bwp@ 48 - Juni 2025

Berufliche/betriebliche Weiterbildung

Hrsg.: Karin Büchter, H.-Hugo Kremer, Ina Krause & Lars Windelband

Microcredentials: Chancen für eine koordinierte und adaptive Professionalitätsentwicklung Lehrender in der Weiterbildung

Beitrag von Peter Brandt & Anne Strauch
Schlüsselwörter: Nationale Weiterbildungsstrategie; Microcredentials; professionelle Kompetenzen Lehrender; Fortbildung des Weiterbildungspersonals

Der Beitrag setzt sich mit einer aktuellen Empfehlung der Nationalen Weiterbildungsstrategie auseinander. Danach sollen sich Train-the-Trainer-Anbieter vernetzen, um ein dezentral durchgeführtes, aber auf ein übergreifendes Modell referenziertes Fortbildungssetting für Lehrkräfte in der Weiterbildung anzubieten. Insbesondere soll dies mit der Verwendung von Microcredentials möglich werden. Der Beitrag prüft, ob dieser Vorschlag plausibel, angemessen und machbar ist. Hierzu werden u. a. Daten einer kleinen Erhebung eingespielt, in der Fragen zu Potenzialen und Hindernissen bei der Nutzung von Microcredentials in der Weiterbildung abgefragt wurden. Insgesamt erscheint der Vorschlag der Nationalen Weiterbildungsstrategie geeignet, die Professionalitätsentwicklung von Lehrkräften in der Weiterbildung zu befördern. Gleichwohl ergeben sich mit einem solchen Vorgehen auch erhebliche Klärungsbedarfe.

Microcredentials: Opportunities for a coordinated and adaptive professional development of teachers and trainers in adult and continuing education

English Abstract

The article deals with a current recommendation from the “Nationale Weiterbildungsstrategie”. According to this, train-the-trainer providers should network in order to offer a training setting for teachers and trainers in adult and continuing education that is carried out decentrally but referenced to an overarching model. In particular, this should be possible with the use of microcredentials. The article examines whether this proposal is plausible, appropriate and feasible. To this end, data from a small survey is included, in which questions were asked about the potential and obstacles to the use of microcredentials in adult and continuing education. Overall, the proposal from the “Nationale Weiterbildungsstrategie” appears to be suitable for promoting the professional development of teachers and trainers in adult and continuing education. However, such an approach also gives rise to considerable needs for clarification.

1          Einleitung

Die Nationale Weiterbildungsstrategie (NWS) sieht das Weiterbildungspersonal als relevant für die Bewältigung von zentralen gesellschaftlichen Herausforderungen an (BMBF & BMAS 2019, S. 20; Autor:innengruppe Bildungsberichterstattung, 2024, S. 253). Vor dem Hintergrund wachsender Kompetenzanforderungen (BMBF & BMAS, 2019, S. 20) und eines neuen Fachkräftemangels beim Weiterbildungspersonal (Bosche, 2024; BMAS, 2023, S. 40) gewinnen neben Maßnahmen zur Rekrutierung und Bindung von Weiterbildungspersonal auch Strategien einer berufsbegleitenden und niedrigschwelligen Kompetenzentwicklung an Plausibilität – sowohl hinsichtlich generisch pädagogischer (Strauch et al., 2021) als auch hinsichtlich digitaler Kompetenzen (Alberti & Strauch, 2022). Herausfordernd ist dabei, dass der Weiterbildungsbereich sehr heterogen ist und sich Weiterbildungspolitik im Zuständigkeitsbereich verschiedener Steuerungsebenen und -ressorts bewegt (OECD, 2021). NWS und OECD empfehlen daher eine intensivierte Koordinierung zwischen Akteuren. Besonders konkret wird dies im jüngst veröffentlichten Umsetzungsbericht der NWS. So heißt es am Ende der Empfehlungen der AG Personal (und damit an prominenter Stelle am Ende des gesamten Berichts):

Abschließend wird unter Beachtung der jeweiligen Zuständigkeiten empfohlen, eine konzertierte Erprobung von Microdegrees für die qualifikatorische Weiterentwicklung des Weiterbildungspersonals zu prüfen. Hier könnte ein öffentlich gefördertes Modellprojekt mit Weiterbildungsanbietern für das Weiterbildungspersonal neue Wege weisen. Microcredentials können ein probates Mittel sein, um in einem unregulierten Bereich wie dem der Lehrenden in der Weiterbildung Strukturvorschläge zu geben und zugleich der Vielfalt des Bereichs Rechnung zu tragen. Es wird empfohlen zu prüfen, vorhandene Strukturen der Train-the-Trainer-Landschaft unter Beachtung der jeweiligen Zuständigkeiten zu vernetzen, um teilfeld- und trägerspezifische Fortbildungen und Zertifikate unter eine (oder mehrere) übergreifende Perspektiven zu stellen. Auf der Basis von Rahmenmodellen könnte so, wo angezeigt, informell (im Beruf oder in Lernsystemen) und in Fortbildung erworbene Kompetenz für ein oder mehrere Degrees anrechenbar gemacht werden. Dabei müssten die dezentral erworbenen Kompetenzen durch Microcredentials verifizierbar sein, z. B. mit dem Open Badge Standard. Welche Microcredentials zu einem übergreifenden Degree kumuliert werden sollen, wäre eine Entwicklungs- und Normierungsaufgabe. (BMAS & BMBF, 2025, S. 92–93)

Wir lesen diesen Vorschlag als eine Empfehlung für ein sowohl flexibles als auch strukturiertes Vorgehen, das auf die Autonomie der betroffenen Steuerungsebenen und -instanzen Rücksicht nimmt und zugleich einen ordnenden Rahmen anstrebt – zunächst als Erprobung in einem Modellprojekt. Der Vorschlag schließt an einen Vortrag auf der Ersten Nationalen Weiterbildungskonferenz 2023 an, in dem Matthias Kohl die „konzeptionelle Entwicklung, Erprobung und Implementierung eines gestuften, flexiblen und modularen Qualifizierungssystems für das Weiterbildungspersonal” als Handlungsfeld der NWS kennzeichnete (Kohl, 2023, S. 8). Zugleich ordnet sich die Empfehlung in die seit vielen Jahren in der Weiterbildung praktizierte Form einer Governance als Handlungskoordination (Schrader, 2011, S. 138–140; Kuper & Schemmann, 2023, S. 126–128) ein, die auf weiche Formen der Steuerung setzt, z. B. auf Anbieter- und Maßnahmenzertifizierung, freiwillige trägerspezifische Qualitätssicherung, Modellvorhaben, Monitoring und offene Koordinierung. Der vorliegende Beitrag nimmt diese Empfehlung zum Anlass, sie auf Plausibilität, Angemessenheit und Machbarkeit zu prüfen. Damit sind folgende Fragestellungen verbunden:

  1. Sind Microcredentials (MCs) sowie eine auf kumulierten MCs beruhende modulare qualifikatorische Weiterentwicklung des Weiterbildungspersonals eine angemessene Antwort auf die Problemlagen bei der Qualifikation Lehrender?
  2. Welche „übergreifenden Perspektiven“ können einen plausiblen und der Heterogenität der Weiterbildung entsprechenden Rahmen für eine solche Vorgehensweise darstellen?
  3. Welche realistischen Anknüpfungspunkte gibt es für eine gelingende Vernetzung im heterogenen Weiterbildungsbereich in der Sache?

Vor diesem Hintergrund geht der vorliegende Beitrag wie folgt vor:

  • Zunächst (Teil 2) wird die Ausgangslage im Blick auf das lehrende Weiterbildungspersonal entfaltet. Welche Problemlagen und Potenziale bestehen hier? Dabei wird herausgearbeitet, dass modulare und kompetenzorientierte Ansätze zur berufsbegleitenden Entwicklung von professionellen Handlungskompetenzen Lehrender zielführend sein können.
  • In Teil 3 erfolgt ein Blickwechsel zum Thema MCs. Dieses Format wird zunächst theoretisch eingeführt und bildungsstrategisch als passend zur Weiterbildung und für eine Anerkennungskultur von Lernleistungen und Kompetenzen konturiert. Anschließend wird anhand einer kleinen empirischen Studie das Potenzial von MCs unterstrichen. Vor diesem Hintergrund und zusammen mit Teil 2 kann die leitende Frage 1 positiv beantwortet werden.
  • In Teil 4 werden die Fragen 2 und 3 beantwortet. Damit entstehen erste Konturen eines Vorgehens und Vorschläge für eine durch stapelbare MCs unterstützte und von vielen Train-the-Trainer (TtT)-Anbietern getragene Fortbildungsinfrastruktur.

