp oberhalb der Armutsgefährdungsgrenze – 2013 als Single 980 € (vgl. Baumann/Seils 2014, 7) – wäre für jemanden in seiner Lage ein persönlicher Erfolg. Bastian ist in schwierigen ökonomischen und materiellen Verhältnissen aufgewachsen. Ihn ängstigt, als Erwachsener dauerhaft von Sozialtransfers leben zu müssen. Nach der zehnten Klasse hatte er noch andere Pläne: Er besuchte eine schulische Maßnahme des sogenannten Übergangssystems, um seine Schulnoten zu verbessern und danach das Fachabitur zu machen. Er brach die Schule ab und wechselte in eine vollschulische Ausbildung zum Bürokaufmann, die er nicht abschloss. Heute erklärt er diese Abbrüche damit, dass ihm die Freizeitgestaltung mit seinen Freunden wichtiger war. Als dann seine Freunde eine Ausbildung gefunden hatten, befürchtete er, als einziger ausbildungslos zu bleiben. Er bewarb sich für verschiedene Ausbildungsberufe. Neben vielen Absagen bekam er eine Einladung zum Vorstellungsgespräch. Als ihm diese Ausbildungsstelle nach einem Probepraktikum angeboten wurde, ergriff er seine Chance. Wenn Bastian von seiner Bildungsbiographie spricht, wirkt er älter als er mit neunzehn Jahren ist: Er berichtet distanziert von Fehlern, die er gemacht habe und übernimmt dafür die volle Verantwortung. Heute sei es ihm wichtig, unbedingt die Ausbildung zu beenden und nicht erneut abzubrechen.

Dieser Wandel der Erwartungen und des Selbstbildes durch den Übergang von Schule zu Beruf ist das zentrale Ergebnis unserer Sekundäranalyse von vier narrativen Interviews mit Berliner Jugendlichen. Diese Interviews stammen aus zwei Forschungsprojekten: In einem im Jahr 2010 abgeschlossenen Forschungsprojekt wurden zehn Schüler*innen der 8./9. Klasse in einem neu entwickelten Berufsorientierungspraktikum interviewt. Dabei wurde der Frage nachgegangen, wie die Berufserkundung und die duale Ausbildung für Jugendliche mit Migrationshintergrund gestaltet werden müssten, damit sie als attraktive Möglichkeit wahrgenommen wird (vgl. Lehmkuhl/Eckelt/Schöler 2011). In dem zweiten, noch laufenden Forschungsprojekt werden Auszubildende interviewt, die zuvor mindestens ein Bildungsangebot des sogenannten Übergangssystems besucht haben. Hier wird der Frage nachgegangen, inwieweit die brüchige Zeit des Übergangs in der anschließenden Ausbildung nachwirkt. Beide Forschungsprojekte haben den Anspruch, diejenigen zu Wort kommen zu lassen, denen in der Gesellschaft wenig Gehör geschenkt wird; denn allein die Jugendlichen können über ihr Erleben der sozialen Realität in beruflicher Orientierung bzw. Ausbildung berichten.

Dieser Subjektperspektive nachzuspüren und das täglich Erlebte ernst zu nehmen, bildet unseren Anspruch an die Methodologie: Angelehnt an das Verstehende Interview, wie es Pierre Bourdieu (1997) und Jean-Claude Kaufmann (1999) methodologisch und theoretisch ausgearbeitet haben, führten wir ein- bis eineinhalbstündige narrative Einzelinterviews. Die Datengrundlage dieses Artikels bilden vier der transkribierten Interviews, die erneut sequenziell analysiert wurden. Dabei wurden subjektive Deutungen des Übergangs in Ausbildung und des Erlebens der Arbeitswelt rekonstruiert und durch Fallvergleich in verschiedene thematische Komplexe integriert. Diese thematischen Komplexe werden in der Darstellung mit sozio-strukturellen Daten verknüpft.

Die Jugendlichen zählen zu sogenannten Problemgruppen, die auf dem Ausbildungsstellen- und Arbeitsmarkt benachteiligt werden. Sie werden strukturell in prekäre Lebenslagen gedrängt. Aber wie gehen die Betroffenen mit diesem strukturellen Druck um? Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Jugendlichen während des Übergangs von der Schule in die Arbeitswelt eine Arbeiter*innen-Identität annehmen, zu der die eigene Prekarität gehört. Wir ordnen diese Funktionsdynamik des Übergangs in berufliche Ausbildung in die aktuelle soziologische Diskussion über Prekarisierung und die Wiederentdeckung der Klassenfrage ein. Aus dieser Perspektive erscheint die Praxis des Übergangs als gesellschaftlich funktionale Reproduktion eines prekarisierten Teils der Arbeiter*innenklasse.

1.1 Familiäre Herkunft

„Ich meine, als ich noch jung war, hat mein Vater oft Bewerbungen geschrieben. Des kann ich noch gut erinnern. […] Und mein Vater hat eben zwei, drei Jahre nicht gearbeitet. Des kann ich noch gut erinnern. […] Da war ich so sieben, acht Jahre alt.“ (Mohammed, 15 Jahre, Schüler einer neunten Klasse an einer Gemeinschaftsschule)

Die interviewten Jugendlichen haben in der Familie Arbeitslosigkeit und Abhängigkeit von Sozialhilfe erlebt oder kennen sie aus ihrem sozialen Umfeld. Sie berichten von materiellen Einschränkungen und komplizierten Familienverhältnissen (bspw. alleinerziehende Mutter wegen Todesfall) in ihrer Kindheit und Jugend. Häufig haben die Eltern keine Ausbildung. Sofern sie arbeiten, üben sie an- oder ungelernte, schlecht bezahlte Tätigkeiten aus. Die Abhängigkeit von Sozialtransfers empfinden die Jugendlichen als erniedrigend und möchten sie in ihrer eigenen Berufsbiographie vermeiden. Die Jugendlichen erleben ihre Situation nicht als relativ normal und benennen deutlich den absoluten Mangel, den sie erlebt haben bzw. erleben. Sie wachsen in einem Milieu auf, in dem die Konzentration der Armut noch höher ist, da sich verschiedene Einkommenslagen innerhalb Berlins wiederum in unterschiedlichen Wohnvierteln konzentrieren.

Die Familien der befragten Jugendlichen weisen Merkmale auf, die zu einem statistisch erhöhten Risiko führen, SGB-II-Leistungen beziehen zu müssen (vgl. Lietzmann/Tophoven/Wenzig 2011). Sie gehören damit zum armen oder zumindest von Armut bedrohten Bevölkerungsteil. In Deutschland sind 18,9 % der Kinder und Jugendlichen von Armut betroffen. Dieser Anteil liegt über der Armutsquote der Durchschnittsbevölkerung von 15,2 %. In Großstädten und ostdeutschen Flächenländer liegt die Armutsquote deutlich über dem nationalen Durchschnitt; in Berlin ist mehr als jedes vierte (2012: 26,9 %) Kind oder Jugendlicher von Armut betroffen (vgl. Baumann/Seils 2014; Paritätischer Gesamtverband 2013). Diesen Berechnungen liegt das EU-Konzept der Armutsgefährdung zugrunde: Diese liegt vor, wenn ein Haushalt weniger als 60 % des nationalen Medianeinkommens zur Verfügung hat (vgl. destatis 2014). Untersuchungen zu den Auswirkungen von relativer Armut zeigen, dass sie zu absolutem Mangel führt: Das gesundheitliche Wohlbefinden armer Kinder und Jugendlicher ist gefährdet (sie klagen häufiger über Kopf- und Bauchschmerzen), die soziale Teilhabe (Freizeitgestaltung mit Gleichaltrigen oder Vereinsmitgliedschaft) ist eingeschränkt, unerwartete Ausgaben führen zu finanziellen Notlagen, bestimmte Konsumgüter und neue Kleidung fehlen und die Betroffenen leben in beengten Wohnverhältnissen, die individuelle Spiel- und Entfaltungsmöglichkeit sind einschränkt (vgl. Baumann/Seils 2014, 11; Butterwegge/Klundt/Belke-Zeng 2008, 236ff., 285ff.).

Das Klischee der bildungsfernen Eltern, die keinen Wert auf die Bildung ihre Kinder legen, bestätigt sich nicht: Die Eltern der befragten Jugendlichen raten diesen, möglichst weiter zur Schule zu gehen und einen höheren Abschluss zu erwerben. Allerdings bleibt diese Empfehlung sehr allgemein. Die Eltern scheinen wenige Möglichkeiten zu kennen bzw. zu haben, ihre Kinder dabei konkret zu unterstützen; ihnen fehlen beispielsweise persönliche Kontakte zu betrieblichen Gatekeepern. Obwohl die Eltern als Ratgeber weiterhin wichtig sind, orientieren sich die Jugendlichen bei der Suche nach Ausbildungs- und Praktikumsstellen an anderen Bezugspersonen: Geschwistern, Verwandten, Freunden und Lehrkräften.

