bwp@ 38 - Juni 20

Jugendliche Lebenswelten und berufliche Bildung

Hrsg.: Karin Büchter, H.-Hugo Kremer, Anja Gebhardt & Hannah Sloane

Berufsdarstellungen in populären Jugendserien. Eine videoanalytische Annäherung an ein volatiles Forschungsfeld

Beitrag von Florian Berding, Gernot Dreisiebner, Heike Jahncke, Peter Slepcevic-Zach & Jane Porath
bwp@-Format: Forschungsbeiträge
Schlüsselwörter: Berufsorientierung, Berufswahl, Berufsfindung, Videoanalyse, Mediennutzung

Hinsichtlich des Medienkonsums von Jugendlichen gewinnen Streamingplattformen zunehmend an Bedeutung. Bei der Analyse von Berufswahlprozessen von Jugendlichen stellt dieser Medienkonsum ein bedeutsames Forschungsfeld dar, werden die Zuseher/innen auf diese Weise doch in ihrem vorberuflichen Sozialisationsprozess mit teils stereotypen Berufsdarstellungen konfrontiert. Angesichts eines wachsenden Angebotes an Medieninhalten auf Streamingplattformen widmet sich der Beitrag der Fragestellung: ‚Wie werden Berufe in unter Jugendlichen populären Serien dargestellt?‘ Die Studie basiert auf einem zweistufigen Vorgehen: (1) Im Rahmen einer Vorstudie wurden 464 Schüler/innen zu Mediennutzung und konsumierten Serien befragt und vier Serien für eine tiefergehende Analyse ausgewählt. (2) Im Zuge einer Videostudie wurden insgesamt 16 Folgen der ausgewählten vier Serien analysiert. Die Ergebnisse zeigen eine große Bandbreite an unterschiedlichen Berufen, jedoch vornehmlich aus dem Dienstleistungssektor. Ein Abgleich mit realen Tätigkeitsprofilen basierend auf berufe.net bzw. bic.at zeigt zudem eine überaus einseitige Berufsdarstellung.

Representation of professions in popular youth series. A video analytical approach to a volatile field of research

English Abstract

Regarding the media consumption of young adults’ video streaming services are gaining increased importance. This media consumption is of significance for the research on career choice processes, since adolescents are confronted with stereotypical displays of vocational profiles. In the face of an expanding offer of films and TV-series on streaming platforms, this paper addresses the research question ‘How are vocations displayed in popular TV-series among young adults?’. The research design is of twofold nature: (1) Within a pre-study 464 students were questioned regarding media consumption. Four TV-series were selected for a detailed analysis. (2) Within a video-study 16 episodes of the selected four TV-series were analyzed. The results show a wide spectrum of different vocations, primarily focused on the service sector. In addition, a comparison with real vocational profiles based on berufe.net and bic.at shows a very limited variety of vocational tasks.

1 Einleitung

Im Zuge des vorberuflichen Sozialisationsprozesses (vgl. Ebner 1992, 23) spielen die von Jugendlichen genutzten Medien eine gewichtige Rolle bei der Berufswahl. Konsumierte Zeitschriften, Fernsehserien oder Webinhalte gelangen daher in den Fokus der Auseinandersetzung mit Berufsfindungsprozessen (vgl. Savickas 2011, 59). So zeigt beispielsweise die aktuelle JIM-Studie, dass mittlerweile mindestens 93 % der Jugendlichen über ein Handy bzw. ein Smartphone verfügen, aber nur rund 65 % über einen Computer bzw. einen Laptop und nur 50 % über ein Fernsehgerät (vgl. Feierabend/Rathgeb/Reutter 2020, 7). Das Fernsehen nimmt bei der Beschäftigung mit Medien im Jahr 2019 dementsprechend den fünften Platz hinter Internet, Smartphone, Musik hören und Online-Videos ein, während online Video-Streaming-Dienste den achten und die Betrachtung von aufgezeichneten Serien, DVDs und Blurays den elften Platz erreichen (vgl. Feierabend/Rathgeb/Reutter 2020, 12). So sehen rund 76 % der Jugendlichen täglich oder mehrmals die Woche TV, während 84 % der Jugendlichen mehrmals die Woche oder täglich Online-Videos betrachten. Anders war die Situation noch im Jahr 1998: Hier kommt die JIM-Studie der damaligen Zeit zu dem Ergebnis, dass rund 95 % der Jugendlichen täglich oder mehrmals die Woche fernsehen (vgl. Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest 2018, 9). Die Entwicklung im Zeitablauf fasst Abbildung 1 zusammen. Weiterhin zeigt die aktuellste vorliegende KIM-Studie für Kinder zwischen 6 und 13 Jahren, dass rund 65 % der Mädchen und 63 % der Jungen Vorbilder besitzen und diese vor allem aus dem TV bzw. Filmen stammen (vgl. Feierabend/Plankenhorn/Rathgeb 2017, 20). Insbesondere in dieser frühen Phase der Berufsfindung spielen Vorbilder eine wichtige Rolle (vgl. Super et al. 1965, 40).