2          Professionalitätsentwicklung und pädagogische Qualifikation Lehrender im heterogenen Weiterbildungsfeld – aktuelle Herausforderungen und Potenziale

2.1         Qualifikation, Fortbildungsverhalten und -möglichkeiten Lehrender

Die gesellschaftlichen Erwartungen an Weiterbildung sind groß. Der Nationale Bildungsbericht nennt die Steigerung individueller Beschäftigungsfähigkeit und Partizipation sowie die Bewältigung großer gesellschaftlicher Herausforderungen als Ziele von Weiterbildung, etwa den demografischen Wandel, Migration, Digitalisierung oder das Gebot der Nachhaltigkeit (Autor:innengruppe Bildungsberichterstattung, 2024, S. 233). Zur Bearbeitung dieser Aufgaben benötigt der Weiterbildungsbereich kompetentes Personal, neben planendem und leitendem Personal in Weiterbildungseinrichtungen v. a. auch fachlich wie pädagogisch kompetente Lehrende (Trainer:innen, Kursleitende, Teamer:innen, Lernbegleitende etc.).

Es gibt keine Studie, die ausweisen könnte, über welche Kompetenzen diese bis zu 1 Million Personen umfassende Personengruppe (530.000 Personen zzgl. Betriebliche Weiterbildung) (Autorengruppe wb-Personalmonitor, 2016, S. 50) tatsächlich verfügt. Es mehren sich aber die Stimmen, die diese Kompetenzen – angesichts aktueller Transformationsprozesse – als unzureichend kennzeichnen. Der Vorstandsvorsitzende des Verbands der Träger beruflicher Bildung (BBB) formulierte es auf der GEW-Winterakademie 2024 so: „Die Träger sind – in der Breite des Marktes – nicht in der Lage, die Transformationsherausforderungen zu bewältigen“ (Thiemo Fojkar, 23.2.2024).

Ein offenbar wachsender Bedarf an kompetentem Personal wird aktuell noch dadurch überformt, dass der Fachkräftemangel, den die Weiterbildung eigentlich bearbeiten sollte, die Weiterbildung selber erreicht hat (BMAS, 2023, S. 40). Im Detail variieren die Personalengpässe und Rekrutierungsschwierigkeiten über Themen- und Trägerbereiche (Bosche, 2024; Autor:innengruppe Bildungsberichterstattung, 2024, S. 251–252).

Der Zugang zu Lehrtätigkeiten in der Weiterbildung ist seit jeher weitgehend unreguliert. Es existiert weder ein allgemeines, rechtlich verbindliches oder gar geschütztes Berufsprofil mit klaren Qualifikations- oder Kompetenzerwartungen, noch gibt es einen für das gesamte Feld qualitätssichernd agierenden Berufsverband, der Zugangswege in die Erwachsenenbildungstätigkeit systematisch kontrollierte (Martin & Schrader, 2021). Laut vorläufiger Ergebnisse einer Panelstudie zur Professionalisierung und Förderung der Kompetenzentwicklung von Lehrenden in der Erwachsenen- und Weiterbildung (Teachers in Adult Education – A Panelstudy = TAEPS) verfügten im Erhebungsjahr 2023 mehr als drei Viertel der Lehrenden über eine akademische Qualifikation. Aber nur gut ein Viertel der Lehrenden hat ein einschlägiges pädagogisches Studium absolviert.

Die Vielfalt an beruflichen Hintergründen bietet auf der einen Seite Chancen für praxisnahe und anwendungsorientierte Lernangebote, stellt jedoch gleichzeitig eine Herausforderung für die Sicherung und Weiterentwicklung professioneller Standards dar. Lediglich in staatlich besonders relevanten Teilbereichen (z. B. Alphabetisierung, Spracherwerb) definiert die öffentliche Hand Professionalitätserwartungen und reguliert den Berufszugang.

In der Weiterbildung sind pädagogische und fachliche Qualifikationen oft nicht miteinander verknüpft. Personen mit ausgeprägtem Fachwissen verfügen häufig nicht über eine pädagogische Ausbildung, während pädagogisch qualifizierte Lehrkräfte oft Defizite in fachlichen und fachdidaktischen Kompetenzen aufweisen. Daher erwerben viele in der Erwachsenenbildung tätige Personen zusätzliche Qualifikationen im Bereich der Erwachsenenpädagogik. So verfügen vier von fünf Lehrkräften über mindestens eine solche Zusatzqualifikation. Besonders verbreitet sind Coaching-Qualifikationen (28 %) und TtT-Zertifikate (26 %). Im Gegensatz dazu spielen Fortbildungsabschlüsse der IHKs wie der „Aus- und Weiterbildungspädagoge/in“ eine eher untergeordnete Rolle (11 %) (Autor:innengruppe Bildungsberichterstattung, 2024, S. 249–250). Insgesamt scheinen Zusatzqualifikationen aber deutlich verbreiteter zu sein als 2014, dem Erhebungsjahr des wb-Personalmonitors (DIE, 2024, S. 30–31). Das mag eine Frucht der sehr ausgeprägten Bereitschaft zur eigenen Weiterentwicklung sein. Denn die Fortbildungsbereitschaft und -aktivität des lehrenden Weiterbildungspersonals ist stark ausgeprägt mit Teilnahmequoten an Fortbildungen von 60 und am informellen Lernen nahe 100 Prozent (Autor:innengruppe Bildungsberichterstattung, 2024, S. 251). Schrader und Loreit (2018) konnten zeigen, dass mit der Fortbildungsteilnahme eine zwar kleine, aber doch signifikante Verbesserung der Einkommenssituation einhergeht. Insgesamt deutet das Weiterbildungsverhalten dieser Gruppe auf eine hohe intrinsische Motivation hin (Autor:innengruppe Bildungsberichterstattung, S. 251), zumal wenn man berücksichtigt, dass die Erwerbstätigkeit oft unter ungünstigen privaten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen erfolgen muss. Zur Verbreitung prekärer Beschäftigungsbedingungen vgl. Dobischat et al., 2009; Alfänger et al., 2016; Kohsiek, 2024. Steht diesem großen Interesse an beruflicher Weiterbildung ein angemessenes Angebot gegenüber?

In Deutschland gibt es eine breit aufgestellte und vielfältige TtT-Landschaft, die in unterschiedlichen Weiterbildungskontexten aktiv ist. Nach einer umfangreichen Recherche in der Metadatenbank InfoWeb Weiterbildung (IWWB) existieren zahlreiche Anbieter, darunter Hochschulen, private Weiterbildungsinstitute, Kammern und Verbände, die unterschiedlich strukturierte Programme und Einzelangebote zur Qualifizierung von Lehrkräften anbieten (https://www.iwwb.de). Die Bandbreite umfasst generische wie aktuelle Themen (z. B. „gehirngerechtes Lehren“, „Trainermarketing“, „Visualisieren“, „Konflikte“, „Lernprozessbegleitung“, „Kooperatives Lernen“, „Online lehren“, „Blended Learning“ oder „Digitalisierungspädagogik“). Diese Angebote unterscheiden sich stark in ihren inhaltlichen Schwerpunkten, methodisch-didaktischen Ansätzen und Zertifizierungsformen. Aufgrund der fehlenden Standardisierung gibt es nur selten eine klare Aufbaustruktur für Fortbildungsmodule. Ausnahmen stellen hier z. B. die IHK-Fortbildungen zum/zur Geprüften Aus- und Weiterbildungspädagoge/in [Deutscher Qualifikationsrahmen (DQR) Stufe 6] und Geprüfte/r Berufspädagoge/in (DQR Stufe 7) oder die TtT-Qualifizierung „Erwachsenenpädagogische Qualifizierung“ (EPQ) der Volkshochschulen dar. Letztere ist ein modular aufgebautes Qualifizierungsangebot das z. B. vom Landesverband der Volkshochschulen NRW angeboten wird und Kursleitenden sowohl berufspraktische Grundkenntnisse in Erwachsenenpädagogik als auch fachbezogene Kompetenzen zur Gestaltung und Seminaren bereithält (vgl. https://www.vhs-nrw.de/qualifizierungen/ttt/). Oft ist die Bedeutung solcher Kurse und Abschlüsse auf Einsatzfelder im unmittelbaren Kontext der Fortbildung beschränkt. Das schränkt die horizontale Durchlässigkeit und Vergleichbarkeit ein.

Begleitend gibt es auch Selbstlernangebote. Das haben wir im Kontext dieses Beitrags nicht in der Breite recherchiert. Mit der „EULE“ liegen beim Deutschen Institut für Erwachsenenbildung (DIE) im Portal wb-web frei nachnutzbare Lernressourcen vor, die in BMBF-Projekten entwickelt worden sind und relevante Inhaltsbereiche von TtT-Kursen behandeln, zuletzt speziell auch zu Digitalkompetenzen. Alle Lernangebote und Tests können aufgrund ihrer CC-Lizenz von TtT-Anbietern gebührenfrei nachgenutzt werden.

