bwp@ 26 - Juni 2014

Berufliche Bildung aus der Perspektive des lernenden Subjekts

Hrsg.: Tade Tramm, Martin Fischer & Nicole Naeve-Stoß

Projektkrisen oder ob sich spanische Geschichte in deutscher Ausbildung fortsetzen kann

Beitrag von Martin Koch & Ute Clement

Menschen sind zweifellos kreativ. Doch zentrale Lebensentscheidungen fällen sie auf der begrenzten Grundlage von Möglichkeiten, die sie in der Welt vorfinden und zu generativen Strukturierungsmustern verschweißen. Ähnlich den Worten, die in einem Sprachraum verfügbar sind, gleichen soziale Räume – Orte, Regionen oder sogar Nationen – endlichen Sammlungen möglicher Lebens- und Arbeitsweisen, die von den dort handelnden Akteuren[1] verinnerlicht und auf wechselhafte Gegebenheiten bezogen werden. Beruflichkeiten und Lebensstile sind immer auch Projekte mit historisch und geografisch begrenzter Gültigkeit. Sie sind an die Zeit und den Ort ihrer Ausprägung gebunden und nur insofern elastisch, als jede Veränderung mit bereits gegebenen Mitteln erfassbar, wählbar und realisierbar sein muss. Was aber geschieht, wenn derart verinnerlichte Modelle in veränderten Anforderungskontexten außer Funktion gesetzt werden? Dieser Frage gehen wir in diesem Beitrag am Beispiel madrilenischer Ausbildungsemigranten beim Antritt betrieblicher Ausbildungen in der Bundesrepublik nach. Wir versuchen, deren zentrale Arbeits- und Lebensprojekte aus der jüngeren spanischen Sozialgeschichte nachzuvollziehen und stellen in einem zweiten Schritt dar, in welcher Weise gerüstet sie den veränderten Anforderungen dualer Ausbildung im Einwanderungsland Deutschland gegenüber treten.


[1] Die männliche Schreibeweise bezieht im Meinen die weibliche ein.

Unser herzlicher Dank gilt Mehtap Dogu und Regine Majewski, ohne deren engagierte und anregende Mitarbeit die hier dargestellte Studie nicht hätte zustande kommen können.

Project crises or whether Spanish history can be continued in German education and training?

English Abstract

Without any doubt, human beings are creative. However, major life decisions are often made according to the limited basis of possibilities which they find in the world and which fuse into generative structural patterns. Similarly to the words which are available in a particular linguistic region, social spaces – places, regions or even nations – come to resemble possible ways of life and work which are internalised by the actors there and used to refer to changing situations. Vocational aspirations and life styles are always projects with a limited historical and geographical validity. They are connected to the time and place of their shaping and are only flexible to the extent that it must be possible to understand, choose and realise each change with the means which are already available. However, what happens when such internalised models are rendered useless in changed contexts of demands? We examine this question in this paper using the example of trainees who have emigrated from Madrid at the point of entering vocational education and training in Germany. We try to understand their major work and life ambitions in the context of recent Spanish social history and, in a second step, we present how they are equipped to face the changed demands of dual vocational education and training in Germany.


Thank you to Mehtap Dogu and Regine Majewski, without whose commitment this study could not have taken place.

1 Aufträge, Projekte und sozialraumgebundene Möglichkeitsspektren

Krisen, Technologisierungs- und Migrationswellen wirbeln nicht nur die äußere Welt gegebener Möglichkeiten, sondern auch Lebensgeschichten, Intuitionen und Horizonte durcheinander, mit denen sich eine lange pulsierende Umwelt in das sinnliche Handeln der in sie geworfenen Menschen graviert hat. Denn Erwerbslosigkeit und blockierte Berufsperspektiven bedeuten stets mehr als das Schicksal, eine spezifische Arbeitstätigkeit nicht mehr ausüben zu können. In Beruf und der rahmenden Lebensweise materialisiert sich die Komplexität der Beziehungen, die ein Mensch zur sozialen und gegenständlichen Welt eingegangen ist. Die Option und das praktische Ausüben eines Berufs erscheinen wie Leitmetaphern gesellschaftlichen Seins. Nicht nur, dass die Gestalt des Berufs die strukturelle Dynamik jeder Lebensplanung bedingt; weit über formelle und informelle Qualifikationen hinaus ist allem beruflichen Handeln eine ganze Architektur von Beziehungen eingeschrieben, mit denen sich der tätige Mensch in Verhältnisse setzt.

Mit dieser Sichtweise schließen wir im Grundsatz an die generative Dimension von Bourdieus Habitustheorie (vgl. z. B. Bourdieu 1997a, 102ff.) an: Wir erachten die Habitus als verinnerlichte Systematiken sozialer Verhältnisse. Sie sind jeder Individualität als historische Gewordenheit gesellschaftlicher Strukturen vorausgesetzt und unterscheiden sich doch durch die Besonderheit der sozialen Erfahrung. Dabei fokussieren wir drei besondere Aspekte dieses Herangehens:

Erstens betrachten wir die Verinnerlichung sozialer Erfahrung aus der Subjektperspektive: Die Besonderheit einer Biografie fügt die Gegebenheiten des Feldes zu dem komplexen Geflecht eines Weltverständnisses, in dem jedes Erlebnis in besonderer Relation zu anderen Erfahrungen steht (vgl. Clement 2012, 53ff.; Koch 2013, 44ff.). Damit ordnen sich Personen, Dinge und Institutionen zur Regelhaftigkeit einer subjektiven Grammatik, die nicht nur die Bedeutung jeder neuen Erfahrung, sondern auch jeden praktischen Umgang mit ihr figuriert. Die geronnene Subjektivität jeder Biografie enthält damit Spielregeln eines schöpferischen Bewältigungsvermögens, dem jedes weitere Lernen hinzugefügt wird. Dabei ist zu bedenken, dass jede individuelle Erfahrung aufgrund einer besonderen Wahrnehmung und Positionierung erfolgt, die dem einzelnen Leben vorgängig ist. Auch wir gehen darum davon aus, dass Sozialisation die Übernahme bereits vorhandener Zuordnungsmuster bedeutet und darum gerade in familiären Kontexten an die Bewältigungsmuster vorangegangener Generationen angeschlossen wird.

Zweitens sehen wir die mögliche Ausprägung dieser Grammatiken durch die Beschaffenheit geografischer und historischer Räume begrenzt: So stehen zu unterschiedlichen Zeiten an unterschiedlichen Orten unterschiedliche Berufe zur Auswahl, die sich mit besonderen Mentalitäten, Institutionen und lokalen Ereignissen zu Berufsverständnissen verbinden. Damit werden soziale Verhaltensweisen zu performativen Abbildern der sozialen Räume ihrer Hervorbringung und sind strategisch auf dort ausgeprägte Gepflogenheiten bezogen. Wenn wir also nach der Besonderheit eines individuellen Bewältigungsvermögens fragen, so stehen uns zwei Dechiffrierungssysteme zur Verfügung: Das Spektrum von Möglichkeiten eines historisch gewordenen Raumes und die darin bekleideten Positionen einer konkreten Person.

Drittens interessieren uns die performativen Möglichkeiten dieser Grammatiken unter Bedingungen ihrer Entwertung. Damit schließen wir zunächst an Bourdieus (1993, 210) Konzeption der „Umstellungsstrategien“ an, mit denen soziale Akteure auf Veränderungen des sozialen Felds reagieren. Doch unser Interesse geht weiter: Wir fragen danach, was passiert, wenn sich die Bedingungen des Feldes durch Ortswechsel oder Schicksalsschläge derart verändern, dass sie sich nicht mehr mit bereits ausgeprägten Handlungsgrammatiken kompatibel erweisen. Hier stellt sich nach unserem Erachten die Frage, mit welchen alternierenden Spielarten eine bestehende Handlungsweise hinterlegt ist. Einfach ausgedrückt bedeutete dies, dass eine neue Herausforderung besser bewältigt werden kann, wenn bereits eine vergleichbare Erfahrung verinnerlicht wurde. In dem hier fokussierten erweiterten Sinne aber heißt es, Erfahrungen nicht nur mit Veränderungen des Feldes, sondern auch mit Veränderungen der eigenen Person gemacht zu haben. Unsere Hypothese lautet darum, dass Menschen, die bereits mit Berufs-, Orts- und sozialen Positionswechseln konfrontiert wurden, Befähigungen zur Anpassung an veränderte Umstände erworben haben und darum auch damit vertraut sind, mit der eigenen Rolle bereits ausgeprägte Handlungsweisen zu ändern. Sie haben Einblick in die Relationalität aller Institutionen und verfügen über die Reflexionsfähigkeit, soziale Regeln und Normen als veränderliche Spielarten zu betrachten.

Um diese Zuspitzungen auf die hier fokussierte Zielgruppe spanischer Ausbildungsimmigranten in dualer Ausbildung beziehen zu können, müssen wir allerdings eine Reduktion der Subjektperspektive vornehmen: Um die Komplexität ganzer Handlungsgrammatiken erheben und einschätzen zu können, bedürfte es einer Kenntnis historisch gewordener Berufsverständnisse, sozialer, ästhetischer und politischer Zuordnungsweisen, über die wir hinsichtlich Spaniens nicht verfügen. Sie allein aus der Literatur nachvollziehen zu wollen, erschiene uns anmaßend. Wir haben bei unserem empirischen Vorgehen[1] darum darauf verzichtet, konkrete Handlungsgrammatiken nachzuzeichnen. Vielmehr verwenden wir eine Heuristik habitueller Rahmenkonzepte, deren innere Differenzierung wir bewusst zurückstellen. Damit schließen wir an Bourdieus (1997b, 652) Formulierung eines „Projekts“ als intergenerationalem „Erbe“ an, was wir wie eine grundsätzliche Zielsetzung, sich langfristig innerhalb eines historisch gegebenen Sozialraums zu positionieren, verstehen. Wir können berufsbiografische Lebensprojekte benennen und grundsätzlich darstellen, welche Aktivitäten zu ihrer Umsetzung notwendig sind. Doch wir vermögen es nicht darzustellen, in welcher besonderen Art und Weise dies jeweils geschieht. Es ist uns möglich, abstrakte Metamorphosen des Feldes wie veränderte Beruflichkeiten, Wanderungsbewegungen, demografische Entwicklungen, ökonomische oder kulturelle Statusverläufe nachzuvollziehen. Gleichfalls können wir die Grundsätzlichkeit familienbiografischer Tatsachen wie Orts- und Berufswechsel, kulturelle oder ökonomische Statusverläufe identifizieren. Die besondere Form der kommunikativen und ästhetischen Mittel, Gesellungsstile und Zuordnungsmuster, mit denen diese Aufträge umgesetzt werden, vermögen wir aber nicht nachzuzeichnen. Unser Vorgehen besteht also darin, die biografischen Verläufe der von uns befragten Jugendlichen und ihrer Familien im Kontext der jüngeren spanischen Sozialgeschichte nachzuvollziehen. Wir betrachten Struktur und Geschichte des spanischen Arbeitsmarkts als einen Möglichkeitsraum, in dem sich Familien in jeweils besonderer Weise positionieren. Aufgrund dieser Erfahrungen entsteht zweierlei: Die Besonderheit einer familialen Berufstradition, die mit spezifischen Mitteln von Eltern, Großeltern und unseren Probanden umgesetzt wird. Diesen Komplex betrachten wir als einen Auftrag, der, gleichsam Mission und Ressource, die Jugendlichen mit besonderen Möglichkeiten und Zielsetzungen ausstattet. Beide münden nun in die Widersprüchlichkeit eines Projekts, das die Betroffenen im Rahmen der Ausbildungsimmigration umzusetzen versuchen.

2 Zur besonderen Situation spanischer Ausbildungsimmigranten

Eurostat (2014h), das Statistische Amt der Europäischen Union, stellt im Internet eine bemerkenswerte Seite zur Verfügung: Unter dem Label „Regional Statistics Illustratederscheint eine interaktive Karte mit den Regionen Europas, die je nach Ausprägung eines zu wählenden Indikators unterschiedlich gefärbt sind. Unterhalb dieser Karte befindet sich ein Zeitstrahl der vergangenen Dekade und nach Aktivierung der Startfunktion sieht man sich den Kontinent im Zeichen der Krise verwandeln. Ganz gleich, ob Arbeitslosigkeit, Bruttoinlandsprodukt oder Bevölkerungsdichte zugrunde gelegt sind; es ist, als würde sich alles fruchtbare Klima im mittleren Okzident konzentrieren und dabei den Mittelmeerraum als eine Ödnis zurücklassen. Was sich auf dieser Seite allerdings nicht darstellen lässt, ist, ob diese Prosperitätsverschiebung auch Migrationsbewegungen von Süd- nach Mitteleuropa auslöst. Doch tatsächlich repräsentieren die hier untersuchten 40 spanischen Ausbildungsimmigranten eine dritte Immigrationswelle, mit der der Bundesrepublik (nach den Zuzügen tendenziell unqualifizierter Arbeitsmarktmigranten ab Anfang der 1960er Jahre und den vielen sog. Asylbewerbern und Spätaussiedlern rund um die deutsche Wiedervereinigung) seit 2012 erstmals wieder jährlich mehr als eine Million Personen zuwandern (StBA 2014a, 11f.). Die Protagonisten heben sich gegenüber früheren Immigranten aber durch ein deutlich gehobenes Bildungsniveau[2] (Brücker 2013, 14f.; Seibert, Wapler 2012) und eine veränderte Herkunftsverteilung hervor: 66,1vH der nichtdeutschen Zuwanderer entstammten 2012 der EU-27 und davon wiederum kamen 63,4vH aus den osteuropäischen Beitrittsländern Polen, Rumänien, Ungarn und Bulgarien und 18,5vH aus den südeuropäischen Krisenländern Portugal, Italien, Griechenland und Spanien, den sog. PIGS (eigene Berechnung anhand StBA 2014b, 76). Dabei sind gerade die Zuwanderungszahlen Jüngerer zwischen 18 und 25 Jahren beeindruckend: Ihr Anteil an allen Zuwanderern mit europäischer (EU-27) Staatsangehörigkeit betrug 2012 ganze 19,6vH und ist seit 2008 allein aus den sog. PIGS auf mehr als das Doppelte angestiegen (eigene Berechnung anhand StBA 2010, 80; 2014b, 79). Gerade diese Alterskohorte weist gleichzeitig den entscheidendsten Unterschied zwischen Neuzuwanderern und Personen ohne Migrationshintergrund auf. Nach einer Berechnung im Auftrag der Bertelsmann Stiftung verfügten in dieser Altersgruppe in 2009 41,4vH (Neuzuwanderer) gegenüber 6,3vH (Personen ohne Migrationshintergrund) über einen als hoch eingestuften und nur 18,5vH gegenüber 20,7vH über einen als niedrig eingestuften Bildungsabschluss im Sinne keiner abgeschlossenen Berufsausbildung (Brücker 2013, 11; 15).

