bwp@ Profil 12 - Juni 2025

Transformationen in der beruflichen Bildung – Handlungsräume und Gestaltungsfelder der Wirtschafts- und Berufspädagogik.

Profil 12: Digitale Festschrift für H.-Hugo Kremer

Hrsg.: Petra Frehe-Halliwell, Marie-Ann Kückmann & Franziska Otto

Diskurs didaktischer Direktiven für das Zusammensein im Bildungsgang

Beitrag von Detlef Buschfeld & Nicole Naeve-Stoß
Schlüsselwörter: Bildungsgangarbeit, Leitziele Berufsschulunterricht, Spannungsfelder zur didaktischen Positionierung

Mit unserem Beitrag laden wir H.-Hugo Kremer zu einem Diskurs ein, den wir mit Studierenden des Masterstudiengangs Lehramt an Berufskollegs im Rahmen eines Moduls zur Wirtschaftsdidaktik führen. In jedem Wintersemester fordern wir die Studierenden dazu auf, sich mit ihren didaktischen Positionen reflexiv auseinanderzusetzen, diese zu schärfen, über diese in den Diskurs zu gehen und die Implikationen für die Gestaltung von Bildungsgängen und Lernsituationen zu durchdenken. Ausgangspunkt für die Auseinandersetzung mit den didaktischen Positionen sind Spannungsfelder, die wir – Detlef Buschfeld und Nicole Naeve-Stoß – über dialogische Texte an die Studierenden herantragen und diese dann gemeinsam mit ihnen diskutieren. Im Zentrum dieses Beitrags steht das erste Spannungsfeld und damit der Text „Zwischen Bildung, Kompetenz und Qualifikation“.

The discourse of didactic directives for co-operating in education and training pathways

English Abstract

With this paper, we invite H.-Hugo Kremer into a discourse, that we conduct with our master students. This discourse is part of a module on business didactics within the degree programme in Teaching at Vocational Education and Training Schools. Every winter semester, we encourage students to reflect upon, discuss and refine their perspectives on didactic positions. In this discourse, they consider the implications for designing training pathways and learning situations. Areas of tension are the starting point for examining didactic positions, which we – Detlef Buschfeld and Nicole Naeve-Stoß – present to the students using dialogic texts and then discuss with them. This article focuses on the first area of tension and thus on the text entitled ‘Between education, competence and qualification’.

1 Um was geht es?

Der Beitrag reflektiert Erfahrungen, die wir im Rahmen des Masterstudiums Lehramt an Berufskollegs mit Studierenden gemacht haben und auch zum Zeitpunkt des Schreibens dieses Textes gerade wieder machen. Die Studierenden befassen sich, nachdem sie im zweiten Semester ihres Masterstudiums ein Praxissemester in Schulen absolviert haben, im dritten Semester in dem Modul Wirtschaftsdidaktik II mit ihren didaktischen Positionen, die sie auch in einer mündlichen Prüfung zum Ende des Moduls darlegen und begründen sollen.

Bezugspunkt ist dabei die Annahme, dass ihr künftiges Berufsleben als Lehrperson am Berufskolleg stark durch das Zusammensein in jeweiligen Bildungsgängen geprägt sein wird. Das Zusammensein lässt sich unter anderem als Neben-, Unter-, Gegen- und Miteinander in der zielgruppenbezogenen Zusammenarbeit der Lehrkräfte in einem Bildungsgang interpretieren. Insbesondere die Bildungsgangarbeit stellt in einem Beitrag zu einer Festschrift für H.-Hugo Kremer den Bezug zum Geehrten her (u. a. Kremer, 2015).

Im Modul thematisieren wir – neben dem Thema Unterrichten in Lernsituationen drei ‚Spannungsfelder‘, mit denen sich die Studierenden auseinandersetzen und ihre eigene Position finden sollen. Zu den Spannungsfeldern sind drei dialogische Basistexte formuliert, in denen wir jeweils unterschiedliche Positionen vertreten und begründen. Die Spannungsfelder greifen Aspekte der Curriculum-, Organisations- und Evaluationsarbeit i. S. von Konditionen des Bildungsganges auf (Buschfeld, 2002). Die Titel der Basistexte lauten:

  • Zwischen Bildung, Kompetenz und Qualifikation: Der Text befasst sich mit den Zielen, die in einem Bildungsgang vom Kollektiv der Lehrkräfte verfolgt werden.
  • Zwischen subjektivem und objektivem Bildungsgang: Der Text beschreibt die Organisation der Zusammenarbeit des Kollektivs zwischen situationsflexibel-zielgruppenbezogenen und situationsinvariant-produktbezogenen Alternativen, anders formuliert: zwischen didaktischer oder organisatorischer Prägung, die auch die mögliche unterschiedliche Positionierung zu den Rollen der beruflichen und berufsübergreifenden Lernbereiche thematisiert.
  • Zwischen Dorn oder Sporn: Der Text greift die Rolle der Qualitätssicherung des Bildungsgangs in Form von sich selbst evaluieren und evaluiert werden und welche unterschiedlichen Aufgaben, Arbeitsaufträge sich daraus für die Zusammenarbeit und auch Verpflichtungen den Schüler:innen und auch den Mitgliedern des Bildungsgangteams gegenüber ergeben auf.

Nach den Erfahrungen von sechs Durchgängen können wir sagen, dass in der mündlichen Prüfung zum Modul von den Studierenden überwiegend das erste Spannungsfeld gewählt wird – es wird uns berichtet, dass es noch während des Referendariates vielfach als hilfreich ein- und wertgeschätzt wird und sich dessen Relevanz in dieser Phase der Lehrer:innenbildung erst so richtig erschließt. Daher konzentrieren wir uns in diesem Beitrag auf diesen Basistext Zwischen Bildung, Kompetenz und Qualifikation (Buschfeld & Naeve-Stoß, 2024). Es ist im Seminarprogramm der erste Text.