Abbildung 1: Prozentuale Nutzung von Fernsehen, Online-Videos und Streaming-Diensten zwischen 1998 und 2019 auf der Basis der jeweiligen JIM-Studien (Jahncke et al. im Review)Abbildung 1: Prozentuale Nutzung von Fernsehen, Online-Videos und Streaming-Diensten zwischen 1998 und 2019 auf der Basis der jeweiligen JIM-Studien (Jahncke et al. im Review)

Daran anknüpfend bestätigen bisherige Studien grundsätzlich die Bedeutung von medialen Berufsdarstellungen für die Berufswahl (vgl. u. a. Michel/Pelka 2004; Krüger 2004). Aktuelle Problemfelder wie die Geschlechtersegregation bei der Berufswahl finden sich auch in der medialen Rezeption von Berufen wieder: So lässt sich eine klischeehafte Berufsdarstellung und klare Differenzierung in ‚Männer- und Frauenberufe‘ zeigen (vgl. Krüger 2004, 63). Zudem erfolgt in unter Jugendlichen beliebten Daily Soaps die Darstellung eines sehr eingeschränkten Berufsspektrums (primär Dienstleistungsberufe) ohne tiefergehende Beschreibung der jeweiligen Berufsfelder (vgl. Michel/Pelka 2004, 67). Gleichzeitig handelt es sich, bedingt durch eine Abkehr der jungen Zuseherschaft von linearem Fernsehen hin zu Streaming-Angeboten (vgl. Heizlmaier/Tomaschitz/Rohout 2018), um ein höchst volatiles Forschungsfeld. Erkenntnisse aus bisherigen Studien können somit zur Beschreibung des Status Quo von Berufsdarstellungen in populären (Jugend-)Serien nur eingeschränkt herangezogen werden. Daher ist es insbesondere erforderlich, sich mit gegenwärtig von Jugendlichen favorisierten Serien auseinanderzusetzen. In diesem Kontext widmet sich der gegenständliche Beitrag der leitenden Fragestellung: Wie werden Berufe in unter Jugendlichen populären Serien dargestellt?

Die Struktur des Beitrages gestaltet sich wie folgt: In einem einleitenden Kapitel erfolgt die Skizzierung des Forschungsfeldes sowie der dem Beitrag zugrundeliegenden Problemlage. Darauf aufbauend erfolgt in Kapitel 2 und 3 in zwei Strängen der Literaturanalyse die Auseinandersetzung mit (a) dem Berufsfindungsprozess und (b) dem Einfluss von Medienkonsum auf diesen Prozess. Anschließend erfolgen die Beschreibung des Forschungsdesigns (Kapitel 4), eine Darlegung der Ergebnisse (Kapitel 5) wie auch die Ableitung von praktischen Implikationen im Zuge der den Beitrag abschließenden Diskussion (Kapitel 6). Erwartete Implikationen liegen insbesondere in der Lebensweltorientierung beruflicher Bildung begründet. So können etwa Erkenntnisse aus der Berufsdarstellung in populären Jugendserien im Zuge des Berufsorientierungsunterrichts aufgegriffen werden. Grundvoraussetzung hierfür ist jedoch, dass Erkenntnisse zu den Lebenswelten der Jugendlichen vorliegen (z. B. bezüglich der Berufsdarstellungen, mit welchen Jugendliche medial konfrontiert werden). Hierfür soll der vorliegende Beitrag einen ersten Impuls liefern.