Als Zwischenfazit lässt sich festhalten: In einem Handlungsfeld mit überwiegend unreguliertem Berufszugang kann nicht von breit vorhandenen akademischen Qualifikationen im pädagogischen Bereich ausgegangen werden. Dafür haben viele Lehrende Zusatzqualifikationen erworben und bringen eine hohe Motivation zum beruflichen Weiterlernen mit, die sich in einem ausgeprägt positiven Weiterbildungsverhalten zeigt. Ein dieser Nachfrage korrespondierendes Weiterbildungsangebot ist vorhanden. Die Anbieterlandschaft ist aber unübersichtlich und oft nur in Teilbereichen der Weiterbildung aktiv. Selbstlernangebote komplettieren das Bild. Im Blick auf die Fragestellung 1 kann festgehalten werden, dass es angemessen und zielführend erscheint, strategisch auf berufsbegleitendes Weiterlernen zu setzen.

2.2         Professionalitätsentwicklung durch Kompetenzorientierung

In diesem Abschnitt wollen wir uns der Frage widmen, unter welchen Vorzeichen ein berufsbegleitendes Weiterlernen von Lehrenden in der Weiterbildung sinnvollerweise erfolgen sollte. Im Blick auf die Debatten der vergangenen Jahre erscheint uns die Antwort klar: sie sollte kompetenzorientiert erfolgen. Das hat (mindestens) zwei Gründe. Zum einen haben sich Referenzpunkte der Diskussion von Professionalisierung zu Professionalität verschoben (Gieseke, 2018; Seitter, 2009; Nittel, 2000), und damit gelangt Kompetenz stärker ins Blickfeld als (formale) Qualifikation. Zum anderen knüpft Kompetenz stärker an bereits erworbener Berufserfahrung an und ist deshalb bei einer Strategie berufsbegleitenden Weiterlernens eine hilfreiche Ressource. 

Beginnen wir mit dem engen Bezug und einer Verhältnisbestimmung von Professionalität und Kompetenz. Wir wollen zeigen, dass eine auf Professionalität gerichtete Weiterentwicklung des Personals bei dessen Kompetenzentwicklung ansetzen muss.

Wir verstehen Professionalitätsentwicklung als einen fortlaufenden, individuellen Prozess, in dem Lehrende ihre berufsbezogenen Fähigkeiten, Fertigkeiten und Einstellungen weiterentwickeln. Dies kann durch Berufstätigkeit, Reflexion der eigenen Praxis, Teilnahme an Fort- und Weiterbildungen sowie den Austausch mit Kolleginnen und Kollegen geschehen (Hahnrath & Herbrechter, 2022). Ziel ist hierbei die Stärkung pädagogischer Professionalität. Im Blick auf eine Landschaft ohne normierte Qualifikationsanforderungen gewinnt „Kompetenz“ als diejenige Variable an Bedeutung, die professionelles Handeln wahrscheinlicher macht.

Kompetenz und Professionalität sind unterschiedliche Konzepte, doch eng aufeinander bezogen: So „meint Kompetenz stabile, langfristig vorhandenen Handlungsvoraussetzungen und -dispositionen zur Bewältigung von Aufgaben, Herausforderungen und Problemen, während Professionalität eher eine situative Performanz, also eine stets neu zu konstituierende Leistung beschreibt. Jedoch löst sich die Differenz zwischen Kompetenz und Performanz im praktischen Handeln weitgehend auf, da einerseits Professionalität (verstanden als Performanz) nicht voraussetzungslos ist, sondern auch eines von der situativen Handlung entkoppelten Fundaments aus Wissen und Können bedarf. Und andererseits kann Kompetenz zumeist nur mittelbar über Performanz Sichtbarkeit erlangen“ (Scheidig, 2016, S. 92).

Während Kompetenz also die Grundlage bildet, manifestiert sich Professionalität in der Anwendung dieser Kompetenzen innerhalb komplexer beruflicher Kontexte. Wer vom Weiterbildungspersonal professionelles Handeln erwartet, sollte das hier beschriebene (notwendige, aber nicht hinreichende) Fundament aus Wissen und Können voraussetzen. Das Fehlen eines auf formalen Qualifikationen beruhenden Berufszugangs rückt kompetenzorientierte Verfahren in den Vordergrund und legt nahe, ihnen eine größere Bedeutung für eine Karriere zu geben.

Um die Entwicklung von Professionalität bei Lehrenden zu fördern, müssen Lernangebote so gestaltet sein, dass sie praxisnahe Situationen widerspiegeln und die Möglichkeit bieten, Handeln in realitätsnahen Kontexten zu reflektieren und einzuüben. Durch die Konfrontation mit authentischen Herausforderungen können Lehrende ihre theoretischen Kenntnisse in praktischen Szenarien anwenden, wodurch ein tieferes Verständnis für die Dynamik ihres beruflichen Handelns entsteht. Die Reflexion über diese Erfahrungen ermöglicht es ihnen, eigene Verhaltensmuster zu erkennen, zu hinterfragen und weiterzuentwickeln.

Neben Lernangeboten in Fortbildungen ist die Berufspraxis maßgeblicher Ort des Kompetenzerwerbs. Strategien der Professionalitätsentwicklung können dies berücksichtigen, wenn sie Möglichkeiten der Kompetenzanerkennung nutzen, bei denen Kompetenzen unabhängig vom Ort ihres Erwerbs betrachtet werden.

Ausgehend von der Annahme, dass Lehrkräfte durch ihre professionelle Kompetenz maßgeblich für den Lernerfolg von Teilnehmenden mitverantwortlich sind (Marx et al., 2018; Kraft et al., 2009; Schrader et al., 2010; Siebert, 2012) hat eine Allianz aus Träger- und Dachverbänden der Weiterbildung zusammen mit dem DIE Instrumente und Verfahren für eine bundesweite, trägerübergreifende und entwicklungsorientierte Anerkennung der Kompetenzen von Lehrenden in der Erwachsenen- und Weiterbildung in Deutschland entwickelt. Unter dem Label „GRETA – kompetent Handeln in Training, Kurs und Seminar” wurden Inventare entwickelt, die eine Professionalitätsentwicklung fördern sollten. Kern der Entwicklung bildet ein Referenzmodell erwachsenenpädagogischer Kompetenzen. Das GRETA-Kompetenzmodell als adaptiv nutzbares Modell bildet alle relevanten Kompetenzen Lehrender in der Erwachsenen- und Weiterbildung im Sinne eines Strukturmodells ab (Lencer & Strauch, 2016). Das abgebildete Kompetenzspektrum bezieht sich auf all das, was Lehrende wissen und können müssen, um typische Anforderungssituationen rund um die Planung, Durchführung und Nachbereitung von Lehr-Lern-Angeboten professionell bewältigen zu können. Auch digitale Kompetenzen werden durch das Modell in geeigneter Weise integriert (Alberti & Strauch, 2022). Über dazugehörige Kompetenzbeschreibungen (Alberti & Hillerich, 2022) und Indikatoren für Kompetenzstufen bietet das Modell die Möglichkeit systematischer Reflexion, Anerkennung und Weiterentwicklung berufsrelevanter Kompetenzen.

Das Anerkennungsverfahren richtet sich an alle Personen, die im weitesten Sinne Lehraufgaben in der Erwachsenen- und Weiterbildung übernehmen (z. B. als Kursleiter:in, Dozent:in, Teamer:in, Trainer:in, Lernbegleiter:in) und ermöglicht die Sichtbarmachung der allgemein-erwachsenenpädagogischen, also ihrer nicht-fachspezifischen Kompetenzen. Hierzu bearbeiten interessierte Lehrende das sogenannte „PortfolioPlus“ und lassen sich auf dieser Basis von qualifizierten GRETA-Gutachtenden eine GRETA-Kompetenzbilanz ausstellen. Sie erhalten so einen Nachweis ihrer Kompetenzen und Hinweise für die eigene professionelle Weiterentwicklung. Aktuell sind verschiedene Nutzungsvarianten buchbar (www.greta-die.de).

Die Rezeption von GRETA ist gemischt. Während das Kompetenzmodell eine breite Rezeption, z. T. auch in anderen Bildungsbereichen, erfährt (Strauch et al., 2021; Ebers et al., 2019), ist die Zahl der ausgestellten Kompetenzbilanzen noch ausbaufähig. Bis Ende 2024 haben sich 734 Personen eine Bilanz ausstellen lassen.