Zwar verteilt sich das Gros der Neuzuwanderer noch auf Zuwächse an sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung (vornehmlich Osteuropäer (Brenke/Neubecker 2013, 10f.)) und Studienanfängern (vornehmlich Südeuropäer (BAMF 2014, 195)), während sich zwischen 2009 und 2012 nur marginale Steigerungen Auszubildender gerade mit südeuropäischer Staatsangehörigkeit ablesen lassen (vgl. StBA 2010-2013). Doch dies scheint sich im laufenden Ausbildungsjahr entscheidend zu ändern: „Zur Sicherung des Fachkräftebedarfs in Deutschland und als Beitrag gegen die hohe Jugendarbeitslosigkeit in Europa“ (BA 2013) setzte die Bundesregierung Ende 2012 unter dem Titel MobiPro-EU ein Förderprogramm zur gezielten Anwerbung arbeitsloser Fachkräfte und Auszubildende aus anderen EU-Staaten in die Welt. Darunter sollen sich laut einem deutsch-spanischen Abkommen bis 2017 jedenfalls 5 000 Spanier befinden. Die Resonanz auf dieses Programm war offensichtlich gewaltig: Laut Pressemeldungen sollen sich bis Ende März 2014 9 000 junge Leute (mehr als die Hälfte davon aus Spanien) beworben haben, so dass die Bundesregierung eine vorläufige Aufnahmebegrenzung verhängte.[3] Angesichts der Diskurse um demografischen Wandel und Fachkräftemangel erscheint es offensichtlich, dass „Deutschland von einem Anstieg der Migration, der durch die Einführung der Arbeitnehmerfreizügigkeit gegenüber den neuen Mitgliedsstaaten der EU und die Eurokrise ausgelöst wurde“ (Brücker 2013, 33), profitiert und gleichzeitig absehbar, dass künftig ein erheblicher Anteil an Auszubildenden aus den Bildungssystemen dieser Herkunftsländer rekrutiert wird.

Doch kann eine so umfassende Integration jugendlicher Ausbildungsimmigranten wirklich gelingen? Einerseits beschreibt die Ausbildungsbeteiligung junger Migranten in den letzten 20 Jahren alles andere Erfolgsgeschichte. Der auf die Jahrgangsstärken bezogene Rückgang des Ausbildungsangebots (Kreckel/Ulrich 2009, 10f.) hat bis Mitte der 2000er Jahre gerade junge Ausländer mit besonderer Härte getroffen (Baethge/Solga/Wieck 2007, 42). Allein die Anzahl von Auszubildenden mit spanischer Staatsangehörigkeit ging bereits 2004 über den demografischen Faktor hinaus auf das noch in 2012 kaum verändert niedrige Niveau von 32vH des Bestandes von 1993 zurück (eigene Berechnung anhand Konsortium Bildungsberichterstattung 2006, 299; STBA 2013a, 41). Die vergleichsweise erfolgreiche Platzierung von Spaniern im deutschen Bildungssystem (vgl. Herwartz-Emden 2007, 17) hat sich also keineswegs in der Ausbildungsbeteiligung niedergeschlagen.[4]

Andererseits prägt die Situation jugendlicher Ausbildungsimmigranten eine merkwürdige Ambivalenz. Zunächst lässt sich, ganz gleich, ob es sich um in- oder ausländische Zuwanderer handelt, festhalten, dass die Tendenz zu großräumiger Mobilität mit dem Grad der vorhandenen Qualifikationen ansteigt. Wer bereits mit einem Ausbildungsabschluss zuwanderte, befand sich zu jedem historischen Zeitpunkt in einer vergleichsweise günstigen Wettbewerbssituation. Doch dieser Erfolg war nicht nur mit dem relativen Alleinstellungsmerkmal der Qualifikation, sondern oft auch mit Mobilitätserfahrung und der Teilhabe an kulturellen Institutionen verbunden. Demgegenüber wurden unqualifizierte oder ungebetene Arbeitsmigranten schon immer als tendenziell erste von Arbeitsmarktkrisen und Dequalifizierungsprozessen betroffen (Koch 2012, 27ff.; 2013, 135ff.; 253). Sie können sich auf Dauer nur dadurch behaupten, dass sie durch längeren Aufenthalt an einem bestimmten Ort im Einwanderungsland nachholend soziales und kulturelles Kapital akkumulieren. Erst die anhaltende Präsenz in geografisch abgrenzbaren sozialen Räumen führt merklich zu einer verbesserten Bildungspositionierung (vgl. z. B. Tunsch/Koch/Bojanowski 2013). Trotzdem hatten sich gering qualifizierte Arbeitsmigranten in der Vergangenheit rigiden Arbeitsanforderungen anzupassen, ohne sie mit bereits vorhandenen Bildungs- und Sozialisationshintergründen in Einklang bringen zu müssen.

Das könnte in der jetzigen Situation völlig anders verlaufen: Denn die Mehrheit der derzeitigen Immigranten wird gerade aufgrund einer Qualifikation angeworben, die trotz aller Anstrengung, berufliche Qualifikationen und Kompetenzen EU-weit vergleichbar zu machen, keineswegs mit den hiesigen Anforderungen harmonisieren muss. Überdies sind sie zu einem eigenständigen Bewältigungshandeln angehalten. Sie müssen darum auch informell erworbene Kompetenzen mobilisieren und auf andersartige Gepflogenheiten im Einwanderungsland beziehen.

Die hier untersuchten Ausbildungsimmigranten sind zudem für den Zweck einer Ausbildung angeworben und erhalten damit eine Art von Option auf eine spätere Legitimierung. Sie müssen etwas beweisen, ohne es bereits in Händen zu halten und damit einen Bildungsaufstieg unter unbekannten Umständen vollziehen. Schließlich aber sind hier bereits Ausgebildete für eine Ausbildung angeworben. Sie müssen ein Können beweisen, das im Laufe der Ausbildung durch ein anderes ersetzt werden soll und darum nicht als nachhaltig präsentiert werden darf. Jenseits bloß fachlichen Lernens ist eine spezifische Rolle einzunehmen, in der die Betroffenen zu späterer Selbstständigkeit unterwiesen werden. Es stellt sich die Frage, ob und in welchem Maße diese Jugendlichen auf eigene oder sozialisierte Erfahrungen zurückgreifen können, die sie jenseits bloß fachlicher Anforderungen zu einer ebenso selbstständigen wie unselbstständigen Assimilierung befähigen.

3 Zur spanischen Sozialgeschichte

Erfahrungen gehen aus der Geschichte sozialer Räume hervor und repräsentieren in ihrer besonderen Verteilung und Ausprägungsweise die Lebensweise der darin tätigen Protagonisten. Die Strategien, Dispositionen und Bewältigungsmuster der hier untersuchten Ausbildungsimmigranten lassen sich darum nur auf Grundlage der spanischen, insbesondere der madrilenischen Geschichte verstehen. Sie unterteilt sich in den 50 Jahren vor Ausbruch der Wirtschaftskrise in drei zentrale Transformationsphasen.

Spanien erlebte, ebenso wie die beiden anderen südeuropäischen Krisenländer Portugal und Griechenland, erst ab den 1960er Jahren mit rund 100jähriger Verzögerung eine dem deutschen Take-Off vergleichbare Wirtschaftsentwicklung (Poulantzas 1975, 14ff.). Noch 1950 waren 47,57vH der erwerbstätigen Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig gewesen (Bernecker 1988, 130), was in etwa dem Entwicklungsstand des Deutschen Reichs von 1871 entspricht (Geißler 2010, 17). Im Kontext der noch unter Franco eingeleiteten Stabilitäts- und Entwicklungspläne weist Spanien dann zwischen 1961 und 1974 ein jahresdurchschnittliches Wirtschaftswachstum von exorbitanten 7vH auf – ein Wert, der zu dieser Zeit unter den kapitalistischen Industrieländern einzig von Japan übertroffen wird (Lopez-Castro 1977 zit. n. Bernecker 1988, 124). Das Land steigt innerhalb von nur „15 Jahren vom Niveau eines Entwicklungslandes auf den 10. Platz der Industrienationen auf“ (ebd., 125). Dem rasanten Niedergang des primären Beschäftigungssektors von 47,57vH (1950) auf 23,1vH (1976) (ebd., 130) folgt eine massenhafte Abwanderung in die industrialisierten Metropolen. So wächst die Einwohnerzahl Madrids allein in den 1960er Jahren um 45,5vH. Gleichzeitig entlädt sich der implodierte Agrarsektor ab den 1960er Jahren in Arbeitsemigrationen nach Frankreich, der Schweiz und in die Bundesrepublik Deutschland (Kreienbrink 2008, 2).

Dieser Wachstumsphase folgt mit dem Ende des Franquismus ein Einbruch, von dem sich das Billiglohnland erst in der zweiten Hälfte der 1980er Jahren durch EG-Beitritt, wachsenden Außenhandel, ersten Privatisierungen und Arbeitsmarktderegulierungen erholt. Doch das Wirtschaftswachstum von in 1987 neuerlichen 5,5vH (Lavon 1992, 195) ist ein klassisches jobless growth. Bei kaum merklich steigenden Beschäftigtenzahlen (ebd. 192) vervierfacht sich die Arbeitslosenquote von 1977 bis 1986 auf 21,5vH und die Jugendarbeitslosigkeit erreicht bereits jetzt einen Wert von 48,2vH (Köhler 2010, 10; vgl. Fußnote 8), was einzig durch einen traditionellen Schattensektor von 16,1vH (1989/1990) der Beschäftigten kompensiert wird (IAW 2013, 7). Nach einer weiteren Rezession Anfang der 1990er Jahre, erlebt das Land dann „von 1994 bis 2008 ein scheinbares Wirtschafts- und Beschäftigungswunder mit durchschnittlichen Wachstumsraten, die mit 3,5 Prozent deutlich über dem EU-Durchschnitt“ (Köhler 2012, 247) liegen. In dieser Zeit erscheint Spanien als Musterland der entstehenden Wirtschafts- und Währungsunion: Die Staatsverschuldung sinkt Ende 2007 auf 36,3vH des BIP (Eurostat 2014a), die Quoten von Jugend- und allgemeiner Arbeitslosigkeit gehen 2006 auf weniger als 40vH des Bestandes von 1986 zurück und ein jährlicher Zuwachs von 700 000 neuen Arbeitsplätzen lässt die Erwerbsquote um mehr als 20vH ansteigen (Köhler 2010, 10; 2012, 250). All dies geht mit einer tiefgreifenden Umgestaltung der spanischen Gesellschaft einher: Zunächst steigt die Frauenerwerbsquote seit Mitte 1980er Jahre von 28,2vH auf 48,6vH (Köhler 2010, 10). Dem folgt ein fulminanter demografischer Wandel, nachdem der Jugendquotient 2007 nicht viel mehr als halb so hoch wie 1980 ausfällt (vgl. Eurostat 2009, 142; Fernández 2012, 61f.). Schließlich wandelt sich das traditionelle Auswanderungsland zum Einwanderungsland: Von Mitte der 1980er Jahre bis 2007 „ist die ausländische Bevölkerung um das Neunzehnfache auf 4,52 Millionen gestiegen“, was einem Anteil von 14,4vH an allen Erwerbstätigen entspricht (Kreienbrink 2008, 1). Dabei erweist sich gerade Madrid als Knotenpunkt dieser Entwicklung: Die demografisch alternde Hauptstadt ist vor Ausbruch der Krise nicht nur die am BIP pro Kopf taxiert reichste (Eurostat 2010, 41, 78), sondern auch die autonome Gemeinschaft mit der höchsten Frauenerwerbstätigkeit (Eurostat 2014h). Sie hat zudem den zweithöchsten Ausländeranteil, wobei hier besonders viele Arbeitsmigranten aus Marokko und den ehemaligen Kolonien Lateinamerikas ansässig sind (Kreienbrink 2008, 5).

Doch dieser Boom erweist sich in ganz Spanien als spekulative Makulatur. Er beruht auf einer immensen Deregulierung (das Land wies 2008 mit 29,3vH den höchsten Anteil befristeter Beschäftigungen auf, von denen 87vH unfreiwillig waren und in nur 26vH der Fälle in unbefristete Beschäftigung übergingen (Eichhorst/Marx/Thode 2010, 15ff.)), Privatisierungen von Staatsunternehmen (Köhler 2012, 241f.).) und einer Tertiärisierung, mit der sich der Dienstleistungssektor schon vor Ausbruch der Krise (2006) gegenüber 1970 auf 65,5vH der Beschäftigten beinahe verdoppelte (StBA 2009, 11). Den Kern der Beschäftigungszuwächse bildet neben dem Tourismus allerdings ein deregulierter und immer mehr überhitzter Bau- und Immobiliensektor mit jeweils darum gruppierten Dienstleistungssparten (Banyuls/Recio 2014, 44). Der Baubereich fällt dann mit dem Platzen der Immobilienblase in sich zusammen – innerhalb kürzester Zeit kommt es zur Vernichtung von rund vier Millionen Arbeitsplätzen (Eurostat 2014b).

4 Biografische Abbildungen sozialräumlicher Entwicklungen

Unsere Probandengruppe kann aufgrund der Größe der Stichprobe von 40 Fragebögen und 14 geführten Interviews schwerlich Anspruch auf Repräsentativität geltend machen. Trotzdem bildet sich die spanische Sozialgeschichte in den Biografien der betroffenen Jugendlichen und ihrer Familien ab. Dies macht sich zunächst am Bildungsniveau fest. Denn trotz anhaltender Kritik an der Leistungsfähigkeit des spanischen Bildungssystems (Palomares Ruiz, 2012), das auch 2012 noch in allen drei Bereichen Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften unterhalb des OECD-Durchschnitts lag (OECD 2013, 5), hat Spanien seit Mitte des 20. Jahrhunderts eine bemerkenswerte Bildungsexpansion durchlaufen. Ein gerade unter der ländlichen Bevölkerung weit verbreiteter Analphabetismus löste sich in einer dauerhaften Bildungsprogression auf (Kügler 2008, 403ff.). Entsprechend betrug der Anteil der 25-34jährigen Personen mit niedrigem Ausbildungsniveau (ISCED97, Stufen 0-2) 2012 mit 36,1vH nicht einmal die Hälfte von dem der über 65jährigen (84,3vH). Gleichzeitig kam die Bildungsbeteiligung der 18jährigen mit 78,4vH dem bundesdeutschen Niveau von 86,1vH (Eurostat 2014c; 2014d) schon recht nahe (vgl. hierzu auch BiBB 2013, 435) und lag mit einer Quote von 40,1vH der 30- bis 34-Jährigen mit tertiärem Bildungsabschluss 2012 deutlich über dem Europäischen Durchschnitt (Eurostat2014i, 3). Demgemäß gaben in unserem Sample 39 der 40 Probanden an, bereits eine Berufsausbildung absolviert, bzw. sogar studiert[5] oder (in acht Fällen) das Abitur gemacht zu haben. Weiterhin scheint sich auch der demografische Wandel in einem (am Geburtsjahr bemessenen) Lebensalter unserer Probanden von 18 bis 35 und einem Altersdurchschnitt von 25,2 Jahren (n=39) zu spiegeln. Demgegenüber scheinen Jugendliche unter 25 Jahren mit einer Arbeitslosenquote von in 2013 55,5vH (Eurostat2014e) zwar trotz ihrer demografischen Verminderung am drastischsten von der Krise betroffen. Doch lassen sich diese Größen nicht mit hiesigen Bemessungsstandards vergleichen, da dem spanischen Arbeitsmarkt aufgrund eines vollzeitschulischen Ausbildungssystems deutlich weniger junge Menschen zur Verfügung stehen (Salazar/Medina 2013).[6] Entsprechend weisen die Gruppen der 25-29jährigen und 30-34jährigen zwar Arbeitslosenquoten von nur 33,3vH bzw. 25,9vH auf. Insgesamt liegt die Zahl der 25-34jährigen Arbeitslosen aber mit 1 645 800 annähernd doppelt so hoch wie die der 15-24jährigen mit 951 100 (Eurostat 2014e; 2014f). Es kann darum wenig erstaunen, dass fast die Hälfte unserer Probanden das 25. Lebensjahr bereits vollendet hatte.