Der Rat der Eltern, mehr Bildung zu erwerben und so die individuellen Aufstiegschancen zu verbessern, findet seine Entsprechung im offiziellen politischen Diskurs. So propagiert die Bundesregierung den „Aufstieg durch Bildung“ und „Bildung für alle“ (vgl. Bundesregierung 2008). Die prinzipielle Bildungsaspiration der Bildungsfernen, die durch Bildungserwerb ihren Status oder den ihrer Kinder verbessern wollen, führt allerdings im Rahmen eines allgemein steigenden Bildungsniveaus zum Dilemma: Die zunehmende Entwertung der Zertifikate führt dazu, dass der relative Abstand zwischen gesellschaftlichen Gruppen selbst bei erfolgreichem Bildungserwerb wächst, worauf Pierre Bourdieu schon früh verwies (vgl. Bourdieu/Passeron 1971).

1.2 Schulische Berufsorientierung

„Ich bin dann zur Hauptschule gewechselt. Aber wie gesagt: Im Nachhinein war es dann eine gute Entscheidung […] Da haben wir ein paar Sachen gelernt: mit Kunden umzugehen, das System kennenzulernen, die Ordnung, wie man jetzt – sag‘ ich mal – überhaupt einen Laden führt. […] War halt nicht schlecht. Ist man schon mal ein bisschen ins Arbeitsleben eingetaucht. Durch die acht – acht waren das glaube ich – Projekte konnte man sich schon mal ein bisschen darauf fixieren, spezialisieren, was man dann später so machen will.“ (Manuel, 21 Jahre, Auszubildender erstes Ausbildungsjahr Fachkraft für Lagerlogistik)

Nach dem Ende der Grundschule wechselten die interviewten Jugendlichen auf Sekundarschulen – Haupt-, Real- oder Gemeinschaftsschulen. Die Schulzeit beschreiben die Jugendlichen positiv. Die explizite Berufsorientierung ab der achten Klasse durch Praktika, Bewerbungstrainings, Berufsfeldsimulationen, Job-Messen und teilweise individuelle Berufseinstiegsbegleiter schildern sie detailliert. Die Lehrer*innen sind aus Sicht der Jugendlichen engagiert und hilfreich. Im Gegensatz dazu wird die Beratung durch die Bundesagentur für Arbeit (BA) negativ wahrgenommen. Insbesondere die Papierberge, die die Datenbank des Berufsinformationszentrums produziert, schrecken die Jugendlichen ab.

Die Jugendlichen teilen die Bildungsaspiration ihrer Eltern und wollen den bestmöglichen Schulabschluss erreichen. Das Abschlusszeugnis der zehnten Klasse und der MSA (Mittlerer Schulabschluss: Zentrale Abschlussprüfung in Berlin) werden als Weichenstellung für die weitere Bildungslaufbahn wahrgenommen. Berufliche Ausbildungen werden gewählt, wenn ausreichend gute Noten für das (Fach-)Abitur fehlen. Fatima (eine Schülerin, die optimistisch ist, das Abitur zu schaffen) erklärt, dass es in Berlin mit Ausbildung fast unmöglich sei, eine Arbeit zu finden. Sie stützt diese Ansicht auf die Erfahrung mehrerer Bekannter, die nach der Ausbildung zur Medizinischen Fachkraft arbeitslos wurden. Der Wunsch, einen möglichst hohen Schulabschluss zu erreichen, hängt eng mit den angenommenen besseren Arbeitsmarktchancen zusammen – die konkreten Arbeitsinhalte des Ausbildungsberufs werden dagegen nicht abgewertet.

Allerdings erzeugt die Schule aus Sicht der Jugendlichen ein illusorisches Bild der Arbeitswelt. Sie betonen den Gegensatz von Schule und echter (Arbeits-)Welt, worauf Manuels Zitat verweist: „Ist man schon mal ein bisschen ins Arbeitsleben eingetaucht […] konnte man sich schon mal ein bisschen darauf fixieren, spezialisieren, was man dann später so machen will.“ Letztlich wissen Schüler*innen nur wenig über die Arbeitswelt. Im Zentrum des vermittelten Berufswahlkonzepts stehen Arbeitstugenden wie Pünktlichkeit, Selbstpräsentation, Motivation, Fleiß und Durchhaltevermögen. Die Verantwortung für eine erfolgreiche Ausbildungsplatzsuche wird an die Charaktereigenschaften der Bewerber*innen gebunden – diese Perspektive übernehmen die Jugendlichen. Durchgängig schreiben sich die Jugendlichen selbst negativ zu, die Angebote der Berufsorientierung zu wenig oder nicht ernsthaft genug genutzt zu haben. Die materielle Seite der Arbeitswelt, also Verdienstmöglichkeiten, Gesundheitsbelastungen und Statusunterschiede, werden bei der schulischen Berufsorientierung nicht diskutiert. Die Schüler*innen Mohammed und Fatima weisen die Einkommenshöhe als Kriterium der Berufswahl entweder ganz zurück oder äußern unrealistisch niedrige Einkommenserwartungen: „Also 400 möchte ich im Monat nach der Ausbildung schon machen.“ (Mohammed) Arbeit wird stattdessen als Möglichkeit präsentiert, etwas Sinnvolles zu tun und Menschen zu helfen.

Bei der schulischen Berufsorientierung nehmen die Jugendlichen gender-typische Zuschreibungen von Berufsinteressen durch die Gruppendynamik im Klassenverband an: Manuel sah sich unter Druck, den KfZ-Bereich zu erkunden, weil das alle Jungen in seiner Klasse wollten. Fatima, die sich deutlich von typischen Frauenberufen (Kosmetik, Friseurhandwerk) abgrenzt, wählt bei der Berufsfelderkundung genau diese Bereiche, um gemeinsam mit ihren Freundinnen an den Angeboten teilzunehmen. Unterstützt wird diese Dynamik durch die Lehrkräfte, die die Klasse nach Geschlecht aufteilen, um über jeweils passende Berufsfelder zu sprechen. Pädagogisch wird das damit begründet, dass Mädchen in einem geschützten Raum offener über ihre Wünsche sprechen können.

Gesellschaftlich verankerte Genderkonzepte haben zur Folge, dass mit der Berufswahl die soziale Integration in die eigene Geschlechtergruppe verbunden wird und ein Beruf „den allgemeinen Vorstellungen von ‚weiblich‘ oder ‚männlich‘ entsprechen oder zumindest diesen nicht widersprechen“ (Puhlmann 2005, 10) sollte. So unterscheiden sich die Berufswünsche von Jungen und Mädchen: Jungen bevorzugen gewerblich-technische Berufe, Mädchen präferieren hingegen Dienstleistungsberufe. Dem entspricht die seit den 1980er Jahren stabile Geschlechtersegregation in den Ausbildungsberufen des dualen Systems (vgl. BIBB 2012).

Die Erfahrungen, die Schüler*innen in der Berufsorientierung sammeln, hängen von der Schulform ab. Im deutschen Bildungssystem werden die Kinder früh nach ihrem vorgeblichen Leistungsstand aufgeteilt. Hauptschulen und ihre Schüler*innen werden durch einen gesellschaftlichen Diskurs stigmatisiert – es ist von Rest- oder Brennpunktschulen die Rede, deren Schüler*innen sich nicht integrieren wollen. Dieser Diskurs verhandelt die Problematik lernschwacher Jugendlicher, die mit der Abschaffung der Schulform Hauptschule nicht verschwindet. Gesellschaftliche Negativzuschreibungen bleiben den Hautschüler*innen nicht verborgen. Gefragt, wie andere sie sehen, nennen sie negative Attribute wie „dumm“, „Psycho im Kopf“, „faul“, „unfreundlich“, „nicht bereit zu arbeiten“, „keine guten Chancen im Berufsleben“ (vgl. Wellgraf 2012, 208). Auch in der Schule wirkt der gesellschaftliche Diskurs. Lehrer*innen repräsentieren einen gesicherten und gesellschaftlich akzeptierten Lebensentwurf, dem gegenüber Sozialhilfeempfänger wie die Eltern der Schüler*innen sozial entwertet werden. Lehrkräfte können eine Atmosphäre der Verunsicherung schaffen, indem sie die Schüler*innen im Unterrichtsgespräch abwerten, wie beispielshaft die folgende Aussage einer Lehrerin zeigt: „Der deutsche Staat […] ist nur eklig, weil er Leuten, die nicht arbeiten wollen, Geld in den Hintern steckt. Aber bald könnt ihr nur noch zu Hause sitzen und schlafen.“ (Wellgraf 2012, 290)

