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bwp@ Profil 12 - Juni 2025
Transformationen in der beruflichen Bildung – Handlungsräume und Gestaltungsfelder der Wirtschafts- und Berufspädagogik.
Profil 12: Digitale Festschrift für H.-Hugo Kremer
Hrsg.:
, &Annotationen und Provokationen zu Entwicklungen in der Berufs- und Wirtschaftspädagogik
Die Berufs- und Wirtschaftspädagogik als wissenschaftliche ‚Bindestrich-Disziplin‘ und akademische ‚Heimat‘ von H.-Hugo Kremer hat in ihrer Heterogenität und teilweisen Unschärfe sowohl nach innen als auch nach außen fortlaufend mit verschiedenen Akteuren, Richtungen, Positionen und Entwicklungen zu tun. In dem Beitrag werden einige davon zugespitzt sowie in bisweilen provokanter Form zur Sprache gebracht, die zum Nachdenken, diskutieren und letztlich zur Weiterentwicklung anregen und beitragen soll. Dabei erweist es sich in vielen Fällen als eine besondere Schwierigkeit, strenge Kriterien der Wissenschaft anzulegen, sodass über subjektive Einzelbeobachtungen hinausgegangen werden kann. Aus diesem Grund sollen eigene Datenerhebungen als Indikatoren einige der Annotationen stützen, die z. T. zu Thesen ausformuliert bzw. weitergeführt werden. Die Autoren des Beitrags laden damit den Jubilar und alle weiteren Interessierten zur vertieften Diskussion über die Zukunft der Disziplin und der Sektion ein.
Annotations and provocations on developments in vocational and economic pedagogy (Berufs- und Wirtschaftspädagogik)
Vocational and business education (Berufs- und Wirtschaftspädagogik) as a scientific discipline and the academic “home” of H.-Hugo Kremer, in its heterogeneity and partial vagueness, is constantly dealing with different actors, directions, positions and developments, both internally and externally. Some of these are articulated in this article, with the intention of communicating what was previously “unsayable” in order to provoke and stimulate reflection and further development. In many cases it proves to be particularly difficult to apply strict academic criteria so that one can go beyond subjective individual observations. For this reason, our data collection supports some of the annotations with indicators, which can in part be formulated into theses or further developed. The authors of the article invite H.-Hugo Kremer and all other interested parties to an in-depth discussion about the future of the discipline and the section.
- Details
1 Berufs- und Wirtschaftspädagogik in der Diskussion – Einleitung
Die Berufs- und Wirtschaftspädagogik ist eine verhältnismäßig junge Disziplin, die – wie auch andere „Hauptdisziplinen der Pädagogik“ (Schelten, 1994, S. 24) – vom Wirken ihrer ‚Zunftmitglieder‘ lebt. Der Jubilar selbst, H.-Hugo Kremer, hat eine akademische Ausbildung in der Wirtschaftspädagogik durchlaufen und wird im Allgemeinen als Wirtschaftspädagoge angesehen. Hingegen weist ihn die Homepage der Universität Paderborn als Professor bzw. Lehrstuhlinhaber der „Wirtschafts- und Berufspädagogik“ (Universität Paderborn, 2024) aus. Die Konstellation wirkt eher ungewöhnlich, weil doch häufiger von der Berufs- und Wirtschaftspädagogik als umgekehrt gesprochen wird, und es findet sich – Stand November 2024 – bundesweit keine weitere gleichlautende Professur-Denomination, wenngleich die Begriffsformation durchaus auch in dieser Form genutzt wurde (vgl. beispielsweise Huisinga & Lisop, 1999, S. 114–116). Davon ausgehend, dass es sich nicht um eine zufällige oder willkürliche Denomination der Professur handelt, gibt die außergewöhnliche Bezeichnung Anlass, über die Binnenbeziehung von Wirtschafts- und Berufspädagogik sowie zusätzlich das Verhältnis zur Erziehungswissenschaft zu reflektieren.
In dem Kontext liegt es nahe, grundlegend über einige Entwicklungen, die in oder mit der ‚Zunft‘ der Berufs- und Wirtschaftspädagogik von Belang sind, genauer nachzudenken. Als Anlass dazu kann die Arbeit von H.-Hugo Kremer im Vorstand der Sektion Berufs- und Wirtschaftspädagogik (BWP) in der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft (DGfE) angesehen werden. Der Geehrte ist aktuell im Vorstand der Sektion tätig und hat damit die Interessen der Berufs- sowie der Wirtschaftspädagogik innerhalb einer erziehungswissenschaftlichen Dachgesellschaft zu vertreten. In einer ersten provokativ angelegten Sicht könnte gefragt werden, wie diese vielseitige Interessenvertretung möglich ist, ohne zu einer multiplen Persönlichkeit werden zu müssen.
2 Ausgewählte Perspektiven auf das Binnenverhältnis zwischen Wirtschafts- und Berufspädagogik
2.1 Theoretische Betrachtungen anhand der Mengenlehre
Werden zwei Gegenstandsbereiche – wie hier die Wirtschaftspädagogik einerseits und die Berufspädagogik andererseits – betrachtet, so stellt sich die Frage nach deren Verhältnis zueinander. Wird die, mit inhärentem Verweis auf getrennte Institutionalisierungspfade, ‚Bindestrich-Konstruktion‘ der Berufs- und Wirtschaftspädagogik als eine Disziplin angesehen, so handelt es sich gewissermaßen um das ‚Binnenverhältnis‘ beider Bestandteile zueinander. Betrachtungen zum Verhältnis dieser beiden pädagogischen Fachdisziplinen zueinander sind keineswegs neu, sondern in der Fachliteratur und auf Tagungen immer wieder geführt worden (z. B. Arnold, 1994, S. 33–34; Rebmann et al., 1998, S. 205–207; Reinisch, 2009). Für die Wirtschafts- und Berufspädagogik oder die Berufs- und Wirtschaftspädagogik ist es alles andere als trivial, ob es sich dabei um ein gleichberechtigtes ‚Geschwisterverhältnis‘ oder eines mit Über- bzw. Unterordnung handelt.
In solchen Fällen eignet sich ein Vorgehen im Sinne der Mengenlehre aus der Mathematik. Ein derartiger Zugriff mag zunächst basal anmuten, bietet jedoch die Chance zur nüchternen und distanzierten Betrachtung. Demnach kann es fünf verschiedene Auffassungen geben. Erstens handelt es sich um den trivialen Fall, dass beide Begriffe identisch sind, d. h., dass damit die gleichen Objekte umfasst werden, die Begriffsextensionen demnach gleichzusetzen sind. Das würde nur in Frage kommen, wenn beide Begriffe synonym wären. Der Fall scheidet aus, da die Wirtschaftspädagogik beispielsweise mit der Perspektive der ökonomischen Bildung (Beck, 1989; Ackermann, 2023) Inhalte aus dem allgemeinbildenden Unterrichtsfach (auch der Sekundarstufe I) Wirtschaft aufgreift, was in der Berufspädagogik nicht der Fall ist. Ferner unterscheiden sich die Gegenstandsbereiche zumindest insoweit als – aus generisch abgrenzbaren Pfadabhängigkeiten heraus – jeweils unterschiedliche Bereiche der Lehrkräfteausbildung im heutigen Lehramtstyp 5 (KMK, 2018) für die berufsbildenden Schulen abgedeckt werden.
Zweitens käme in Frage, dass beide Mengen ohne Überschneidungsbereiche voneinander isoliert sind. Auch dieser Fall kann ausgeschlossen werden, da – aus der zuvor angedeuteten – Überschneidung in der berufsbildenden Lehrkräftebildung zumindest eine Aufgabenteilung innerhalb eines gemeinsamen Feldes hervorgeht, aus der sui generis ebenso überlappende Forschungsgegenstände innerhalb der Berufsbildungsforschung resultieren, zu der sich beide Disziplinen zurechnen. Die Zielstellung der Bedarfsdeckung von Lehrkräften für berufsbildende Schulen kann daher, wenn auch zueinander zeitversetzt und zunächst institutionell unabhängig, als Institutionalisierungskontext der Disziplinstränge unter einem größeren und gemeinsamen ‚Nenner‘ verstanden werden. Nicht zuletzt die gemeinsame Gründung der Kommission Berufs- und Wirtschaftspädagogik innerhalb der DGfE im Jahr 1974, die mittlerweile als Sektion derselben firmiert, spricht für ein – allerdings wiederum nicht selbstverständliches – gemeinsames Erkenntnis- und Arbeitsinteresse der zuvor getrennt voneinander etablierten Fachgesellschaften (Ziegler et al., 2024, S. 115).