Trotz dieser Relativierung ist die hohe Arbeitslosigkeit Jüngerer unter 25 Jahren alarmierend und verweist gleichsam auf eine erste Differenzierung unserer Stichprobe: Denn junge Berufseinsteiger erweisen sich in der Krise in noch anderer Weise als Verlierer eines deregulierten Arbeitsmarkts. Der Anteil befristeter Beschäftigungen lag 2007 unter Jugendlichen mit durchgängig über 60vH mehr als doppelt so hoch wie der der 25-49jährigen Arbeitnehmer (Eurostat 2014g). Entsprechend haben sie ihre Arbeit überwiegend aufgrund auslaufender Verträge verloren (Thompson 2014, 71). Die Krise äußert sich zudem in einer Verschiebung hoher Prozentzahlen ehemals erwerbstätiger Jugendlicher in wie auch immer geartete Bildung und Ausbildung (ebd. 30f.). Gerade vor diesem Hintergrund sind im Rahmen der Sparauflagen von EU und IWF vorgenommene Kürzungen im Bildungs- und Sozialetat und eine noch weitergehende Deregulierung des Arbeitsmarkts (Banyuls/Recio 2014, 46ff.) kaum perspektivgebend. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund eines immer noch familialistisch geprägten, „rudimentären“Wohlfahrtsstaats (Schmid 2010, 246ff.), in dem 2011 fast die Hälfte der nichterwerbstätigen Bevölkerung zwischen 25 und 64 Jahren keinerlei Sozialleistungen erhielt (Konle-Seidl/Rhein/Trübswette 2014, 5). Dies differenziert unsere Probanden schon aufgrund einer Alterspanne von 18 bis 35 Jahren nach dem Kriterium, ob und welcher Weise sie in ihrer bisherigen Biografie bereits Erfahrungen auf einem – wenn auch prekären – Arbeitsmarkt machen und ein eigenständiges Leben aufnehmen konnten. Denn gerade Madrid, wo steigende Wohnkosten bereits vor rund 10 Jahren erzwangen, dass „2/3 der Jugendlichen bis 35 Jahre noch bei den Eltern“ (Straßer 2005, 22) wohnten, erscheint in der Krise wie eine urbane Sackgasse. Auch hier, wo die Lokalregierung in den späten 1990er Jahren das Ziel vorgab, „Madrid an die Spitze der derzeitigen urbanen Gesellschaften zu setzen und es zur drittgrößten euro­päischen Metropole“ (zit. nach Youkhana/Sebaly 2014, 54) zu machen, hat sich die Krise mit unverminderter Wucht durchgesetzt. Selbst in der hochspezialisierten Wissens- und Dienstleistungskapitale (Eurostat 2010, 113ff.) haben sich allgemeine und Jugendarbeitslosigkeit 2013 gegenüber 2007 auf 19,8 bzw. 48,8vH verdreifacht (Eurostat 2014j). Zwischen unterbezahlten Gelegenheitsjobs in einer mutmaßlich auf 24,6vH des BIP gewachsenen Schattenwirtschaft (vgl. Fußnote 5) und temporären Bildungsangeboten der Arbeitsverwaltung blieb es einem erheblichen Anteil unserer Probanden versagt, ein selbständiges Lebensprojekt zu beginnen. Es gehe ihm bei seiner Emigration vor allem darum „den Rhythmus des Lebens“ wiederzubekommen, sagt Adiba[7]: „In Spanien bekommst du nicht die Möglichkeit dich zu entwickeln als Person, also entwickelst du dich hier.“

Diesem Umstand, dass die zum Zeitpunkt unserer Erhebungen bereits fünf Jahre grassierende Krise die Biografien der befragten Jugendlichen schon allein aufgrund ihres Lebensalters in unterschiedlicher Weise geprägt haben muss, haben wir bei der Auswertung in der Weise Rechnung getragen, dass wir zwischen einer Projektebene im oben benannten Sinn und der Möglichkeit ihrer Fortsetzung oder ihres Abbruchs unterscheiden: Projekte betrachten wir als generationsübergreifende Kontinuitäten in der Arbeits- und Lebensweise einzelner Familien. Sie offenbaren sich den Jugendlichen als Aufträge, die ihre eigenen Handlungsgrammatiken formatieren. Grundsätzlich sind diese Projekte über die drei Generationen angelegt, von denen uns die interviewten Jugendlichen zu berichten wussten. Weitergehend stellen wir mit den Begriffen Projektfortsetzung bzw. Projektabbruch dar, inwieweit die Jugendlichen aufgrund der beschriebenen Problematik bereits Gelegenheit hatten, diese Auftragsprojekte fortzusetzen, abzubrechen oder ggf. zu transformieren. Schließlich geben wir eine Einschätzung, ob sich aufgrund derart gewordener Dispositionen weitere Veränderungsbedarfe ergeben, in welchem Maße die Jugendlichen von der Krise betroffen sind und ob ihnen neben der Ausbildungsemigration noch weitere Alternativen zur Verfügung stehen.

5 Projektebene: Vier exemplarische Immigrationstypen

Wie fädeln sich nun die Lebensweisen und Bewältigungsmuster unserer Probanden und ihrer Familien in die oben beschriebene spanische Sozialgeschichte ein? Offensicht verweist die ungeheure Geschwindigkeit, mit der Spanien eine nachholende Entwicklung durchlief, auf einen durchgängigen Wandel der Lebensverhältnisse, der von einem Ausgangsstadium in den Großelterngenerationen über einen zwischenzeitlichen Aufstieg in die jetzige Krise führt. Doch die Art und Weise, mit der die Familien diesen Transformationsprozess durchlebten, beschreibt schon vorab ein unterschiedlich geprägtes Bewältigungsvermögen gegenüber der bevorstehenden Integrationsanforderung. Dabei sind grundsätzlich alle Mobilitäts-, Arbeits- und Bildungsstile von Belang, die Jugendliche, Eltern und Großeltern vor Ausbruch der Krise[8] und der resultierenden Ausbildungsemigration ausgeprägt haben und die nun als Projekte für die Bewältigung der Ausbildungsemigration zur Verfügung stehen.

Die einzelnen Projekte, die wir aus den Lebensgeschichten der Jugendlichen und ihrer Familien ableiten konnten, betreffen einerseits deren Mobilitätstraditionen, andererseits die verfolgten Bildungs- und Arbeitsstile. Sie sind besondere Abbilder der Transformationsdynamik von einer agrarisch geprägten Lebensweise zu einer urbanen Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft. Die verschiedenen Arten und Weisen, mit denen die Familien der Jugendlichen diesen gesellschaftlichen Wandel gestaltet haben, markieren zunächst drei idealtypische Stufen, auf denen die einzelnen Protagonisten in unterschiedlichem Ausmaß Migrationskompetenz erlangt haben:

  1. Im Zuge eines arbeitsgesellschaftlichen Mainstreams werden die Akteure überhaupt erst Teil einer industrialisierten Arbeitsgesellschaft. Die geschieht landesunabhängig in aller Regel durch Landflucht und die Einmündung in ein gewerbliches Arbeitsverhältnis.
  2. Die verschiedenen Phasen dieses immer wieder krisenhaften Modernisierungsprozesses beginnen viele Protagonisten überdies individuell zu gestalten, indem sie soziales, kulturelles und ökonomisches Kapital anhäufen und dabei räumliche und berufliche Mobilitätserfahrungen jenseits eines zeitgenössischen Mainstreams gängiger Existenzweisen sammeln.
  3. Weitere Personen nutzen diese oder vergleichbare, in anderen Ländern gesammelte Erfahrungen im Zuge einer eigenständig motivierten Migration, assimilieren sich anderen kulturellen Kontexten und lernen bereits angehäufte Ressourcen unter veränderten Bedingungen zu konvertieren.

Dabei ist zunächst zu beachten, dass selbst die Bezugnahme auf die Arbeits- und Lebensweisen der Eltern und Großeltern einen künstlichen Ausgangspunkt in den Lauf familialer Traditionslinien setzt. Denn zweifellos markiert auch eine ländliche Arbeitsgesellschaft eine filigrane Differenzierung sozialer Positionierungen und Bewegungsspielräume, die unterschiedliche Erfahrungssammlungen ermöglichen. Insofern sind die Karten für die unterschiedliche Gestaltung des spanischen Modernisierungsprozesses längst im Vorfeld in einer Weise verteilt gewesen, die wir allenfalls zu erahnen vermögen.

Zudem muss angemerkt werden, dass sich sämtliche der oben schematisierten Prozesse nicht nur in Spanien, sondern mit zeitlicher Versetzung auch in den relevanten Zu- und Einwanderungsländern vollzogen haben. Insofern haben einige Familie Landflucht und weitergehende Bildungsprozesse bereits in den ehemaligen Kolonien vollzogen, während dies andere mit einer temporären Migration in die mitteleuropäischen Industrieländer Frankreich oder Deutschland verbunden haben. Insgesamt aber lassen sich untern den interviewten Jugendlichen zunächst drei Immigrationstypen identifizieren, deren Erfahrungs- und Handlungsspektrum jeweils den drei beschriebenen idealtypischen Stufen entspricht.

Schließlich kann vorab von keiner fallbezogenen Eindeutigkeit ausgegangen werden. Familien erweisen sich häufig als in der einen oder anderen Weise hybrid, indem sich über die Dauer mehrerer Generationen Wechsel in den angewandten Praktiken vollzogen, Familienzweige mit unterschiedlichen Traditionen aufeinandertrafen oder sich parallel in unterschiedlicher Weise ausgeprägten.Zwar kommt der Hintergrund von Bewältigungserfahrungen in verschiedenen Stilen einer Repertoireerweiterung gleich und legt gerade dadurch die Grundlage für eine entsprechende Klassifizierung. Doch im Ergebnis war eine eindeutige Zuordnung nur mit der Einschränkung möglich, dass wir über die drei benannten idealtypischen Stufen hinaus, einen weiteren Immigrationstyp benannt haben, dem wir diejenigen Jugendlichen zugeordnet haben, die in ihren Entwicklungsmöglichkeiten durch den Einbruch der Krise bereits in Spanien derart beschränkt wurden, dass sie nicht mehr an die Projektaufträge ihrer Eltern und Großeltern anschließen konnten.

5.1 Krisenflüchtlinge

Dieser Idealtyp ist im Mainstream der nationalen Arbeiterklasse geschwommen. Die Angehörigen der drei betreffenden Familien sind nach der Auflösung des primären Beschäftigungssektors in die Hauptstadt gezogen und haben dort entweder gelegenheitsorientierte oder dauerhafte Beschäftigungen in der Industrie angenommen. Auch über die krisenhaften Entwicklung der zweiten Transformationsphase der 1970er und 1980er Jahre hinweg entsteht damit das Bild einer bis zum Ausbruch der großen Krise progressiv verlaufenden Konstanz, mit der sich die Elterngeneration auf einem modernisierten Arbeitsmarkt etablieren konnte. Dies ging mit einer Steigerung des Bildungsniveaus von der ersten bis zur dritten der betrachteten Generationen einher. Doch auch diese bildungsbezogene Mobilität bleibt auf den Abschluss der Sekundarstufe I, der Educación Secundaria Obligatoria (ESO), und dem Absolvieren einer vollzeitschulischen gewerblichen Ausbildung beschränkt. Damit stehen hier ein Mobilitätsstil, den wir mit Ortsbindung/Landflucht und Arbeits- und Bildungsstile, die wir Kontinuierliche Arbeiterkarriere im nationalen Mainstream und Gelegenheitsorientierung auf Angelerntenniveau genannt haben, im Vordergrund.[9] Auch wenn diese Transformationen durchaus gezielt herbeigeführt wurden, so beschreiben sie doch eine zeitgenössische Notwendigkeit. Denn die Betroffenen haben diesen Projekten im Idealfall wenig Eigenständiges hinzugefügt. „Mein Vater sagt, dass wir wie Hasen sind. Uns gefällt es in der Nähe vom Bau zu wohnen“, beschreibt Adiba eine Lebensweise, die die Statik der ländlichen Sozialbeziehungen unter modernisiertem Vorzeichen zu perpetuieren scheint. Doch dann wurden die betroffenen Familien zentral von der Krise betroffen und konnten ihr schon in Spanien kaum etwas entgegen setzen: Der verschärfte Konkurrenzdruck auf einem rapide schrumpfenden Arbeitsmarkt macht sowohl Jugendliche als meist auch die Eltern schon allein aufgrund ihrer geringeren kulturellen Kapitalausstattung zu Krisenverlierern. Die Betroffenen scheinen alternativlos in die Emigration gezwungen und damit auch ein seit Generationen tradiertes Lebensmodell zur Disposition gestellt: „In der Zeit meiner Eltern gab es einen wirtschaftlichen Anstieg in Spanien. Ich für mich möchte nur Stabilität“, sagt Andrés.

5.2 Autonomiestrebende mit Gestaltungsressourcen

Unter diesem Idealtyp haben wir die fünf Jugendlichen und ihr Familien gefasst, die den wechselhaften spanischen Modernisierungsprozess mit eigenen Mitteln in unterschiedlichen Dimensionen gestaltet haben. Sie verkörpern die oben beschriebene zweite Stufe erlangbarer Immigrationskompetenz und haben die sozioökonomischen Veränderungen als Öffnung zu Eigenständigkeit, räumlicher, kultureller und beruflicher Mobilität interpretiert. Zwar steht am Beginn auch dieser Familiengeschichten oft eine landwirtschaftliche Lebensweise der Großeltern, doch in der Folgezeit haben die Protagonisten der unterschiedlichen Generationen Bildung oder ökonomisches Kapital akkumuliert, berufliche oder räumliche Mobilitätserfahrungen gemacht. Sie sind zu temporären Arbeitsmigranten in das mitteleuropäische Ausland geworden, haben arbeitsbedingt an den unterschiedlichsten spanischen Orten gelebt, Bildungsaufsteige bis hin zu Studienabschlüssen absolviert oder selbständige Existenzen aufgebaut. „Mein Vater reiste aufgrund seiner Arbeit auch sehr viel durch die Welt. Er sagte mir: Nimm diese Chance wahr! Du wirst eine neue Sprache, einen Beruf und eine andere Kultur lernen. (…) Nur die Leute, die mehrere Abschlüsse und mehr Arbeitserfahrung haben, haben mehr Möglichkeiten, als eine Person mit weniger Erfahrung“, erklärt uns z. B. Marisol. Entsprechend steht den Jugendlichen, die wir diesem Idealtyp zugeordnet haben, ein deutlich breiteres Repertoire an tradierten Mobilitäts-, Arbeits- und Bildungsstilen als den Krisenflüchtlingen zu Verfügung. Über die genannten Strategien einer Ortsbindung/Landflucht hinaus können die Betroffenen auf Erfahrungen wie temporärer oder sogar transnationaler Mobilität zurückgreifen und/oder sie haben Bildungs- und Arbeitsstile wie einen Aufstieg durch Bildung oder durch Selbstständigkeit ausgeprägt.