Vor einer solchen Kulisse ist die schulische Berufsorientierung von einer spürbaren Doppelmoral geprägt. Bei Betriebspraktika, Kompetenzfeststellungsverfahren und im Rahmen der Bildungs- und Berufswegeplanung sollen die Schüler*innen zielgenau und systematisch auf eine Ausbildung vorbereitet werden. Aber eine solche Gradlinigkeit bei Berufswahlprozessen kann bezweifelt werden, wenn man sich die Vielschichtigkeit von Lern- und Entwicklungsprozessen vergegenwärtigt (vgl. Lehmkuhl/Schmidt/Schöler 2013). Der implizite Vorwurf gegenüber Hauptschüler*innen oder lernschwachen Schüler*innen lautet, dass sie überzogene Erwartungen hätten und ihr Scheitern einen notwenigen Zwischenschritt bei der Anpassung von Möglichkeiten und Umwelterfordernissen darstelle. Das erweist sich aber als Schutzbehauptung eines Bildungssystems, das auf den strukturellen Mangel an guten Ausbildungs- und Arbeitsplätzen keine Antwort geben kann (vgl. Kruse et al. 2009, 31ff.). Die Schüler*innen formulieren keine unrealistischen Wünsche:

„Wenn Berliner Hauptschüler sich ihre Zukunft vorstellen, formulieren sie meist recht bescheidene Wünsche nach einer gesicherten Existenz. Ein sicherer Beruf, der hoffentlich Spaß macht, ein festes Einkommen, mit dem man sich kleine Annehmlichkeiten leisten kann, und eine eigene Familie, in der man sich gegenseitig liebt und viel Zeit miteinander verbringt – die Zukunftsträume vieler Hauptschüler klingen fast ‚spießig’ oder ‚kleinbürgerlich’, sie scheinen seltsam aus der Zeit gefallen und sind doch gleichzeitig die Ausdrucksformen von sozialen Situationen, in denen die Sicherung grundlegender ökonomischer und sozialer Existenzbedürfnisse infrage steht.“ (Wellgraf 2012, 107)

Das DJI-Übergangs-Panel zeigt, dass ein großer Teil der Hauptschüler*innen die weiteren Pläne am Ende der zehnten Klasse revieren muss. Die Schüler*innen scheinen durch die real anstehenden Auswahlprozesse verunsichert zu werden, was zu vielen Um- und Reorientierungen führt (Siehe Statistik: BMBF 2008, 20). Einem Konzept zielgenauer und systematischer Berufswahl widerspricht, dass „die Veränderungen der Pläne […] in alle Richtungen erfolgten (also z. B. sowohl von Ausbildung in Richtung weiter zur Schule gehen als auch in umgekehrter Richtung).“ (BMBF 2008, 19)

1.3 Bewerbungsphase

„Dann hatten die mich nicht genommen, da wusst‘ ich das. OK, das ist eine Sache. Da kann ich noch mit umgehen. War zwar/war schon schlimm. Aber die ham‘ mir halt direkt angeboten, wenn ich ein Jahr BQL [Berufsqualifizierender Lehrgang; d.V.] mach‘[…] Und das war diese Zusage, wo ich dann ‘ne Motivation hatte: Ein Jahr Praktikum unbezahlt, das ist mir eigentlich egal: Hauptsache ich hab danach ‘ne Ausbildung. […] Nach sechs Monaten hieß es dann: Nee, wir nehmen Sie nicht.“ (Manuel)

Die interviewten Schüler*innen und Auszubildenden sehen bzw. sahen sich am Ende der Sekundarstufe I im Alter von 14-16 Jahren unüberschaubar vielen Möglichkeiten gegenüber, zu denen sie sich rational verhalten sollen. Dieser Anspruch überfordert sie. Sie wurden durch die schulische Berufsorientierung im Sinne eines matching-Ansatzes darauf „gedrillt“ (Manuel), sich möglichst innerhalb bestimmter Berufsfelder zu bewerben, die ihren Interessen und Fähigkeiten entsprächen. Wenn die Schüler*innen nicht zu einer weiterführenden Schulen wechseln, erleben sie einen Schock, wenn der reibungslose, quasi natürliche Übergang in Ausbildung nicht wie erwartet klappt. Beim Versuch einen Ausbildungsplatz zu finden, erleben die Jugendlichen die Folgen direkter Marktkonkurrenz: ausbleibende Reaktionen auf ihre Bewerbungen, Auswahltests und Absagen. Auf dem begrenzten Markt der Ausbildungsstellen stechen viele Konkurrent*innen mit höheren Schulabschlüssen und besseren Noten sie aus. Dies führt zu Frustration und erschüttert ihr Selbstbild. Der Macht der Unternehmen, denen sie sich anbieten, können sie nichts entgegenstellen. Sie haben keine Rechte, auf die sie sich berufen können. Selbst wenn sie bereit sind, wie Manuel, ein Jahr umsonst zu arbeiten, reicht das nicht aus: Die Jugendlichen erfahren sich als Versager*innen.

In der Folge durchleben die Jugendlichen eine Lebensphase, die durch berufsvorbereitende Maßnahmen, Aushilfsjobs, Beschäftigungslosigkeit und abgebrochene Ausbildungen in als Notlösung aufgenommenen Berufen geprägt ist. Diese Phase ist unterschiedlich lang und geht mit Absentismus, Rückzug und ausweichendem Freizeitverhalten einher. So leisten sie passiv Widerstand gegen die Zumutung, ihre Selbstbestimmung aufgeben zu müssen. Die materiellen Folgen ihres empfundenen Versagens treffen die Jugendlichen nicht existenziell, weil sie keinen eigenen Haushalt führen. Gegenüber ihrem Status als Schüler*in ändert sich finanziell wenig – egal ob mit dualer bzw. vollschulischer Ausbildung oder ohne Ausbildung. Sie befinden sich in einem Alter, das neben der beruflichen Orientierung weitere Entwicklungsherausforderungen mit sich bringt: die Ausbildung einer Geschlechtsidentität, Aufbau von reifen Beziehungen, Ausprägung eines Werte- und Normensystems etc.

Während in den letzten Jahren in der öffentlichen Diskussion die Problematik unbesetzter Ausbildungsplätze betont wird, erleben die befragten Jugendlichen eine Ausbildungsstellenknappheit. Das deckt sich mit der strukturellen Entwicklung von Angebot und Nachfrage auf dem Ausbildungsstellenmarkt. Seit 2000 ist die Anzahl der jährlich abgeschlossenen Ausbildungsverträge von über 620.000 auf knapp 530.000 gefallen. Dieser Negativtrend verläuft zyklisch, ist aber klar erkennbar. Auch mit steigender Abiturient*innen- und Studierendenquote und jährlich sinkenden Schulabgangsstärken, bleibt ein großer Teil der ausbildungsinteressierten Jugendlichen ohne Ausbildungsplatz und mündet in das sogenannte Übergangssystem ein. Der Anteil der ausbildungsinteressierten Abgänger*innen aus den allgemeinbildenden und beruflichen Schulen sowie aus Maßnahmen des Übergangssystems, der tatsächlich eine Ausbildung begann, stieg von einem zyklischen Tiefpunkt 2005 bei 47 % bis 2012 wieder auf 60 % an. Mädchen und Jugendliche mit Migrationshintergrund fanden deutlich seltener eine Ausbildungsstelle als die jeweilige Vergleichsgruppe (vgl. BMBF 2013, 83).

Die Konkurrenz ist groß: Drei erfolgreichen Bewerber*innen stehen zwei gegenüber, die sich nicht durchsetzen konnten oder sich umorientiert haben. Eine Folge dieser Situation ist das steigende durchschnittliche Eintrittsalter in eine duale Ausbildung; es liegt mittlerweile bei 18,5 Jahren. Jugendliche, die keinen Ausbildungsplatz bekommen haben und ihre Suche aufrechterhalten, sind durchschnittlich 19,2 Jahre alt (vgl. Ulrich et al. 2014, 20). Das steigende Alter der Bewerber*innen zeigt, dass es keine Normalität darstellt, direkt nach der Sekundarstufe I in ein Ausbildungsverhältnis zu wechseln – insbesondere in strukturschwachen Regionen kann nur eine Minderheit das knappe Gut Ausbildungsplatz beim ersten Versuch erlangen. Für viele sind Enttäuschungen und Umwege vorprogrammiert.