2 Ein Text über einen Text!

Der Text beginnt mit einem von uns beiden (Detlef Buschfeld & Nicole Naeve-Stoß) verfassten Abschnitt. Daraus geben wir hier einen kurzen Auszug zur Idee der Spannungsfelder wieder: Sie

sind Symbol dafür, dass es unterschiedliche Deutungen, Zugänge, Glaubenssätze für didaktische Entscheidungen gibt, in denen sich „Positionen“ ausdrücken. In der Politik sprechen wir von Positionen links oder rechts, wir sprechen hier in diesem Basistext über Ziele didaktischen Handelns in Form von Bildung, Kompetenz, Qualifikation oder Prüfung. Konkret können wir das Spannungsfeld auf das Modul übertragen: Was soll uns Ihrer Ansicht nach leiten / orientieren? Ist es der Umstand, Sie auf eine Modulabschlussprüfung vorzubereiten oder sollen wir mit Ihnen auf die Entdeckungsreise gehen, wie Sie sich die Breite und Vielfalt didaktischer Denkwelten erschließen können oder Sie dabei beginnen, sich für diese didaktischen Welten „aufzuschließen“. [1]

Vermutlich werden Sie denken: Am besten beides! Aber wir vermuten: Ihre Zeit ist knapp, Ihre Geduld und unsere Fähigkeiten als Dozierende sind begrenzt. Wovon sich also leiten lassen, wenn es darauf ankommt? (Buschfeld & Naeve-Stoß, 2024, S. 1).

Der Wunsch „sowohl als auch“ zu argumentieren bzw. die Intention „beides miteinander zu verknüpfen“ prägt dann auch durchweg den Anfang der Diskussionen. Vermutlich wird dies auch dadurch evoziert, dass Detlef Buschfeld im nachfolgenden Abschnitt des Basistextes zunächst versucht, einige begriffliche Merkmale von Kompetenz herauszustellen. Hervorgehoben wird, dass es gerade die Merkmale der Anwendungs-, Handlungs-, Situations- und Subjektorientierung sind, die für die Zielorientierung der in einem beruflichen Bildungsgang tätigen Lehrkraft von Bedeutung sind – und die auch in der jeweils relevanten Gemeinschaft der im Bildungsgang tätigen Lehrkräfte gemeinsam zu vertreten sind. Dieser Abschnitt mündet in folgende Darstellung der unterschiedlichen Bezugspunkte von Bildung, Kompetenz und Qualifikation.

Abbildung 1: Bildung – Kompetenz – Qualifikation (eigene Darstellung)Abbildung 1: Bildung – Kompetenz – Qualifikation (eigene Darstellung)

Daran anknüpfend deutet Nicole Naeve-Stoß in einem von ihr als Autorin gekennzeichneten Abschnitt die Möglichkeit der Verknüpfung von Kompetenz, Qualifikation und Bildung an. Da sie dabei Formulierungen von Detlef Buschfeld aufgreift (wiederholt, nachfolgend kursiv gesetzt), übernehmen wir diesen Abschnitt des Basistextes mit der Überschrift „Reflexionen zu Buschfelds Sprachspiel von Bildung, Kompetenz und Qualifikation in der beruflichen Bildung“ (Buschfeld & Naeve-Stoß, 2024, S. 6) als längeres Zitat in diesem Beitrag.

Es geht uns in diesem Text [gemeint ist der Basistext] um das Spannungsfeld von Bildung, Kompetenz und Qualifikation. Mit diesen drei Begriffen werden (Leit-) Ziele beruflichen Lehrens und Lernens beschrieben. Die zugrundeliegende Frage, die mit diesen drei Begriffen aufgeworfen wird und die jeder von Ihnen für sich klären und bezogen auf die Sie eine Position entwickeln (und diese im Diskurs mit Ihren Kommilitoninnen und Kommilitonen sowie mit uns auch vertreten können) sollten, lautet: Was soll Berufsschule und Unterricht in der dualen Ausbildung leisten? Welches Ziel / Welche Ziele streben Sie und Ihre Kolleg:innen mit Ihrem Unterricht in Bildungsgängen der dualen Ausbildung an?[2] Sollen die Schüler:innen die Prüfung erfolgreich absolvieren, sollen sie (zukünftige) berufliche Situationen kompetent bewältigen können oder sollen sie sich durch Ihren Unterricht zu einer aufgeklärt-emanzipierten, solidarischen Persönlichkeit weiterentwickeln, die sich in ihrem beruflichen Handeln (und auch darüber hinaus) einmischt, wenn es erforderlich ist?

Detlef Buschfeld hat zurecht darauf verwiesen, dass es zunächst wichtig sei, sich ein Verständnis der Begriffe zu verschaffen, um darüber auch zu klären, welche Ansprüche an Curricula und Unterricht daraus resultieren. Wie sonst könnten Sie sich in diesem Spannungsfeld verorten, sich positionieren und auch Konsequenzen für Ihr eigenes didaktisches Handeln daraus „ableiten“. Zugleich führt er in den Text ein, indem er uns gleich zu Beginn seine Position offenlegt: Detlef Buschfeld hält das Leitziel der Berufskollegs („umfassende beruflichen Handlungskompetenz“) für besonders und empfindet es zudem als wichtig, dass dieses Leitziel auch durch Lehrkräfte an Berufskollegs (und somit wohl auch zukünftig von Ihnen) vertreten werde. Als Gründe führt er an, dass das Leitziel einerseits für das Selbstverständnis und die Selbstbehauptung von Lehrkräften an Berufskollegs maßgeblich und andererseits für Schülerinnen und Schüler in öffentlichen beruflichen Schulen auch angemessen sei (im Sinne von geeignet, angebracht, sinnvoll, ausreichend?).