5.3 Globale Glückssucher

Die vier als globale Glückssucher klassifizierten jungen Leute haben die Erfahrungen der Autonomiestrebendenmit Gestaltungsressourcen bereits in anderen Herkunftsländern als Spanien gemacht und verkörpern somit die dritte Stufe der oben umrissenen Migrationskompetenz. Ihre Eltern haben in den Herkunftsländern bereits relativ respektable Positionen ausgeformt und sind Spanien meist mit sogar akademischen Bildungshintergründen zugewandert. Dort haben sie die Entwertung dieses kulturellen Kapitals erlebt und gelernt, sich in tendenziell degradierter Position in fremder Umgebung zu positionieren. Der originäre Prozess der Landflucht wurde also meist bereits in der Großelterngeneration unternommen und im Herkunftsland mit so ausgeprägter Eigenständigkeit ausgestaltet, dass eine Emigration nach Europa mit teilweise mehreren Stationen bewältigt werden konnte. „Er reiste durch Jordanien, durch Asien, durch Europa und am Ende blieb er in Spanien“, erzählt uns Miguel über seinen Vater, „ Er wechselte seine Arbeit zum Beispiel jeden zweiten Tag oder dritten oder jede Woche (…). Das gefällt mir nicht, dann mach ich was anderes“. So verfügen die betroffenen Jugendlichen über die Projekte der Autonomiestrebenden mit Gestaltungsressourcen hinaus über eine durchgehend ausgeprägte Transnationale Mobilitätserfahrung. Neben dem Projekt eines Aufstiegs durch Bildung haben sie durchgehend die Fähigkeit erworben, sich zu Gunsten eines höheren Lebensstandards mit der Aberkennung einer bereits eingenommenen kulturellen Position abzufinden; ein Projekt, dass wir als Materielles Auskommentrotz Bildungsaufstieg gefasst haben. Die Ausbildungsemigration scheint also nichts anderes als die Fortsetzung einer von den Eltern ausgeprägten Lebensweise darzustellen.

5.4 Verhinderte Autonomiestrebende

Verhinderte Autonomiestrebende bezeichnen schließlich die benannten (zwei) Jugendlichen, deren Lebensweise längst von der Krise geprägt war. Ihnen ist es bereits vor der Emigration aus unterschiedlichen Gründen misslungen, an ein in der familiären Tradition angelegtes Projekt anzuschließen. Sie brechen mit bereits vorgegeben Bildungs- und Berufsaspirationen, entwickeln Zielvorstellungen jenseits eines realistisch erreichbaren Kontexts und weichen von den familiären Projektaufträgen ab, ohne daraus eine eigenständige Bewältigungsstrategie zu entwickeln. Betroffen sind Jugendliche, die von ihren grundsätzlichen Projektaufträgen eigentlich dem Idealtyp der Autonomiestrebenden mit Gestaltungsressourcen entsprächen, das damit transportierte Projekt jedoch nicht eigenständig fortsetzen konnten.

6 Projektfortsetzungen, Veränderungsbedarfe und weitere Alternativen

Bereits die Zuordnung der verschiedenen Typen auf die Jugendlichen und ihre Familien lässt eine erstaunliche Konsistenz der Projekte erkennen, mit der sie nur wenig von unseren idealtypischen Vorlagen abweichen. Weitergehend wird nun auch deutlich, dass mit dieser Typenzuordnung äquivalente Ressourcenausstattungen und Veränderungsbedarfe einhergehen.[10] Schließlich zeigt sich, dass sich die zugeordneten Typen auch hinsichtlich weiterer Optionen, die ihnen über die Ausbildungsmigration hinaus zur Verfügung stehen, der Vehemenz und der Art und Weise, mit sie von der Krise betroffen wurden (Krisenauslöser), unterscheiden.

Insbesondere die vier als Globale Glückssucher klassifizierten Jugendlichen können bei ihrer Ausbildungsimmigration durchgängig an in der Familie angelegte oder bereits selbst erprobte Projekte anknüpfen und sie allesamt ohne zusätzliche Veränderungsbedarfe umsetzen. Dies trifft in allen Fällen sowohl auf bereits praktizierte Mobilitätsstile als auch auf tradierte Arbeits- und Bildungsstile zu. Darüber hinaus verfügen sie mit nur einer Ausnahme über weitere Optionen, die ihnen eine weitergehende berufliche Entwicklung ermöglicht hätten oder sie haben bereits Alternativen zu der angetretenen dualen Ausbildung entwickelt.

Doch bereits die Gruppe der Autonomiestrebenden mit Gestaltungsressourcen verfügt zwar über eine ähnlich hohe projektbezogene Ressourcenausstattung, muss jedoch einige der bereits angelegten Projekte abbrechen und weist in vier von fünf Fällen mindestens einen Veränderungsbedarf auf. Ihre Familien haben die Modernisierung in beiden Prosperitätsphasen aktiver gestaltet und dabei räumliche und berufliche Mobilitätserfahrungen gesammelt, die sich nun in der Krise als vergrößertes Spektrum an Bewältigungsstrategien erweisen. Die betreffenden Jugendlichen haben diese Ressourcenausstattungen bereits in der eigenen Biografie aufgegriffen. Sie treten die Auswanderung mit inneren Spielräumen an, mit denen sie durchweg über weitere Optionen zur Bewältigung ihres Lebens im Sinne einer Gewissheit um offene Rückzugsmöglichkeiten verfügen. Doch überwiegend hat sie die Krise derart betroffen, dass sie eine Fortführung ihres bisherigen Lebens als nicht mehr gestaltbar empfinden.

Die Gruppe der verhinderten Autonomiestrebenden kann zwar auf vergleichbare Zugewinne des familiären Bewältigungsvermögens in den beiden Vorläufergenerationen zurückblicken. Die Betroffenen haben in der eigenen Biografie aber nicht mehr aktiv an diese erweiterten Arbeits-, Bildungs- und Mobilitätsstile anschließen können. Dabei lässt sich auf Grundlage der vorliegenden Interviews nicht bestimmen, inwieweit dies Ausdruck einer persönlichen oder einer durch die Finanzkrise induzierten Problematik ist. Es fällt jedoch auf, dass die betroffenen Jugendlichen mit 22 bzw. 23 Jahren noch relativ jung sind. Sie sind also zu einem Zeitpunkt in die Adoleszenz eingetreten, zu dem die Krise die spanische Gesellschaft bereits erfasst hatte. Es ist darum zumindest denkbar, dass dies Stockungen einer gegebenen Bewältigungsfähigkeit auslöste, der sich keine erreichbaren Perspektiven mehr boten. Entsprechend könnten die Jugendlichen zwar teilweise an die Erfahrungen zwischenzeitlich brach gelegter Projekte anknüpfen. Doch gleichzeitig müssen sie eine umso höhere Zahl davon abbrechen und weisen hoch ausgeprägte Veränderungsbedarfe auf. Trotzdem bergen die zwischenzeitlich abgebrochenen Projekte ein latentes Potenzial zur Entfaltung von Alternativen und es stellt sich die Frage, inwieweit es den jungen Leuten gelingt, diese Ressourcen unter veränderten Bedingungen in Deutschland zu reaktivieren.

Die Gruppe der Krisenflüchtlinge schließlich ist mit der durch die Ausbildungsemigration entstandenen Anforderung an ein eigenständiges Bildungsstreben außerhalb des gewohnten Lebensumfelds mit einer für sie völlig neuen Herausforderung konfrontiert. Die vier Jugendlichen müssen sämtliche familiär angelegten Projekte abbrechen und weisen somit allesamt ausgeprägte Veränderungsbedarfe auf. Sie immigrieren ohne den Rückhalt eines kompatiblen Möglichkeitsreservoirs und mussten ihre Auswanderung im Kontext der Krise als durchweg alternativlos ansehen.

7 Fazit

Unsere Untersuchung kann wie jede explorative Studie schwerlich Repräsentativität beanspruchen und bleibt darum allenfalls exemplarisch. Doch gerade in ihrer Fallorientierung verweist sie auf eine veränderte Migrationsproblematik, die für breiter angelegte Untersuchungen forschungsleitend sein kann. Global ungleich verteilte Krisendynamiken tendieren offenbar zur Entwertung von kulturellem Kapital, das an den Orten seiner Hervorbringung nicht mehr eingesetzt werden kann. Dem mit der Anforderung an Bildungstransfer und transnationale Migration zu begegnen, scheint naheliegend. Doch über die Maxime einer Vergleichbarkeit international erworbener Qualifikationen hinaus, entsteht in der zeitgenössischen Situation eine Integrationsproblematik, die mit kaum einer der in Deutschland nach 1945 verzeichneten Migrationswellen vergleichbar ist. Denn nicht nur berufliche Qualifikationen und Kompetenzen, sondern auch damit verbundene Bewältigungsstrategien und Einschätzungsvermögen sind an die sozialen Räume ihrer Entstehung gebunden und können anderenorts nicht umstandslos fortgesetzt werden. Der oft verzweifelt anmutende Wunsch unserer Probanden, eine durch die Krise unterbrochene Entwicklung in Deutschland fortsetzen zu können, stellt nach unserer Vermutung eine oft schwer zu bewältigende Herausforderung dar. Die Fähigkeit, die besondere Form eines qualifizierten Bewältigungsvermögens anderen kulturellen Standards anzupassen, scheint auf über Generationen gewachsenen Lernprozessen zu gründen, die wohl nur schwer nachgeholt werden können. Jungen Leuten, die über keine derart gewordenen Migrationskompetenzen verfügen, könnte das Schicksal einer Brachlegung von kulturellem Kapital und Erfahrungswissen, darum auch in deutscher Ausbildung drohen.

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[1] Sämtliche Hinweise zu unserem empirischen Vorgehen können unserem zeitgleich in diesem Journal erscheinenden Beitrag (Clement/Koch 2014) entnommen werden.

[2]Als möglicher Vergleich bietet sich allenfalls die Gruppe der 3,6 Mio. überwiegend jungen und hochqualifizierten Zuwanderer an, die in den Jahren zwischen 1950 und 1962 aus der DDR in die BRD übersiedelten und mit einem Wert von „rund 30 Mrd. DM“ „importierten Humankapitals“ dazu beitrugen, „dass die öffentlichen Ausgaben für Bildung und Ausbildung in der Bundesrepublik während der fünfziger Jahre stagnieren (…) konnten, ohne die Wachstumschancen der Wirtschaft zu verringern“ (Abelshauser 2011, 293f.).

[3] Die vorangegangenen Informationen beruhen auf Pressemeldungen, deren Quellen bei den Autoren nachgefragt werden können.

[4] Dem steht eine stetig wachsende Anzahl (BAMF 2014, 194f.) von im Wintersemester 2012/2013 4 085 spanischen Studienanfängern gegenüber. Dabei handelt es sich jedoch zu 94,3vH um sog. Bildungsausländer, die ihre Hochschulzugangsberechtigung im Ausland erworben haben (eigene Berechnung anhand StBA 2013b, 55ff.). Dieser – bezogen auf alle ausländischen Studierenden – traditionell sehr hohe Anteil von seit Ende der 1990er Jahre mehr als 80vH (eigene Berechnung anhand Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2014, Tab. F2-16 web) setzt sich zwar zu beträchtlichen Anteilen aus Studierenden im Rahmen von Austauschprogrammen zusammen. In Anbetracht, dass sich die Zahl der von Bildungsausländern abgelegten Abschlussprüfungen seit Beginn des Jahrtausends mehr als verdreifacht hat und die Zahl der Zuwanderer über die Hochschule, die 2011 noch in Deutschland lebten, mit dem Abschlussjahr 2010 annähernd das Vierfache gegenüber dem Abschlussjahr 2001 beträgt, ist bei einer Erwerbsbeteiligung der Zuwanderer über die Hochschule von 74vH eine ähnliche Integrationsdynamik anzunehmen (vgl. Alichniewicz/Geis 2013, 3ff.).

[5] Schulabschlüsse und Ausbildungsgänge lassen sich anhand der Fragebogenauswertung nicht immer ganz eindeutig zuordnen.

[6]Auszubildende, die im Rahmen des dualen Systems als sozialversicherungspflichtige Beschäftigte gezählt werden, werden in der spanischen Statistik überwiegend gar nicht berücksichtigt. Jeder einzelne Arbeitslose trifft also auf eine geringere Gesamtheit an Erwerbstätigen, womit die Erwerbslosenquote erheblich höher ausfallen muss (vgl. hierzu auch Brenke 2012, 6ff.).

[7] Sämtliche Namen und personenbezogenen Daten unserer Interviewpartner wurden verändert.

[8] Um den Einbruch der Krise in die Biografien der Jugendlichen zu taxieren, kann schwerlich ein einheitlicher Zeitpunkt oder ein übertragbares Kriterium festgelegt werden. Wir haben darum im Einzelfall nach dem Kriterium entschieden, bis zu welchem Zeitpunkt die einzelnen Jugendlichen noch in der Lage waren, ihr Leben aktiv im Sinne einer zielgerichteten Entwicklung zu gestalten.

[9] Eine detaillierte Beschreibung der klassifizierten Projekte und Auswertungskategorien enthält unser zeitgleich in diesem Journal erscheinender Beitrag (Clement/Koch 2014) und kann überdies in unveröffentlichter Form nachgefragt werden.

[10] Hier haben wir zunächst – wie beschriebenen (vgl. Fußnote 10) – danach unterschieden, ob und inwieweit die Jugendlichen die familial angelegten Projekte im Einwanderungsland und eventuell bereits in der bisherigen Biografie fortsetzen konnten. Dabei ist naheliegend, dass die MobilitätsstileTransnationale Mobilität und bedingt auch Temporäre Mobilität eher für eine Fortsetzung sprechen, das einer Ortsbindung/Landflucht dagegen einen Abbruch nahelegt. Hinsichtlich der Arbeits- und Bildungsstile stellt Ausbildungsemigration dagegen Anforderungen an eine langfristige Bildungsorientierung bei eher geringer Bezahlung. Wir haben darum Projekte wie das eines Aufstiegs durch Bildung und eines Materiellen Auskommens trotz Bildungsabstieg als für eine Fortsetzung geeignet, die einer Gelegenheitsorientierung auf Angelerntenniveau, eines Aufstiegs durch Selbständigkeit und einer Kontinuierlichen Arbeiterkarriere im nationalen Mainstream unter der Notwendigkeit eines Projektabbruchs klassifiziert.