1.4 Ausbildung

„Spaß ist immer so ein doofes Wort jetzt Richtung Ausbildung. Ich sag mal: Auf Dauer kotzt fast jede Ausbildung oder fast jeder Job einen an, weil es immer dieselbe Arbeit ist meistens. […] Ich weiß sowieso schon jetzt: Übernommen werde ich sowieso nicht. […] Durch die Mitarbeiter macht‘s schon Spaß, dadurch geht man doch nochmal gerne hin. Vom Lohn – vom Entgelt sag ich mal – her ist auch nochmal ‘ne Sache. Ich meine 400 Euro ist OK, drunter sollte man nicht verdienen. Sage ich. […] Ja Spaß? Man muss sich entweder Spaß machen auf Arbeit mit den Kollegen. Zwischendurch mal ein bisschen Albernheiten, ein bisschen quatschen oder so. Aber sonst: Arbeit wird getan, Tag ist zu Ende und dann geht’s weiter. Im Nachhinein ist ja trotzdem meine Motivation, die drei Jahre durchzuhalten – so oder so.“ (Manuel)

Spaß wurde von den Schüler*innen der neunten Klasse als zentraler Anspruch an eine spätere Arbeit genannt. Bei Ausbildungsverantwortlichen führt das zu Irritationen. Den Jugendlichen wird eine naive, kindliche Haltung und Unkenntnis der Arbeitswelt unterstellt (vgl. Lehmkuhl/Eckelt/Schöler 2011, 17). Der 21-jährige Manuel hat die erwachsene Sicht angenommen, dass Arbeit und somit auch Ausbildung keinen Spaß bereiten müssen. Die Anerkennung der Kollegen und das soziale Miteinander bereiten Spaß. Nicht im Arbeitsvollzug selbst, sondern in der Ablenkung mit den Kollegen liegt der angenehme Teil seiner Arbeit. Die persönliche Anerkennung durch Kolleg*innen und auch im Kundenkontakt wirkt motivierend. Manuel und Bastian erleben zudem die Körperlichkeit der Arbeit als Bestätigung ihrer Männlichkeit. Büroarbeit werten sie entsprechend ab – den ganzen Tag am Computer zu sitzen, verursacht Kopfschmerzen und fehlende Bewegung führt zu körperlichen Beschwerden.

Die Anerkennung durch die Vorgesetzten, durch einen guten Lohn oder durch die Perspektive auf Übernahme bleibt als motivierender Faktor im Hintergrund. Das Zertifikat – also der Berufsabschluss – stellt das wichtigste Ziel dar. Die Jugendlichen geben schrittweise ihre Erwartung auf, selbstbestimmte Tätigkeiten auszuüben. Das erreichbare Einkommen rückt stattdessen stärker in ihre Wahrnehmung. Sie fühlen einen wachsenden Druck, irgendeinen Weg zu finden, dem Schicksal Hartz IV zu entgehen. Mit einem Berufsabschluss verbinden sie die Hoffnung, dieses Schicksal zu vermeiden. Allerdings bildet der Berufsabschluss dafür keine Garantie. Sie befürchten nach der Ausbildung nicht in ein dauerhaftes Arbeitsverhältnis übernommen zu werden und nur wenig zu verdienen. Deshalb bauen die Jugendlichen ihre Hoffnungen auf Berufswechsel oder berufliche Aufstiegsfortbildungen.

Das Ziel der interviewten jungen Erwachsenen, (irgend)einen Berufsabschluss zu erwerben, um die eigenen Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern, ist nachvollziehbar. Allerdings ist Ausbildung nicht gleich Ausbildung. Es können vier relativ stabile Segmente von dualen Ausbildungsberufen unterschieden werden, abhängig von der schulischen Vorbildung der Auszubildenden.

Tabelle 1:     Absolute und relative Größe der Berufssegmente 2010 (vgl. Autorengruppe 2012, 112)

 

Mit
(Fach-) Hochschulreife

Mit
Mittlerem Abschluss

Mit Hauptschul-abschluss

Ohne Hauptschul-abschluss

in Prozent

Insgesamt

559.032

21,0

42,9

32,9

3,1

Oberstes Segment

72.366

61,9

34,5

2,9

0,7

Obere Mitte

145.896

26,1

58,5

14,5

0,9

Untere Mitte

88.794

11,4

50,7

36,1

1,7

Unteres Segment

153.318

4,5

30,0

59,9

5,6

Sonstige Berufe

98.658

17,8

39,3

37,4

5,5

Die Aufschlüsselung der zugeordneten Berufe findet sich in der Tabelle E3-3A

Die Tabelle zeigt, welchen höchsten Schulabschluss die insgesamt fast 560.000 neu beginnenden Auszubildenden 2010 zuvor erworben haben: 42,9 % besaßen einen mittleren Schulabschluss, 32,9 % einen Hauptabschluss, 21,0 % die (Fach-)Hochschulreife und 3,1 % keinen Hauptschulabschluss. Es existieren nach schulischer Vorbildung weitgehend getrennte Ausbildungsmärkte für verschiedene Tätigkeitsfelder, die hier als Segmente bezeichnet werden. Das oberste Segment umfasst kaufmännische und Verwaltungsberufe. Diese „Abiturberufe“ sind für Hauptschüler*innen kaum und für Bewerber*innen mit mittlerem Abschluss nur schwer zugänglich. Dieser Teil des dualen Ausbildungssystems konkurriert direkt mit Universitäten und Fachhochschulen um Schulabgänger*innen. Zum zweiten Segment, der oberen Mitte, zählen neben kaufmännischen und Verwaltungsberufen industrielle Facharbeiterberufe. In diesem Segment haben die meisten Auszubildenden einen mittleren Schulabschluss, noch immer ein Viertel besitzt die (Fach-)Hochschulzugangsberechtigung und nur jede*r Siebte besitzt einen Hauptschulabschluss. In diesem Segment werden die industriellen Fachkräfte und die unteren Angestellten ausgebildet, die im Zentrum des deutschen Wirtschaftsmodells stehen. Im dritten Segment, der unteren Mitte, dominieren ebenfalls Auszubildende mit mittlerem Schulabschluss. Darauf folgen mehr als ein Drittel mit Hauptschulabschluss. In diesem Segment werden hauptsächlich einfache kaufmännische und handwerklich-gewerbliche Berufe ausgebildet. Im unteren Segment bilden die Auszubildenden mit Hauptschulabschluss die Mehrheit und fast ein Drittel besitzt einen mittleren Schulabschluss. Zu diesem Segment zählen handwerklich-gewerbliche Berufe, personenbezogene Dienstleistungsberufe sowie Berufe des Ernährungshandwerks (vgl. Autorengruppe 2012, 110ff.).

Die Betrachtung des Ausbildungsstellenmarktes nach Segmenten zeigt, dass die duale Ausbildung keinen in sich homogenen Sektor des Bildungssystems darstellt, der als ganzes sinnvoll mit anderen Sektoren des deutschen Bildungssystems vergleichen lässt. Stattdessen muss mindestens zwischen den beiden oberen und den beiden unteren Segmenten unterschieden werden. Mit wenigen, speziell zu erklärenden Ausnahmen gilt, dass (a) die Ausbildungsbedingungen (gemessen an Ausbildungsvergütung und Abbruchquoten) in den höheren Segmenten besser sind, (b) der Übergang von Ausbildung in Arbeit (gemessen an Beschäftigungsquoten und Anteil der Niedrigverdiener*innen) in den beiden höheren Segmenten besser gelingt und (c) die Arbeitsplatzsicherheit und die beruflichen Weiterbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten in den höheren Segmenten höher sind (vgl. BMBF 2013, 287ff.; Autorengruppe 2012, 283, 290f.). Die von uns interviewten Jugendlichen bewegen sich bei ihrer Ausbildungsplatzsuche bzw. in ihrer Ausbildung fast ausschließlich im unteren Segment. Selbst wenn sie einen Ausbildungsplatz finden und die Ausbildung erfolgreich beenden, erwartet sie eine schwierige Platzierung auf dem Arbeitsmarkt: Sie werden um schlecht bezahlte, häufig ausbildungsfremde und unsichere Arbeitsplätze konkurrieren müssen.

War also die Suche nach einer Ausbildungsstelle ein Anpassungsprozess, so setzt sich dieser in der Ausbildung fort: Die Auszubildenden passen ihr Selbstbild an die Anforderungen einer Existenz als schlecht bezahlte*r Lohnabhängige*r an. Mit Paul Willis (1977/2013) können wir von Learning to Labour sprechen. Willis zeigt, wie sich hinter dem Rücken der Akteure ein funktional notwendiger Prozess vollzieht: Die Jugendlichen wandten sich freiwillig den harten und monotonen Fabrikarbeiten zu, die die britische Industriegesellschaft besetzen musste. Die Verachtung der Schule und des geistigen Arbeitens sowie die Überhöhung körperlicher Arbeit als Inbegriff der Männlichkeit führten dazu, dass die Jungen ihre gesellschaftliche Stellung reproduzierten.