Angesichts dieser Positionierung ist auch die anschließende Schwerpunktsetzung auf die Charakterisierung von Kompetenz und Kompetenzorientierung nachvollziehbar, überdies wird Bildung jedoch – zumindest meiner Lesart nach – in einem eher engen, vielleicht einseitigen Verständnis thematisiert und damit von Qualifikation, aber nicht zwingend von Kompetenz, abgegrenzt. Ich zumindest deute die letzte Abbildung [gemeint ist die oben dargestellte Abbildung 1] derart, dass im Konstrukt der Kompetenz Merkmale von Bildung und Qualifikation zusammenfließen, womit ich aber auch vollkommen falsch liegen mag. Wenn dem allerdings so ist, dann wäre ja die Frage zu stellen, ob es sich bei Bildung und Kompetenz überhaupt um ein Spannungsfeld handelt, in dem eine Positionierung erforderlich wäre? Zumindest wirft diese Abbildung noch einmal die Frage nach dem Verhältnis von Bildung, Qualifikation und Kompetenz auf: Handelt es sich um Konstrukte, die nebeneinander und / oder über- oder untereinander stehen? Und sollte letzteres der Fall sein, was steht denn dann oben und was unten?

Reflexionen zum Verständnis von Kompetenz und Kompetenzorientierung

Bei der umfassenden beruflichen Handlungskompetenz, die als normativer Zielhorizont des Berufsschulunterrichts formuliert wird, handelt es sich meiner Ansicht nach um ein durchaus umstrittenes Leitziel, das – auch angesichts der unpräzisen, unklaren und zum Teil widersprüchlichen Formulierungen in curricularen Ordnungspapieren (wie beispielsweise den KMK-Handreichungen) – einer Präzisierung und näheren Bestimmung bedarf. Diese hat Detlef Buschfeld in seinem Text vorgenommen und zugleich vier Symptome beschrieben anhand derer ein Unterricht, der sich an Kompetenzen orientiert, zu erkennen sei (Anwendungs-, Handlungs-, Situations- und Subjektorientierung). Unter Kompetenz versteht er pointiert zusammengefasst Könnerschaft, also das Vermögen konkrete Aufgaben zu lösen [hier folgt ein Zitat aus dem Textteil von Detlef Buschfeld]:

‚Kompetenz selbst verbindet sich mit den Wörtern Fähigkeiten und Fertigkeiten (was dazu gehörige Kenntnisse und Wissen inkludiert), Könnerschaft. Das Können bezieht sich auf die „Gestaltung von Lebenssituationen“, so dass es immer auch der Beschreibung der jeweiligen situativen Anforderungen bei einer Kompetenz bedarf.“

Kompetenz bezeichnet im hier relevanten Sinne die Fähigkeit von Menschen, Probleme oder Aufgaben zu lösen. Dass die Aufgaben gelöst werden (die Performanz) ist ein Indiz für das Vermögen (die Kompetenz, die Disposition) des Menschen, solche und ähnliche Aufgaben erneut zu lösen. […] Zentral ist: Man braucht „Aufgaben“, um Kompetenz bemerken zu können und eine Differenzierung von Niveaus, um deren relative Wertigkeit zu bestimmen. Das unterstreicht die Aussage: Kompetenz ist endlich – wenn es einer kann, dann kann sie oder er es bezogen auf die Aufgabe. […] Genau diese Annahme macht Kompetenz für berufliche Bildung attraktiv: Wer einmal die Kompetenz zum Abschluss von Kaufverträgen auf dem Niveau von Ausbildungsberufen erreicht hat, die oder der kann damit ihr oder sein berufliches Leben gestalten‘.

Mit der Fokussierung auf die Lösung von (beruflichen) Aufgaben (und Problemen) rückt die Anwendung von Wissen in konkreten (beruflichen) Situationen in den Fokus der Betrachtung. Zudem suggeriert der Begriff der Handlung, dass es immer auch darum geht, etwas zu tun, also beispielsweise etwas zu quittieren, einen Vertrag abzuschließen oder aber ein Kundengespräch zu führen. Es geht also darum, handlungsfähig zu sein und dafür spezifisches Wissen zu nutzen. Nun könnte genau diese Handlungsfähigkeit aus einer bildungstheoretischen Perspektive problematisch sein und zwar dann, wenn sich der Berufsschulunterricht allein an beruflichen Situationen orientierte, die für die spätere Berufsausübung relevant sind. Dann nämlich bestünde die Gefahr einer – wie es Günter Kutscha unter Bezugnahme auf Herwig Blankertz formulierte – „utilitären Berufsbildung“ (Kutscha 2019; Blankertz 1963). Berufsschule würde sich damit in den „Dienst“ der Betriebe stellen, indem sie ihren Unterricht darauf auslegte, Schülerinnen und Schüler darin zu unterstützen, Kompetenzen zu erwerben, die für die Bewältigung (zukünftiger) beruflicher Situationen von Nutzen, die also betrieblich verwertbar sind. Wäre dies aber nicht der Beitrag, den der Betrieb im Zuge der dualen Ausbildung zu leisten habe, während es im Berufsschulunterricht viel eher darum gehen müsste, losgelöst vom unmittelbaren Verwertungszwang die Schülerinnen und Schüler in ihrer Entwicklung zu einer aufgeklärt-emanzipierten, solidarischen Persönlichkeit zu unterstützen und demnach also Lernprozesse zu initiieren und zu fördern, die sie zu kritischen und handlungsfähigen Subjekten heranreifen lassen? Das Ziel von Berufsschule kann nicht das Lernen von Techniken sowie Fähigkeiten und Fertigkeiten zur Bewältigung (zukünftiger) beruflicher Anforderungssituationen sein, (die wir in der Form eh nicht vorhersehen können). Damit ist eine Perspektive der emanzipatorischen (Berufs-)Bildung (in der Tradition von Wolfgang Klafki, Herwig Blankertz, Wolfgang Lempert) angesprochen, die im Folgenden zumindest anhand zentraler Merkmale skizziert werden soll, um darüber mit Ihnen in der Vorlesung ins Gespräch kommen zu können.