Dem entspricht jeweils auch eine äquivalente Zuordnung von Veränderungsbedarfen, die von der Notwendigkeit einer Abkehr von einer durchgängig aufstiegsorientierten Lebensweise (Sicherheit statt Aufstieg), über die Fähigkeit, sich den Gepflogenheiten eines anderen Kulturkreises anzupassen (Transanationale Assimilierung) bis hin zu der für eine mehrjährige Ausbildung notwendigen Langfristigen Bildungsorientierung reichen.

Unter weiteren Optionen sind jeweils die Möglichkeiten, die den Jugendlichen über die Entscheidung einer Ausbildung hinaus zur Verfügung gestanden hätten gefasst. Sie reichen von der Möglichkeit, das familiale Gesamtprojekt auch im Heimatland fortzusetzen (Projektfortsetzung) über die Gegebenheit einer zumindest materiellen Absicherung ohne eigenständige Entwicklungsperspektive (Projektstillstand) bis hin zu weiteren Alternativen, die die Jugendlichen über die bereits ausgeformten Projekte hinaus generiert haben.

Unter der Rubrik Krisenauslöser sind ökonomische Folgen der Finanzkrise und persönliche Krisen wie z. B. Bildungsabbrüche, die einer Projektfortsetzung jenseits von Arbeitslosigkeit im Wege standen, aber auch die gewesene Möglichkeit, das bisherige Leben im Heimatland fortzusetzen, gefasst.

1 Aufträge, Projekte und sozialraumgebundene Möglichkeitsspektren

Krisen, Technologisierungs- und Migrationswellen wirbeln nicht nur die äußere Welt gegebener Möglichkeiten, sondern auch Lebensgeschichten, Intuitionen und Horizonte durcheinander, mit denen sich eine lange pulsierende Umwelt in das sinnliche Handeln der in sie geworfenen Menschen graviert hat. Denn Erwerbslosigkeit und blockierte Berufsperspektiven bedeuten stets mehr als das Schicksal, eine spezifische Arbeitstätigkeit nicht mehr ausüben zu können. In Beruf und der rahmenden Lebensweise materialisiert sich die Komplexität der Beziehungen, die ein Mensch zur sozialen und gegenständlichen Welt eingegangen ist. Die Option und das praktische Ausüben eines Berufs erscheinen wie Leitmetaphern gesellschaftlichen Seins. Nicht nur, dass die Gestalt des Berufs die strukturelle Dynamik jeder Lebensplanung bedingt; weit über formelle und informelle Qualifikationen hinaus ist allem beruflichen Handeln eine ganze Architektur von Beziehungen eingeschrieben, mit denen sich der tätige Mensch in Verhältnisse setzt.

Mit dieser Sichtweise schließen wir im Grundsatz an die generative Dimension von Bourdieus Habitustheorie (vgl. z. B. Bourdieu 1997a, 102ff.) an: Wir erachten die Habitus als verinnerlichte Systematiken sozialer Verhältnisse. Sie sind jeder Individualität als historische Gewordenheit gesellschaftlicher Strukturen vorausgesetzt und unterscheiden sich doch durch die Besonderheit der sozialen Erfahrung. Dabei fokussieren wir drei besondere Aspekte dieses Herangehens:

Erstens betrachten wir die Verinnerlichung sozialer Erfahrung aus der Subjektperspektive: Die Besonderheit einer Biografie fügt die Gegebenheiten des Feldes zu dem komplexen Geflecht eines Weltverständnisses, in dem jedes Erlebnis in besonderer Relation zu anderen Erfahrungen steht (vgl. Clement 2012, 53ff.; Koch 2013, 44ff.). Damit ordnen sich Personen, Dinge und Institutionen zur Regelhaftigkeit einer subjektiven Grammatik, die nicht nur die Bedeutung jeder neuen Erfahrung, sondern auch jeden praktischen Umgang mit ihr figuriert. Die geronnene Subjektivität jeder Biografie enthält damit Spielregeln eines schöpferischen Bewältigungsvermögens, dem jedes weitere Lernen hinzugefügt wird. Dabei ist zu bedenken, dass jede individuelle Erfahrung aufgrund einer besonderen Wahrnehmung und Positionierung erfolgt, die dem einzelnen Leben vorgängig ist. Auch wir gehen darum davon aus, dass Sozialisation die Übernahme bereits vorhandener Zuordnungsmuster bedeutet und darum gerade in familiären Kontexten an die Bewältigungsmuster vorangegangener Generationen angeschlossen wird.

Zweitens sehen wir die mögliche Ausprägung dieser Grammatiken durch die Beschaffenheit geografischer und historischer Räume begrenzt: So stehen zu unterschiedlichen Zeiten an unterschiedlichen Orten unterschiedliche Berufe zur Auswahl, die sich mit besonderen Mentalitäten, Institutionen und lokalen Ereignissen zu Berufsverständnissen verbinden. Damit werden soziale Verhaltensweisen zu performativen Abbildern der sozialen Räume ihrer Hervorbringung und sind strategisch auf dort ausgeprägte Gepflogenheiten bezogen. Wenn wir also nach der Besonderheit eines individuellen Bewältigungsvermögens fragen, so stehen uns zwei Dechiffrierungssysteme zur Verfügung: Das Spektrum von Möglichkeiten eines historisch gewordenen Raumes und die darin bekleideten Positionen einer konkreten Person.

Drittens interessieren uns die performativen Möglichkeiten dieser Grammatiken unter Bedingungen ihrer Entwertung. Damit schließen wir zunächst an Bourdieus (1993, 210) Konzeption der „Umstellungsstrategien“ an, mit denen soziale Akteure auf Veränderungen des sozialen Felds reagieren. Doch unser Interesse geht weiter: Wir fragen danach, was passiert, wenn sich die Bedingungen des Feldes durch Ortswechsel oder Schicksalsschläge derart verändern, dass sie sich nicht mehr mit bereits ausgeprägten Handlungsgrammatiken kompatibel erweisen. Hier stellt sich nach unserem Erachten die Frage, mit welchen alternierenden Spielarten eine bestehende Handlungsweise hinterlegt ist. Einfach ausgedrückt bedeutete dies, dass eine neue Herausforderung besser bewältigt werden kann, wenn bereits eine vergleichbare Erfahrung verinnerlicht wurde. In dem hier fokussierten erweiterten Sinne aber heißt es, Erfahrungen nicht nur mit Veränderungen des Feldes, sondern auch mit Veränderungen der eigenen Person gemacht zu haben. Unsere Hypothese lautet darum, dass Menschen, die bereits mit Berufs-, Orts- und sozialen Positionswechseln konfrontiert wurden, Befähigungen zur Anpassung an veränderte Umstände erworben haben und darum auch damit vertraut sind, mit der eigenen Rolle bereits ausgeprägte Handlungsweisen zu ändern. Sie haben Einblick in die Relationalität aller Institutionen und verfügen über die Reflexionsfähigkeit, soziale Regeln und Normen als veränderliche Spielarten zu betrachten.

Um diese Zuspitzungen auf die hier fokussierte Zielgruppe spanischer Ausbildungsimmigranten in dualer Ausbildung beziehen zu können, müssen wir allerdings eine Reduktion der Subjektperspektive vornehmen: Um die Komplexität ganzer Handlungsgrammatiken erheben und einschätzen zu können, bedürfte es einer Kenntnis historisch gewordener Berufsverständnisse, sozialer, ästhetischer und politischer Zuordnungsweisen, über die wir hinsichtlich Spaniens nicht verfügen. Sie allein aus der Literatur nachvollziehen zu wollen, erschiene uns anmaßend. Wir haben bei unserem empirischen Vorgehen[1] darum darauf verzichtet, konkrete Handlungsgrammatiken nachzuzeichnen. Vielmehr verwenden wir eine Heuristik habitueller Rahmenkonzepte, deren innere Differenzierung wir bewusst zurückstellen. Damit schließen wir an Bourdieus (1997b, 652) Formulierung eines „Projekts“ als intergenerationalem „Erbe“ an, was wir wie eine grundsätzliche Zielsetzung, sich langfristig innerhalb eines historisch gegebenen Sozialraums zu positionieren, verstehen. Wir können berufsbiografische Lebensprojekte benennen und grundsätzlich darstellen, welche Aktivitäten zu ihrer Umsetzung notwendig sind. Doch wir vermögen es nicht darzustellen, in welcher besonderen Art und Weise dies jeweils geschieht. Es ist uns möglich, abstrakte Metamorphosen des Feldes wie veränderte Beruflichkeiten, Wanderungsbewegungen, demografische Entwicklungen, ökonomische oder kulturelle Statusverläufe nachzuvollziehen. Gleichfalls können wir die Grundsätzlichkeit familienbiografischer Tatsachen wie Orts- und Berufswechsel, kulturelle oder ökonomische Statusverläufe identifizieren. Die besondere Form der kommunikativen und ästhetischen Mittel, Gesellungsstile und Zuordnungsmuster, mit denen diese Aufträge umgesetzt werden, vermögen wir aber nicht nachzuzeichnen. Unser Vorgehen besteht also darin, die biografischen Verläufe der von uns befragten Jugendlichen und ihrer Familien im Kontext der jüngeren spanischen Sozialgeschichte nachzuvollziehen. Wir betrachten Struktur und Geschichte des spanischen Arbeitsmarkts als einen Möglichkeitsraum, in dem sich Familien in jeweils besonderer Weise positionieren. Aufgrund dieser Erfahrungen entsteht zweierlei: Die Besonderheit einer familialen Berufstradition, die mit spezifischen Mitteln von Eltern, Großeltern und unseren Probanden umgesetzt wird. Diesen Komplex betrachten wir als einen Auftrag, der, gleichsam Mission und Ressource, die Jugendlichen mit besonderen Möglichkeiten und Zielsetzungen ausstattet. Beide münden nun in die Widersprüchlichkeit eines Projekts, das die Betroffenen im Rahmen der Ausbildungsimmigration umzusetzen versuchen.

2 Zur besonderen Situation spanischer Ausbildungsimmigranten

Eurostat (2014h), das Statistische Amt der Europäischen Union, stellt im Internet eine bemerkenswerte Seite zur Verfügung: Unter dem Label „Regional Statistics Illustratederscheint eine interaktive Karte mit den Regionen Europas, die je nach Ausprägung eines zu wählenden Indikators unterschiedlich gefärbt sind. Unterhalb dieser Karte befindet sich ein Zeitstrahl der vergangenen Dekade und nach Aktivierung der Startfunktion sieht man sich den Kontinent im Zeichen der Krise verwandeln. Ganz gleich, ob Arbeitslosigkeit, Bruttoinlandsprodukt oder Bevölkerungsdichte zugrunde gelegt sind; es ist, als würde sich alles fruchtbare Klima im mittleren Okzident konzentrieren und dabei den Mittelmeerraum als eine Ödnis zurücklassen. Was sich auf dieser Seite allerdings nicht darstellen lässt, ist, ob diese Prosperitätsverschiebung auch Migrationsbewegungen von Süd- nach Mitteleuropa auslöst. Doch tatsächlich repräsentieren die hier untersuchten 40 spanischen Ausbildungsimmigranten eine dritte Immigrationswelle, mit der der Bundesrepublik (nach den Zuzügen tendenziell unqualifizierter Arbeitsmarktmigranten ab Anfang der 1960er Jahre und den vielen sog. Asylbewerbern und Spätaussiedlern rund um die deutsche Wiedervereinigung) seit 2012 erstmals wieder jährlich mehr als eine Million Personen zuwandern (StBA 2014a, 11f.). Die Protagonisten heben sich gegenüber früheren Immigranten aber durch ein deutlich gehobenes Bildungsniveau[2] (Brücker 2013, 14f.; Seibert, Wapler 2012) und eine veränderte Herkunftsverteilung hervor: 66,1vH der nichtdeutschen Zuwanderer entstammten 2012 der EU-27 und davon wiederum kamen 63,4vH aus den osteuropäischen Beitrittsländern Polen, Rumänien, Ungarn und Bulgarien und 18,5vH aus den südeuropäischen Krisenländern Portugal, Italien, Griechenland und Spanien, den sog. PIGS (eigene Berechnung anhand StBA 2014b, 76). Dabei sind gerade die Zuwanderungszahlen Jüngerer zwischen 18 und 25 Jahren beeindruckend: Ihr Anteil an allen Zuwanderern mit europäischer (EU-27) Staatsangehörigkeit betrug 2012 ganze 19,6vH und ist seit 2008 allein aus den sog. PIGS auf mehr als das Doppelte angestiegen (eigene Berechnung anhand StBA 2010, 80; 2014b, 79). Gerade diese Alterskohorte weist gleichzeitig den entscheidendsten Unterschied zwischen Neuzuwanderern und Personen ohne Migrationshintergrund auf. Nach einer Berechnung im Auftrag der Bertelsmann Stiftung verfügten in dieser Altersgruppe in 2009 41,4vH (Neuzuwanderer) gegenüber 6,3vH (Personen ohne Migrationshintergrund) über einen als hoch eingestuften und nur 18,5vH gegenüber 20,7vH über einen als niedrig eingestuften Bildungsabschluss im Sinne keiner abgeschlossenen Berufsausbildung (Brücker 2013, 11; 15).

Zwar verteilt sich das Gros der Neuzuwanderer noch auf Zuwächse an sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung (vornehmlich Osteuropäer (Brenke/Neubecker 2013, 10f.)) und Studienanfängern (vornehmlich Südeuropäer (BAMF 2014, 195)), während sich zwischen 2009 und 2012 nur marginale Steigerungen Auszubildender gerade mit südeuropäischer Staatsangehörigkeit ablesen lassen (vgl. StBA 2010-2013). Doch dies scheint sich im laufenden Ausbildungsjahr entscheidend zu ändern: „Zur Sicherung des Fachkräftebedarfs in Deutschland und als Beitrag gegen die hohe Jugendarbeitslosigkeit in Europa“ (BA 2013) setzte die Bundesregierung Ende 2012 unter dem Titel MobiPro-EU ein Förderprogramm zur gezielten Anwerbung arbeitsloser Fachkräfte und Auszubildende aus anderen EU-Staaten in die Welt. Darunter sollen sich laut einem deutsch-spanischen Abkommen bis 2017 jedenfalls 5 000 Spanier befinden. Die Resonanz auf dieses Programm war offensichtlich gewaltig: Laut Pressemeldungen sollen sich bis Ende März 2014 9 000 junge Leute (mehr als die Hälfte davon aus Spanien) beworben haben, so dass die Bundesregierung eine vorläufige Aufnahmebegrenzung verhängte.[3] Angesichts der Diskurse um demografischen Wandel und Fachkräftemangel erscheint es offensichtlich, dass „Deutschland von einem Anstieg der Migration, der durch die Einführung der Arbeitnehmerfreizügigkeit gegenüber den neuen Mitgliedsstaaten der EU und die Eurokrise ausgelöst wurde“ (Brücker 2013, 33), profitiert und gleichzeitig absehbar, dass künftig ein erheblicher Anteil an Auszubildenden aus den Bildungssystemen dieser Herkunftsländer rekrutiert wird.