Drittens kann von einem Fall ausgegangen werden, in dem die Wirtschaftspädagogik der Berufspädagogik übergeordnet ist. Um in der mathematischen Mengenlehre zu bleiben, würde diese Konstellation bedeuten, dass die Berufspädagogik vollständig (nur) eine Teilmenge der Wirtschaftspädagogik wäre. Das wäre beispielsweise dann zu bejahen, wenn der Gegenstandsbereich der Berufspädagogik als kleinere Teilmenge und vollumfänglich im Objektbereich der Wirtschaftspädagogik läge. Allein mit Blick auf die zuvor angedeutete formal-gleichgestellte Organisation der beiden Disziplinen innerhalb der Sektion der DGfE wäre dieser Fall ebenfalls auszuschließen. Neben formalen Aspekten könnten auch inhaltliche Begründungslinien herangezogen werden, denn die disziplinären Perspektiven unterscheiden sich insofern, als die Wirtschaftspädagogik sich auf Erziehung und Bildung im Medium wirtschaftlichen Handelns bezieht, die Berufspädagogik hingegen auf Erziehung und Bildung im Medium des Berufs (beispielhaft Rebmann et al., 1998, S. 206). Es könnte nun argumentiert werden, dass der Gegenstandsbereich der Wirtschaftspädagogik letztlich alle Berufsbildungsaktivitäten umfasse, da jeder berufliche Bildungsprozess grundsätzlich auch als Handeln im wirtschaftlichen Sinne zu verstehen sei, hingegen spricht jedoch die bisherige Konzentration der Wirtschaftspädagogik auf zumeist abgegrenzte Berufsbereiche bzw. Felder innerhalb der Berufsbildung. Anzumerken ist in diesem Zusammenhang, dass für beide adressierte Disziplinen je für sich nicht von einem homogenen und über die Zeit unverändertem Selbstverständnis ausgegangen werden kann, das sich in einem derartig engen Rahmen fassen ließe. So zeigen beispielsweise Tafners konzeptuelle Überlegungen zur reflexiven Wirtschaftspädagogik sowie die darin zugrunde gelegten differenzierten Diskurse (Tafner, 2017, S. 22 f.), dass die Bezugskategorien der Wirtschaftspädagogik erheblich über die zuvor erwähnten Zuordnungen hinausgedacht werden können. Die wirtschaftspädagogischen Überlegungen weisen in vieler Hinsicht Anschlussfähigkeiten zu allgemeiner Berufsbildungstheorie auf, ohne dass ihnen allerdings ein universeller oder gar übergeordneter Anspruch zugrunde gelegt würde, weshalb sie – trotz aller Weiterungen – als Bestätigung der dritten Fallkonstruktion nicht herreichen.
Viertens ist der umgekehrte Fall vorstellbar, in der die Berufspädagogik der Wirtschaftspädagogik übergeordnet ist. Dafür sind zunächst analoge Begründungslinien wie in der zuvor geschilderten Fallkonstruktion heranzuziehen, weshalb wiederum allein formale Aspekte zum Ausschluss führen. Inhaltlich stützend könnte zudem argumentiert werden, die Berufspädagogik habe sich durch den aus der ‚Beruflichkeit‘ abzuleitenden Gegenstandsbereich im Kontext der Berufsbildung einen universellen, auf einer abstrakten Meta-Ebene rangierenden Blick auf das Gesamtgeschehen des Beruflichen zu eigen gemacht, worunter auch die von der Wirtschaftspädagogik gemeinhin adressierten Berufsbildungsbereiche zu subsumieren wären. Einen solchen Denkansatz hat es im Übrigen bereits gegeben, denn: „In der DDR wurde Berufspädagogik als übergreifende Disziplin verstanden. Die Wirtschaftspädagogik war eine Fachrichtung innerhalb der berufspädagogischen Studiengänge.“ (Behrendt et al., 1991, S. 4). Ebenso wie im Fallbeispiel zuvor lässt sich dieser universelle Anspruch jedoch nicht durch ein faktisch momentan existierendes Arbeits- und Forschungsprogramm unterlegen. Hinzu kommt im Kontext der ‚Beruflichkeit‘ nach berufspädagogischer Auslegung eine gewisse Konzentration auf Fragen der Ausbildungsberuflichkeit gegenüber der Erwerbsberuflichkeit sowie, daraus resultierend, eine Engführung auf Fragen der dualen beruflichen Erstausbildung, durch die andere Ausbildungsformen, Schulbildungsprozesse, Fortbildungen oder Umschulungen sowie all jene Bildungsprozesse, die Fragen des Berufs mindestens tangieren, weniger umfangreich aufgegriffen werden.
So spricht am Ende der mengentheoretischen Betrachtung viel für den fünften Fall: ein gleichberechtigtes Geschwisterverhältnis der Disziplinen mit überschneidenden Gegenstandsbereichen, aber auch eigenständigen Feldern, die einen gemeinsamen Rahmen bestimmen, in dem wissenschaftlicher Diskurs, Positionierung und Vertretung stattfinden kann. Beispielhaft kann hier das Basiscurriculum der Berufs- und Wirtschaftspädagogik angeführt werden (Sektion BWP, 2014). Aus den zuvor beschriebenen unterschiedlichen Fokussierungen ergeben sich so inhaltlich ergänzende bzw. überlappende Teilmengen, wenngleich – je nach Profession und Standpunkt – die Überschneidungsbereiche unterschiedlich groß und stark beurteilt werden können. Es ist zudem zu erwarten, dass bestehende Schnittmengen und Differenzen weniger persistent, denn vielmehr in dauerhafter Entwicklung befindlich sind, sich aber jeweils aus der Gesamtheit die Erkenntnisobjekte ergeben, die das gemeinsame Professionsverständnis bestimmen. Dabei können Akzentuierungen, beispielsweise das – zumindest in breiterer Form disziplinspezifisch noch recht aktuelle – Aufgreifen der Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung (BBNE) zunächst auch vorrangig durch eine der vorherrschenden Perspektiven zugänglich gemacht werden, bevor sie sich auf das disziplinäre Verständnis insgesamt auswirken.[1] So gesehen entsteht durch die unterschiedlichen Blickwinkel der Wirtschaftspädagogik einerseits und der Berufspädagogik andererseits eine dynamische gegenseitige Bereicherung oder, je nach Lesart, Irritation des gemeinsam abgestimmten Gegenstandsbereichs. Letztlich ist aber Holger Reinisch (2009, S. 6) zuzustimmen, der von der rationalen Einsicht spricht, „dass eine ‚Scheidung‘ in Berufspädagogik hier und Wirtschaftspädagogik dort der Stellung und dem gemeinsamen Anliegen beider eher schaden denn nutzen würde“.
Neben formalistischen und inhaltlichen Begründungslinien bieten sich weitere an, um das Binnenverhältnis von Berufs- und Wirtschaftspädagogik zu bedenken, denn unter Umständen ist das konstatierte Geschwisterverhältnis insofern zu spezifizieren, dass es einen „Primus inter Pares“ gibt. Mit Blick auf die schulische und akademische Genealogie der Disziplinen handelt es sich bei der Wirtschaftspädagogik beispielsweise um die ältere Disziplin (Rebmann et al., 1998, S. 186–187; Reinisch, 2009, S. 5–6; Zabeck, 2009, S. 513–514). Um in „modernen Patchworkanalogien“ zu sprechen, ist auch von in Teilen unterschiedlichen Elternbeziehungen auszugehen, sodass im konstruktivistischen Sinne eventuell eher von sozial herausgebildeter oder gar selbstbestimmter Verwandtschaftsbeziehung gesprochen werden könnte. Reinisch (2009, S. 6) nennt die – geschichtlich gesehen – als ‚Fusion‘ zu bezeichnende Verbindung von Berufs- und Wirtschaftspädagogik sogar ‚Ehe‘. Wird in diesem Bild geblieben: Selbst in ehelichen Gemeinschaften kann es im Vorfeld zu einem Namensstreit kommen. Sollte es nun Berufs- und Wirtschaftspädagogik oder Wirtschafts- und Berufspädagogik heißen? Auf den Gedanken der Namensrevision hat z. B. Reinisch (Reinisch, 2009, S. 6) hingewiesen. Umso erstaunlicher ist, dass es einerseits aktuell kein ernsthaftes Bestreben dazu gibt und andererseits die Denomination der Professur von H.-Hugo Kremer diese – wie bereits gesagt: bundesweit einmalig – umsetzt.