Die Schule, die Desillusionierung bei der Berufsorientierung und Ausbildungssuche sowie die Ausbildung üben auf die Jugendlichen einen Druck aus, der strukturelle Ursachen hat. Nach dem Übergang von der fordistischen Industriegesellschaft zur postfordistischen industriellen Dienstleistungsgesellschaft (vgl. Vester 2011) werden weniger un- und angelernte Fabrikarbeiter*innen gebraucht. Stattdessen steht die gegenwärtige Gesellschaft vor der Herausforderung, bestimmte Dienstleistungstätigkeiten zu besetzen, die durch niedriges Prestige, schlechte Bezahlung oder andere negative Aspekte gekennzeichnet sind. Im Ausbildungssektor wird diese Herausforderung – widersprüchlich und verblendend – als Fachkräftemangel diskutiert. Die jährliche Aufstellung unbesetzter dualer Ausbildungsplätze im Berufsbildungsbericht verdeutlicht das: Die zehn Berufe mit den meisten unbesetzten Angeboten gehören – mit Ausnahme der Hotelfachfrau/des Hotelfachmanns – zu den unteren beiden Segmenten. Die Mehrheit zum unteren Segment: Restaurantfachfrau/mann, Fachfrau/mann für Systemgastronomie, Fleischer*in, Fachverkäufer*in im Lebensmittelhandwerk, Fachkraft im Gastgewerbe, Klempner*in, Gebäudereiniger*in, Köchin/Koch, Bäcker*in (vgl. BMBF 2013, 40). Da die schulischen Voraussetzungen hier niedrig sind und viele Jugendliche mit Haupt- und Mittleren Schulabschluss berufsvorbereitende Maßnahmen aufnehmen, vermuten wir, dass die mit diesen Berufen verbundenen Zumutungen zurückgewiesen werden – neben anderen Erklärungen, wie regionalen Disparitäten. Der strukturelle Druck zwingt jedoch die Jugendliche dazu, später eine Tätigkeit und damit einen gesellschaftlichen Status anzunehmen, den sie vermeiden wollen – was gesellschaftlich durchaus funktional wirken kann.

2 Herzlich willkommen in der Prekarität!

Prekarität benennt einen Zustand, in dem Menschen in sozialer Unsicherheit leben. Wir beziehen uns auf das Begriffsverständnis von Pierre Bourdieu, der die subjektiven Folgen von Prekarität beschreibt. Dieses Verständnis verdeutlicht die von uns vorgenommene notwendige Kombination der subjektiven Seite in Fallanalysen und der objektiven Seite in den Ergebnissen sozial-struktureller Analysen des Ausbildungsgeschehens:

„Prekarität hat bei dem, der sie erleidet, tiefgreifende Auswirkungen. Indem sie die Zukunft überhaupt im Ungewissen lässt, verwehrt sie den Betroffenen gleichzeitig jede rationale Vorwegnahme der Zukunft und vor allen Dingen jenes Mindestmaß an Hoffnung und Glauben an die Zukunft […]. Zu diesen Folgen der Prekarität für die direkt Betroffenen gesellen sich die Auswirkungen auf die von ihr dem Augenschein nach Verschonten. Doch sie lässt sich nicht vergessen. Sie ist zu jedem Augenblick in allen Köpfen präsent. [...] Weder dem Bewußtsein noch dem Unterbewußten lässt sie jemals Ruhe. Die Existenz einer beträchtlichen Reservearmee, die man aufgrund der Überproduktion an Diplomen längst nicht mehr nur auf den untersten Qualifikationsebenen findet, flößt jedem Arbeitnehmer das Gefühl ein, dass er keineswegs unersetzbar ist und seine Arbeit, seine Stelle gewissermaßen ein Privileg darstellt, freilich ein zerbrechliches und bedrohtes Privileg. […] Die objektive Unsicherheit bewirkt eine allgemeine subjektive Unsicherheit, welche heutzutage mitten in einer hochentwickelten Volkswirtschaft sämtliche Arbeitnehmer, einschließlich derjenigen unter ihnen in Mitleidenschaft zieht, die gar nicht oder noch nicht von ihr betroffen sind.“ (Bourdieu 1998, 97ff.)

Prekarität entsteht in den westlichen Wohlstandsgesellschaften durch den fortschreitenden Umbau von sicheren zu unsicheren Beschäftigungsverhältnissen. Die Lebensverhältnisse wandeln sich, so dass Lohnarbeit ihre positive integrierende Funktion verliert und stattdessen disziplinierend und desintegrierend wirkt (vgl. Dörre 2006a und 2006b). Seit den 1980er Jahren werden in Deutschland soziale Errungenschaften des Wohlfahrtsstaats – Rentenansprüche, Mitbestimmungsrechte oder verbindliche Tarifnormen – ausgehöhlt und durch „flexibel-marktzentrierte Produktionsmodelle“ (Dörre 2007, 3) ersetzt. In der gegenwärtigen Arbeitsgesellschaft existiert ein Spannungsfeld zwischen Sicherheit und Unsicherheit. Dieses Spannungsfeld erstreckt sich vertikal über drei Zonen: (a) Zone der Integration, (b) Zone der Prekarität und (c) Zone der Entkoppelung.

(a) In der Zone der Integration befinden sich diejenigen, die durch ein gesichertes Arbeitsverhältnis in Vollzeit und ein ausreichendes Einkommen integriert sind. Dieses Arbeitsverhältnis gilt als das sogenannte Normalarbeitsverhältnis – ein normativer Begriff, denn so sollte es im Fordismus für Lohnarbeiter*innen normal sein. Sie erleben die Prekarisierten teilweise als Bedrohung ihres Status. (b) In der darunter liegenden Zone der Prekarität befinden sich die Beschäftigten, deren Arbeitssituation und materielle Lage vom Normalarbeitsverhältnis abweicht. Die Zugehörigen dieser Gruppe arbeiten in heterogenen Beschäftigungsverhältnissen, wie beispielsweise Leih- und Zeitarbeit, Befristung, Mini- und Midijobs. Ihr unsicherer rechtlicher Status sowie die leichte Ersetzbarkeit und schlechte Bezahlung führen bei den meisten prekär Beschäftigten zu dem Wunsch, in die Zone der Integration aufzusteigen. (c) Ganz unten liegt die Zone der Entkoppelung. In dieser Zone befinden sich diejenigen, die von regulärer Arbeit dauerhaft ausgeschlossen sind. Erwerbs- und Langzeitarbeitslose verkörpern für die Prekarisierten anschaulich die Drohung, ganz aus der Arbeitsgesellschaft ausgeschlossen zu werden (vgl. Dörre 2006a und 2007b).

Prekarität existiert relativ zu Sicherheit. Zentral ist die Dynamik zwischen der Zone der Integration und der Zone der Prekarität, weil Prekarität nicht nur auf die direkt Betroffenen wirkt: Ein latentes Gefühl der Unsicherheit breitet sich bis in die Zone der Integration aus. Diese Unsicherheit führt zu Disziplinierung und gesellschaftlichen Desintegrationsprozessen. Die Prekären akzeptieren schlechte Arbeitsbedingungen, weil sie befürchten, ansonsten in die Zone der Entkoppelung abzurutschen. Sie streben danach, in die Zone der Integration aufzusteigen. Dafür mobilisieren sie alle Kräfte. Das heißt in der betrieblichen Praxis, dass sie häufig die gleiche Arbeit erledigen wie die Integrierten – jedoch für weniger Geld. Die Allgegenwart prekär Beschäftigter wirkt auf die Festangestellten aus der Zone der Integration als permanente Drohung und weckt (durchaus begründete) Abstiegsängste. Auch außerhalb von Krisenzeiten sehen sich die Beschäftigten ständig in Wettbewerb und Konkurrenz (vgl. Detje et al. 2013, 130ff.; Dörre 2007b und Dörre/Happ/Matuschek 2013). So entstehen Integrationsformen,

„in denen die subtile Wirkung marktförmiger Disziplinierungsmechanismen eine deutliche Aufwertung erfährt. […] Auf diese Weise sorgt die Konfrontation mit unsicheren Beschäftigungsverhältnissen nicht nur für eine 'Destabilisierung des Stabilen'. Indem sie die einen diszipliniert und den anderen elementare Voraussetzungen für Widerständigkeit nimmt, fördert sie zugleich eine eigentümliche 'Stabilisierung der Instabilität'.“ (Dörre 2006a, 189)