Doch kann eine so umfassende Integration jugendlicher Ausbildungsimmigranten wirklich gelingen? Einerseits beschreibt die Ausbildungsbeteiligung junger Migranten in den letzten 20 Jahren alles andere Erfolgsgeschichte. Der auf die Jahrgangsstärken bezogene Rückgang des Ausbildungsangebots (Kreckel/Ulrich 2009, 10f.) hat bis Mitte der 2000er Jahre gerade junge Ausländer mit besonderer Härte getroffen (Baethge/Solga/Wieck 2007, 42). Allein die Anzahl von Auszubildenden mit spanischer Staatsangehörigkeit ging bereits 2004 über den demografischen Faktor hinaus auf das noch in 2012 kaum verändert niedrige Niveau von 32vH des Bestandes von 1993 zurück (eigene Berechnung anhand Konsortium Bildungsberichterstattung 2006, 299; STBA 2013a, 41). Die vergleichsweise erfolgreiche Platzierung von Spaniern im deutschen Bildungssystem (vgl. Herwartz-Emden 2007, 17) hat sich also keineswegs in der Ausbildungsbeteiligung niedergeschlagen.[4]

Andererseits prägt die Situation jugendlicher Ausbildungsimmigranten eine merkwürdige Ambivalenz. Zunächst lässt sich, ganz gleich, ob es sich um in- oder ausländische Zuwanderer handelt, festhalten, dass die Tendenz zu großräumiger Mobilität mit dem Grad der vorhandenen Qualifikationen ansteigt. Wer bereits mit einem Ausbildungsabschluss zuwanderte, befand sich zu jedem historischen Zeitpunkt in einer vergleichsweise günstigen Wettbewerbssituation. Doch dieser Erfolg war nicht nur mit dem relativen Alleinstellungsmerkmal der Qualifikation, sondern oft auch mit Mobilitätserfahrung und der Teilhabe an kulturellen Institutionen verbunden. Demgegenüber wurden unqualifizierte oder ungebetene Arbeitsmigranten schon immer als tendenziell erste von Arbeitsmarktkrisen und Dequalifizierungsprozessen betroffen (Koch 2012, 27ff.; 2013, 135ff.; 253). Sie können sich auf Dauer nur dadurch behaupten, dass sie durch längeren Aufenthalt an einem bestimmten Ort im Einwanderungsland nachholend soziales und kulturelles Kapital akkumulieren. Erst die anhaltende Präsenz in geografisch abgrenzbaren sozialen Räumen führt merklich zu einer verbesserten Bildungspositionierung (vgl. z. B. Tunsch/Koch/Bojanowski 2013). Trotzdem hatten sich gering qualifizierte Arbeitsmigranten in der Vergangenheit rigiden Arbeitsanforderungen anzupassen, ohne sie mit bereits vorhandenen Bildungs- und Sozialisationshintergründen in Einklang bringen zu müssen.

Das könnte in der jetzigen Situation völlig anders verlaufen: Denn die Mehrheit der derzeitigen Immigranten wird gerade aufgrund einer Qualifikation angeworben, die trotz aller Anstrengung, berufliche Qualifikationen und Kompetenzen EU-weit vergleichbar zu machen, keineswegs mit den hiesigen Anforderungen harmonisieren muss. Überdies sind sie zu einem eigenständigen Bewältigungshandeln angehalten. Sie müssen darum auch informell erworbene Kompetenzen mobilisieren und auf andersartige Gepflogenheiten im Einwanderungsland beziehen.

Die hier untersuchten Ausbildungsimmigranten sind zudem für den Zweck einer Ausbildung angeworben und erhalten damit eine Art von Option auf eine spätere Legitimierung. Sie müssen etwas beweisen, ohne es bereits in Händen zu halten und damit einen Bildungsaufstieg unter unbekannten Umständen vollziehen. Schließlich aber sind hier bereits Ausgebildete für eine Ausbildung angeworben. Sie müssen ein Können beweisen, das im Laufe der Ausbildung durch ein anderes ersetzt werden soll und darum nicht als nachhaltig präsentiert werden darf. Jenseits bloß fachlichen Lernens ist eine spezifische Rolle einzunehmen, in der die Betroffenen zu späterer Selbstständigkeit unterwiesen werden. Es stellt sich die Frage, ob und in welchem Maße diese Jugendlichen auf eigene oder sozialisierte Erfahrungen zurückgreifen können, die sie jenseits bloß fachlicher Anforderungen zu einer ebenso selbstständigen wie unselbstständigen Assimilierung befähigen.

3 Zur spanischen Sozialgeschichte

Erfahrungen gehen aus der Geschichte sozialer Räume hervor und repräsentieren in ihrer besonderen Verteilung und Ausprägungsweise die Lebensweise der darin tätigen Protagonisten. Die Strategien, Dispositionen und Bewältigungsmuster der hier untersuchten Ausbildungsimmigranten lassen sich darum nur auf Grundlage der spanischen, insbesondere der madrilenischen Geschichte verstehen. Sie unterteilt sich in den 50 Jahren vor Ausbruch der Wirtschaftskrise in drei zentrale Transformationsphasen.

Spanien erlebte, ebenso wie die beiden anderen südeuropäischen Krisenländer Portugal und Griechenland, erst ab den 1960er Jahren mit rund 100jähriger Verzögerung eine dem deutschen Take-Off vergleichbare Wirtschaftsentwicklung (Poulantzas 1975, 14ff.). Noch 1950 waren 47,57vH der erwerbstätigen Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig gewesen (Bernecker 1988, 130), was in etwa dem Entwicklungsstand des Deutschen Reichs von 1871 entspricht (Geißler 2010, 17). Im Kontext der noch unter Franco eingeleiteten Stabilitäts- und Entwicklungspläne weist Spanien dann zwischen 1961 und 1974 ein jahresdurchschnittliches Wirtschaftswachstum von exorbitanten 7vH auf – ein Wert, der zu dieser Zeit unter den kapitalistischen Industrieländern einzig von Japan übertroffen wird (Lopez-Castro 1977 zit. n. Bernecker 1988, 124). Das Land steigt innerhalb von nur „15 Jahren vom Niveau eines Entwicklungslandes auf den 10. Platz der Industrienationen auf“ (ebd., 125). Dem rasanten Niedergang des primären Beschäftigungssektors von 47,57vH (1950) auf 23,1vH (1976) (ebd., 130) folgt eine massenhafte Abwanderung in die industrialisierten Metropolen. So wächst die Einwohnerzahl Madrids allein in den 1960er Jahren um 45,5vH. Gleichzeitig entlädt sich der implodierte Agrarsektor ab den 1960er Jahren in Arbeitsemigrationen nach Frankreich, der Schweiz und in die Bundesrepublik Deutschland (Kreienbrink 2008, 2).

Dieser Wachstumsphase folgt mit dem Ende des Franquismus ein Einbruch, von dem sich das Billiglohnland erst in der zweiten Hälfte der 1980er Jahren durch EG-Beitritt, wachsenden Außenhandel, ersten Privatisierungen und Arbeitsmarktderegulierungen erholt. Doch das Wirtschaftswachstum von in 1987 neuerlichen 5,5vH (Lavon 1992, 195) ist ein klassisches jobless growth. Bei kaum merklich steigenden Beschäftigtenzahlen (ebd. 192) vervierfacht sich die Arbeitslosenquote von 1977 bis 1986 auf 21,5vH und die Jugendarbeitslosigkeit erreicht bereits jetzt einen Wert von 48,2vH (Köhler 2010, 10; vgl. Fußnote 8), was einzig durch einen traditionellen Schattensektor von 16,1vH (1989/1990) der Beschäftigten kompensiert wird (IAW 2013, 7). Nach einer weiteren Rezession Anfang der 1990er Jahre, erlebt das Land dann „von 1994 bis 2008 ein scheinbares Wirtschafts- und Beschäftigungswunder mit durchschnittlichen Wachstumsraten, die mit 3,5 Prozent deutlich über dem EU-Durchschnitt“ (Köhler 2012, 247) liegen. In dieser Zeit erscheint Spanien als Musterland der entstehenden Wirtschafts- und Währungsunion: Die Staatsverschuldung sinkt Ende 2007 auf 36,3vH des BIP (Eurostat 2014a), die Quoten von Jugend- und allgemeiner Arbeitslosigkeit gehen 2006 auf weniger als 40vH des Bestandes von 1986 zurück und ein jährlicher Zuwachs von 700 000 neuen Arbeitsplätzen lässt die Erwerbsquote um mehr als 20vH ansteigen (Köhler 2010, 10; 2012, 250). All dies geht mit einer tiefgreifenden Umgestaltung der spanischen Gesellschaft einher: Zunächst steigt die Frauenerwerbsquote seit Mitte 1980er Jahre von 28,2vH auf 48,6vH (Köhler 2010, 10). Dem folgt ein fulminanter demografischer Wandel, nachdem der Jugendquotient 2007 nicht viel mehr als halb so hoch wie 1980 ausfällt (vgl. Eurostat 2009, 142; Fernández 2012, 61f.). Schließlich wandelt sich das traditionelle Auswanderungsland zum Einwanderungsland: Von Mitte der 1980er Jahre bis 2007 „ist die ausländische Bevölkerung um das Neunzehnfache auf 4,52 Millionen gestiegen“, was einem Anteil von 14,4vH an allen Erwerbstätigen entspricht (Kreienbrink 2008, 1). Dabei erweist sich gerade Madrid als Knotenpunkt dieser Entwicklung: Die demografisch alternde Hauptstadt ist vor Ausbruch der Krise nicht nur die am BIP pro Kopf taxiert reichste (Eurostat 2010, 41, 78), sondern auch die autonome Gemeinschaft mit der höchsten Frauenerwerbstätigkeit (Eurostat 2014h). Sie hat zudem den zweithöchsten Ausländeranteil, wobei hier besonders viele Arbeitsmigranten aus Marokko und den ehemaligen Kolonien Lateinamerikas ansässig sind (Kreienbrink 2008, 5).

Doch dieser Boom erweist sich in ganz Spanien als spekulative Makulatur. Er beruht auf einer immensen Deregulierung (das Land wies 2008 mit 29,3vH den höchsten Anteil befristeter Beschäftigungen auf, von denen 87vH unfreiwillig waren und in nur 26vH der Fälle in unbefristete Beschäftigung übergingen (Eichhorst/Marx/Thode 2010, 15ff.)), Privatisierungen von Staatsunternehmen (Köhler 2012, 241f.).) und einer Tertiärisierung, mit der sich der Dienstleistungssektor schon vor Ausbruch der Krise (2006) gegenüber 1970 auf 65,5vH der Beschäftigten beinahe verdoppelte (StBA 2009, 11). Den Kern der Beschäftigungszuwächse bildet neben dem Tourismus allerdings ein deregulierter und immer mehr überhitzter Bau- und Immobiliensektor mit jeweils darum gruppierten Dienstleistungssparten (Banyuls/Recio 2014, 44). Der Baubereich fällt dann mit dem Platzen der Immobilienblase in sich zusammen – innerhalb kürzester Zeit kommt es zur Vernichtung von rund vier Millionen Arbeitsplätzen (Eurostat 2014b).

4 Biografische Abbildungen sozialräumlicher Entwicklungen

Unsere Probandengruppe kann aufgrund der Größe der Stichprobe von 40 Fragebögen und 14 geführten Interviews schwerlich Anspruch auf Repräsentativität geltend machen. Trotzdem bildet sich die spanische Sozialgeschichte in den Biografien der betroffenen Jugendlichen und ihrer Familien ab. Dies macht sich zunächst am Bildungsniveau fest. Denn trotz anhaltender Kritik an der Leistungsfähigkeit des spanischen Bildungssystems (Palomares Ruiz, 2012), das auch 2012 noch in allen drei Bereichen Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften unterhalb des OECD-Durchschnitts lag (OECD 2013, 5), hat Spanien seit Mitte des 20. Jahrhunderts eine bemerkenswerte Bildungsexpansion durchlaufen. Ein gerade unter der ländlichen Bevölkerung weit verbreiteter Analphabetismus löste sich in einer dauerhaften Bildungsprogression auf (Kügler 2008, 403ff.). Entsprechend betrug der Anteil der 25-34jährigen Personen mit niedrigem Ausbildungsniveau (ISCED97, Stufen 0-2) 2012 mit 36,1vH nicht einmal die Hälfte von dem der über 65jährigen (84,3vH). Gleichzeitig kam die Bildungsbeteiligung der 18jährigen mit 78,4vH dem bundesdeutschen Niveau von 86,1vH (Eurostat 2014c; 2014d) schon recht nahe (vgl. hierzu auch BiBB 2013, 435) und lag mit einer Quote von 40,1vH der 30- bis 34-Jährigen mit tertiärem Bildungsabschluss 2012 deutlich über dem Europäischen Durchschnitt (Eurostat 2014i, 3). Demgemäß gaben in unserem Sample 39 der 40 Probanden an, bereits eine Berufsausbildung absolviert, bzw. sogar studiert[5] oder (in acht Fällen) das Abitur gemacht zu haben. Weiterhin scheint sich auch der demografische Wandel in einem (am Geburtsjahr bemessenen) Lebensalter unserer Probanden von 18 bis 35 und einem Altersdurchschnitt von 25,2 Jahren (n=39) zu spiegeln. Demgegenüber scheinen Jugendliche unter 25 Jahren mit einer Arbeitslosenquote von in 2013 55,5vH (Eurostat 2014e) zwar trotz ihrer demografischen Verminderung am drastischsten von der Krise betroffen. Doch lassen sich diese Größen nicht mit hiesigen Bemessungsstandards vergleichen, da dem spanischen Arbeitsmarkt aufgrund eines vollzeitschulischen Ausbildungssystems deutlich weniger junge Menschen zur Verfügung stehen (Salazar/Medina 2013).[6] Entsprechend weisen die Gruppen der 25-29jährigen und 30-34jährigen zwar Arbeitslosenquoten von nur 33,3vH bzw. 25,9vH auf. Insgesamt liegt die Zahl der 25-34jährigen Arbeitslosen aber mit 1 645 800 annähernd doppelt so hoch wie die der 15-24jährigen mit 951 100 (Eurostat 2014e; 2014f). Es kann darum wenig erstaunen, dass fast die Hälfte unserer Probanden das 25. Lebensjahr bereits vollendet hatte.