In dem Zusammenhang sollte nicht in Vergessenheit geraten, dass bei aller Einigkeit, die eine gemeinsame Vertretung der BWP als Sektion innerhalb der DGfE zum Ausdruck gebracht wird, zum Teil erhebliche Differenzen im Disziplinverständnis bestehen, die mitunter, zumindest in Teilen der involvierten Disziplinen, eher zeitweise vergessen als nachhaltig ausgeräumt scheinen. Jene beziehen sich auf Diskursanfänge und zumeist komplexe Diskursverläufe von paradigmatischer Qualität, die zumindest nicht mehr allen Mitgliedern der Sektion gegenwärtig sind. Die Tatsache, dass an diese offenen Fragestellungen – auf der einen Seite mit Präferenzen für kritisch-rationale Perspektiven, auf der anderen mit der Bevorzugung von konstruktiv-pragmatistischen Sichtweisen – noch weiter angeknüpft wird (Achtenhagen & Beck, 2024, S. 31; Büchter, 2024, S. 173–175), gibt zumindest Hinweise darauf, dass es – im Sinne der Analyse von Reinisch – um die Außenlegitimität besser bestellt ist als um die Binnenlegitimität der Berufs- und Wirtschaftspädagogik, zumindest in Bezug auf das theoretische Fundament der gemeinsamen Disziplin (Reinisch, 2009).
2.2 Statistische Betrachtungen zum Verhältnis von Wirtschafts- und Berufspädagogik an deutschen universitären Einrichtungen
Eine weitere Möglichkeit zur Spezifizierung des Binnenverhältnisses besteht in quantitativ-relationaler Betrachtung der beitragenden Personen zu den jeweiligen Disziplinen. Bislang existiert kein regelmäßiges oder gar indikatorengestütztes Monitoring der universitären bzw. hochschulischen Berufsbildungslandschaft, sodass sich Entwicklungsdynamiken bestenfalls und mit gehörigem Aufwand im Falle von Professuren nachzeichnen ließen, aber kaum für das zugeordnete Personal. Auch über die verfügbaren finanziellen Volumina sowie eingeworbene Drittmittel sind keine Informationen zugänglich, im Gegensatz zu anderen außeruniversitären Akteuren der Berufsbildungsforschung, auf die an späterer Stelle noch eingegangen wird. Annäherungen an das relationale Verhältnis können jedoch unterschiedlich erhobene Daten ergeben: Ziegler et al. (2024) haben mit Stand November 2022 die in der Sektion BWP gelisteten Professorinnen und Professoren nach Land, Denomination und Geschlecht ausgewertet. In den 160 in der Stichprobe enthaltenen Personen sind auch jene aus Österreich und der Schweiz enthalten, wobei Universitäten, Pädagogische Hochschulen und Fachhochschulen beachtet wurden. Im Ergebnis wurden 41 Prozent der Wirtschaftspädagogik, 16 Prozent der Berufspädagogik und 21 Prozent den Didaktiken beruflicher Fachrichtungen zugeordnet (bei 22 Prozent ohne Zuordnung) (Ziegler et al., 2024, S. 124). So gesehen ist eine deutliche relationale Schwerpunktbildung in der Wirtschaftspädagogik erkennbar.
Für den vorliegenden Beitrag wurde nochmals ein anderer Zugang zur vergleichenden Betrachtung gewählt. Auf Basis der Institutionen, die der Deutsche Bildungsserver als universitäre Einrichtungen der Berufsbildung zählt, wurde – mit Stand 15. November 2024 – eine statistische Erhebung durchgeführt (deutscher bildungsserver, 2023). Ergänzt wurden die Daten durch Einträge der DFG-Datenbank GERiT (DFG, 2024) sowie eine, um die Standorte Brandenburg, Bremen, Hamburg und Sachsen-Anhalt, erweiterte Recherche auf der Basis des Verzeichnisses aus dem Handbuch Standorte beruflicher Lehrkräftebildung Deutschland (Lange et al., 2024). Einbezogen wurden dabei auch die neu ausgeschriebenen Professuren in Potsdam und Kiel. Insgesamt ist so in verschiedener Hinsicht von einer veränderten Grundgesamtheit gegenüber jener auf Basis der Sektionsdaten auszugehen, vorrangig, weil im vorliegenden Fall Institutionen außerhalb Deutschlands nicht berücksichtigt sind, möglicherweise auch, da einige Fachhochschulen und Pädagogische Hochschulen eventuell keinen Eingang gefunden haben. Aufgrund der Unkenntnis des zuvor erwähnten Datensatzes lassen sich die Unterschiede jedoch nur abschätzen. Die Datenbasis beläuft sich mit der geschilderten Vorgehensweise auf 161 Professuren. Qua Denomination der Webauftritte sind 25 Prozent der Wirtschaftspädagogik zugeordnet worden, 22 Prozent der Berufspädagogik und 12 Prozent der Berufs- und Wirtschaftspädagogik (vgl. Abbildung 1). Weitere 22 Prozent wurden den Didaktiken beruflicher Fachrichtungen[2] zugerechnet (19 Prozent ohne/andere Zuordnung). Durch den gewählten Zugang bestätigt sich daher eine leichte Schwerpunktbildung im Bereich der Wirtschaftspädagogik, allerdings deutlich weniger ausgeprägt als in der zuvor zitierten Studie. Ausgedrückt durch die verbindende Denomination existiert zudem eine (kleine) Gruppierung von Professuren, bei denen in der Außendarstellung, ganz im Sinne der Außenlegitimität, eine gemeinsame Profession erkennbar wird.
Abbildung 1: (Junior-)Professuren in Deutschland nach Fachgebieten der Berufsbildungsforschung; eigene Daten; Stand: 15.11.2024
In der Gesamtbetrachtung wurden 88 Professuren (55 %) als männlich gelesen berufen, 60 als weiblich gelesen berufen (37%), wobei 13 derzeit ohne Besetzung sind. Nur rund 17 % der gelisteten Professuren verfügen über Denominationen, die einen (allgemeinen) erziehungs- oder bildungswissenschaftlichen Bezug aufweisen – jene finden sich allerdings wiederum nicht in der Wirtschaftspädagogik und den Didaktiken beruflicher Fachrichtungen.
Das Gros der Professuren (rund 79 %) ist an Universitäten angesiedelt, lediglich knapp sieben Prozent finden sich an Pädagogischen Hochschulen, etwas mehr (rund 14 %) an Fachhochschulen/Hochschulen sowie der Hochschule der Bundesagentur für Arbeit. Bei näherer Betrachtung ist festzustellen, dass die Wirtschaftspädagogik nahezu ausschließlich an Universitäten verortet ist, anders als berufspädagogische (Universitätsanteil 72 %) und berufs- und wirtschaftspädagogische Professuren (Universitätsanteil 58 %), wo sich offenbar bereits in erkennbar höherem Umfang eine Entwicklung zur Verlagerung an nicht-universitäre Hochschulen bemerkbar macht, von dem zum Beispiel gewerblich-technisch ausgerichtete Professuren sowie jene im Bereich der Pflegewissenschaft betroffen sind. Der überwiegende Teil der Professuren (79,5 %) ist in den alten Bundesländern verortet. Von einer homogenen Verteilung kann dabei allerdings nicht gesprochen werden. Insgesamt ist – mit Blick auf das Bundesgebiet – eine erhebliche Schwerpunktbildung im Süden und Westen erkennbar (vgl. Abbildung 2).