Bei Detlef Buschfeld begegnet uns diese Erweiterung eines eher engen Kompetenzverständnisses im vierten Symptom, mit dem er verdeutlicht, dass ein an Kompetenzen orientierter Unterricht dazu beitragen müsse, sich selbst zu erkennen. ‚Kompetenz zielt auf Subjekte, die (sich) reflektieren‘, so lesen wir es bei Detlef Buschfeld. Und weiter: ‚Individuen drücken sich durch Handlungen aus. […] Für das Individuum ist es wichtig, „sich“ in den Handlungen zu erkennen und sich über sie zu erkennen‘

Reflexionen zum Verständnis von Bildung

Hinsichtlich des Verständnisses von Bildung vermisse ich in den Ausführungen von Detlef Buschfeld den Geist (das ist jetzt vielleicht sehr pathetisch formuliert) des Emanzipatorischen, des Kritischen, des Widerspruchs und der Selbstbestimmtheit aber auch der gesellschaftlichen Eingebundenheit von Individuen. Schauen wir noch einmal, was Detlef Buschfeld zu Bildung ausführt:

‚Bildung im hier relevanten Sinne meint das Bildungsideal – die Vorstellung vom Menschen, der das Wahre, Schöne und Gute schätzt und verkörpert. Bilden als Vorgang ist reflexiv – sich bilden ist möglich, Bildung erzwingen ein Widerspruch in sich. In einer sinngemäßen Wiedergabe von J. Oelkers: Schule kann Bildung im besten Falle nicht verhindern, denn Bildung stellt keine aneinandergereihten Problemlösungen dar, Bildung ist kultivierter Geschmack und an der Sache geschulte Urteilskraft. Daher bezieht sich das Wissen nicht auf die Anwendung, sondern auf den wissenschaftlichen Diskurs, das Praktische gilt selten als schön und das Gute steht den Niederungen und Zwängen von Wirtschaft und Arbeit entgegen.‘

Bildung, so mutet es an, ist etwas „Abgehobenes“, etwas von der konkreten Anwendung und Gestaltung Losgelöstes. In meinen Augen jedoch geht es um weitaus mehr, als darum, das Wahre, Schöne und Gute zu schätzen und zu verkörpern

(1) Bildung zielt darauf, individuelle Handlungsspielräume zu erweitern.

Bildung schafft die Möglichkeit, sich in Widersprüchen bewegen und reflektiert handeln zu können. Dafür braucht es ein Wissen um und über sich selbst und über die Welt. Über die Auseinandersetzung mit sich selbst (Selbstreflexion, Durchdringung des Selbst) und in aktiver Auseinandersetzung mit der sozialen und materiellen Umwelt (also mit anderen Menschen, gesellschaftlichen Entwicklungen, objektiven Rahmenbedingungen, …) erfolgt eine aktive Aneignung und Mitgestaltung individueller und gesellschaftlicher Handlungsspielräume. ‚Bildung beschreibt insofern die Verfügbarkeit von Orientierungs- und Referenzpunkten, sie ist das (stets quellenkritische) Wissen, zu wissen, was wichtig ist (und warum), was hingegen weniger, und was wiederum als schlichtweg irrelevant gelten darf‘ (Lederer 2014, S. 310).

(2) Bildung befördert Kritikfähigkeit und ermöglicht ein Sich-Einmischen.

Bildung ist insofern nicht allein auf-sich-bezogen, nicht allein auf Selbstentfaltung und Selbsterkenntnis ausgerichtet, sondern erfordert immer die Reflexion der sozialen Eingebundenheit. Sich bilden heißt in diesem Zusammenspiel die Befähigung zur Selbstbestimmung: Nicht hinnehmen, sondern sich emanzipieren. Das heißt, sich bewusst und aktiv mit Vergangenem, Historischen und Aktuellem, Gegenwärtigen auseinanderzusetzen, Dinge kritisch zu hinterfragen, skeptisch zu sein, um auf der Basis bewusste Entscheidungen treffen zu können, die resultieren können in einem bewussten Mitmachen oder „Funktionieren“, die Menschen aber auch befähigen, unangepasst zu sein und nicht-zu-funktionieren. Und zwar beispielsweise dann, wenn fremdgesetzte Anforderungen nicht mit den eigenen Werten, Überzeugungen und moralischen Vorstellungen in Einklang stehen. Sich bilden bedeutet daher keinesfalls eine Anpassung beispielsweise an die Interessen und Ziele des Betriebes oder ein Erlernen verwertungsbezogener Kompetenzen, sondern sich bilden heißt, Individuen darin zu unterstützen, darüber nachzudenken, ‚ob und wie der gesellschaftliche Status Quo […] ein emanzipiertes, solidarisches Mensch-Sein behindert, und welche Maßnahmen dagegen ergriffen werden können‘ (Lederer 2014, S. 313). Insofern geht es in Bildungsprozessen immer auch und gerade um reflektierte Reibung, also darum, sich an einem als verbesserungswürdig erachteten Status quo zu reiben und Handlungsalternativen zu entwickeln, sich darüber zu verständigen und am Ende konkrete Entscheidungen und Handlungen auch zu verantworten.