2 Berufsfindung, Berufswahl und Lebenswelt

Zur Erklärung von Berufsfindungsprozessen haben sich eine Vielzahl an Erklärungsansätzen herausgebildet. Die Auseinandersetzung mit Berufsfindungsprozessen beginnt in der Literatur mit dem Trait-and-Factor-Ansatz nach Parsons (1909), gemäß welchem ein möglichst ‚optimales‘ Matching von Person und Beruf angestrebt wird (z. B. aufgrund von Interessen und Anforderungen des jeweiligen Berufes). In weiterer Folge entwickeln sich Erklärungsansätze wie die Stufen- und Phasentheorie nach Ginzberg et al. (1951) und die Life-Span-Life-Space Theory nach Super (1953), bei welchen die Berufsfindung bereits als Entwicklungsprozess in mehreren Etappen skizziert wird – beginnend in einer Phase kindlicher Phantasiewahl über den Einbezug der eigenen Interessen und Fähigkeiten bis hin zur Erprobung von vorläufigen Berufsentscheidungen. In der Tradition nach Parsons (1909) steht auch die Theory of Vocational Choice and Development nach Holland (1973), bei welcher die Selbsteinschätzung der eigenen Interessen und Fähigkeiten eine zentrale Determinante darstellt. Gemäß den sozial-kognitiven Theorien (u. a. Bandura 1986; Lent/Brown/Hackett 1994) spielt wiederum das Lernen am Modell anderer Karrierebiografien (z. B. von Eltern, Peers – aber auch beruflichen Vorbildern aus Film und Fernsehen) und die eigenen Selbstwirksamkeitserwartungen eine gewichtige Rolle. Bei der Theory of Circumscription and Compromise nach Gottfredson (1981) erfolgt die Berufsfindung hingegen in mehreren Entwicklungsschritten, wobei auch die Einschätzung des Geschlechtstyps und des Prestigelevels eines Berufs entscheidend sind – und diese kann wiederum auch durch Medienkonsum geprägt werden. Aktuelle Ansätze wie die Career Construction Theory (vgl. Savickas 2013) sind hingegen durch eine konstruktivistische Prägung gekennzeichnet, wobei individuelle Lebensthemen (z. B. Werte) den Berufsfindungsprozess determinieren.

Das bei erster Betrachtung heterogene Spektrum an Erklärungsansätzen eint, dass die Berufsfindung bei sämtlichen Ansätzen als ein individueller Entwicklungsprozess aufgefasst wird (vgl. Dreisiebner 2019, 100ff.). Einer simpleren Phasensystematik folgend lassen sich die Prozesse rund um die Berufsfindung in die Phase eines Berufsfindungsprozesses (am Ende dessen eine Entscheidungsphase angesiedelt ist) sowie eine Phase der beruflichen Entwicklung klassifizieren (Abbildung 2). Beide Phasen werden durch einen vorberuflichen bzw. beruflichen Sozialisationsprozess überlagert.

Abbildung 2: Phasensystematik der Berufswahl (Dreisiebner 2019, 102; in Anlehnung an Ebner 1992, 23)Abbildung 2: Phasensystematik der Berufswahl (Dreisiebner 2019, 102; in Anlehnung an Ebner 1992, 23)

Die Auswahl möglicher Einflussfaktoren auf die Berufswahl ist groß. Bei Mosberger/Schneeweiß/Steiner (2012, 6ff.) werden rund 40 verschiedene Einflussfaktoren genannt. Diese reichen von Interessen (vgl. Holland 1973), dem Lernen am Modell anderer Karrierebiografien (vgl. Bandura 1986) über Selbstwirksamkeitserwartungen (vgl. Lent/Brown/Hackett 1994) bis hin zum Zufall (vgl. Pryor/Bright 2011). Der Begriff der Berufswahl oder Berufsentscheidung ist indes nicht als vollkommen freie und unbeeinflusste ‚Wahl‘ zu verstehen: „Jedenfalls funktioniert dies nicht so, dass aus einer Liste der staatlich anerkannten Ausbildungsberufe einfach jener ausgewählt werden kann, der einem am meisten zusagt und dann tritt man eben die Ausbildung an.“ (Ebner 1992, 20). Vielmehr beeinflussen auch Faktoren wie Eltern, Peers, Vorbilder und Lerngelegenheiten im Zuge eines vorberuflichen Sozialisationsprozesses die Berufsfindung.