Abbildung 2: Professuren im Bereich der Berufsschullehrkräfteausbildung und Berufsbildungsforschung an Universitäten, pädagogischen Hochschulen und Fachhochschulen/Hochschulen in Deutschland nach Bundesländern (n = 154), eigene Daten (ohne Hochschulen der Bundesagentur für Arbeit)
Zusätzlich zusammengetragen wurden – ebenfalls mit Stand 15. November 2024 – Informationen zum Umfang des akademischen Personals in der universitären Berufsbildungsforschung unter der vorgestellten Prämisse. Als Grundlage dienten wiederum die Webauftritte sowie die darin verzeichneten Personen. Hieraus entstehen in mehrerer Hinsicht Probleme für die Datenqualität: Websiteauftritte sind nicht immer aktuell und auf dem neuesten Stand. Nicht alle Institutionen verzeichneten Informationen zum wissenschaftlichen Personal, wenn auch ganz überwiegend Verzeichnisse zu finden waren. Zudem unterscheiden nicht alle Institutionen zwischen wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Abgeordneten Lehrkräften und/oder Drittmittelbeschäftigten, sodass am Ende nur absolute Personenzahlen aufgenommen werden konnten, die bestenfalls als Näherungswert und grober Richtwert zu verstehen sind. In Fällen, in denen Personal nicht eindeutig einer Professur zugeordnet war, wurden entsprechende Quotienten gebildet. Problematisch ist zudem, dass die Personenzahlen keine Anhaltspunkte zum Beschäftigungsumfang geben. Der DGB-Hochschulreport weist im wissenschaftlichen Dienst eine Teilzeitquote von rund 46 % der Beschäftigten aus, bei wissenschaftlichen Mitarbeitenden von 45 % (DGB, 2020, S. 55 ff.). Die meisten Befristungen belaufen sich hierbei auf halbe und dreiviertel Stellen. Hervorstechende Befristungstatbestände bestehen in der persönlichen Qualifikation, aber auch in Drittmittelkontexten sowie weiteren sachgrundbezogenen und sachgrundlosen Aspekten. In der Studie wurden sowohl HAW als auch Universitäten berücksichtigt. Aufgrund der stärkeren Rolle von wissenschaftlichen Qualifikationen im Universitätskontext gegenüber der HAW sollte hier nochmals von einer in der Tendenz höheren Befristungsquote ausgegangen werden. So begründet, könnte eine Spannbreite von 0,6 bis 0,8 Vollzeitäquivalenten gegenüber der absoluten Personenanzahl angenommen werden, um eine geschätzte Bezugsgröße zur Beurteilung der Lehr- und Forschungsressourcen in der universitären Berufsbildungsforschung zu erreichen. Trotz aller Unschärfen und nicht zuletzt aufgrund mangelnder Vergleichsdaten sollen die erhobenen Daten in die vorliegende Betrachtung einfließen. Daraus ergibt sich eine weitgehend ähnliche Verteilung wie bei der relationalen Betrachtung der Professuren (vgl. Abbildung 3). Das Personal der Didaktiken beruflicher Fachrichtungen ist etwas umfangreicher als der Anteil an den Professuren, was sich eventuell durch Laborausstattungen und ähnliche Rahmenbedingungen begründen ließe.
Abbildung 3: Personal (ohne Professuren) der universitären Berufsbildungsforschungseinrichtungen in Deutschland nach Fachgebieten; eigene Daten; Werte z. T. gerundet; Stand: 15.11.2024
In der Summe konnten rund 769 Personen ermittelt werden. Werden die zuvor angesetzten Maßstäbe angelegt, handelt es sich vermutlich um 461 bis 615 vollzeitäquivalente Stellen, sodass sich unter Zurechnung der Professuren eine erste Abschätzung der Gesamtressourcen im universitären Kontext auf Basis der Institutionen des Deutschen Bildungsservers ergibt. Eine deutliche Schwerpunksetzung in der Wirtschaftspädagogik gegenüber der Berufspädagogik ist daraus allerdings kaum abzulesen, wobei die Zahlen bei der Wirtschaftspädagogik ebenfalls etwas höher liegen als der professorale relationale Anteil.
Würde das Verhältnis des Personals – sowohl der Professuren als auch des wissenschaftlichen Dienstes – an universitären Einrichtungen entscheidend sein, wäre eine ‚Namensrevision‘ der ‚Bindestrichdisziplinen‘ durchaus angebracht. Die Wirtschaftspädagogik ist – bei aller Vorsicht aufgrund von Unsicherheiten der Erhebung – gegenüber der Berufspädagogik zahlenmäßig stärker und im deutlich höheren Umfang universitär verankert. Das könnte zwar grundsätzlich auch an der historisch längeren Etablierung der Wirtschaftspädagogik an universitären Einrichtungen liegen – eine Erhebung über einen zeitlichen Verlauf war nicht möglich –, könnte aber recht profane Gründe haben; etwa, dass die Wirtschaftspädagogik erfolgreicher beim Einwerben von Drittmitteln und damit auch für die Einrichtung von Professuren durch Universitäten attraktiver sein könnte. In diesem Zusammenhang ist zu verzeichnen, dass derzeit keine Fortschreibung einer Studierendenstatistik für die berufsbildende Lehramtsausbildung im Gesamtüberblick existiert. Die letzte Statistik weist in Bezug auf die Studierendenzahlen für die „gegenstands- und personenbezogenen Fachrichtungen“ (746 Studierende „gegenstandsbezogen“, 369 Studierende „personenbezogen“ im WS 2014/15), die der Berufspädagogik im bildungswissenschaftlichen Zweig zuzurechnen wären, höhere Studierendenzahlen als für den Bereich „Wirtschaft und Verwaltung“ auf (542 Studierende im WS 2014/15) (Lange & Sülflow, 2017, S. 71). So ergibt sich am Ende der statistischen Betrachtungen ein ambivalentes Bild, nach dem der Wirtschaftspädagogik gegenüber der Berufspädagogik eine stärkere personelle Institutionalisierung im universitären Kontext gelungen ist, trotz quantitativ geringerer Präsenz im „Kerngeschäft“ (Reinisch, 2009, S. 6), der Ausbildung von Lehrkräften für berufsbildende Schulen.
2.3 Zu den Verhältnissen zwischen Wirtschafts- und Berufspädagogik sowie den Didaktiken beruflicher Fachrichtungen
Sollen die Binnenverhältnisse innerhalb der akademisch-institutionalisierten Berufsbildungsforschung insgesamt diskutiert werden, sind die Didaktiken der beruflichen Fachrichtungen eine relevante und einzubeziehende Größe. Erkennbar wird deren Stellenwert aufgrund der vorangegangenen Statistik, in der ihre relationale Größe – zumindest in zusammenfassender Form der Einzeldisziplinen – auffiel. Die Addition der didaktischen Professuren suggeriert allerdings eine Zusammengehörigkeit, die aus dem Selbstverständnis in fachlicher Perspektive nur bedingt besteht (Niethammer, 2024, S. 11–12). Zu beachten ist hierbei, dass die Didaktiken beruflicher Fachrichtungen unter einem vermeintlich integrierenden ‚Dach‘ der Berufs- und Wirtschaftspädagogik unterschiedlich existieren, wobei auch hier das Verhältnis weder eindeutig und zum Teil ebenfalls als spannungsreich anzusehen ist (Hjelm-Madsen, 2021, S. 177). Es existiert eine nachvollziehbare Zuordnung der wirtschaftsbezogenen Didaktik zur Wirtschaftspädagogik bzw. zur beruflichen Fachrichtung Wirtschaft und Verwaltung. Dem Auftrag der Lehramtsausbildung im TYP V nach müsste eine wirtschaftspädagogisch ausgerichtete Professur im berufsbildenden Lehramt die Didaktik der wirtschaftsbezogenen Bildungsgänge, korrespondierende Aus- und Fortbildungsberufe sowie Fächer einschließen und somit die zurechenbaren didaktischen Professuren sich gemeinsam im Feld der Wirtschaftspädagogik verortet sehen. Aus jener Begründung heraus könnte der Integrationsgrad von Personen aus dem Feld der Wirtschaftsdidaktik in der Sektion BWP höher ausfallen als in den anderen Didaktiken beruflicher Fachrichtungen. Beispielsweise für gewerblich-technische berufliche Didaktiken ist zu konstatieren, dass jene einerseits über eine im Vergleich geringere organisationale Integration (und vermutlich auch Identifikation) in die Sektion BWP bei andererseits gleichzeitigem Ausdruck institutioneller Autonomie – sichtbar am eigenen Fachverband der Arbeitsgemeinschaft gewerblich-technische Wissenschaften und deren Didaktiken (gtw) – verfügen. Das Verhältnis vor allem der gewerblich-technischen Didaktiken zur Berufspädagogik kann dreigeteilt beschrieben werden: Es gibt Vertreterinnen und Vertreter der Didaktiken beruflicher Fachrichtungen, die sich
- voll und ganz als Vertreterinnen und Vertreter zugleich der BWP ansehen und sich mit ihr identifizieren (und daher auch aktive Mitglieder der Sektion BWP sind),[3]
- im engeren Sinne nicht oder nur kaum der BWP zugehörig fühlen, allerdings in einem weiteren Sinne (und daher ggf. auch Mitglieder der Sektion BWP sind) sowie
- eher distanziert zur BWP verhalten (und daher nicht Mitglieder der Sektion BWP, jedoch ggf. eines anderen Fachverbandes sind).