Ein Unterricht, der sich an Bildung orientiert, müsste das Subjekt und seine Eingebundenheit in die Umwelt ins Zentrum aller didaktischen Überlegungen stellen. Er müsste darauf abzielen, Entwicklungsprozesse hin zu einer aufgeklärt-emanzipierten, solidarischen Persönlichkeit zu initiieren, zu begleiten und zu unterstützen. Er müsste insofern Reibung erzeugen, er müsste Widersprüche und Spannungsfelder thematisieren, müsste Reflexion fordern und fördern.

Beim Schreiben dieses Textes hat sich angesichts der Frage der Orientierung an Bildung, Kompetenzen oder Qualifikationen immer wieder das ungute Gefühl eingestellt, dass es sich bei diesem Diskurs um einen zwar höchst interessanten, aber dennoch ziemlich „wissenschaftlichen“ Diskurs handelt. Am Ende geht es vermutlich gar nicht um eine Entscheidung in diesem Spannungsfeld. Das, was am Ende zählt, ist, die Prüfung erfolgreich zu absolvieren. Die Erwartung von Schülerinnen und Schülern an Berufsschule ist, dass sie sie erfolgreich auf die Abschlussprüfung vorbereitet (Buschfeld & Naeve-Stoß, 2024, S. 6–9).

Die Argumente zur Prüfung werden im folgenden nächsten Abschnitt des Basistextes wiederum von Detlef Buschfeld aufgegriffen, insbesondere um herauszustellen, dass Kompetenz einen Zustand beschreibt (also als „endlich“, „abgeschlossen“, „vorhanden“ zu interpretieren ist) und insofern über die Bewältigung der Aufgaben erkennbar und damit prinzipiell auch prüfbar ist (und sich dadurch auch von Bildung unterscheidet, wie Nicole Naeve-Stoß entgegnet).

3 Reaktionen auf den Text

Damit lassen wir die Beschreibung eines in Textform geführten Diskurses über die Zielsetzungen hinter uns, die Lehrkräfte im Berufskolleg verfolgen können. Wir berichten nun zunächst über die Rückmeldungen, Fragen und Anmerkungen der Studierenden zu diesem Text – dabei konzentrieren wir uns auf diejenigen, die das schulische Profil anstreben.

Viele der ersten an Nicole Naeve-Stoß gerichteten Fragen zielen auf eine Konkretisierung von Beispielen, wie denn der formulierte Bildungsanspruch im Berufsschulunterricht realisiert werden kann – die Utopie-Vermutung steht im Raum. Viele der ersten an Detlef Buschfeld gerichtete Fragen beziehen sich auf die These von „Endlichkeit der Kompetenz“ und wie sich das mit der Forderung und Realität verträgt, ständig weiterlernen zu können und zu müssen. Weiter wird geäußert, dass es doch Wunsch und Erwartung der Schüler:innen sei, durch die Berufsschule gut auf die Prüfung vorbereitet zu werden – und daher die Partizipation doch gewahrt bleibt. Oder es wird auf die Lehrpläne der Berufsschule verwiesen, die den Lehrkräften doch vorgeben, welche Aufgaben (und Ziele) sie zu haben hätten. Wie in anderen Diskussionsrunden auch, sind Studierende mehr oder weniger aktiv beteiligt, aber alle bemerken das heterogene Spektrum der Einschätzungen untereinander. Manche ordnen sich dem „Team Bildung“ zu, manche dem „Team Kompetenz“, unterschwellig steht aber auch die Orientierung an betrieblichen Qualifikationen oder Prüfungsaufgaben im Raum. Es gibt viele Versuche, zwischen Bildung und Kompetenz einen Kompromiss zu finden, eine Art kollegiale Ko-Existenz, deren Möglichkeit jedoch von Nicole Naeve-Stoß und Detlef Buschfeld negiert wird. „Muss ich mich denn wirklich entscheiden“ – so wird dies häufig und insbesondere mit Blick auf die erwartete Performanz in der mündlichen Prüfungssituation geäußert.

Wir reagieren darauf mit Auswahlmöglichkeiten in der Prüfung und Freiheitsgraden in der thematischen Planung der Vorlesungen – gekennzeichnet als „freier Raum“ in der Semesterübersicht. Wir verdeutlichen daran die Konsequenz aus der Positionierung von Nicole Naeve-Stoß – den Umgang mit Partizipation und der Orientierung an Interessen der Zielgruppe. Und genau an dieser Stelle wird die Spannung im Spannungsfeld deutlich – denn neben den Interessen einzelner Studierender werden in der Diskussion immer wieder kollektive Interessen laut, sich in dem „freien Raum“ untereinander auf die mündliche Prüfung vorbereiten zu können – als wäre das wichtigste Ergebnis wirtschaftsdidaktischer Reflexion im Studium die richtige Position in Relation zu einer Prüferin und nicht eine fundierte Argumentation ohne Beliebigkeit.