Die Untersuchungen von Dörre/Happ/Matuschek (2013) analysieren die Strukturveränderungen der Arbeitswelt mittels verschiedener (verschränkter) Vergleichsebenen: Branchen, Büroangestellte-Arbeiter*innen, Ost-West, Gender und Arbeitslose-Beschäftigte. Sie arbeiten heraus, dass individueller Arbeitseinsatz dem Schutz vor sozialem Abstieg dient und nicht mehr der Hoffnung auf sozialen Aufstieg (vgl. Dörre/Happ/Matuschek 2013, 150). Wir regen an, diese Fragestellung auf die Funktion des Übergangs- und Ausbildungssystem zu übertragen. Mit dem Wandel der Arbeitsgesellschaft verändert sich auch der Blick auf die nachwachsende Generation und das, was von ihnen erwartet wird. Während sich ältere Arbeitnehmer*innen noch aus eigener Erfahrung an den Fordismus erinnern, kennen die heutigen Jugendlichen aus ihrer persönlichen Erfahrung nur die Situation, in der prekäre Lohnarbeit keinen inneren Widerspruch mehr darstellt. Sowohl das Übergangs- als auch das Ausbildungssystem zielen, bezogen auf die von uns interviewten Jugendlichen mit geringer schulischer Qualifikation und die von ihnen angestrebten Berufe, auf Disziplinierung und Anpassung: Die Jugendlichen werden auf ihre Rolle als prekär Beschäftigte vorbereitet.

3 Die Arbeitswelt aus Sicht der Jugendlichen

„Also in der Woche bin ich immer so von/vier Uhr dreißig steh ich auf. Und bin um achtzehn Uhr dreißig erst zu Hause. […] Ja, das ist so: Ich hab nichts vom Tag. Also ich muss dann auch wieder um halb zehn schlafen gehen, damit ich früh um vier direkt aufstehen kann. Und so vom Tag hab ich, wie gesagt, hab ich auch keine Zeit für meine Freunde. Wenn ich meine Freunde seh, dann vielleicht einen Tag am Wochenende nur noch. Also auf jeden Fall so nicht mehr wie damals. Damals haben wa so nach der Schule immer sofort mit Freunden treffen, abgehangen, weiß ich was.“ (Bastian)

Die heutige Arbeitswelt, in die die Jugendlichen sich integrieren wollen, verlangt ihnen vieles ab. Arbeit nimmt viel Zeit ein und lässt wenig Freizeit zur eigenen Verfügung. Insbesondere die Schulzeit wirkt im Rückblick dagegen angenehm, da die Nachmittage und Wochenenden als Freizeit zur eigenen Verfügung standen. Der Abschied von der Kindheit bzw. Jugend wird deutlich wahrgenommen. Die Gegenleistung für den Verzicht auf ihre Freizeit fällt gering aus. Die Arbeitsmärkte, auf denen die Jugendlichen konkurrieren, sind hart umkämpft. Arbeit sehen sie als Mangelware und Arbeit zu haben als Privileg. Insofern schätzen sie sich glücklich, überhaupt irgendeine Ausbildung zu finden. Den Zugang zu Arbeit erklären sie sich ganz unterschiedlich: entweder als schicksalsabhängig oder aber als umkämpft.

„Und die ham mir gesagt, ich hätte das gar nicht bekommen, weil die hatten schon zwei Auszubildende gehabt. […] Und der eine hat abgesagt […] weil er schon, glaub ich, was anderes gefunden hatte. Und das Lustige ist, dass derjenige der abgesagt hatte, jetzt in meiner Klasse is.“ (Bastian)

Die eigene Ausbildungsstelle bekommt Bastian zufällig (und potentiell unverdient), weil jemand anders abgesagt hatte und er zufällig zur richtigen Zeit am richtigen Ort war.

„Durch das viermal Aushilfe, das ging ja über Monate […] dadurch habe ich dann auch den Job bekommen. Weil die Bewerbungen/Ich war, muss ich sagen, nicht der Beste. Kann man auch fast nicht sein, weil da gabs Bewerber nur mit Einsen auf dem Zeugnis, auch Abitur und alles.“ (Manuel)

Die eigenen Anstrengungen stellt Manuel als bewusste Strategie dar, sich im Kampf um Ausbildungsplätze gegen andere durchzusetzen. Letztlich ergreifen Bastian und Manuel jede sich ergebende Chance. Das Konzept einer passgenauen bzw. selbst vorgenommenen souveränen Berufswahl der Jugendlichen konnten wir nicht entdecken.

„Die Mitarbeiter, wenn man da mal zehn Minuten mit denen redet. Die Arbeitsmoral ist unten, mehr als nur unten. Die kommen da nur hin, für den tausender. Für die, sage ich mal, keine leichte Arbeit. Aber was man nicht alles macht.“ (Manuel)

Ihre eigenen beruflichen Erfahrungen in Praktika, Ausbildungsverhältnissen und Aushilfstätigkeiten decken sich mit der Arbeitsrealität ihrer Eltern: Arbeit bedeutet für die Jugendlichen Anstrengung, ständiger Druck, Zwang, schlechte Bezahlung, Ersetzbarkeit, Demotivation und Schädigung des eigenen Körpers. Diese Erfahrungen unterscheiden sich von dem in der Schule und den Medien vermittelten Bild von Arbeit, bei dem Selbstverwirklichung, Autonomie und Kreativität im Vordergrund stehen. Die konkrete Arbeit sehen die Jugendlichen nicht als Möglichkeit sich durch die fachlich kompetente Auseinandersetzung mit Herausforderungen zu bilden und individuell zu entfalten. Diesen Widerspruch erklären sie sich so, dass sie jetzt die echte Welt kennengelernt haben, die ihnen vorher verheimlicht worden war. Sie erscheinen desillusioniert.

„Naja, wenn ich nich angenommen werde, dann muss ich weiter ne Prak/Berufswahl suchen, also Stellen suchen und dann mich neu bewerben. Also das dauert schon irgendwie 'ne Weile.“ (Mohammed)

Der Zugang zur Arbeitswelt wird einseitig von den Unternehmen kontrolliert, was den Jugendlichen bewusst ist. Dennoch nehmen sie die ihnen zugeschriebene Verantwortung für ihre Bewerbungsphase an und sehen sich in der Pflicht, durch starke Anpassung an die Ansprüche der Arbeitgeber*innen ihre individuellen Chancen zu verbessern. Sie werden in eine Konkurrenzsituation gebracht, die sie moralisch ablehnen. Aus Sicht der Jugendlichen sollten „natürlich“ (Manuel) alle Interessierten nach der Schule eine Ausbildung beginnen können. Der widernatürlich wahrgenommene Mangel an Ausbildungsplätzen verhindert das und zwingt sie dazu, mit Freunden und Mitpraktikant*innen zu konkurrieren. Die Kriterien, nach denen die Auswahl schließlich getroffen wird, sind nicht transparent. Das bestärkt ihr Gefühl, ausgeliefert zu sein, und ihre Ablehnung der Konkurrenzsituation. Aber diese moralische Kritik bleibt adressatenlos. Mohammed hofft auf nicht näher bestimmte „Programme, die geöffnet“ wurden, um ihm und anderen zu helfen. Eine politische Verantwortung für die Ausbildungsstellenknappheit formulieren die Jugendlichen nicht.

Die möglichen Strategien bei der Ausbildungsstellensuche sind begrenzt, weil die schulischen Zertifikate den zentralen Vergabemechanismus darstellen. Hier sehen die Jugendlichen mit ihren Abschlüssen wenige Chancen auf Erfolg. Arbeitstugenden wie Fleiß, Pünktlichkeit, Durchhaltevermögen, Selbstdarstellung betonen sie bei Bewerbungen, um schlechte Noten auszugleichen. Die Jugendlichen antizipieren in solchen Arbeitstugenden den Kern der Ansprüche der Unternehmen. Wenn sie den Zugang als schicksalsabhängig erleben, hoffen sie auf eine glückliche Fügung. Eine aktivere Strategie ist das systematische Knüpfen und Erhalten von Kontakten zu Unternehmen durch Aushilfstätigkeiten. Manuel erläutert, dass er niemals gekündigt wurde und auch bei schlechtesten Arbeitsbedingungen auf eine einvernehmliche Trennung Wert legt. So bekam er zu einem späteren Zeitpunkt seine Ausbildungsstelle bei einem früheren Arbeitgeber, weil er diesem bereits persönlich bekannt war. Arbeit dient in erster Linie dazu, Geld zu verdienen, um unabhängig von Sozialtransfers zu leben. Der Wunsch, unabhängig von den Eltern zu wohnen, wird kaum genannt.