Lehrende, die das Begutachtungsverfahren durchlaufen haben, bestätigen den hohen sowohl strukturierenden als auch bilanzierenden Wert der Kompetenzanerkennung. Sie betonen, dass das Bilanzierungsverfahren gut geeignet ist, um eigene die Lehrtätigkeit betreffenden Kompetenzen zu identifizieren und strukturiert darzustellen. Ebenso sehen sie in der individuellen Kompetenzbilanz einen bedeutsamen beruflichen Nachweis (Bosche & Strauch, 2023). Andererseits beklagen Lehrende zugleich auch den Aufwand, der mit der Bearbeitung des PortfolioPlus einhergeht (8–10 Stunden). Eine Modularisierung der Kompetenzanerkennung wäre eine plausible Weiterentwicklung.

Bis hierhin ist deutlich geworden, dass für Strategien der Professionalitätsentwicklung ein kompetenzorientierter Ansatz situationsgerecht ist. Zugleich liegt mit dem GRETA-Ansatz eine Ressource vor, mit der Kompetenzen sichtbar gemacht und anerkannt werden können. Allerdings fehlt es noch an einer hinreichend modularen Struktur.

Auch unter den Vorzeichen des Personalmangels bei den Lehrenden der Weiterbildung erscheinen Modularisierungsansätze sinnvoll. Ähnlich der Idee der Teilqualifikationen bei regulierten Berufen kann eine modulare Qualifikationsstruktur auch für unregulierte Berufstätigkeiten situationsangemessen sein. Die Modularisierung würde Chancen eröffnen, niedrigschwellig Zugang zu einer Berufstätigkeit zu erhalten, berufsbegleitend weiter zu lernen und ggf. durch eine kumulierte Qualifikation die persönliche Einkommenssituation zu verbessern.

Zusammen mit den Ergebnissen von Abschnitt 2.1 können wir festhalten: Um das Weiterbildungspersonal für die Aufgaben der Zukunft zu rüsten, ist eine modulare und kompetenzorientierte Ausrichtung eines berufsbegleitenden Weiterlernens angemessen und erfolgversprechend. Damit ist die Fragestellung 1 in Teilen beantwortet. Sie bedarf aber noch des ergänzenden Blickes auf das Thema MCs, das in Kapitel 3 behandelt wird.

3          Microcredentials

3.1         MCs als Konzept für Weiterbildung und Kompetenzanerkennung

In diesem Kapitel wollen wir fragen, ob MCs ein geeignetes Instrument sind, um eine modulare qualifikatorische Weiterentwicklung des Weiterbildungspersonals zu ermöglichen. Hierzu wollen wir das Instrument zunächst unabhängig vom Einsatzszenario der Qualifikation Lehrender betrachten und nach den Potenzialen und Grenzen fragen, die sich ergeben, wenn MCs in der Weiterbildung zum Einsatz kommen.      

MCs können ein geeignetes Instrument zur Strukturierung der heterogenen Weiterbildungslandschaft sein. Sie bieten das Potenzial, in unterschiedlichen Kontexten erworbene Lernleistungen und Kompetenzen anzuerkennen und zur Vernetzung beizutragen, ohne dabei die notwendige Flexibilität für die Akteure der Weiterbildung einzuschränken.

‚Microcredentials‘ sind Nachweise über die Lernergebnisse, die eine Lernende bzw. ein Lernender im Rahmen einer weniger umfangreichen Lerneinheit erzielt hat. Diese Lernergebnisse werden anhand transparenter und eindeutig definierter Kriterien beurteilt. Lernerfahrungen, die zum Erhalt von Microcredentials führen, sind so konzipiert, dass sie den Lernenden spezifische Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen vermitteln, die dem gesellschaftlichen, persönlichen, kulturellen oder arbeitsmarktbezogenen Bedarf entsprechen. Microcredentials sind Eigentum der Lernenden, können geteilt werden und sind übertragbar. Sie können eigenständig sein oder kombiniert werden, sodass sich daraus umfangreichere Qualifikationen ergeben. Sie werden durch eine Qualitätssicherung gestützt, die sich an den im jeweiligen Sektor oder Tätigkeitsbereich vereinbarten Standards orientiert. (Rat der Europäischen Union, 2022, S. 13)

Die EU-Ratsempfehlung von 2022, aus der hier zitiert wurde, definiert nicht nur MCs (Rat der Europäischen Union, 2022), sondern formuliert auch einen strategischen Rahmen. Der Rat empfiehlt den Mitgliedstaaten, die Entwicklung von MCs in nichtformalen und informellen Lernumgebungen unterstützen. Damit ist die Strategie auch für die Weiterbildung relevant.

Digitale Nachweise eröffnen zahlreiche Chancen, auch informell erworbene Kompetenzen sichtbar zu machen. Dies verbessert nicht nur die Nachweisbarkeit beruflicher Fähigkeiten, sondern erleichtert auch die Vernetzung verschiedener Weiterbildungsangebote. Der Rat empfiehlt den Mitgliedstaaten hierzu, den Kreis möglicher Issuer zu erweitern (Unternehmen, Sozialpartner, Zivilgesellschaft, Forschungseinrichtungen), Zertifikate mit Kompetenzvalidierung zu verknüpfen und neue Partnerschaften zu fördern.

MCs gelten generell als vielversprechendes Instrument, um auf die dynamischen Veränderungen in der Arbeitswelt zu reagieren. Sie ermöglichen es Lernenden, ihre Bildungswege über die gesamte Lebensspanne hinweg selbstbestimmt zu gestalten und an individuelle Interessen, Bedürfnisse sowie berufliche Anforderungen anzupassen. MCs bieten die Möglichkeit, flexibel auf sich wandelnde Anforderungen des Arbeitsmarktes zu reagieren (Christian et al., 2024). Sie können als Ergänzung zu traditionellen Zertifizierungen im Bereich der Erwachsenenbildung und Weiterbildung betrachtet werden (Christian et al., 2024; Buchem et al., 2019).

Die breite Verankerung von MCs in der Weiterbildungslandschaft kann eine bedeutende Strukturveränderung mit sich bringen. MCs ermöglichen es, spezifische Fähigkeiten und Kompetenzen durch kompakte, modulare Lerneinheiten zu erwerben und diese digital zu dokumentieren. Mit MCs lassen sich spezifische Kompetenzen in kürzerer Zeit erwerben und unmittelbar für Dritte gut nachvollziehbar nachweisen. Zudem können diese digitalen Nachweise in digitale Lernumgebungen und soziale Netzwerke integriert werden, was die Verwaltung von Lernnachweisen vereinfacht und die Vernetzung von Lernenden unterstützt. Eine stärkere Flexibilisierung der Weiterbildungslandschaft ist zu erwarten, wenn Lernende maßgeschneiderte Bildungswege unterschiedlicher Anbieter einschlagen und miteinander verknüpfen können.

Die digitale Vernetzungsinfrastruktur „Mein Bildungsraum.de“ ist ein Beispiel für eine Plattform, die verschiedene digitale Bildungsangebote zusammenführt und Lernenden eine breite Palette an Lernressourcen zur Verfügung stellt (https://www.meinbildungsraum.de/vorhaben/digitaler-bildungsraum). Besonders wichtig sind dabei Ablagesysteme, die individuelle Möglichkeiten zur Darstellung und Entwicklung von Lernerfolgen bieten. Dies geschieht üblicherweise durch digitale Nachweise wie MCs oder Badges, die grafische Repräsentation von MCs.

Für Bildungseinrichtungen bedeutet dies indes auch eine Anpassung ihrer Strukturen und Angebote: Sie müssen flexible Lernformate entwickeln, die modular aufgebaut sind und eine Anerkennung von MCs sowohl intern als auch extern ermöglichen.

Ist die Weiterbildungslandschaft reif für eine solche auf MCs beruhende Strategie? Hier gibt es noch kein umfassendes Bild, sondern nur punktuelle Einschätzungen. So hat zum Beispiel der Bundesverband der Katholischen Erwachsenenbildung in Deutschland jüngst MCs ein großes Potenzial zugeschrieben, u. a. im Hinblick auf die verbesserte Anerkennung von Lernleistungen benachteiligter und schutzbedürftiger Gruppen, aber auch auf den damit verbundenen bürokratischen Aufwand verwiesen (Grosch, 2024).

Ergänzende Einblicke gibt eine aktuelle, von der Institution der Verfassenden durchgeführte Umfrage, deren Ergebnisse bisher nicht publiziert sind.