Das aufgezeigte Spannungsfeld thematisiert ein wirtschaftsdidaktisches Kernthema – die Konsequenz einer Positionierung darin zeigt sich nach unserem Verständnis vor allem in der kollegialen Standortbestimmung der Lehrkräfte in einem Bildungsgang, etwa der inneren Kohärenz und dem Grad der Verbindlichkeit einer mehr oder weniger mühevoll erstellten didaktischen Jahresplanung.

Mit dem Hinweis auf das kollegiale Zusammensein im Bildungsgang können wir H.-Hugo Kremer in den Diskurs einbinden.

4 Was hat das mit H.-Hugo Kremer zu tun?

Insbesondere die Bildungsgangarbeit dürfte in einer Festschrift für H.-Hugo Kremer den Bezug zum Jubilar herstellen (z. B. Kremer & Kückmann, 2016; Kremer & Beutner, 2015; Frehe & Kremer, 2014). Da sich H.-Hugo Kremer aber in besonderem Maße mit der Ausbildungsvorbereitung befasst und auf diese „Zielgruppe“ hin argumentiert, müssen wir an dieser Stelle zunächst betonen, dass wir im Seminar zwar auch auf die Anlage A für das Berufskolleg eingehen, uns aber auf duale Ausbildung(sgänge) beziehen. Das macht zumindest mit Blick auf Qualifikation und Prüfungen einen deutlichen Unterschied – aber wir wollen H.-Hugo Kremer einladen darüber zu diskutieren, ob er in Hinblick auf die „Spannungen“ zwischen Bildung und Kompetenz ebenfalls einen Unterschied machen würde, z. B. Kompetenzorientierung für die Ausbildungsvorbereitung und Bildung für die Berufsschule oder umgekehrt.

Mit Position ist etwas „Grundsätzliches“ konnotiert – was nun nahelegt, eine einmal gefundene bzw. eingenommene Position nicht von Bildungsgang zu Bildungsgang zu ändern. Aber es könnte doch sein, dass die eigene Position begründet variiert, je nachdem, welche „Zielgruppe“ im Mittelpunkt des Bildungsganges steht und damit in unserem Verständnis auch, welche Position die „anderen“ Lehrkräfte im Bildungsgang einnehmen. So kann ja vermutet werden, dass sich die Positionen des Spannungsfelds in einer Gruppe von Lehrkräften, die als „Seiteneinsteiger:innen“ in das System Berufskolleg sozialisiert wurden, anders darstellen kann als in einer Gruppe, in der nur „grundständig“ sozialisierte Lehrkräfte mit beruflicher Fachrichtung und einem Unterrichtsfach sind. H.-Hugo Kremer betont immer wieder, dass Bildungsgangarbeit im Team auszugestalten wäre und eben keine Aufgabe von Einzelkämpfer:innen ist. Ganz im Gegenteil: für H.-Hugo Kremer ist das Zusammensein im Bildungsgang ein Miteinander von Menschen, die die Entwicklung von Schüler:innen gemeinsam gestalten wollen (Frehe & Kremer, 2015, S. 17).

Heterogenität der Schüler:innenschaft führt dazu, dass Lehrkräfte den damit verbundenen Herausforderungen nicht (mehr) alleine gerecht werden können, weshalb die Bildung von multiprofessionellen Teams im Bildungsgang an Bedeutung gewinnt (Kremer & Kückmann, 2016, S. 1–2). Und insofern kann vermutet werden, dass es für die praktische Ausgestaltung der Bildungsgangarbeit ebenso sinnvoll sein kann, die eigene Position zwischen Bildung und Kompetenz im Bildungsgang zu vertreten, als auch, eine eigene Position an die des Teams anzupassen bzw. in diesem Sinne „variabel“ doch jeweils „zielgruppenbezogen“ lehren zu wollen.

Wir müssen daher genauer nachfragen: Meint H.-Hugo Kremer mit „Schülerinnen und Schülern“ bzw. mit dem Wort „Zielgruppe“ die jeweils aktuell und konkret gegebene „Gruppe der interagierenden Subjekte“ oder eine Abstraktion im Sinne einer Beschreibung einer „erwartbaren“ Gruppe von Menschen, denen von bestimmten Menschen bestimmte Merkmale zugeschrieben werden. Die Merkmale sind dabei erfahrungsgeleitet aus der Kenntnis früherer Schüler:innen geronnen. Den Unterschied markiert H.-Hugo Kremer in der Forderung, „die personenunspezifischen, lediglich an allgemeinen Merkmalen der Zielgruppe orientierten Bildungsgangkonzepte müssen differenziert und mit Leben gefüllt werden“ (Kremer & Zoyke, 2015, S. 20).

Dass H.-Hugo Kremer die Frage bewegt, die wir mit dem Spannungsfeld 1 aufgreifen, wird an weiteren Stellen in seinen Arbeiten deutlich. Wir können nur seine Antwort noch nicht fassen. Insgesamt betont er die Notwendigkeit einer offenen, prozessorientierten, schulnahen Bildungsgang- bzw. Curriculumarbeit (Kremer & Zoyke, 2015), wobei die jeweilige Zielgruppe einen zentralen Reflexionsfokus bildet und je nach Zielgruppe unterschiedliche Ziele erstrebenswert sein können. In der Ausbildungsvorbereitung erscheint es ihm zwingend erforderlich, „die Bildungsgänge danach auszurichten, den Jugendlichen – unter Einbezug der jeweils vorliegenden Problemlagen – Möglichkeiten zur individuellen Entwicklung bereitzustellen“ (Kückmann & Kremer, 2015, S. 285, hervorgehoben durch Buschfeld & Naeve-Stoß). Für die duale(n) Ausbildung(sgänge) finden wir das nicht so deutlich formuliert, wohl weil die zu bearbeitenden Problemlagen nicht unbedingt über die Subjekte definiert werden, sondern durch die beruflichen An- und Herausforderungen.