Auffällig ist, dass sich die in den vergangenen Jahren ausgebaute Pflegepädagogik bzw. Pflegedidaktik durch eine starke Präsenz in der Sektion BWP ausdrückt, die für eine inhaltlich-formale Vernetzung mit der Berufs- und Wirtschaftspädagogik spricht. Hingegen ist dies beispielsweise für die Ernährungs- und Hauswirtschaftsdidaktik – obgleich sie im Entstehungskontext der Kommission BWP 1974 hervorgehobene Erwähnung findet (Achtenhagen & Beck 2024, S. 33) – oder die Sozialpädagogik sowie andere eher nicht zu beobachten. Hier steht eine umfassende wie fachrichtungsübergreifende Betrachtung und Bewertung samt handlungsleitender theoretischer und institutioneller Bezüge noch aus.
3 Anmerkungen zum Verhältnis von Berufs- und Wirtschaftspädagogik zur Erziehungswissenschaft
Wenn aus den vorrangegangenen Überlegungen der Eindruck gewonnen werden konnte, beim Binnenverhältnis zwischen Wirtschafts- und Berufspädagogik handele es sich um eine historisch gewachsene und dennoch komplexe und durchaus von Spannungsfeldern gekennzeichnete, aber letztendlich auf nachzeichenbare Prozesse und Annäherung ausgelegte Verbindung, so wird die Angelegenheit mit Blick auf das Beziehungsgefüge zwischen Wirtschafts- und Berufspädagogik auf der einen Seite zur Erziehungswissenschaft auf der anderen Seite nicht eben einfacher. Zuletzt haben Achtenhagen und Beck (2024) sowie Büchter (2024) jene Verbindung mit unterschiedlichen Herangehensweisen sowie perspektivischen Schwerpunkten aus ihren historischen Entstehungszusammenhängen rekonstruiert, analysiert und kommentiert – wobei das Verhältnis schon einleitend als weder selbstverständlich noch ‚eindeutig beschreibbar‘ charakterisiert wird (Büchter, 2024, S. 169). Hierzu lassen sich eingangs zwei Thesen formulieren:
1) Die Berufs- und Wirtschaftspädagogik ist eine erziehungswissenschaftliche Teildisziplin.
Dass diese These naheliegend scheint, liegt daran, dass eine spezielle Pädagogik – wie eben die BWP – in theoretisch-wissenschaftlicher Ausformung zugleich eine spezielle Erziehungswissenschaft sein sollte (Schelten 1994, S. 7; Arnold 1994, S. 33). Letztlich erklärt sich so auch die Zuordnung der Sektion BWP zur Dachgesellschaft, die aus formalistischer Perspektive – trotz der weiter bestehenden Tatsache, dass längst nicht alle Protagonisten der Berufs- und Wirtschaftspädagogik institutionell an die Erziehungswissenschaft im universitären Kontext angebunden sind (Bank, 2009), – die These mit dem von Büchter festgestellten Konsens als Legitimationszeugnis dokumentiert (Büchter, 2024, S. 169). Während demnach einerseits berufs- und wirtschaftspädagogische Professuren außerhalb einer erziehungs- oder bildungswissenschaftlichen Fakultät existieren, gibt es andererseits bundesweit 27 Professuren mit einer erziehungswissenschaftlichen Denomination und ergänzendem berufs- und/oder wirtschaftspädagogischen Schwerpunkt.
Der historische Hergang der oben zitierten Analysen zeigt allerdings, dass es sowohl vor als auch nach der Gründung der Kommission BWP innerhalb der DGfE unterschiedliche gegenseitige (bildungs-)theoretische, formale wie organisatorische Kritikpunkte auf Seiten der Erziehungswissenschaft sowie der Berufs- und Wirtschaftspädagogik gab, sodass keineswegs von einer einhelligen oder gar friktionsfreien Zuordnung gesprochen werden kann. Dies liegt auch an differenzierten Näheverhältnissen, Selbstbestimmungen und theoretischen Fundierungen der Berufspädagogik und der Wirtschaftspädagogik gegenüber der Erziehungswissenschaft. Nicht zuletzt aus Gründen unterschiedlicher akademisch-disziplinärer Entstehungskontexte sowie aus einem zunächst differenzierten Selbstverständnis der Wirtschaftspädagogik heraus (Achtenhagen & Beck, 2024, S. 26) und einer aus der Erziehungswissenschaft kritisch beurteilten theoretischen Rückbindung derselben (Büchter, 2024, S. 175–177) ist davon auszugehen, dass die zu überbrückende Distanz zwischen Berufspädagogik und Erziehungswissenschaft initial geringer ausfiel als zwischen Wirtschaftspädagogik und allgemeiner Pädagogik.
Die unterschiedlichen historischen Rekonstruktionen und Zustandsbeschreibungen im Verhältnis von Erziehungswissenschaft zur BWP von Achtenhagen und Beck (2024) sowie Büchter (2024) eröffnen nicht zuletzt spannende Interpretations- und Deutungsspielräume, die sich in Teilen auch aus spezifischen Unterschieden der wirtschaftspädagogischen gegenüber einer berufspädagogischen Perspektive auf das Themenfeld speisen. Während unisono nicht grundsätzlich in Frage gestellt wird, dass die Zuordnung der Berufs- und Wirtschaftspädagogik zur Erziehungswissenschaft positive Entwicklungschancen bieten könnte, lassen sich aus beiden Positionen doch auch kritische Zustandsbeschreibungen und Erfolgsbeurteilungen einer entsprechenden Zuordnung herauslesen. Hier spielen jene unterschiedlichen Bewertungen offener Paradigmendiskurse innerhalb der BWP eine tragende Rolle, auf die bereits verwiesen wurde. Das wechselseitig hervorzuhebende verbindende Element besteht in der Forderung nach der Aufarbeitung bzw. Wiederbelebung und Intensivierung methodologischer und theoretischer Diskurse zwischen der BWP, aber auch gegenüber der Erziehungswissenschaft (Achtenhagen & Beck, 2024, S. 29; Büchter, 2024, S. 186). Daraus ergibt sich, dass die Zuordnung der Berufs- und Wirtschaftspädagogik zur Erziehungswissenschaft bis heute nicht frei von Spannungen ist.
2) Die Berufs- und Wirtschaftspädagogik verliert (zunehmend) den Bezug zur (allgemeinen) Erziehungswissenschaft.