„Hab halt da zwei Wochen schwarz gearbeitet. Hab für die zwei Wochen meine neunhundert Euro bekommen. Wo ich mir dacht: Okay, ey das ist gutes Geld. Da denkt man sich schon: Da mal eins/Das ist aber auch schon wieder so verbrecherisches Denken so: Ich, ich beziehe Hartz Vier plus ich bekomm/ich geh schwarz arbeiten. Leb ich so, wie einer zum Beispiel, der jetzt der jetzt zum Beispiel zweitausend netto verdient. […] Aber denke ich mir auch so jetzt: Nee, das ist im Endeffekt so, weiß ich nicht. Ich möchte schon/möcht schon irgendwie erst mal auf jeden Fall was machen, wo ich was in den Händen habe. Also ich/ich meine: Lehre.“ (Bastian)

Ein alternativer Lebensentwurf, der einen höheren Lebensstandard ermöglichen würde – die Kombination aus Hartz IV und Schwarzarbeit – wird als „verbrecherisches Denken“ abgelehnt. Die eigene Würde wird an ehrlich verdientes Geld geknüpft. Hinter dem dort formulierten Wunsch nach einem Recht auf ein legales, sozial anerkanntes Leben verbirgt sich eine generelle Gesellschaftskritik. Diese Kritik bleibt implizit, vermutlich weil den Jugendlichen Vergleichsmaßstäbe fehlen, an denen sie ihre Situation messen können: Sie sind in einem Milieu aufgewachsen, in dem Prekarität der Normalzustand ist, und die Zeit des funktionierenden sozialstaatlich getragenen Fordismus endete deutlich vor ihrer Geburt.

Abhängige Beschäftigung in den für sie direkt oder mittelfristig erreichbaren Positionen zeichnet sich durch einen weitgehenden Zugriff der Vorgesetzten und geringe Autonomie am Arbeitsplatz aus. Die Jugendlichen sind bereit, das für ein selbst erworbenes Einkommen zu akzeptieren. Sie formulieren allerdings auch Zukunftsentwürfe eines selbstbestimmten Arbeitslebens. Wir haben drei Variationen dieses Wunsches gefunden: (a) Die abhängige Beschäftigung im Außendienst wird als Arbeit mit Kundenkontakt ohne direkte Weisungen von Vorgesetzten als Gegensatz zur aktuellen Tätigkeit beschrieben. (b) Die Hoffnung, sich nach der Ausbildung durch berufliche Aufstiegsfortbildungen von weisungsgebundenen Aufgaben zu befreien, stellt einen ähnlichen Entwurf innerhalb abhängiger Beschäftigung dar und schließt an die schulischen Bildungsaspirationen an: Jedes Mehr an Bildung wird als weniger Unsicherheit wahrgenommen. (c) Die eigene Selbstständigkeit bildet den klarsten Gegenentwurf zur eigenen untergebenen Stellung im Betrieb: „Dann […] kommandiere ich herum, anstatt kommandiert zu werden.“ (Bastian)Unter Selbstständigkeit verstehen die Jugendlichen Klein- und Kleinstunternehmen im Handel oder Dienstleistungssektor: Manuel berichtet vom gescheiterten Versuch seines Vaters, einen Blumenladen zu betreiben. Das Einkommen solcher Kleinstselbstständigen unterscheidet sich häufig kaum von prekärer abhängiger Arbeit. Im August 2013 bezogen 127.000 Selbstständige als Aufstocker*innen Leistungen nach SGB-II. Deutlich mehr wären wegen ihres geringen Einkommens dazu berechtigt (vgl. BA 2014; Koller et al. 2012).

Neben der Arbeitswelt bildet die Familie den wichtigsten Bezugspunkt für die Jugendlichen. Sie wollen später eine eigene Familie gründen. Anerkennung in privaten Beziehungen soll verwehrte oder geringe Anerkennung in der Arbeitswelt ausgleichen. Diese Form von scheinbar konservativem Weltbild verstehen wir als Schutz gegen die ständige Abwertung. Es gibt allerdings keine Flucht in eine überstürzte Familiengründung. Diese soll erst nach der Ausbildung auf Grundlage einer festen Beschäftigung und nach einigen Jahren Berufserfahrung erfolgen. Aus der Erfahrung von Eltern oder Bekannten wird eine frühzeitige Elternschaft als Gefahr für die eigene Berufsbiographie abgelehnt.

Die interviewten Jugendlichen formulieren nur geringe Erwartungen an die heutige Arbeitswelt, nachdem sie den Prozess der Anpassung durch den schwierigen Übergang von der Schule in die Ausbildung durchlaufen haben. Die Vorstellung, eine Tätigkeit auszuüben, die den eigenen Interessen und Fähigkeiten besonders nahe liegt, wird zugunsten einer überhaupt erreichbaren Ausbildung aufgegeben. Der Traumberuf wird als kindliche Idee abgetan, die bei der Ausbildungssuche nicht berücksichtigt wird: „Traumberuf wär vielleicht sowas wie Pilot oder sowas.“ (Bastian)Auch die Erwartung, etwas Sinnvolles zu tun und anderen Menschen zu helfen, wird weitgehend aufgegeben. Es bleibt der Wunsch, eine feste Beschäftigung zu finden, die ein kontinuierliches Einkommen sichert. Innerhalb des Betriebs richten sich die Ansprüche an die direkten Kolleg*innen und Vorgesetzten: „Dass man auch mal menschlich behandelt wird. Ich bin ein Kollege, ein Mitarbeiter und so will ich auch behandelt werden.“ (Manuel)

4 Individuelle Probleme oder Probleme der Klassenlage?

Die Anpassung an die Erfordernisse einer prekären Lohnarbeiter*innenexistenz wird durch das Elternhaus und die Schule vorbereitet und bei der Suche nach Ausbildungsplätzen und in der Ausbildung manifest. Der Begriff der Prekarität beschreibt die Situation eines relevanten Bevölkerungsteils, da Unsicherheit ihre Erfahrungen prägt. Es ist statistisch unstrittig, dass Wohlstand und Armut in hohem Maße sozial vererbt werden und die Bildung diesen Zusammenhang vermittelt: „Nur in Österreich, Frankreich, Neuseeland, Belgien und Ungarn ist der Zusammenhang zwischen dem sozioökonomischen Hintergrund der Schüler und ihren Leistungen nach den Zahlen der OECD derzeit noch stärker als in Deutschland.“ (Bertelsmann Stiftung 2010, 18f.) Für die große Mehrheit der Bevölkerung bestimmen die laufenden Einnahmen aus abhängiger oder selbstständiger Arbeit ihr Lebensniveau. Vererbt werden Einkommensniveaus. Der individuelle Bildungsaufstieg stellt eine objektive Möglichkeit dar, sich diesem Erbe zu entziehen. Können wir im Umkehrschluss den fehlenden Bildungsaufstieg als individuelles Problem begreifen? Die Sicht der interviewten Jugendlichen legt das durchaus nahe: Sie interpretieren ihre Bildungsbiographie als individuelles Versagen, deshalb sind sie bereit, sich mit einer statusniedrigen Position zu begnügen. Diese Erfahrung teilen sie mit einer sozialen Gruppe.

Die soziale Reproduktion von Ungleichheit kann mit dem Verweis auf das Bildungssystem nur tautologisch beschrieben werden. Berufliche Ausbildungen haben im deutschen Bildungssystem weiterhin eine hohe Bedeutung. 2012 begannen doppelt so viele Jugendliche eine Ausbildung oder Maßnahme des Übergangssystems wie Jugendliche in die Sekundarstufe II zum Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung einmündeten (vgl. destatis 2013, 5). Der propagierte „Aufstieg durch Bildung“ (Bundesregierung 2008) als gesellschaftliche Antwort auf soziale Ungleichheit zeigt die Oberflächlichkeit der Analyse, denn die Lage der sozialen Gruppe Benachteiligter bleibt prekär – trotz des individuellen Bildungsaufstiegs einzelner. Die Tautologie wird deutlich, wenn wir uns vorstellen, dass alle die postulierte Aufstiegsmöglichkeit durch Bildung nutzen würden, um prekärer Beschäftigung zu entrinnen: Niemand müsste mehr im Friseurhandwerk, in der Gastronomie oder in der Lagerlogistik arbeiten? Das wäre gesellschaftlich unmöglich, weil eine automatisierte Gesellschaft, in der solche Arbeiten nicht mehr von Menschen erledigt werden müssen, eine Utopie bleibt. Zwar ist die gesellschaftliche Arbeitsteilung keine überhistorische Konstante, allerdings ist derzeit kein Ende der „Arbeitsgesellschaft“ zu erkennen. Stattdessen werden viele gesellschaftlich notwendige Tätigkeiten gegenwärtig nicht so anerkannt und vergütet, dass sie ein gesichertes, würdevolles Leben ermöglichen. Und dies ist keine Folge der aktuellen Krise: Dem wachsenden Niedriglohnsektor und der strukturellen Arbeitslosigkeit stehen Produktivitätssteigerungen und wachsender Reichtum gegenüber. „Innerhalb der Eurozone weist Deutschland damit [Gini-Koeffizient von 0,78; d.V.] vor Österreich die höchste Vermögensungleichheit auf.“ (Grabka/Westermeier 2014, 156)