Für die Ausbildungsvorbereitung formuliert H.-Hugo Kremer: Die Bildungsgangarbeit hat in der Ausbildungsvorbereitung die Aufgabe eine Unterstützung der Lernenden

zur Begehung der Bildungsgänge anzubieten, alternative Routen aufzuzeigen oder Umwege und Veränderungen der Koordinaten und Ziele aufzudecken. Die Besonderheit ausbildungsvorbereitender Bildungsgänge zeigt sich darin, dass zumindest auf Ebene des Bildungsgangs die Auswahl, Struktur und Begründung von Themen an resp. mit der Person des Jugendlichen ausgerichtet und reformuliert werden müssen. [...] Aufgabe des Berufskollegs ist es daher, in die curricularen Strukturen als leitendes Prinzip eine Individualisierung der Lern- und Entwicklungswege aufzunehmen (Kremer, 2015, S. 386),

um so die personenunspezifischen, lediglich an allgemeinen Merkmalen der Zielgruppe orientierten Bildungsgangkonzepte zu differenzieren und mit (konkreten) Leben zu füllen (Kremer & Zoyke, 2015, Ergänzung in Klammern durch Buschfeld & Naeve-Stoß). Allerdings geht daraus nach Einschätzung von Detlef Buschfeld nicht hervor, ob sich dabei die Zielsetzung an „Kompetenz“ (also Bewältigung von Lebenssituationen) orientiert oder an „Bildung“ (vielleicht in der Besinnung auf das als-Mensch-so-sein-und-werden-wollen) – auch in der Ausbildungsvorbereitung. Nicole Naeve-Stoß deutet die Passagen so, dass H.-Hugo Kremer für die Ausbildungsvorbereitung sehr deutlich ihrer Argumentation folgt, sich also dem „Team Bildung“ zugehörig fühlt. Was aber nicht klärt, in welchem Team er sich bei den Dualen Bildungsgängen (und auch in einer „dualen Ausbildungsvorbereitung“) zugehörig fühlen würde.

Für die Bildungsgangarbeit ist bei H.-Hugo Kremer das „Team“ zuständig – vielleicht auch, weil er über den Einsatz „multiprofessioneller Teams“ in der Ausbildungsvorbereitung reflektiert und mit multiprofessionellen Teams gearbeitet hat. Angesprochen wir dabei (mehr oder weniger offensichtlich) auch der Kompetenzbegriff, denn multiprofessionelle Teams gehen gerade davon aus, dass durch verschiedene Expertise, Fähigkeiten und Handlungsmuster (i. S. v. Kompetenzen) der Team-Mitglieder das Ergebnis ihrer Arbeit erst prinzipiell möglich und manchmal auch Realität wird. „Dabei werden den Akteuren professionsbezogene Kompetenzen zugewiesen, die dann in unterschiedlicher Form in den Bildungsgängen zur Geltung kommen können“ (Kremer & Kückmann, 2016, S. 19).

Unter der Annahme, dass sich Psycholog:innen, Sonderpädagog:innen, Sozial:pädagog:innen und Lehrkräfte (beruflicher und berufsübergreifender Lernbereiche) für den Bildungsgang „auf eine Position“ zwischen Kompetenz und Bildung verständigen müssten, scheint es Detlef Buschfeld doch zweifelhaft, ob H.-Hugo Kremer dann zum „Team Bildung“ neigt. Denn durch multiprofessionelle Teams betont er differente Kompetenzen der Team-Mitglieder als Basis für den Bildungsanspruch. Vielfach, so eine Vermutung, mutiert die Arbeit im Bildungsgang dann in „Zuständigkeiten“ bzw. arbeitsteiliger Vorgehensweisen in einem Kompetenzentwicklungsgang. Das findet sich auch in den Fallbeschreibungen der Arbeit mit multiprofessionellen Teams bzw. Bildungsgängen wieder.

„So unterscheidet bspw. der Befragte B3 durchaus zwischen den Professionen und schreibt diesen jeweils unterschiedliche Professionalitäten zu, was u. a. über die Zuschreibung von Kompetenzen erfolgt. Kritisch könnte hier angemerkt werden, ob es sich um multiprofessionelle Teamarbeit handelt oder in der Teamarbeit verschiedene Kompetenzbündel zusammengeführt werden, was jedoch den Ruf nach einem multiprofessionellen Ansatz durchaus nochmals in Frage stellen könnte“ (Kremer & Kückmann, 2016, S. 22).

Was nicht allzu weit entfernt von einer (leider gängigen) Vorstellung wäre, dass in dualen Ausbildungsberufen die berufsbezogen sozialisierten Lehrkräfte für die Qualifikation und die berufsübergreifend sozialisierten Lehrkräfte für die Bildung zuständig seien.

Bedeutet dies, kompetente Lehrkräfte sorgen im „Bildungsgang“ für individuelle Bildungswege der Schüler:innen oder wird es umgekehrt gedacht: umfassend gebildete (professionalisierte) Lehrkräfte fördern die Kompetenz und die Kompetenzentwicklung ihrer Schüler:innen?

Wir wissen nicht, wie H.-Hugo Kremer darüber denkt, aber wir würden es gerne erfahren.

Literatur

Blankertz, H. (1963). Berufsbildung und Utilitarismus: problemgeschichtliche Untersuchungen. Pädagogischer Verlag Schwann.

Buschfeld, D. (2002). Konditionen beruflicher Bildungsgänge: theoretische Fundierung eines berufs- und wirtschaftspädagogischen Konzeptes (Habilitationsschrift).