Trotz dieser Relativierung ist die hohe Arbeitslosigkeit Jüngerer unter 25 Jahren alarmierend und verweist gleichsam auf eine erste Differenzierung unserer Stichprobe: Denn junge Berufseinsteiger erweisen sich in der Krise in noch anderer Weise als Verlierer eines deregulierten Arbeitsmarkts. Der Anteil befristeter Beschäftigungen lag 2007 unter Jugendlichen mit durchgängig über 60vH mehr als doppelt so hoch wie der der 25-49jährigen Arbeitnehmer (Eurostat 2014g). Entsprechend haben sie ihre Arbeit überwiegend aufgrund auslaufender Verträge verloren (Thompson 2014, 71). Die Krise äußert sich zudem in einer Verschiebung hoher Prozentzahlen ehemals erwerbstätiger Jugendlicher in wie auch immer geartete Bildung und Ausbildung (ebd. 30f.). Gerade vor diesem Hintergrund sind im Rahmen der Sparauflagen von EU und IWF vorgenommene Kürzungen im Bildungs- und Sozialetat und eine noch weitergehende Deregulierung des Arbeitsmarkts (Banyuls/Recio 2014, 46ff.) kaum perspektivgebend. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund eines immer noch familialistisch geprägten, „rudimentären“ Wohlfahrtsstaats (Schmid 2010, 246ff.), in dem 2011 fast die Hälfte der nichterwerbstätigen Bevölkerung zwischen 25 und 64 Jahren keinerlei Sozialleistungen erhielt (Konle-Seidl/Rhein/Trübswette 2014, 5). Dies differenziert unsere Probanden schon aufgrund einer Alterspanne von 18 bis 35 Jahren nach dem Kriterium, ob und welcher Weise sie in ihrer bisherigen Biografie bereits Erfahrungen auf einem – wenn auch prekären – Arbeitsmarkt machen und ein eigenständiges Leben aufnehmen konnten. Denn gerade Madrid, wo steigende Wohnkosten bereits vor rund 10 Jahren erzwangen, dass „2/3 der Jugendlichen bis 35 Jahre noch bei den Eltern“ (Straßer 2005, 22) wohnten, erscheint in der Krise wie eine urbane Sackgasse. Auch hier, wo die Lokalregierung in den späten 1990er Jahren das Ziel vorgab, „Madrid an die Spitze der derzeitigen urbanen Gesellschaften zu setzen und es zur drittgrößten euro­päischen Metropole“ (zit. nach Youkhana/Sebaly 2014, 54) zu machen, hat sich die Krise mit unverminderter Wucht durchgesetzt. Selbst in der hochspezialisierten Wissens- und Dienstleistungskapitale (Eurostat 2010, 113ff.) haben sich allgemeine und Jugendarbeitslosigkeit 2013 gegenüber 2007 auf 19,8 bzw. 48,8vH verdreifacht (Eurostat 2014j). Zwischen unterbezahlten Gelegenheitsjobs in einer mutmaßlich auf 24,6vH des BIP gewachsenen Schattenwirtschaft (vgl. Fußnote 5) und temporären Bildungsangeboten der Arbeitsverwaltung blieb es einem erheblichen Anteil unserer Probanden versagt, ein selbständiges Lebensprojekt zu beginnen. Es gehe ihm bei seiner Emigration vor allem darum „den Rhythmus des Lebens“ wiederzubekommen, sagt Adiba[7]: „In Spanien bekommst du nicht die Möglichkeit dich zu entwickeln als Person, also entwickelst du dich hier.“

Diesem Umstand, dass die zum Zeitpunkt unserer Erhebungen bereits fünf Jahre grassierende Krise die Biografien der befragten Jugendlichen schon allein aufgrund ihres Lebensalters in unterschiedlicher Weise geprägt haben muss, haben wir bei der Auswertung in der Weise Rechnung getragen, dass wir zwischen einer Projektebene im oben benannten Sinn und der Möglichkeit ihrer Fortsetzung oder ihres Abbruchs unterscheiden: Projekte betrachten wir als generationsübergreifende Kontinuitäten in der Arbeits- und Lebensweise einzelner Familien. Sie offenbaren sich den Jugendlichen als Aufträge, die ihre eigenen Handlungsgrammatiken formatieren. Grundsätzlich sind diese Projekte über die drei Generationen angelegt, von denen uns die interviewten Jugendlichen zu berichten wussten. Weitergehend stellen wir mit den Begriffen Projektfortsetzung bzw. Projektabbruch dar, inwieweit die Jugendlichen aufgrund der beschriebenen Problematik bereits Gelegenheit hatten, diese Auftragsprojekte fortzusetzen, abzubrechen oder ggf. zu transformieren. Schließlich geben wir eine Einschätzung, ob sich aufgrund derart gewordener Dispositionen weitere Veränderungsbedarfe ergeben, in welchem Maße die Jugendlichen von der Krise betroffen sind und ob ihnen neben der Ausbildungsemigration noch weitere Alternativen zur Verfügung stehen.

5 Projektebene: Vier exemplarische Immigrationstypen

Wie fädeln sich nun die Lebensweisen und Bewältigungsmuster unserer Probanden und ihrer Familien in die oben beschriebene spanische Sozialgeschichte ein? Offensicht verweist die ungeheure Geschwindigkeit, mit der Spanien eine nachholende Entwicklung durchlief, auf einen durchgängigen Wandel der Lebensverhältnisse, der von einem Ausgangsstadium in den Großelterngenerationen über einen zwischenzeitlichen Aufstieg in die jetzige Krise führt. Doch die Art und Weise, mit der die Familien diesen Transformationsprozess durchlebten, beschreibt schon vorab ein unterschiedlich geprägtes Bewältigungsvermögen gegenüber der bevorstehenden Integrationsanforderung. Dabei sind grundsätzlich alle Mobilitäts-, Arbeits- und Bildungsstile von Belang, die Jugendliche, Eltern und Großeltern vor Ausbruch der Krise[8] und der resultierenden Ausbildungsemigration ausgeprägt haben und die nun als Projekte für die Bewältigung der Ausbildungsemigration zur Verfügung stehen.

Die einzelnen Projekte, die wir aus den Lebensgeschichten der Jugendlichen und ihrer Familien ableiten konnten, betreffen einerseits deren Mobilitätstraditionen, andererseits die verfolgten Bildungs- und Arbeitsstile. Sie sind besondere Abbilder der Transformationsdynamik von einer agrarisch geprägten Lebensweise zu einer urbanen Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft. Die verschiedenen Arten und Weisen, mit denen die Familien der Jugendlichen diesen gesellschaftlichen Wandel gestaltet haben, markieren zunächst drei idealtypische Stufen, auf denen die einzelnen Protagonisten in unterschiedlichem Ausmaß Migrationskompetenz erlangt haben:

1.      Im Zuge eines arbeitsgesellschaftlichen Mainstreams werden die Akteure überhaupt erst Teil einer industrialisierten Arbeitsgesellschaft. Die geschieht landesunabhängig in aller Regel durch Landflucht und die Einmündung in ein gewerbliches Arbeitsverhältnis.

2.      Die verschiedenen Phasen dieses immer wieder krisenhaften Modernisierungsprozesses beginnen viele Protagonisten überdies individuell zu gestalten, indem sie soziales, kulturelles und ökonomisches Kapital anhäufen und dabei räumliche und berufliche Mobilitätserfahrungen jenseits eines zeitgenössischen Mainstreams gängiger Existenzweisen sammeln.

3.      Weitere Personen nutzen diese oder vergleichbare, in anderen Ländern gesammelte Erfahrungen im Zuge einer eigenständig motivierten Migration, assimilieren sich anderen kulturellen Kontexten und lernen bereits angehäufte Ressourcen unter veränderten Bedingungen zu konvertieren.

Dabei ist zunächst zu beachten, dass selbst die Bezugnahme auf die Arbeits- und Lebensweisen der Eltern und Großeltern einen künstlichen Ausgangspunkt in den Lauf familialer Traditionslinien setzt. Denn zweifellos markiert auch eine ländliche Arbeitsgesellschaft eine filigrane Differenzierung sozialer Positionierungen und Bewegungsspielräume, die unterschiedliche Erfahrungssammlungen ermöglichen. Insofern sind die Karten für die unterschiedliche Gestaltung des spanischen Modernisierungsprozesses längst im Vorfeld in einer Weise verteilt gewesen, die wir allenfalls zu erahnen vermögen.

Zudem muss angemerkt werden, dass sich sämtliche der oben schematisierten Prozesse nicht nur in Spanien, sondern mit zeitlicher Versetzung auch in den relevanten Zu- und Einwanderungsländern vollzogen haben. Insofern haben einige Familie Landflucht und weitergehende Bildungsprozesse bereits in den ehemaligen Kolonien vollzogen, während dies andere mit einer temporären Migration in die mitteleuropäischen Industrieländer Frankreich oder Deutschland verbunden haben. Insgesamt aber lassen sich untern den interviewten Jugendlichen zunächst drei Immigrationstypen identifizieren, deren Erfahrungs- und Handlungsspektrum jeweils den drei beschriebenen idealtypischen Stufen entspricht.

Schließlich kann vorab von keiner fallbezogenen Eindeutigkeit ausgegangen werden. Familien erweisen sich häufig als in der einen oder anderen Weise hybrid, indem sich über die Dauer mehrerer Generationen Wechsel in den angewandten Praktiken vollzogen, Familienzweige mit unterschiedlichen Traditionen aufeinandertrafen oder sich parallel in unterschiedlicher Weise ausgeprägten. Zwar kommt der Hintergrund von Bewältigungserfahrungen in verschiedenen Stilen einer Repertoireerweiterung gleich und legt gerade dadurch die Grundlage für eine entsprechende Klassifizierung. Doch im Ergebnis war eine eindeutige Zuordnung nur mit der Einschränkung möglich, dass wir über die drei benannten idealtypischen Stufen hinaus, einen weiteren Immigrationstyp benannt haben, dem wir diejenigen Jugendlichen zugeordnet haben, die in ihren Entwicklungsmöglichkeiten durch den Einbruch der Krise bereits in Spanien derart beschränkt wurden, dass sie nicht mehr an die Projektaufträge ihrer Eltern und Großeltern anschließen konnten.

5.1         Krisenflüchtlinge

Dieser Idealtyp ist im Mainstream der nationalen Arbeiterklasse geschwommen. Die Angehörigen der drei betreffenden Familien sind nach der Auflösung des primären Beschäftigungssektors in die Hauptstadt gezogen und haben dort entweder gelegenheitsorientierte oder dauerhafte Beschäftigungen in der Industrie angenommen. Auch über die krisenhaften Entwicklung der zweiten Transformationsphase der 1970er und 1980er Jahre hinweg entsteht damit das Bild einer bis zum Ausbruch der großen Krise progressiv verlaufenden Konstanz, mit der sich die Elterngeneration auf einem modernisierten Arbeitsmarkt etablieren konnte. Dies ging mit einer Steigerung des Bildungsniveaus von der ersten bis zur dritten der betrachteten Generationen einher. Doch auch diese bildungsbezogene Mobilität bleibt auf den Abschluss der Sekundarstufe I, der Educación Secundaria Obligatoria (ESO), und dem Absolvieren einer vollzeitschulischen gewerblichen Ausbildung beschränkt. Damit stehen hier ein Mobilitätsstil, den wir mit Ortsbindung/Landflucht und Arbeits- und Bildungsstile, die wir Kontinuierliche Arbeiterkarriere im nationalen Mainstream und Gelegenheitsorientierung auf Angelerntenniveau genannt haben, im Vordergrund.[9] Auch wenn diese Transformationen durchaus gezielt herbeigeführt wurden, so beschreiben sie doch eine zeitgenössische Notwendigkeit. Denn die Betroffenen haben diesen Projekten im Idealfall wenig Eigenständiges hinzugefügt. „Mein Vater sagt, dass wir wie Hasen sind. Uns gefällt es in der Nähe vom Bau zu wohnen“, beschreibt Adiba eine Lebensweise, die die Statik der ländlichen Sozialbeziehungen unter modernisiertem Vorzeichen zu perpetuieren scheint. Doch dann wurden die betroffenen Familien zentral von der Krise betroffen und konnten ihr schon in Spanien kaum etwas entgegen setzen: Der verschärfte Konkurrenzdruck auf einem rapide schrumpfenden Arbeitsmarkt macht sowohl Jugendliche als meist auch die Eltern schon allein aufgrund ihrer geringeren kulturellen Kapitalausstattung zu Krisenverlierern. Die Betroffenen scheinen alternativlos in die Emigration gezwungen und damit auch ein seit Generationen tradiertes Lebensmodell zur Disposition gestellt: „In der Zeit meiner Eltern gab es einen wirtschaftlichen Anstieg in Spanien. Ich für mich möchte nur Stabilität“, sagt Andrés.

5.2         Autonomiestrebende mit Gestaltungsressourcen

Unter diesem Idealtyp haben wir die fünf Jugendlichen und ihr Familien gefasst, die den wechselhaften spanischen Modernisierungsprozess mit eigenen Mitteln in unterschiedlichen Dimensionen gestaltet haben. Sie verkörpern die oben beschriebene zweite Stufe erlangbarer Immigrationskompetenz und haben die sozioökonomischen Veränderungen als Öffnung zu Eigenständigkeit, räumlicher, kultureller und beruflicher Mobilität interpretiert. Zwar steht am Beginn auch dieser Familiengeschichten oft eine landwirtschaftliche Lebensweise der Großeltern, doch in der Folgezeit haben die Protagonisten der unterschiedlichen Generationen Bildung oder ökonomisches Kapital akkumuliert, berufliche oder räumliche Mobilitätserfahrungen gemacht. Sie sind zu temporären Arbeitsmigranten in das mitteleuropäische Ausland geworden, haben arbeitsbedingt an den unterschiedlichsten spanischen Orten gelebt, Bildungsaufsteige bis hin zu Studienabschlüssen absolviert oder selbständige Existenzen aufgebaut. „Mein Vater reiste aufgrund seiner Arbeit auch sehr viel durch die Welt. Er sagte mir: Nimm diese Chance wahr! Du wirst eine neue Sprache, einen Beruf und eine andere Kultur lernen. (…) Nur die Leute, die mehrere Abschlüsse und mehr Arbeitserfahrung haben, haben mehr Möglichkeiten, als eine Person mit weniger Erfahrung“, erklärt uns z. B. Marisol. Entsprechend steht den Jugendlichen, die wir diesem Idealtyp zugeordnet haben, ein deutlich breiteres Repertoire an tradierten Mobilitäts-, Arbeits- und Bildungsstilen als den Krisenflüchtlingen zu Verfügung. Über die genannten Strategien einer Ortsbindung/Landflucht hinaus können die Betroffenen auf Erfahrungen wie temporärer oder sogar transnationaler Mobilität zurückgreifen und/oder sie haben Bildungs- und Arbeitsstile wie einen Aufstieg durch Bildung oder durch Selbstständigkeit ausgeprägt.

5.3         Globale Glückssucher

Die vier als globale Glückssucher klassifizierten jungen Leute haben die Erfahrungen der Autonomiestrebenden mit Gestaltungsressourcen bereits in anderen Herkunftsländern als Spanien gemacht und verkörpern somit die dritte Stufe der oben umrissenen Migrationskompetenz. Ihre Eltern haben in den Herkunftsländern bereits relativ respektable Positionen ausgeformt und sind Spanien meist mit sogar akademischen Bildungshintergründen zugewandert. Dort haben sie die Entwertung dieses kulturellen Kapitals erlebt und gelernt, sich in tendenziell degradierter Position in fremder Umgebung zu positionieren. Der originäre Prozess der Landflucht wurde also meist bereits in der Großelterngeneration unternommen und im Herkunftsland mit so ausgeprägter Eigenständigkeit ausgestaltet, dass eine Emigration nach Europa mit teilweise mehreren Stationen bewältigt werden konnte. „Er reiste durch Jordanien, durch Asien, durch Europa und am Ende blieb er in Spanien“, erzählt uns Miguel über seinen Vater, „ Er wechselte seine Arbeit zum Beispiel jeden zweiten Tag oder dritten oder jede Woche (…). Das gefällt mir nicht, dann mach ich was anderes“. So verfügen die betroffenen Jugendlichen über die Projekte der Autonomiestrebenden mit Gestaltungsressourcen hinaus über eine durchgehend ausgeprägte Transnationale Mobilitätserfahrung. Neben dem Projekt eines Aufstiegs durch Bildung haben sie durchgehend die Fähigkeit erworben, sich zu Gunsten eines höheren Lebensstandards mit der Aberkennung einer bereits eingenommenen kulturellen Position abzufinden; ein Projekt, dass wir als Materielles Auskommen trotz Bildungsaufstieg gefasst haben. Die Ausbildungsemigration scheint also nichts anderes als die Fortsetzung einer von den Eltern ausgeprägten Lebensweise darzustellen.