Indikatoren für die zweite These sind z. B. in der Rahmenvereinbarung der KMK „über die Ausbildung und Prüfung für ein Lehramt der Sekundarstufe II (berufliche Fächer) oder für die beruflichen Schulen (Lehramtstyp 5)“ zu finden. Dort wird nicht davon gesprochen, es sei Erziehungswissenschaft zu studieren, sondern „Bildungswissenschaften mit Schwerpunkt Berufs- oder Wirtschaftspädagogik“ (KMK, 2018, S. 3). Das 2024 durch den Vorstand der DGfE revidierte Kerncurriculum Erziehungswissenschaft hatte im Vorstand der Sektion BWP für ‚Irritationen‘ gesorgt, weil keinerlei Bezüge zur BWP vorhanden waren (s. Herkner et al., 2024). Auch die spärlichen Rückmeldungen der Mitglieder der Sektion BWP erhärteten den Verdacht, dass dieses Kerncurriculum für die Berufs- und Wirtschaftspädagogik keinerlei Rolle spielt. Umgekehrt werden im Basiscurriculum der Sektion BWP keinerlei Aussagen zu Inhalten getroffen, die außerhalb des Schwerpunktes BWP liegen und daher ‚anderer‘ bzw. ‚allgemeinerer‘ erziehungs- bzw. bildungswissenschaftlicher Art wären (Sektion BWP, 2014). Im Basiscurriculum fehlt gewissermaßen ebenso jeglicher Bezug zur Erziehungswissenschaft (Sektion BWP, 2014).[4]
Aus den Beobachtungen zur zweiten These und aus der ‚Logik‘ der Entwicklung von Forschungsdisziplinen (siehe Stichweh, 1979) ließe sich eine dritte These für die zukünftige Entwicklung ableiten:
3) Die Berufs- und Wirtschaftspädagogik wird sich im Zuge der Ausdifferenzierung von Wissenschaft als Indikator der Systementwicklung zunehmend stärker von der Erziehungswissenschaft abnabeln und auf längere Sicht als eigenständige wissenschaftliche Disziplin bestrebt sein müssen, im Sinne der Autonomie und Autopoiesis sich von der Erziehungswissenschaft schließlich vollends zu lösen. Dieser Vorgang könnte dann „ein relativ irreversibler Prozeß [sic!]“ (Stichweh, 1979, S. 99) sein.
Aktuell steht die Frage nicht an. Aber perspektivisch könnte die Frage diskutiert werden, ob die Sektion BWP unter dem Dach der DGfE fachlich noch richtig aufgehoben sein wird. Auch vereinsrechtlich stellt sich die Frage zurzeit nicht, da mit einer Abkopplung von der DGfE gewaltige verwaltungstechnische Aufgaben zu lösen wären, die derzeit von der BWP nicht bewältigt werden können. Eine Trennung sollte zumindest nicht völlig ausgeschlossen werden, wenn die Anbindung an eine dann ‚fremde‘ Dachdisziplin inhaltlich nicht mehr gerechtfertigt sein und die Eigenentwicklung der Disziplin BWP behindert werden würde.
4 Beobachtungen in der berufs- und wirtschaftspädagogischen Forschungslandschaft
4.1 Zu strukturellen Verschiebungen
Im Wesentlichen speist sich die berufs- und wirtschaftspädagogische Forschungslandschaft aus den Beiträgen jener Partner, die auch in der Arbeitsgemeinschaft Berufsbildungsforschungsnetz (AG BFN) zusammengeschlossen sind: die universitäre und hochschulische Forschung, die Forschungen am Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) und am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit sowie an privaten und öffentlichen Forschungseinrichtungen bzw. solchen in privater und öffentlicher Trägerschaft. Dabei sind das BIBB und das IAB fest etablierte und klar identifizierbare Größen, während die anderen beiden großen Gruppen dispers gehalten sind: Wer zu den universitären und hochschulischen Forschungseinrichtungen sowie solchen in privater und öffentlicher Trägerschaft zählt und wer nicht, ist nicht immer eindeutig und kann sich ändern. Die Anzahl dieser Einrichtungen zu quantifizieren, fällt entsprechend schwer, zumal „Grauzonen“ an den Rändern hinzukommen.
Schon vor 35 Jahren kam Kritik an der universitären Berufsbildungsforschung auf. Die damals erschienene Denkschrift der DFG-Senatskommission „Berufsbildungsforschung an den Hochschulen der Bundesrepublik Deutschland“ (DFG, 1990) hatte mit dem Urteil, wonach die universitäre Berufsbildungsforschung hierzulande unterentwickelt sei, deutliche Signale gegeben. Rückblickend kann gesagt werden, dass die Forschung an den deutschen Universitäten und Hochschulen danach ab etwa Mitte der 1990er Jahre einen erheblichen Aufwind bekam und so die Denkschrift ihren Zweck erfüllte. Inzwischen dürfen allerdings neue Zweifel aufkommen, ob die Universitäten und Hochschulen ihren Forschungsauftrag in der Berufs- und Wirtschaftspädagogik wirklich erfüllen können. Zu registrieren ist seit der „Verwissenschaftlichung“ des BIBB – nach Jahren der Flaute infolge des Berlin-Bonn-Umzugs mit einem Teilaustausch des Personals aus dem Bundespresseamt – und damit seit etwa 2008, dass es eine gestärkte Stellung des BIBB gibt.
Strukturelle Verschiebungen der Berufsbildungsforschungslandschaft im zeitlichen Verlauf lassen sich zwar nicht für den universitären Kontext heranziehen, sehr wohl aber für ausgewählte Entwicklungsdynamiken am IAB und dem BIBB, die – zumindest bis in die jüngere Vergangenheit – eine relativ transparente Berichterstattung geführt haben, wenngleich einzelne Berichtspunkte in der konkreten Ausführung über die Jahre verändert wurden. Herangezogen wurden im Folgenden als Indikatoren vor allem die Drittmittel (IAB) bzw. Haushaltsentwicklung mit Drittmittelanteilen (BIBB). Aufgrund unterschiedlicher Haushaltslogiken und in Unkenntnis der konkreten Mittelverwendung sind die Daten wiederum nur mit Einschränkung und gewisser Vorsicht nutzbar, können aber als erster Anhaltspunkt im Hinblick auf finanzstrukturelle Dynamiken dienlich sein. Für das IAB ist im Zeitraum 2007 bis 2019 (Ende der jährlichen Berichterstattung) eine Erhöhung der Drittmittel von knapp unter 0,8 Mio. Euro auf rund 2,5 Mio. Euro pro anno zu beobachten, bei erheblichen Schwankungen über den Vergleichszeitraum (vgl. Abbildung 4).
Abbildung 4: Drittmittelentwicklung (haushaltswirksam) am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) von 2007 bis 2019 in Mio. Euro; Daten aus den Jahresberichten des IAB
Auch wenn im Vergleichszeitraum eine Inflationsrate von 18 Prozent eingerechnet wird (hier und nachfolgend jeweils nach Daten des statistischen Bundesamtes), handelt es sich um einen erkennbaren Zuwachs. Sowohl die grundsätzliche Größenordnung des Haushalts als auch die Wachstumsdynamik sind beim BIBB nochmals deutlich von den Ressourcen des IAB zu unterscheiden. Im Zeitraum 2003 bis 2023 wuchsen die Drittmittel ausgehend von rund 74 Mio. Euro auf über 322 Mio. Euro pro anno an, wobei die Inflationsrate mit rund 41 Prozent im Vergleichszeitraum angesetzt werden kann (Abbildung 5). Erkennbar ist in jedem Fall für beide Institutionen eine Ausdehnung der finanziellen Spielräume, die als Stärkung Eingang in entsprechende Ressourcen der Berufsbildungsforschung gefunden haben dürften.
Abbildung 5: Haushalts- und Drittelmittelentwicklung des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) von 2003 bis 2023 in Mio. Euro; Daten aus den Jahres- und Geschäftsberichten des BIBB
Die veränderte Mittelausstattung hat dabei auch zu veränderter Personalausstattung geführt. Während am BIBB während des Vergleichszeitraumes 2001 bis 2021 im Bereich der vollzeitäquivalenten Stellen ein Zuwachs von über 50 Prozent auf über 600 Stellen zu verzeichnen ist (Abbildung 6), kann beim IAB zwischen 2007 und 2023 eine Entwicklung von knapp über 250 auf über 300 Stellen beobachtet werden (Abbildung 7). Die Zahlen sind nicht nur im Hinblick auf die institutionelle Entwicklungsdynamik, sondern auch auf relationale Verhältnisse zur universitären Berufsbildungsforschung nennenswert.
Abbildung 6: Stellenentwicklung am Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) von 2001 bis 2021 (vollzeitäquivalente); Daten aus den Jahres- und Geschäftsberichten des BIBB
Abbildung 7: Stellenentwicklung am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) von 2007 bis 2023 (vollzeitäquivalente); Daten aus den Jahresberichten des IAB
IAB und vor allem BIBB konnten hinsichtlich der verfügbaren Forschungskapazitäten durchaus positive Entwicklungen nehmen. Hingegen kann zumindest angezweifelt werden, ob sie auch für die universitären Einrichtungen zu verzeichnen waren. Für letztere gilt es zu konstatieren, dass für die vergangenen Jahre bzw. etwa das vergangene Jahrzehnt drei z. T. gegenläufige Trends beobachtet werden konnten:
- Vor allem im Bereich der Pflegepädagogik und -didaktik bzw. der beruflichen Fachrichtungen Gesundheit und Körperpflege sowie Pflege hat es einen erheblichen Zuwachs an universitären bzw. hochschulischen Forschungskapazitäten gegeben (z. B. Walter 2024).