Buschfeld, D. & Naeve-Stoß, N. (2024). Zwischen Bildung, Kompetenz und Qualifikation (unveröffentlichter Text für das Modul Wirtschaftsdidaktik II an der Universität zu Köln).

Frehe, P. & Kremer, H.-H. (2014). Individuelle Kompetenzentwicklungswege – Bildungsgangarbeit in einer dualisierten AV (InBig): Die Rollenbasierte Kompetenzbilanz. Stärken aufnehmen – Kompetenzen entwickeln – Übergänge eröffnen. Handreichung für Lehrende. https://www.uni-paderborn.de/fileadmin/cevet/Download/Handreichung_rbKB_final.pdf

Frehe, P. & Kremer, H.-H. (2015). Auf dem Weg zu einer Didaktik der Ausbildungsvorbereitung. Expertise zur Diskussion im Rahmen des Projekts Innovationsarena 3i. ‚Professionelle Bildungsgangarbeit zur individuellen Förderung, inklusiven Bildungsarbeit und sozialen Integration‘.

Kremer, H.-H. (2015). InBig: Kein Ende … vor dem Anfang einer weiteren Professionalisierung der Bildungsgangarbeit. In H.-H. Kremer & M. Beutner (Hrsg.), Individuelle Kompetenzentwicklungswege: Bildungsgangarbeit in einer dualisierten Ausbildungsvorbereitung: Ergebnisse und Reflexionen aus dem Forschungs- und Entwicklungsprojekt InBig (S. 385–391). Eusl-Verlag.

Kremer, H.-H. & Zoyke, A: (2015). Überlegungen zur Modellierung der Bildungsgangarbeit im Rahmen von InBig. In H.-H. Kremer & M. Beutner (Hrsg.), Individuelle Kompetenzentwicklungswege: Bildungsgangarbeit in einer dualisierten Ausbildungsvorbereitung: Ergebnisse und Reflexionen aus dem Forschungs- und Entwicklungsprojekt InBig (S. 19–40). Eusl-Verlag.

Kremer, H.-H. & Kückmann, M.-A. (2016). Multiprofessionelle Teamarbeit oder multiprofessionelle Akteure: Studie zur inklusiven Bildungsgangarbeit in der Ausbildungsvorbereitung. bwp@ Berufs- und Wirtschaftspädagogik – online, 30, 1–26. http://www.bwpat.de/ausgabe30/kremer_kueckmann_bwpat30.pdf

Kückmann, M.-A., Kremer, H.-H. (2015). Multiprofessionelle Teamarbeit – Notwendigkeit und (schleichende) Veränderung von Berufskollegs. In H.-H. Kremer & M. Beutner (Hrsg.), Individuelle Kompetenzentwicklungswege: Bildungsgangarbeit in einer dualisierten Ausbildungsvorbereitung: Ergebnisse und Reflexionen aus dem Forschungs- und Entwicklungsprojekt InBig (S. 277–296). Eusl-Verlag.

Kutscha, G. (2019). Berufliche Bildung und berufliche Handlungskompetenz im Abseits politisch-ökonomischer Reflexion. Eine Polemik in konstruktiver Absicht und Wolfgang Lempert zum Gedenken. bwp@ Berufs- und Wirtschaftspädagogik – online, 35, 1–19. http://www.bwpat.de/ausgabe35/kutscha_bwpat35.pdf

Lederer, B. (2014). Kompetenz oder Bildung? Eine Analyse jüngerer Konnotationsverschiebungen des Bildungsbegriffs und Plädoyer für eine Rück- und Neubesinnung auf ein transinstrumentelles Bildungsverständnis (Habilitationsschrift). Innsbruck University Press.

 

[1]    Wem die Formulierung seltsam vorkommt: Eine beliebte Kurzformel für „Bildung“ lautet, dass sich Schülerinnen und Schüler „die Welt erschließen“ können und „aufgeschlossen sind für die Welt“. Wir haben also eine Alternative zwischen Prüfung und Bildung formuliert.

[2]   Wir legen hier bewusst den Fokus auf Bildungsgänge der dualen Ausbildung (Fachklassen des dualen Systems, APO-BK, Anlage A). Ihre spätere Tätigkeit an einem Berufskolleg wird jedoch dadurch geprägt sein, dass Sie in vielen verschiedenen Bildungsgängen unterrichten werden. Eine interessante Frage, die sich mir in diesem Zusammenhang stellt und vielleicht haben Sie Lust auch einmal darüber nachzudenken, ist: Unterscheiden sich die Ziele des Lehrens und Lernens im Berufskolleg danach, in welchem Bildungsgang Sie unterrichten und mit welchen Schüler:innen Sie es zu tun haben? Trägt beispielsweise das Leitziel einer aufgeklärt-emanzipierten Persönlichkeit für alle Bildungsgänge des Berufskollegs? Und was heißt das dann eigentlich konkret?

Zitieren des Beitrags

Buschfeld, D. & Naeve-Stoß, N. (2025): Diskurs didaktischer Direktiven für das Zusammensein im Bildungsgang. In P. Frehe-Halliwell, M.-A. Kückmann & F. Otto (Hrsg.), bwp@ Profil 12: Transformationen in der beruflichen Bildung – Handlungsräume und Gestaltungsfelder der Wirtschafts- und Berufspädagogik Digitale Festschrift für H.-Hugo Kremer zum 60. Geburtstag (S. 1–13). https://www.bwpat.de/profil12_kremer/buschfeld_naeve-stoss_profil12.pdf

Veröffentlicht am 02. Juni 2025