3.2         Aktuelle Daten: Akzeptanz und Relevanz von Microcredentials in der Weiterbildung

Im Rahmen einer 2024 durchgeführten Studie wurde der aktuelle Stand der Wahrnehmung, Nutzung und Herausforderungen im Zusammenhang mit MCs in der Erwachsenen- und Weiterbildung untersucht. Basierend auf einer Online-Erhebung (n=58), die sich an leitendes Personal, Bildungsmanager:innen und Lehrende in der Erwachsenen- und Weiterbildung richtete, zeigen die Ergebnisse eine hohe Akzeptanz und erwartete Bedeutung dieser digitalen Nachweise, auch wenn ihre tatsächliche Implementierung noch begrenzt ist. Wenngleich die Stichprobengröße mit insgesamt 58 Personen vergleichsweise klein ist, bieten die Ergebnisse einen ersten Einblick über den aktuellen Stand der Wahrnehmung, Nutzung und Herausforderungen von MCs in der Erwachsenen- und Weiterbildung und zeigen zukünftige Entwicklungsperspektiven auf.

Die 58 Befragten der Umfrage waren im Alter von 21 bis 69 Jahren, wobei der größte Teil der Befragten (31 Personen bzw. 53%) an Hochschulen oder Akademien bzw. in Bildungseinrichtungen arbeitet, die von Kirchen, Parteien, Gewerkschaften oder Verbänden getragen werden. Weitere 19 Personen (33%) stammen aus dem akademischen Sektor und sind an (Fach-)Hochschulen oder Akademien tätig. Die übrigen 8 Befragten (14 %) sind an betrieblichen Bildungseinrichtungen, privat-kommerziellen Einrichtungen, Volkshochschulen oder sonstigen Einrichtungen tätig.

Die Ergebnisse zeigen, dass 43 Personen (74 %) mit dem Konzept der MCs und Badges vertraut sind oder zumindest davon gehört haben. Derzeit nutzen jedoch nur 7 Personen (12 % der Befragten) diese digitalen Lernnachweise in ihren Bildungsangeboten, während 21 Personen (36 %) planen, sie zukünftig einzuführen. Für 30 Personen (52 %) gibt es derzeit keine konkreten Pläne zur Einführung von MCs.

Die Hauptbarriere für die Implementierung von MCs und Badges sind die damit verbundenen zusätzlichen Kosten, die 37 Befragte (64%) als größte Herausforderung ansehen. Weitere Hürden sind der hohe Aufwand für die Entwicklung und Verwaltung der Systeme sowie technische Herausforderungen. Darüber hinaus werden fehlende Standardisierungen und Herausforderungen bei der Qualitätssicherung als problematisch angesehen.

Trotz der genannten Herausforderungen sehen die Befragten in der Einführung von MCs und Badges erhebliche Potenziale. So stimmen 37 Personen (64%) zu, dass digitale Lernnachweise die Lernmotivation und das Engagement der Teilnehmenden steigern könnten. Weitere 34 Personen (58%) heben die verbesserte Transparenz und Nachweisbarkeit von Lernergebnissen als Vorteile hervor. Zudem wird das Konzept von vielen als Möglichkeit gesehen, die Anerkennung informellen und non-formalen Lernens zu erleichtern.

Eine überwältigende Mehrheit 51 Personen bzw. 88% der Befragten erwartet, dass der Einsatz von MCs und Badges in den nächsten Jahren zunehmen wird. 41 Personen (71 %) bewerten die langfristige Bedeutung dieser digitalen Nachweise für die Erwachsenenbildung als „hoch“ oder „sehr hoch“. Trotz der derzeit noch begrenzten Nutzung sehen die Befragten großes Potenzial in der Integration von MCs, insbesondere als Ergänzung zu traditionellen Zertifikaten.

In Bezug auf einen möglichen Unterstützungsbedarf bei der erfolgreichen Implementierung von MCs/Badges in eigene Bildungsangebote antworteten 42 Personen (72%), dass sie Informationen für Best Practices und erfolgreiche Implementierungsbeispiele benötigten. Zudem wären 34 Teilnehmende (59%) an einer Kooperation mit anderen Lehrenden oder Bildungseinrichtungen zur Konzeption und Implementierung von MCs/Badges in eigene Bildungsangebote interessiert.  

Die Ergebnisse der Erhebung verdeutlichen eine Diskrepanz zwischen der positiven Wahrnehmung und den Erwartungen gegenüber MCs und ihrer tatsächlichen Nutzung. Obwohl die meisten Befragten die Potenziale dieser Lernnachweise erkennen, sind viele Bildungseinrichtungen noch zurückhaltend in der praktischen Umsetzung.

Besonders hervorzuheben ist, dass die Mehrheit der Befragten die Anerkennung von MCs als entscheidend für deren Erfolg betrachtet. Dies verdeutlicht, dass neben der technischen und administrativen Implementierung auch Fragen zur institutionellen und gesellschaftlichen Akzeptanz eine zentrale Rolle spielen werden.

3.3         Microcredentials als Ansatz für das Einsatzszenario Weiterbildungslehrende?

Die kleine Studie zeigt, dass MCs und Badges in Teilen kritisch gesehen werden, aber doch auch großes Potenzial für die Erwachsenen- und Weiterbildung haben. Insbesondere die Möglichkeit, informelle und non-formale Lernleistungen und Kompetenzen sichtbar zu machen, wird als eine der zentralen Stärken dieser digitalen Lernnachweise wahrgenommen. Daneben besteht ein großer Vorteil in der Modularisier- und Stapelbarkeit.

Diese Potenziale lassen sich auch auf die Professionalitätsentwicklung Lehrender übertragen; MCs und Badges können als Instrumente zur gezielten und flexiblen Entwicklung professioneller Kompetenzen dienen und systematisch in Karriere- und Weiterbildungswege von Lehrenden in der Weiterbildung integriert werden. Besser als andere Instrumente ermöglichen MCs, Modularität und Systematik zusammenzudenken. Vor allem ermöglichen sie dies in einem praktisch verwaltbaren digitalen Setting. Vor diesem Hintergrund ist Frage 1 aus der Einleitung positiv zu beantworten: Ja, MCs sowie eine auf kumulierten MCs beruhende modulare qualifikatorische Weiterentwicklung des Weiterbildungspersonals sind eine angemessene Antwort auf die Problemlagen bei der Qualifikation Lehrender. Bei der Professionalitätsentwicklung von Lehrenden in der Erwachsenen- und Weiterbildung bewegen wir uns im Bereich unregulierter Berufstätigkeit, für den MCs eine besondere bildungsstrategische Bedeutung zukommt (Rat der Europäischen Union, 2022).

Gleichwohl sind noch wichtige Hürden zu bearbeiten. Das betrifft z. B. die zu klärende Frage nach den wissenschaftlichen Kriterien der Vergabe von Badges. Es zeichnet sich bereits ab, dass die Vergabe der Badges nach allgemeinen und spezifischen Kriterien erfolgen sollte, um sicherzustellen, dass sie in ihrer Wertigkeit nachvollziehbar und auch technisch interoperabel sind. Ein zentraler Aspekt der Badge-Vergabe ist die klare Formulierung der angestrebten Lernergebnisse auf i. S. von Kompetenzen. Die Lerneinheit muss auf nachvollziehbaren didaktischen Prinzipien basieren, die eine kohärente Verbindung zwischen Lernzielen, Lehrmethoden und Outcome sicherstellen. Darüber hinaus ist für die Nachvollziehbarkeit und Vergleichbarkeit eine transparente Offenlegung der Konzepte der Bewertung erforderlich. Dies beinhaltet auch die Orientierung an Kompetenzklassifikationen und -Rahmenmodellen inkl. einer Zuordnung zu Kompetenzniveaus. Assessment- und Prüfverfahren sind nachvollziehbar zu dokumentieren. Auch Fragen der Bildungsverwaltung müssten bedacht werden. Wie können MCs durch die Einbindung in bestehende Systeme technisch interoperabel und verifizierbar gemacht werden? Aktuell bietet der Open Badge Standard hier eine praktikable Lösung an. Hierüber kann der plattformübergreifende Austausch von Informationen in Form von Metadaten ermöglicht werden. Die Orientierung an (technischen) Standards stellt sicher, dass eine empfangende Seite die Informationen des Nachweises auch versteht. Indem MCs mit Metadaten angereichert werden, lassen sich zusätzliche Informationen zum Lernobjekt, zur Lernzieltaxonomie, zu Kompetenzen sowie bezüglich einer Validierung des Nachweises übertragen (Buchem, 2024; Christian et al., 2024). Sofern der Übertrag mittels eines strukturierten Datenformats, wie z. B. JSON, geschieht, können diese Informationen von anderen Plattformen ausgelesen werden (Christian et al., 2024). Dies ist auch die technische Grundlage für eine mögliche Kumulation einzelner MCs zu einer umfassenderen Gesamt-Zertifizierung.