Um solche Tautologien zu vermeiden, greifen wir auf eine gesellschaftswissenschaftliche Theorie zurück, die die vorgestellte Empirie in die gesellschaftliche Totalität einordnet. Theorie überwindet in diesem Verständnis „begriffsloses Erkennen“ des Alltagsverstands. Ohne die von Theoretiker*innen konstruierten Begriffe erscheinen die gegebenen Verhältnisse als naturgegeben. Die eigene Verortung im Gesamtgefüge der Gesellschaft kann nicht ohne theoretische Begriffe benannt werden (vgl. Bourdieu 1987, 734ff.). Seit dem 19. Jahrhundert bieten Klassentheorien Begriffe, um gesellschaftliche Entwicklungen moderner kapitalistischer Gesellschaften zu erklären. Die Konjunktur dieser Theorien folgt den ökonomischen Krisen. In Krisenzeiten greift die öffentliche Diskussion auf Klassentheorien zurück, um gesellschaftliche Unterschiede zu erklären, die in Wachstumsphasen nicht beachtet werden.

Die bekannteste Klassentheorie formulierten Karl Marx und Friedrich Engels. In ihrem Werk finden sich verschiedene Ansätze, die auf unterschiedlichen Abstraktionsniveaus argumentieren und mit verschiedenen Absichten verfasst wurden – etwa einerseits die politisch-strategische Formel im Kommunistischen Manifest (Marx/Engels 1848/1971), wonach die Geschichte sich durch den Kampf antagonistischer Hauptklassen fortentwickle und andererseits die detaillierte und differenzierte Darstellung der Lebensumstände der industriellen Lohnarbeiter*innen in Die Lage der arbeitenden Klasse in England (Engels 1845). Heute erscheint das Ende der Klassengesellschaft als ausgemacht, weil die früher sogenannte „Arbeiterklasse“ in den westlichen Gesellschaften quantitativ und in ihrer politischen Bedeutung abnimmt. „Das, was als Auflösung von Arbeiterkulturen erscheint, ist die Krise der sozialdemokratischen Arbeiterbewegungskultur und Politikform.“ (Thien 2010, 150; Hervorhebungen im Original) Im globalen Maßstab sieht es wohlgemerkt anders aus, weltweit steigt die Anzahl der Industriearbeiter*innen durch die Industrialisierung der Schwellenländer in Südostasien, Lateinamerika und Afrika.

Unsicherheit war das prägende Gefühl der traditionellen „Arbeiterklasse“ im Hinblick auf die Arbeitswelt: In der industriellen Revolution entstand eine neue Klasse, die geprägt war durch „die Unsicherheit der Lebensstellung, die Notwendigkeit, vom Lohn aus der Hand in den Mund zu leben, kurz [durch] das, was sie zu Proletariern macht.“ (Engels 1845/1971, 184; Hervorhebung im Orginal). Horst Kern und Michael Schumann zeigen in der Werftarbeiterstudie von 1973, dass die Ersetzbarkeit als Merkmal „proletarischer Existenz“ und „konkreter Ausdruck fortdauernder Statusunsicherheit“ (Schumann 2013, 64) weiterhin die Sicht der Werftarbeiter auf die Arbeitswelt prägte.

Bei Klassen handelt es sich um theoretische Konstruktionen zum Verständnis der Wirklichkeit, die relational gedacht werden müssen. Die zunehmende Erosion des Sozialstaats in den westeuropäischen Ländern seit dem Ende des Fordismus in den 1970er Jahren kann als Verschiebung des Kräfteverhältnisses zwischen den Klassen gefasst werden. Prekarität ist das Symptom des Machtverlusts der lohnabhängigen Klassen, die gegenüber den Interessen der Unternehmen sozialpolitisch immer weniger berücksichtigt werden.

„Offen bleibt, wie viele Klassen es gibt, wie stark sie sich intern differenzieren und welche Formen von Überschneidungen mit anderen Merkmalen von Menschen (‚Intersektionalität‘) es gibt. Bei der Rede von Klassen stellt sich zugleich stets die Frage, ob diejenigen, die einer Klasse angehören, auch wissen, dass sie einer Klasse angehören.“ (Eder 2013, 60)

Die von uns interviewten Jugendlichen gehören zu einer sozialen Gruppe, die die Erfahrung der Prekarität teilt. Materielle Unsicherheit prägte ihre Kindheit und Jugend. Sie gehören also zur heutigen Arbeiter*innenklasse, aber sie begreifen ihre Situation nicht als Klassenschicksal, sondern individualisiert. Unter den Bedingungen struktureller Massenarbeitslosigkeit bei sozialstaatlicher Mindestsicherung entwickelt sich eine starke Abgrenzung nach unten. Die Fraktionierung der Arbeiter*innenklasse führt dazu, dass die Jugendlichen als Teil einer Unterklasse erscheinen. Die Spannung zwischen den (einigermaßen) gesicherten Lohnarbeiter*innen und den prekären Lohnarbeiter*innen verstellt den Blick auf die Gemeinsamkeiten gegenüber den besitzenden Klassen. Der Abstieg in die Zone der Entkoppelung ist die eigentliche Bedrohung. Aufstieg durch Berufsbildung erwarten die Jugendlichen nicht, sie kämpfen nur für eine einigermaßen gesicherte Existenz. Entsprechend richten sie ihre Berufsorientierung auf den Gewinn von Sicherheit aus.

Was kann die akademische Berufspädagogik aus diesem Verständnis gewinnen? Die Berufsbildung soll die Fachkräfte von morgen qualifizieren und zugleich selbstbewusste, reflektierte Bürger*innen ausbilden. Einem Teil der Jugendlichen wird diese Möglichkeit durch fehlende Ausbildungsplätze ganz vorenthalten und die prekären Arbeitsbedingungen bieten auch jungen Erwerbstätigen mit Ausbildung oft keine Statussicherheit. So werden die gesellschaftlichen Grundlagen des künftigen Wachstums zerstört, da die deutsche Volkswirtschaft auf einen hohen Qualifikationsstand der Arbeiternehmer*innen angewiesen ist. Wenn die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen einbezogen werden, zeigt sich, dass sich die berufliche Bildung in Widersprüchen bewegt, die nicht durch sie gelöst werden können: In der gegenwärtigen Situation kann ein beträchtlicher Teil der Jugendlichen seinen Wunsch nicht verwirklichen, durch berufliche Bildung eine gesicherte Existenz zu erlangen. Eine Folge dieses strukturellen Widerspruchs ist der Double-Bind-Effekt von Berufswahlkompetenz, nämlich Selbstständigkeit und Mündigkeit erwerben zu sollen und sich gleichzeitig an widersprechenden äußeren Vorgaben orientieren zu müssen (vgl. Büchter/Christe 2014, 13f.). Eine Verbesserung der Lage der Jugendlichen, denen die Platzierung auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt erschwert wird, ist nur durch ein verändertes Kräfteverhältnis zwischen den Klassen zu erwarten: Konkret durch bessere Arbeitsbedingungen und gesellschaftliche Anerkennung solcher Tätigkeiten, die heute in die Prekarität führen.

Berufsbildung sollte den Jugendlichen keine individualisierenden Schuldzuschreibungen nahelegen, sondern die Kollektivität des Erlebten sichtbar machen. So könnte für den benachteiligten Teil der Jugendlichen die spürbare Doppelmoral im Umgang mit ihnen verschwinden. Eine solche aufklärerische Berufspädagogik kritisiert die Zuweisung eines Teils der Jugendlichen in die Prekarität – selbst wenn sie funktional wäre. Das Erleben (benachteiligter und nicht benachteiligter) Auszubildender und ihr Blick auf die Arbeitswelt sind lohnende berufspädagogische und soziologische Forschungsfelder. Aus unserer Sicht ist zu wenig über die gegenwärtige Lage der Auszubildenden bekannt. Ein Anknüpfen an die Lehrlings- und Absolvent*innenstudien (vgl. den Überblick bei Lempert 2009, 65ff.) in Verbindung mit der Prekaritätsforschung würde Klarheit schaffen, wie sich gesellschaftliche Veränderungen auf die Jugendlichen und die Berufsbildungspraxis auswirken.

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Zitieren des Beitrags

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