- In vielen gewerblich-technischen beruflichen Fachrichtungen (und deren Didaktiken) hat es durch Zusammenlegen von Professuren einen Abbau an Forschungskapazitäten gegeben (siehe hierzu beispielhaft die Professurzusammenlegungen etwa an der TU Berlin und an der TU Dresden).
- Auch durch die teilweise erfolgte Verlagerung der Lehrkräfteausbildung für berufliche Fachrichtungen an Fachhochschulen und Pädagogische Hochschulen hat es einen teilweisen Abbau an (universitären) Forschungskapazitäten gegeben, da letztgenannte – zumindest herrschender Zurechnung – weniger auf Forschungsleistungen, denn auf konkrete Anwendungsbezüge im Sinne von „anwendungsorientierten wissenschaftlichen Ausbildungsgängen“ ausgerichtet sind (HRK, 1997).
Während demnach in Summe an IAB und BIBB insgesamt offenkundig verbesserte Bedingungen zur Berufsbildungsforschung entstanden sind bzw. weiterentwickelt wurden, hat es an den Universitäten unter Umständen keine adäquaten Entwicklungen gegeben. Die Universitäten sind dadurch, so ist zu vermuten, im Feld der Berufsbildungsforschung eher ins Hintertreffen geraten. Eine differenzierte sowie abschließende Inwert-Setzung der Entwicklungen verbietet sich nicht zuletzt, weil geordnete inhaltliche, programmatische, ökonomische und stellenbezogene Berichterstattungen im Feld der Berufsbildungsforschung nur auf Seiten der außeruniversitären Institutionen vorliegen (wobei anzumerken ist, dass diese sich in den vergangenen Jahren in ihrem Detailreichtum eher reduziert haben (BIBB) oder – zumindest in der bislang erfolgten gebündelten Form – mittlerweile eingestellt wurden (IAB)). Es erweist sich daher als nachteilig, dass für die universitäre Berufsbildungsforschung nahezu keine entsprechenden Daten verfügbar sind, mit denen sich Lehr- und Forschungsressourcen in ihrer Entwicklungsdynamik nachzeichnen lassen. Aufgrund der fragmentierten und fluiden universitären Gesamtstruktur wäre offen, ob und wie sich derartige regelmäßige indikatorengestützte Erhebungen überhaupt durchführen ließen. Es ist ferner offen, was geeignete Kategorien wären und aus formalen Gründen fraglich, ob die Disziplin der BWP – oder sogar deren Sektion – das geeignete Forum darstellt, um ein entsprechendes Monitoring einzurichten bzw. zu unterhalten, da gute Gründe dagegensprechen könnten, notwendige Kennziffern wie Drittmitteleinwerbungen, Haushalts- und Stellenzuweisungen sowie Veröffentlichungsleistungen und Nachwuchsförderungen zu erheben. Es handelt sich jeweils – abgesehen von damit verbundenen Statusfragen – um extrem sensible Daten, bei denen Öffentlichkeit in manchen Zusammenhängen schwerwiegende Folgen haben könnte, zum Beispiel bei der Verhandlung zu Mittelausstattungen von Professuren und Berufungsverfahren.
Aus den genannten Gründen bleibt offen, wie eine dezidierte Beurteilung der universitären Berufsbildungsforschungsstrukturen sowie ihrer Entwicklung gelingen kann, zumindest wenn sie über äußerst subjektive und ‘gefühlte‘ Entwicklungen hinausgehen möchte. Die zuvor angesprochenen Veränderungen sind eben jener Kategorie zuzuordnen und sollen als Diskursbeitrag sowie Denkanstoß auch so eingeordnet werden. Ein prognostischer Blick auf weitere Entwicklungen muss besonders schwerfallen, wenn noch nicht einmal die Ausgangslage geklärt werden kann. Trotzdem kann – mit aller Vorsicht – davon ausgegangen werden, dass die unterschiedlichen Finanzierungsquellen der die Berufsbildungsforschung im Wesentlichen betreibenden Institutionen wiederum zu Dynamiken führen, die eher zu Lasten der Entwicklungsfähigkeit universitärer Einrichtungen gehen, da sie – zumindest mit Blick auf die Grundfinanzierungen – i. d. R. aus den Landeshaushalten alimentiert werden, im Gegensatz zu BIBB und IAB, die aus dem Bundeshaushalt gespeist werden. Einige Landeshaushalte stehen seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zur Haushaltsführung von 2023 erheblich unter Druck. Gleichzeitig ist Berufsbildung oder gar Berufsbildungsforschung ein im politischen und öffentlichen Kontext auf Landesebene eher nachrangiges Themenfeld. Noch seltener als auf Bundesebene sind so beispielsweise in Wahlkämpfen zu Landesparlamenten Themen der beruflichen Bildung Teil einer medial relevanten Berichterstattung, sodass es verwunderlich wäre, wenn ausgerechnet in Zeiten der zunehmenden Begrenzungen von finanziellen Mitteln erhöhte Ressourcenzuweisungen erfolgen würden. Strukturelle Verschiebungen von Ressourcen der Akteure im Feld der Berufsbildungsforschung, das erscheint nachvollziehbar, führen langfristig zur inhaltlich-thematischen Schwerpunktveränderung. In der Konsequenz könnte das bedeuten, dass nicht auf konkrete Verwertung, Qualifikation und Arbeitsmarktrelevanz abzielende Forschungsgegenstände sowie (berufs-)schulische Themen und insbesondere theoretische Fragen und Weiterentwicklungen, die (Berufs-)Bildung in ihrem Kern betreffen, zukünftig einen schwereren Stand haben könnten.
Aus der vorliegenden Informations- und Diskurslage erscheint eine prospektive Vertretung von Interessen der universitären Berufsbildungsforschung gegenüber weiteren Akteuren und vielfältigen staatlichen Mittelgebenden schwer umsetzbar. Sie ist fragmentiert, ohne bestehende Legitimation und personelle sowie institutionelle Verantwortung, was einen maßgeblichen Unterschied zu den außeruniversitären Forschungseinrichtungen ausmacht. Einer konstruktiv-kritischen Weiterentwicklung der Berufsbildungsforschung insgesamt sowie den zugehörigen Strukturen bedürfte es einer größeren, (selbst-)kritischen und gleichsam konsensbildenden Gesamtbetrachtung, wie sie – bei aller damals bestehenden Kritik und Ergänzung (z. B. Arnold, 1992, Kutscha, 1990, Achtenhagen, 1990) – die Denkschrift der DFG darzustellen vermochte, wenn der erfolgte Ausbau der Berufsbildungsforschung in den Folgejahren in ihren Zusammenhang gestellt wird.
4.2 Kurzer Abstecher zu Veränderungen in der Publikationslandschaft
Die Berufsbildungsforschung hat sich in ihrem Gesamterscheinungsbild – ausgedrückt in deren Publikationen – in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten deutlich gewandelt. Dabei können die Veränderungen zumindest zum Teil durch Analysen der Veröffentlichungen der „Zunft“ empirisch sichtbar gemacht werden (Klusmeyer, 2001; Jahn et al., 2019, Jahn et al., 2024). So kann gesagt werden, dass rein formal die Veröffentlichungskultur der Mitglieder der Sektion BWP internationaler geworden ist. Es wird mehr in englischer Sprache sowie in internationalen Journals veröffentlicht (Jahn et al., 2024, S. 259–261). Zudem nehmen die Publikationen in Alleinautorenschaft ab (Jahn et al., 2024, S. 264). Inhaltliche Verschiebungen können die vorliegenden Studien zum Publikationsverhalten in der BWP zwar immer wieder nachweisen, aber von klaren Tendenzen kann eher nicht gesprochen werden (Jahn et al., 2024, S. 264–266). Hier spielen sicherlich Projektförderungen und transformative gesellschaftliche Problemfelder – aktuell KI, digitale Transformation, BBNE, Inklusion etc. – eine starke Rolle.