4          Perspektiven für eine koordinierte und adaptive Professionalitätsentwicklung

Im abschließenden Teil 4 wollen wir die Idee eines berufsbegleitenden, kompetenzorientierten, MCs-basierten, modularen und adaptiven Settings für das berufliche Weiterlernen Lehrender konkretisieren und dabei die noch offen gebliebenen Fragen 2 und 3 aus der Einleitung behandeln. Sie lauteten:

  • Welche „übergreifenden Perspektiven“ können einen plausiblen und der Heterogenität der Weiterbildung entsprechenden Rahmen für eine solche Vorgehensweise darstellen?
  • Welche realistischen Anknüpfungspunkte gibt es für eine gelingende Vernetzung im heterogenen Weiterbildungsbereich in der Sache?

Beginnen wir mit der ersten der beiden Fragen: Auf was kann man sich (als übergreifende Perspektive) beziehen? Die Herausforderung besteht hierbei vor allem darin, dass für eine Lehrtätigkeit in der Weiterbildung eine Vielzahl fachlicher wie auch pädagogischer Kompetenzen vorausgesetzt wird. Unter dem Vorzeichen aktueller Transformationsprozesse werden zusätzlich auch Digital- und andere Zukunftskompetenzen (Ehlers, 2020) erwartet. Selbst wenn man fachliche und fachdidaktische Kompetenzen ausklammern wollte (was wir hier aus pragmatischen Gründen tun), bleiben genügend Schwierigkeiten. Denn je nach Einsatzfeld (z. B. betriebliche Weiterbildung, politische Erwachsenenbildung, Sprachenlernen) variieren die für besonders wichtig gehaltenen Kompetenzen. Und die Weiterbildungskulturen, auf die bezogen in Fortbildungen weitergelernt werden, könnten differenter kaum sein. Das beginnt bereits mit der für die Berufsidentifikation wichtigen Bezeichnung der angestrebten Tätigkeit (z. B. „Training“, „Kursleitung“, „Teamen“) und setzt sich bei Praxisbeispielen fort, anhand derer gelernt und reflektiert wird. Die Frage „Auf was kann man sich beziehen?“ lautet dann zugespitzt: „Auf was können sich alle beziehen?“ Zwei mögliche Referenzpunkte für ein modulares Qualifizierungssystem können hier weiterhelfen.

  • Das oben bereits vorgestellte GRETA-Kompetenzmodell mit seinen Inventaren zur Kompetenzbilanzierung (Aufgabentool PortfolioPlus, Begutachtungsverfahren) ist trägerübergreifend angelegt und wurde von sieben Praxisverbänden relevanter Teilbereiche der Weiterbildung mit Mitteln des Bundes erarbeitet. Es ist damit für die Arbeit in vielen Weiterbildungsfeldern anschlussfähig, z. B. die berufliche und wissenschaftliche Weiterbildung, die allgemeine und politische Erwachsenenbildung, und auch die Umwelt der – häufig in betrieblichen Weiterbildungskontexten tätigen – freien Trainer:innen. Diese in GRETA angelegte Adaptivität findet sich auch im Claim, unter dem die Inventare kommuniziert werden: „GRETA – kompetent Handeln in Training, Kurs und Seminar”. Hier wird kein Teilbereich der Erwachsenen- und Weiterbildung besonders fokussiert.
  • Auf internationaler Ebene wurde zur Unterstützung der Professionalitätsentwicklung von Erwachsenenbildner:innen das interkulturelle Rahmencurriculum Curriculum globALE entwickelt. Es beschreibt die Kompetenzen, die für erfolgreiche Kursleitung erforderlich sind, und gibt Hinweise für die praktische Unterrichtsgestaltung. Das Curriculum umfasst ein optionales Einführungsmodul, fünf Kern- und zwei Wahlpflichtmodule. In einer Reihe von Partnerländern von DVVinternational wird es bereits seit 2013 in der Praxis umgesetzt und dabei bedarfsorientiert an die jeweiligen lokalen Kontexte angepasst (UNESCO, 2021).

Ganz gleich, auf welches Rahmenkonzept sich eine modulare Fortbildungsstruktur für Weiterbildungs-Lehrende auch beziehen würde – eine „bedarfsorientierte Anpassung an jeweilige Kontexte“ ist dann jeweils die Grundbedingung für die Akzeptanz in den unterschiedlichen Weiterbildungsfeldern. Eine solche adaptive Nutzung eines gemeinsam geteilten Referenzrahmens hat das GRETA-Konsortium z. B. ausdrücklich empfohlen (Brandt et al., 2019).

Offen ist zum aktuellen Zeitpunkt, ob sich tatsächlich alle (oder wenigstens hinreichend viele) Teilfelder der Weiterbildung durch ein Referenzmodell repräsentiert und angesprochen fühlen. Was GRETA betrifft, so dürfte dies bezogen auf den Wuppertaler Kreis, die Kammern und die konfessionelle Erwachsenenbildung noch eine Hürde darstellen. Umgekehrt darf aber auch gefragt werden, welches andere Modell mehr Referenzcharakter hätte. Blicken wir auf den aktuellen Umsetzungsbericht der NWS, so ist dort außer GRETA (BMAS & BMBF, 2025, S. 90–91) kein weiteres Modell mit Referenzcharakter aufgeführt.

Frage 2 aus der Einleitung wäre demnach so zu beantworten: Als „übergreifende Perspektiven“, die einen plausiblen und der Heterogenität der Weiterbildung entsprechenden Rahmen darstellen, können Kompetenzmodelle und Rahmencurricula dienen. Voraussetzung wäre, dass sie träger- und teilfeldübergreifend konzipiert und zugleich anschlussfähig für eine adaptive Nutzung und Ausformulierung in den Trägerbereichen und Teilfeldern sind.

Kommen wir zur abschließenden Frage 3: Welche realistischen Chancen der Vernetzung gibt es?

Auch hierzu kann auf die bereits berichtete GRETA-Allianz verwiesen werden. Das Beispiel zeigt, dass Verbände der Erwachsenen- und Weiterbildung trotz ausgeprägter Eigeninteressen und sehr unterschiedlicher Weiterbildungskulturen zur trägerübergreifenden Zusammenarbeit in der Lage sind.

Im Rat der Weiterbildung (KAW) hat sich eine noch größere Akteursbreite vernetzt, ohne allerdings zur Entwicklung Lehrender in der Weiterbildung neue Wege zu gehen.

Für ein modulares Fortbildungs- und Kompetenzentwicklungs-Setting sind jedoch andere Akteure zu vernetzen als nur die bundesweit agierenden Dach- und Trägerverbände. Vielmehr rücken die Anbieter von TtT-Kursen und -Tests in den Fokus. Sind diese bereit und interessiert, unter einer gemeinsamen Leitperspektive oder einem Rahmenkonzept zusammenzuwirken? Dies wurde noch nicht repräsentativ erfragt.

Aus Gesprächen mit Anbietern ist bekannt, dass den Kursen im TtT-Segment eine systematische Orientierung fehlt. Diese Flexibilität wird durchaus als Schwäche gewertet, weil Anbietern die Möglichkeit fehlt, die Relevanz des eigenen Angebots im Hinblick auf anerkannte Zertifikate oder übergreifende Konzepte darzustellen. Auch die Anrechenbarkeit für pädagogische Studiengänge ist durch fehlende Referenzstrukturen erschwert und gelingt nur in Einzelfällen. Vor diesem Hintergrund ist von einer grundsätzlichen Bereitschaft zu und einem vorhandenen Interesse an Orientierung und Vernetzung auszugehen.

Neben der Bereitschaft zur Kooperation sind auch technische Fragen der Zusammenarbeit wichtig, besonders, wenn MCs verwendet und auf eine gemeinsame Referenz bezogen werden sollen. Im Blick auf die erforderliche technische Zusammenarbeit leistet das BMBF-Projekt TrainSpot Pionierarbeit.

TrainSpot hat bereits Grundzüge einer TtT-Vernetzungsstruktur aufgebaut mit dem Ziel, Angebote dieses Bereichs an das bundesweite Ökosystem „Mein Bildungsraum“, ehemals „Nationale Bildungsplattform“, anzuschließen. Die beteiligten Akteure haben sich auf GRETA als Referenzstruktur verständigt und planen, ihre Angebote mit zweierlei digitalen Nachweisen zu versehen, zum einen mit einem MC, das die erfolgreiche Teilnahme am Kurs bestätigt, zum anderen einem Badge, das Bezug zu GRETA-Kompetenzen herstellt und erfolgreich absolvierte Online-Tests für die persönliche GRETA-Kompetenzbilanz anrechenbar macht. So werden bereits erste technische Erfahrungen damit gemacht, dezentral erbrachte und modulare Lernleistungen auf eine gemeinsame Zielperspektive zu beziehen. Zugleich haben alle Anbieter relevante Schnittstellen zu „Mein Bildungsraum“ entwickelt, wodurch die MCs in der dort verwendeten Wallet abgelegt werden können. Die beteiligten Anbieter sind dabei hochgradig adaptiv tätig, d. h. belassen ihre Fortbildungs- und Kompetenzentwicklungsangebote in ihren jeweiligen Weiterbildungskulturen, in denen sie verankert und bewährt sind. Es gibt somit eine plausible Ausgangslage, in der sich TtT-Anbieter zusammenschließen und eine systematische Arbeitsperspektive entwickeln, auf die ihre jeweilige Aktivität einzahlt. In diesem Sinne wäre auch Frage 3 positiv beantwortbar.