5.4         Verhinderte Autonomiestrebende

Verhinderte Autonomiestrebende bezeichnen schließlich die benannten (zwei) Jugendlichen, deren Lebensweise längst von der Krise geprägt war. Ihnen ist es bereits vor der Emigration aus unterschiedlichen Gründen misslungen, an ein in der familiären Tradition angelegtes Projekt anzuschließen. Sie brechen mit bereits vorgegeben Bildungs- und Berufsaspirationen, entwickeln Zielvorstellungen jenseits eines realistisch erreichbaren Kontexts und weichen von den familiären Projektaufträgen ab, ohne daraus eine eigenständige Bewältigungsstrategie zu entwickeln. Betroffen sind Jugendliche, die von ihren grundsätzlichen Projektaufträgen eigentlich dem Idealtyp der Autonomiestrebenden mit Gestaltungsressourcen entsprächen, das damit transportierte Projekt jedoch nicht eigenständig fortsetzen konnten.

6 Projektfortsetzungen, Veränderungsbedarfe und weitere Alternativen

Bereits die Zuordnung der verschiedenen Typen auf die Jugendlichen und ihre Familien lässt eine erstaunliche Konsistenz der Projekte erkennen, mit der sie nur wenig von unseren idealtypischen Vorlagen abweichen. Weitergehend wird nun auch deutlich, dass mit dieser Typenzuordnung äquivalente Ressourcenausstattungen und Veränderungsbedarfe einhergehen.[10] Schließlich zeigt sich, dass sich die zugeordneten Typen auch hinsichtlich weiterer Optionen, die ihnen über die Ausbildungsmigration hinaus zur Verfügung stehen, der Vehemenz und der Art und Weise, mit sie von der Krise betroffen wurden (Krisenauslöser), unterscheiden.

Insbesondere die vier als Globale Glückssucher klassifizierten Jugendlichen können bei ihrer Ausbildungsimmigration durchgängig an in der Familie angelegte oder bereits selbst erprobte Projekte anknüpfen und sie allesamt ohne zusätzliche Veränderungsbedarfe umsetzen. Dies trifft in allen Fällen sowohl auf bereits praktizierte Mobilitätsstile als auch auf tradierte Arbeits- und Bildungsstile zu. Darüber hinaus verfügen sie mit nur einer Ausnahme über weitere Optionen, die ihnen eine weitergehende berufliche Entwicklung ermöglicht hätten oder sie haben bereits Alternativen zu der angetretenen dualen Ausbildung entwickelt.

Doch bereits die Gruppe der Autonomiestrebenden mit Gestaltungsressourcen verfügt zwar über eine ähnlich hohe projektbezogene Ressourcenausstattung, muss jedoch einige der bereits angelegten Projekte abbrechen und weist in vier von fünf Fällen mindestens einen Veränderungsbedarf auf. Ihre Familien haben die Modernisierung in beiden Prosperitätsphasen aktiver gestaltet und dabei räumliche und berufliche Mobilitätserfahrungen gesammelt, die sich nun in der Krise als vergrößertes Spektrum an Bewältigungsstrategien erweisen. Die betreffenden Jugendlichen haben diese Ressourcenausstattungen bereits in der eigenen Biografie aufgegriffen. Sie treten die Auswanderung mit inneren Spielräumen an, mit denen sie durchweg über weitere Optionen zur Bewältigung ihres Lebens im Sinne einer Gewissheit um offene Rückzugsmöglichkeiten verfügen. Doch überwiegend hat sie die Krise derart betroffen, dass sie eine Fortführung ihres bisherigen Lebens als nicht mehr gestaltbar empfinden.

Die Gruppe der verhinderten Autonomiestrebenden kann zwar auf vergleichbare Zugewinne des familiären Bewältigungsvermögens in den beiden Vorläufergenerationen zurückblicken. Die Betroffenen haben in der eigenen Biografie aber nicht mehr aktiv an diese erweiterten Arbeits-, Bildungs- und Mobilitätsstile anschließen können. Dabei lässt sich auf Grundlage der vorliegenden Interviews nicht bestimmen, inwieweit dies Ausdruck einer persönlichen oder einer durch die Finanzkrise induzierten Problematik ist. Es fällt jedoch auf, dass die betroffenen Jugendlichen mit 22 bzw. 23 Jahren noch relativ jung sind. Sie sind also zu einem Zeitpunkt in die Adoleszenz eingetreten, zu dem die Krise die spanische Gesellschaft bereits erfasst hatte. Es ist darum zumindest denkbar, dass dies Stockungen einer gegebenen Bewältigungsfähigkeit auslöste, der sich keine erreichbaren Perspektiven mehr boten. Entsprechend könnten die Jugendlichen zwar teilweise an die Erfahrungen zwischenzeitlich brach gelegter Projekte anknüpfen. Doch gleichzeitig müssen sie eine umso höhere Zahl davon abbrechen und weisen hoch ausgeprägte Veränderungsbedarfe auf. Trotzdem bergen die zwischenzeitlich abgebrochenen Projekte ein latentes Potenzial zur Entfaltung von Alternativen und es stellt sich die Frage, inwieweit es den jungen Leuten gelingt, diese Ressourcen unter veränderten Bedingungen in Deutschland zu reaktivieren.

Die Gruppe der Krisenflüchtlinge schließlich ist mit der durch die Ausbildungsemigration entstandenen Anforderung an ein eigenständiges Bildungsstreben außerhalb des gewohnten Lebensumfelds mit einer für sie völlig neuen Herausforderung konfrontiert. Die vier Jugendlichen müssen sämtliche familiär angelegten Projekte abbrechen und weisen somit allesamt ausgeprägte Veränderungsbedarfe auf. Sie immigrieren ohne den Rückhalt eines kompatiblen Möglichkeitsreservoirs und mussten ihre Auswanderung im Kontext der Krise als durchweg alternativlos ansehen.

7 Fazit

Unsere Untersuchung kann wie jede explorative Studie schwerlich Repräsentativität beanspruchen und bleibt darum allenfalls exemplarisch. Doch gerade in ihrer Fallorientierung verweist sie auf eine veränderte Migrationsproblematik, die für breiter angelegte Untersuchungen forschungsleitend sein kann. Global ungleich verteilte Krisendynamiken tendieren offenbar zur Entwertung von kulturellem Kapital, das an den Orten seiner Hervorbringung nicht mehr eingesetzt werden kann. Dem mit der Anforderung an Bildungstransfer und transnationale Migration zu begegnen, scheint naheliegend. Doch über die Maxime einer Vergleichbarkeit international erworbener Qualifikationen hinaus, entsteht in der zeitgenössischen Situation eine Integrationsproblematik, die mit kaum einer der in Deutschland nach 1945 verzeichneten Migrationswellen vergleichbar ist. Denn nicht nur berufliche Qualifikationen und Kompetenzen, sondern auch damit verbundene Bewältigungsstrategien und Einschätzungsvermögen sind an die sozialen Räume ihrer Entstehung gebunden und können anderenorts nicht umstandslos fortgesetzt werden. Der oft verzweifelt anmutende Wunsch unserer Probanden, eine durch die Krise unterbrochene Entwicklung in Deutschland fortsetzen zu können, stellt nach unserer Vermutung eine oft schwer zu bewältigende Herausforderung dar. Die Fähigkeit, die besondere Form eines qualifizierten Bewältigungsvermögens anderen kulturellen Standards anzupassen, scheint auf über Generationen gewachsenen Lernprozessen zu gründen, die wohl nur schwer nachgeholt werden können. Jungen Leuten, die über keine derart gewordenen Migrationskompetenzen verfügen, könnte das Schicksal einer Brachlegung von kulturellem Kapital und Erfahrungswissen, darum auch in deutscher Ausbildung drohen.

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[1] Sämtliche Hinweise zu unserem empirischen Vorgehen können unserem zeitgleich in diesem Journal erscheinenden Beitrag (Clement/Koch 2014) entnommen werden.

[2] Als möglicher Vergleich bietet sich allenfalls die Gruppe der 3,6 Mio. überwiegend jungen und hochqualifizierten Zuwanderer an, die in den Jahren zwischen 1950 und 1962 aus der DDR in die BRD übersiedelten und mit einem Wert von „rund 30 Mrd. DM“ „importierten Humankapitals“ dazu beitrugen, „dass die öffentlichen Ausgaben für Bildung und Ausbildung in der Bundesrepublik während der fünfziger Jahre stagnieren (…) konnten, ohne die Wachstumschancen der Wirtschaft zu verringern“ (Abelshauser 2011, 293f.).

[3] Die vorangegangenen Informationen beruhen auf Pressemeldungen, deren Quellen bei den Autoren nachgefragt werden können.

[4] Dem steht eine stetig wachsende Anzahl (BAMF 2014, 194f.) von im Wintersemester 2012/2013 4 085 spanischen Studienanfängern gegenüber. Dabei handelt es sich jedoch zu 94,3vH um sog. Bildungsausländer, die ihre Hochschulzugangsberechtigung im Ausland erworben haben (eigene Berechnung anhand StBA 2013b, 55ff.). Dieser – bezogen auf alle ausländischen Studierenden – traditionell sehr hohe Anteil von seit Ende der 1990er Jahre mehr als 80vH (eigene Berechnung anhand Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2014, Tab. F2-16 web) setzt sich zwar zu beträchtlichen Anteilen aus Studierenden im Rahmen von Austauschprogrammen zusammen. In Anbetracht, dass sich die Zahl der von Bildungsausländern abgelegten Abschlussprüfungen seit Beginn des Jahrtausends mehr als verdreifacht hat und die Zahl der Zuwanderer über die Hochschule, die 2011 noch in Deutschland lebten, mit dem Abschlussjahr 2010 annähernd das Vierfache gegenüber dem Abschlussjahr 2001 beträgt, ist bei einer Erwerbsbeteiligung der Zuwanderer über die Hochschule von 74vH eine ähnliche Integrationsdynamik anzunehmen (vgl. Alichniewicz/Geis 2013, 3ff.).

[5] Schulabschlüsse und Ausbildungsgänge lassen sich anhand der Fragebogenauswertung nicht immer ganz eindeutig zuordnen.

[6] Auszubildende, die im Rahmen des dualen Systems als sozialversicherungspflichtige Beschäftigte gezählt werden, werden in der spanischen Statistik überwiegend gar nicht berücksichtigt. Jeder einzelne Arbeitslose trifft also auf eine geringere Gesamtheit an Erwerbstätigen, womit die Erwerbslosenquote erheblich höher ausfallen muss (vgl. hierzu auch Brenke 2012, 6ff.).

[7] Sämtliche Namen und personenbezogenen Daten unserer Interviewpartner wurden verändert.

[8] Um den Einbruch der Krise in die Biografien der Jugendlichen zu taxieren, kann schwerlich ein einheitlicher Zeitpunkt oder ein übertragbares Kriterium festgelegt werden. Wir haben darum im Einzelfall nach dem Kriterium entschieden, bis zu welchem Zeitpunkt die einzelnen Jugendlichen noch in der Lage waren, ihr Leben aktiv im Sinne einer zielgerichteten Entwicklung zu gestalten.

[9] Eine detaillierte Beschreibung der klassifizierten Projekte und Auswertungskategorien enthält unser zeitgleich in diesem Journal erscheinender Beitrag (Clement/Koch 2014) und kann überdies in unveröffentlichter Form nachgefragt werden.

[10] Hier haben wir zunächst – wie beschriebenen (vgl. Fußnote 10) – danach unterschieden, ob und inwieweit die Jugendlichen die familial angelegten Projekte im Einwanderungsland und eventuell bereits in der bisherigen Biografie fortsetzen konnten. Dabei ist naheliegend, dass die Mobilitätsstile Transnationale Mobilität und bedingt auch Temporäre Mobilität eher für eine Fortsetzung sprechen, das einer Ortsbindung/Landflucht dagegen einen Abbruch nahelegt. Hinsichtlich der Arbeits- und Bildungsstile stellt Ausbildungsemigration dagegen Anforderungen an eine langfristige Bildungsorientierung bei eher geringer Bezahlung. Wir haben darum Projekte wie das eines Aufstiegs durch Bildung und eines Materiellen Auskommens trotz Bildungsabstieg als für eine Fortsetzung geeignet, die einer Gelegenheitsorientierung auf Angelerntenniveau, eines Aufstiegs durch Selbständigkeit und einer Kontinuierlichen Arbeiterkarriere im nationalen Mainstream unter der Notwendigkeit eines Projektabbruchs klassifiziert.

Dem entspricht jeweils auch eine äquivalente Zuordnung von Veränderungsbedarfen, die von der Notwendigkeit einer Abkehr von einer durchgängig aufstiegsorientierten Lebensweise (Sicherheit statt Aufstieg), über die Fähigkeit, sich den Gepflogenheiten eines anderen Kulturkreises anzupassen (Transanationale Assimilierung) bis hin zu der für eine mehrjährige Ausbildung notwendigen Langfristigen Bildungsorientierung reichen.

Unter weiteren Optionen sind jeweils die Möglichkeiten, die den Jugendlichen über die Entscheidung einer Ausbildung hinaus zur Verfügung gestanden hätten gefasst. Sie reichen von der Möglichkeit, das familiale Gesamtprojekt auch im Heimatland fortzusetzen (Projektfortsetzung) über die Gegebenheit einer zumindest materiellen Absicherung ohne eigenständige Entwicklungsperspektive (Projektstillstand) bis hin zu weiteren Alternativen, die die Jugendlichen über die bereits ausgeformten Projekte hinaus generiert haben.

Unter der Rubrik Krisenauslöser sind ökonomische Folgen der Finanzkrise und persönliche Krisen wie z. B. Bildungsabbrüche, die einer Projektfortsetzung jenseits von Arbeitslosigkeit im Wege standen, aber auch die gewesene Möglichkeit, das bisherige Leben im Heimatland fortzusetzen, gefasst.

 

Zitieren des Beitrags

Koch, M./Clement, U. (2014): Projektkrisen oder ob sich spanische Geschichte in deutscher Ausbildung fortsetzen kann. In: bwp@ Berufs- und Wirtschaftspädagogik – online, Ausgabe 26, 1-21. Online: http://www.bwpat.de/ausgabe26/koch_clement_bwpat26.pdf  (18-11-2014).