Programmatisch ist zu beobachten, dass im Zuge von Bemühungen, den Kompetenzstand von Auszubildenden genau feststellen zu können, empirisch und vor allem quantitativ angelegte Forschungsstudien in den vergangenen 20 Jahren enorm an Bedeutung gewonnen haben. Besonders sichtbar wird diese Entwicklung anhand der Zeitschrift für Berufs- und Wirtschaftspädagogik, wie die Untersuchung von Jahn et al. (2019) bis zum Erhebungsende 2016 zeigte und sich neuerdings bestätigte (Jahn et al., 2024, S. 266). Auch Studien, die auf qualitativen Ansätzen beruhen, sind in den vergangenen Jahren deutlich aufgekommen, wohingegen rein theoretische Betrachtungen inzwischen einen erschwerten Stand zu scheinen haben.
Die wissenschaftlichen Beobachtungen zu Entwicklungen beim forschungsmethodologischen Vorgehen publizierter Studien in der BWP sollten ausgeweitet und noch stärker differenziert werden. Zwar ist die zu wünschende forschungsmethodologische Offenheit grundsätzlich begrüßenswert, doch für die Disziplin BWP stellen sich zwei neue Herausforderungen. Zum einen scheint nicht jede eingereichte Publikation auch wissenschaftliche Standards zu erfüllen. Zum anderen ist die Bedeutung reviewender Personen als ‚Gatekeeper‘ – nicht nur in gerankten Fachzeitschriften – derart wichtig, dass die Reviewprozesse selbst verstärkt in den Blickpunkt geraten.
5 Von Provokationen zu Hypothesen – Schlusswort
Bislang ist hier eher eine Beobachterrolle eingenommen worden, die dazu führte, Fragen an die Zunft der Berufs- und Wirtschaftspädagogik zu stellen. Dass diese Fragen kommentierenden und zumindest teilweise provokanten Charakter tragen, führt zu der Folgerung, ein wissenschaftlich härteres Kriterium anzusetzen. Das bedeutet, dass der Übergang von Annotationen und Provokationen hin zu Thesen oder sogar Hypothesen anzustreben ist. Thesenhaft ließe sich der Beitrag demnach wie folgt zusammenfassen und zuspitzen:
- Das Binnenverhältnis der Berufs- und Wirtschaftspädagogik sollte zwar immer wieder neu auf den Prüfstand gestellt werden. Doch die ‚Bindestrich-Disziplin‘ tut gut daran, auch weiterhin zusammenzugehen, um ihre Anerkennung nach außen zu stärken. Eine Sonderrolle nehmen die Vertreterinnen und Vertreter der Didaktiken beruflicher Fachrichtungen ein, deren größere Identifikation mit der Disziplin und Sektion BWP zu deren Stärkung beitragen könnten. Tragfähigere Verbindungen in verschiedene Richtungen dieses Netzwerks könnten hierbei vor allem durch die Intensivierung theoriebezogener Diskurse wachsen, wobei die Überwindung oder auch die Integration paradigmatischer Hürden zur Steigerung der Binnenlegitimität hilfreich sein könnten. Neben den formalen Verbindungen durch gemeinschaftliche Institutionalisierung und Organisation braucht es – für eine nachhaltige Integration –inhalts- und gegenstandsbezogene Brücken, deren Fundament wiederum in theoretischen Bezügen bestehen kann, wenn es dauerhaft tragfähig sein soll. Entsprechende Diskurse wären (wieder) aufzunehmen und gleichberechtigt neben empirische Forschungsaktivitäten zu stellen.
- Die (theoretisch geleitete) Ausdifferenzierung der Wissenschaft könnte es im Außenverhältnis notwendig werden lassen, sich von der Erziehungswissenschaft zu lösen, um autonom eine eigenständige Wissenschaftsdisziplin – eine Berufsbildungswissenschaft – zu werden. Es gibt bereits Anzeichen für Mitglieder der Disziplin und der Sektion BWP, dass eine Identifikation als erziehungswissenschaftlich denkende und handelnde Person zunehmend schwindet.
- Vor allem gegenüber dem BIBB verliert die universitäre Berufsbildungsforschung an Boden. Dabei benötigt das BIBB zur eigenen Weiterentwicklung auch die universitären Partner auf starkem Niveau. Ein möglicher Ansatz wäre in einer stärkeren programmatischen Zuordnung der berufsbildungswissenschaftlichen Forschung zu sehen. Das BIBB sollte – wie bisher – Forschung auf Basis statistischen Materials zur beruflichen Aus- und Weiterbildung sowie zur Berufsausbildungsvorbereitung verfolgen. Die universitäre Forschung wäre hingegen aufgerufen, insbesondere Lehr- und Lernprozesse an den Lernorten beruflicher Bildung sowie partei- und regierungsunabhängige berufsbildungspolitische Forschung zu betreiben.
- Die Zeit erscheint reif, um 35 Jahre nach der Denkschrift der DFG-Senatskommission „Berufsbildungsforschung an den Hochschulen der Bundesrepublik Deutschland“ eine neue Bestandsaufnahme der universitären Berufsbildungsforschung vorzunehmen, die mindestens drei Bestandteile haben sollte: 1) Ermitteln eines Ist-Standes, 2) Kennzeichnen eines Soll-Zustandes, 3) Aufzeigen eines Weges, um vom Ist- zum Soll-Zustand zu gelangen.
Die Annotationen und vor allem die Provokationen dieses Beitrags sind als Anregung zu verstehen. Im Sinn steht ausschließlich die positive Entwicklung der ‚Zunft‘ der Berufs- und Wirtschaftspädagogik. Mit H.-Hugo Kremer (und mit anderen) kommen die Autoren des Beitrags gern auch in Zukunft darüber (und über anderes) ins Gespräch.
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[1] In historischer Sichtweise über große Zeitetappen wird dieses beispielsweise bei der Frage der Notwendigkeit von Literalität (und Rechenfertigkeiten) zur Aufnahme einer Berufslehre deutlich. Im kaufmännischen Bereich und damit in der Wirtschaftspädagogik war das Erfordernis, Schriftlichkeit herzustellen, weit eher ausgeprägt als in den gewerblich-technischen Berufen (Zabeck, 2009, S. 51 ff.), die heute der Berufspädagogik zugerechnet werden würden.
[2] Bei der Zurechnung der Didaktiken der beruflichen Fachrichtungen wurde insofern unterschiedlich vorgegangen, als wirtschaftsbezogene Fachdidaktiken jeweils der Wirtschaftspädagogik zugeordnet wurden, während andere fachwissenschaftliche Zusammenhänge getrennt von der Berufspädagogik Eingang gefunden haben. Dies entspricht wohl am ehesten dem bestehenden disziplinären Konsens.
[3] Diese Auffassung entspricht jener im „Basiscurriculum“ der BWP, wo es explizit heißt, der mit dem Curriculum bestimmte kompetenzorientierte Raum konturiere „die Gestalt des akademischen Studiums der Berufs- und Wirtschaftspädagogik unter Einschluss der Didaktiken der beruflichen Fachrichtungen“ (Sektion, 2014, S. 2).
[4] Von Relevanz wäre, die berufs- und wirtschaftspädagogischen Studiengänge hierzulande genau danach zu analysieren, ob dort (noch) Inhalte bzw. Module erziehungs- bzw. bildungswissenschaftlicher Art enthalten sind, die nicht dem Schwerpunkt BWP zuzurechnen sind. Interessanterweise gab H.-Hugo Kremer auf mündliches Nachfragen am 05.11.2024 für die von ihm verantworteten Studiengänge an der Universität Paderborn eine Fehlmeldung als Antwort.
Zitieren des Beitrags
Hjelm-Madsen, M. & Herkner, V. (2025). Annotationen und Provokationen zu Entwicklungen in der Berufs- und Wirtschaftspädagogik. In P. Frehe-Halliwell, M.-A. Kückmann & F. Otto (Hrsg.), bwp@ Profil 12: Transformationen in der beruflichen Bildung – Handlungsräume und Gestaltungsfelder der Wirtschafts- und Berufspädagogik. Digitale Festschrift für H.-Hugo Kremer zum 60. Geburtstag (S. 1–23). https://www.bwpat.de/profil12_kremer/hjelm-madsen_herkner_profil12.pdf