Klar ist aber auch, dass eine solche Vernetzung und Kooperation Hindernisse aufbauen kann. Die Empfehlung der NWS, „vorhandene Strukturen der TtT-Landschaft […] zu vernetzen, um teilfeld- und trägerspezifische Fortbildungen und Zertifikate unter eine (oder mehrere) übergreifende Perspektiven zu stellen“ (BMAS & BMBF, 2025, S. 93) enthält z. B. den einschränkenden Zusatz „unter Beachtung der jeweiligen Zuständigkeiten“. Ggf. ist hier gemeint, dass manchen Akteuren aus politischen oder rechtlichen Gründen eine Mitwirkung schwierig erscheinen könnte. Es wäre demnach zu klären: Wie wird der Zugang zum Netzwerk der beteiligten Anbieter geregelt? Was impliziert er? Führt ein gemeinsames Referenzmodell zu einer Monopolisierung und Vereinseitigung des Angebots? Uns erscheint plausibel, hier an freiwillige Zusammenschlüsse zu denken, wie wir sie in der Wirtschaft an vielen Stellen kennen, wo sich Marktakteure gemeinsamen Normen unterziehen und auf diese Weise Qualität sichern oder verbessern. Zu nennen sind hier beispielsweise die DIN-Normen oder ISO-Normen, an denen sich Unternehmen orientieren, um Produkte oder Dienstleistungen zu vereinheitlichen und ihre Qualität daran auszurichten. Ein anderes Beispiel sind TÜV-Zertifizierungen, wie beispielsweise die ISO 9001, bei denen sich Unternehmen ebenfalls auf freiwilliger Basis einer Prüfung anhand festgelegter Kriterien unterziehen (vgl. https://www.tuvsud.com/de-de/dienstleistungen/auditierung-und-zertifizierung/pruefzeichenuebersicht/iso-9001). Die eingangs vorgestellte Empfehlung der NWS zur „konzertierte[n] Erprobung von Microdegrees für die qualifikatorische Weiterentwicklung des Weiterbildungspersonals“ kann somit insgesamt als plausibel, angemessen und machbar gelten.

Es stellen sich aber auch zahlreiche Entwicklungsherausforderungen und Klärungsbedarfe:

Welche Akteure wären in einer Vernetzungsstruktur mitzudenken, um heterogene Weiterbildungskulturen hinreichend abzubilden? Wir empfehlen, verschiedene Teil- und Trägerbereiche der Weiterbildung zu berücksichtigen, etwa kammer- und volkshochschulnah arbeitende Anbieter und solche der beruflichen und betrieblichen Weiterbildung. Idealerweise sind auch die konfessionelle, gewerkschaftliche und wissenschaftliche Weiterbildung vertreten oder auch Vertretungen der Weiterbildung in wichtigen Domänen wie Sprachen, Gesundheit und Sport. Alle Anbieter sollten an einer Rolle als Issuer von Mikrozertifikaten interessiert sein und entsprechende technische Leistungen der Zertifikatsausstellung selber vornehmen oder über einen Dienstleister einkaufen wollen.

Welche Governance wäre für diese Vernetzung und ihre Koordinierung angemessen? Aufgrund der fehlenden formalen Regulierung von Berufstätigkeiten in der Weiterbildung kann eine entsprechende Vernetzung Bottom-Up erfolgen oder koordiniert von Politik (z. B. AK Weiterbildung der Kultusminister Konferenz (KMK, NWS, KAW) oder Wissenschaft. Den Empfehlungen des EU-Rats (2022) folgend gibt es keine eindeutig prädestinierten Akteure für den koordinierenden Lead bei vernetzten Einsatzszenarien für MCs. Es sind eher spezifische Eigenschaften, die die Rolle begünstigen dürften: Unabhängigkeit von Geschäftsinteressen der beteiligten Anbieter; fachliche Akzeptanz in der TtT-Landschaft mit Credibility in Anerkennungsfragen; Erfahrungen in der träger- und bereichsübergreifenden Vernetzung der Weiterbildungsfelder.

Weitere Fragen müssten innerhalb der entstehenden Vernetzung geklärt werden: Welche Kriterien müssen Anbieter und ihre Zertifikate erfüllen, um anrechenbar zu werden? Durch wen und wie werden Kurse oder Kompetenztests akkreditiert? Wie können Flexibilität und Standardisierung zielführend ausbalanciert werden? Was könnte ein allgemein anerkanntes Zertifikat sein, für das Mikrozertifikate der beteiligten Anbieter anrechenbar sein sollen? Könnten ggf. auch mehrere Zertifikate aus Stapeln von MCs hervorgehen? Auf welcher DQR-Stufe wären übergeordnete Zertifikate sinnvollerweise anzusiedeln?

In der NWS-Empfehlung, die Gegenstand dieses Beitrags war, bleibt dies ebenfalls offen: „Welche Microcredentials zu einem übergreifenden Degree kumuliert werden sollen, wäre eine Entwicklungs- und Normierungsaufgabe.“ (BMAS & BMBF, 2025, S. 93). Hierzu will der vorliegende Beitrag nicht mit einem Vorschlag vorgreifen. Was er aber zeigen konnte ist, dass MCs eine passende Lösung sind, sollte es im Kontext der MWS zu der von Matthias Kohl angeregten „Entwicklung, Erprobung und Implementierung eines gestuften, flexiblen und modularen Qualifizierungssystems für das Weiterbildungspersonal” (Kohl, 2023, S. 8), kommen.

Literatur

Alberti, V., Hillerich, S. & Strauch, A. (2022). GRETA – kompetent handeln in Training, Kurs & Seminar. Das GRETA-Kompetenzmodell 2.0. https://doi.org/10.57776/hv49-7a98

Alberti, V., Strauch, A. & Brandt, P. (2022). Digitale Kompetenzen Lehrender. Zur Möglichkeit ihrer Integration in Modelle generisch pädagogischer Kompetenzen am Beispiel von GRETA. Magazin erwachsenenbildung.at, 44/45, 09-1–09-11. https://doi.org/10.25656/01:24475

Alfänger, J., Cywinski, R., Elias, A. & Dobischat, R. (2016). Erwerbsarbeit in der Weiterbildungsbranche – prekäre Beschäftigung in einem polarisierten Arbeitsmarkt. WSI-Mitteilungen, 69(2), 95–104. https://doi.org/10.5771/0342-300X-2016-2-95

Autor:innengruppe Bildungsberichterstattung (2024). Bildung in Deutschland 2024. Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zur beruflichen Bildung. wbv Publikation. https://www.bildungsbericht.de/de/bildungsberichte-seit-2006/bildungsbericht-2024

Autorengruppe wb-personalmonitor (2016). Das Personal in der Weiterbildung. Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen, Qualifikationen, Einstellungen zu Arbeit und Beruf. wbv. https://www.die-bonn.de/doks/2017-weiterbildner-01.pdf

Bosche, B. (2024). Lehrkräftemangel in der Weiterbildung. weiter bilden. DIE Zeitschrift für Erwachsenenbildung, 31(4), 36–39. http://www.die-bonn.de/id/42176

Bosche, B. & Strauch, A. (2023). Professionalitätsförderliche Effekte einer Kompetenzanerkennung. Ergebnisse einer Evaluationsstudie zur Nutzung des GRETA-PortfolioPlus. Weiterbildung, 6, 34–37.

Brandt, P., Erben, F., Frieling, G., Gampper, J.-F., Kalis, P.-O., Menke, B., Schlömp, D. & Sondermann, S. (2019). »Wir wollen GRETA adaptiv anlegen«: Fragen und Antworten zur Pilotierung von Instrumenten und Verfahren trägerübergreifender Kompetenzvalidierung. weiter bilden. DIE Zeitschrift für Erwachsenenbildung, 26(1), 52–56. http://www.die-bonn.de/id/36982

Buchem, I. (2024). Zukunft der Anerkennung? weiter bilden. DIE Zeitschrift für Erwachsenenbildung, 31(1), 32–36. https://doi.org/10.2767/043994

Buchem, I., Orr, D. & Brunn, C. (2019). Kompetenzen sichtbar machen mit Open Badges – Abschlussbericht der HFD Community Working Group Kompetenzbadges (Arbeitspapier Nr. 48). Hochschulforum Digitalisierung. Version: 2.0. https://doi.org/10.5281/zenodo.3478510

Bundesministerium für Arbeit und Soziales (2023). Fachkräftemonitoring für das BMAS – Mittelfristprognose bis 2027. https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/Forschungsberichte/fb-625-fachkraeftemonitoring-bmas-mittelfristprognose-2027.pdf?__blob=publicationFile&v=3

Bundesministerium für Arbeit und Soziales & Bundesministerium für Bildung und Forschung (2025). Umsetzungsbericht 2025. Nationale Weiterbildungsstrategie. https://www.bmbf.de/SharedDocs/Downloads/DE/2025/nws-bericht-2025.pdf?__blob=publicationFile&v=1

Bundesministerium für Bildung und Forschung & Bundesministerium für Arbeit und Soziales (2019). Nationale Weiterbildungsstrategie. https://www.bmbf.de/SharedDocs/Downloads/DE/2019/strategiepapier-nws.pdf?__blob=publicationFile&v=1

Christian, M., Hillerich, S., Strauch, A. & Brandt, P. (2024). Microcredentials und Badges: Herausforderungen und Lösungsansätze für digitale Lernnachweise in der Erwachsenen- und Weiterbildung. https://doi.org/10.58000/b8mr-4514

Deutsches Institut für Erwachsenenbildung – Leibniz-Zentrum für Lebenslanges Lernen (DIE) (2024). Tafelbild Personal in der Weiterbildung. weiter bilden. DIE Zeitschrift für Erwachsenenbildung, 31(4), 30–31.

Dobischat, R., Fischell, M. & Rosendahl, A. (2009). Beschäftigung in der Weiterbildung.
Prekäre Beschäftigung als Ergebnis einer Polarisierung in der Weiterbildungsbranche. Gutachten im Auftrag der Max-Träger-Stiftung. Abgedruckt in Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (Hrsg.), Schwarzbuch: Beschäftigung in der Weiterbildung (S. 44–80). https://www.gew-berlin.de/index.php?eID=dumpFile&t=f&f=92212&token=f2139d22bbf4429f87e0aebcf6eb6ce14333ece8&sdownload=&n=Schwarzbuch-Weiterbildung.pdf

Ebers, P., Peters-Dasdemir, J., Thurm, D. & Wagener, O. (2019). Der Herausforderung der Digitalisierung im Mathematikunterricht in Fortbildungen begegnen. In Vielfältige Zugänge zum Mathematikunterricht (S. 281-294). http://dx.doi.org/10.1007/978-3-658-24292-3_20

Ehlers, U.-D. (2020). Future Skills. Lernen der Zukunft – Hochschule der Zukunft. SpringerVS. https://doi.org/10.1007/978-3-658-29297-3

Gieseke, W. (2018). Professionalität und Professionalisierung in der Erwachsenenbildung/Weiterbildung. In R. Tippelt & A. von Hippel (Hrsg.), Handbuch Erwachsenenbildung/Weiterbildung (6. Aufl., S. 1051–1069). Springer Reference Sozialwissenschaften.

Grosch, M. (2024). Der europäische Bildungsraum: für ein ganzheitliches Bildungsverständnis Statement der Europaplattform der Katholischen Erwachsenenbildung (KEB) Deutschland. Erwachsenenbildung, 70(4).

Hahnrath, E. & Herbrechter, D. (2022). (Wie) Können Weiterbildungsorganisationen die Professionalität ihrer Lehrenden durch professionelle Lerngemeinschaften unterstützen?
Empirische Exploration der Implementierbarkeit eines kooperativen Personalentwicklungskonzepts für die Weiterbildung. Gruppe, Interaktion, Organisation, 53(4), 469–481. https://doi.org/10.1007/s11612-022-00660-7

Kohl, M. (2023). Berufliche Weiterbildung in der Transformationsgesellschaft: Veränderte Anforderungen und neue Aufgaben für das Weiterbildungspersonal (Präsentation). https://www.bibb.de/dokumente/pdf/ab42_nwk_ws5_Tag_2_Kohl.pdf

Kohsiek, R. (2024). Aufbruch oder fortgesetzte Prekarität?: Beschäftigungsbedingungen in der Weiterbildung. weiter bilden. DIE Zeitschrift für Erwachsenenbildung, 31(4), 32–35. http://www.die-bonn.de/id/42182

Kraft, S., Seitter, W. & Kollewe, L. (2009). Professionalitätsentwicklung des Weiterbildungspersonals. wbv. https://www.die-bonn.de/doks/2009-weiterbildner-01.pdf  

Kuper, H. & Schemmann, M. (2023). Institutionen der Weiterbildung. wbv Publikation.

Lencer, S. & Strauch, A. (2016). Das GRETA-Kompetenzmodell für Lehrende in der Erwachsenen- und Weiterbildung. https://www.die-bonn.de/doks/2016-erwachsenenbildung-02.pdf

Martin, A. & Schrader, J. (2021). Das Personal in der Weitebildung. In S. Widany, E. Reichart, J. Christ & N. Echarti (Hrsg.), Trends der Weiterbildung. DIE Trendanalyse 2021  (S. 179 –208). wbv Media. https://www.die-bonn.de/doks/2021-DIE-Trendanalyse.pdf

Marx, C., Goeze, A., Kelava, A. & Schrader, J. (2018). Lehrkräfte in der Erwachsenen- und Weiterbildung – Zusammenhänge zwischen Vorbildung und Erfahrung mit dem Wissen über Lehr-Lernmethoden und -konzepte. ZfW 41(1), 57–77. https://doi.org/10.1007/s40955-018-0108-6

Nittel, D. (2000). Von der Mission zur Profession? Stand und Perspektiven der Verberuflichung in der Erwachsenenbildung. wbv.

OECD (2021). Continuing Education and Training in Germany.Getting Skills Right. https://doi.org/10.1787/1f552468-en

Rat der Europäischen Union (2022). Empfehlung des Rates über einen europäischen Ansatz für Microcredentials für lebenslanges Lernen und Beschäftigungsfähigkeit. https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-9790-2022-INIT/de/pdf

Scheidig, F. (2016). Professionalität politischer Erwachsenenbildung zwischen Theorie und Praxis. Eine empirische Studie zu wissenschaftsbasierter Lehrtätigkeit. Klinkhardt.

Schrader, J. (2011). Struktur und Wandel der Weiterbildung. wbv. http://www.die-bonn.de/id/9257

Schrader, J., Hohmann, R. & Harz, S. (Herausgebende) (2010). Mediengestützte Fallarbeit Konzepte, Erfahrungen und Befunde zur Kompetenzentwicklung von Erwachsenenbildnern (1. Auflage). wbv Publikation.

Schrader, J. & Loreit, F. (2018). Professionalisierung bei Lehrkräften der Erwachsenen- und Weiterbildung: Individuelle und kollektive Perspektiven. In R. Dobischat, A. Elias & A. Rosendahl (Hrsg.), Das Personal in der Weiterbildung (S. 283–308). Springer Fachmedien.

Seitter, W. (2009). Professionalitätsentwicklung als aufgabenbezogene Tätigkeitserweiterung und berufsbiographische Kompetenzaufschichtung: Ein Aufriss. In W. Seitter (Hrsg.), Professionalitätsentwicklung in der Weiterbildung (S. 11–16).VS Research.

Siebert, H. (2012). Didaktisches Handeln in der Erwachsenenbildung. Didaktik aus konstruktivistischer Sicht (8. bearbeitete Auflage). ziel.

Strauch, A., Bosche, B. & Lencer, S. (2021). Ein Referenzmodell für Kompetenzen Lehrender in der Erwachsenen- und Weiterbildung. Modellentwicklung zwischen Wissenschaft und Praxis. Weiterbildung, 32(2), 28–31. http://www.die-bonn.de/id/39687

UNESCO (2021). Curriculum globALE: competency framework for adult educators. https://unesdoc.unesco.org/ark:/48223/pf000377422

Zitieren des Beitrags

Brandt, P.& Strauch, A. (2025). Microcredentials: Chancen für eine koordinierte und adaptive Professionalitätsentwicklung Lehrender in der Weiterbildung. bwp@ Berufs- und Wirt­schaftspädagogik – online, 48, 1–20. https://www.bwpat.de/ausgabe48/brandt_strauch_bwpat48.pdf

Veröffentlicht am 23. Juni 2025