Bei der Berufswahl handelt es sich somit nicht um eine Entscheidung, welche von einem Individuum isoliert getroffen wird, sondern das Individuum ist den gesamten Berufsfindungsprozess über hinweg in die jeweilige Gesellschaft eingebunden. Anhand des Konzept der Lebenswelt nach Habermas (2012, 20f.) kann diese gesellschaftliche Sphäre fassbar gemacht werden. Bei der Lebenswelt im Sinne von Habermas (2012) handelt es sich um ein von klein auf aufgebautes, implizites Hintergrundwissen aus Erfahrungen. „Der Mensch bewegt sich immer innerhalb der Lebenswelt und kann sie niemals verlassen“ (Habermas 1987, 209). Dieses implizite Wissen ist somit auch im Berufsfindungsprozess stets präsent, bleibt jedoch zunächst im Hintergrund:

„Der eigenartige Modus des mitlaufenden, intuitiv gewissen, aber implizit bleibenden präreflexiven Hintergrundwissens, das uns in unseren täglichen Routinen begleitet, erklärt sich daraus, dass uns die Lebenswelt nur performativ, im Vollzug von Akten, die jeweils auf etwas anderes gerichtet sind, gegenwärtig ist.“ (Habermas 2012, 22)

Die einzelnen Erklärungsansätze zur Berufsfindung sind dadurch charakterisiert, dass sie stets modellhaft Teilaspekte aus der Lebenswelt herausgreifen und anhand dieser Teilaspekte Berufswahlprozesse zum Zwecke der Deskription oder Berufsberatung zu ergründen versuchen. Einen der gegenwärtig einflussreichsten Erklärungsansätze zur Berufsfindung stellt die Theory of Vocational Choice and Adjustment (vgl. Holland 1973) dar. Das wesentliche Element dieses Ansatzes ist das RIASEC-Modell, gemäß welchem Berufe bzw. berufliche Interessen wie folgt nach sechs Typen klassifiziert werden können: Realistic (handwerklich-technisch), Investigative (forschend-analysierend), Artistic (künstlerisch-kreativ), Social (sozial-erzieherisch), Enterprising (unternehmerisch-organisierend) und Conventional (verwaltend-regelgeleitet). Holland (1973, 2ff.) geht davon aus, dass sich sowohl Personen als auch Arbeitsumwelten gemäß dem RIASEC-Schema klassifizieren lassen. Den Kern der Theorie nach Holland bildet das Konzept der Kongruenz, d. h. einer möglichst ‚guten‘ Passung, von Person und Arbeitsumwelt. Je höher die Kongruenz (d. h. je besser die Passung), desto höher ist auch die berufliche Zufriedenheit. In medialen Berufsdarstellungen werden Jugendliche ebenfalls implizit mit dem Konzept der Kongruenz konfrontiert, etwa wenn es um die Zufriedenheit der Charaktere mit ihren dargestellten Berufen geht.

Die vorangegangene Darstellung lässt deutlich werden: Die Beschreibung von Berufsfindungsprozessen stellt ein überaus komplexes Anliegen dar und kann lediglich in einer ausschnittsweisen Betrachtung von Einflussfaktoren münden. Eine gewichtige Rolle kommt jedoch dem Lernen am Modell anderer Karrierebiografien zu – etwa durch Eltern, Peers, aber auch mediale Berufsdarstellungen. Die Summe des impliziten Hintergrundwissens konstituiert hierbei die Lebenswelt der Jugendlichen, aus welcher heraus sie ihre Berufsentscheidung treffen. Welche medialen Berufsdarstellungen auf die Lebenswelt der Lernenden wirken und so ihren Berufsfindungsprozess (mit)beeinflussen ist Gegenstand dieses Beitrages.

3 Mediennutzung und Jugendliche

Die Mediennutzung von Jugendlichen ist gegenwärtig im Wandel. Während Streamingangebote insbesondere für jüngere Zuseher/innen eine immer größere Bedeutung haben (vgl. Heizlmaier/Tomaschitz/Rohout 2018, 55), verliert das ‚klassische‘ lineare Fernsehangebot an Bedeutung. So ging in Deutschland die durchschnittliche Nutzungsdauer zwischen 2015 und 2018 um 28 Minuten auf 101 Minuten pro Tag zurück (vgl. Media Perspektiven Basisdaten 2019, 69). Gleichzeitig kam es in den vergangenen zehn Jahren zu einer Verdopplung der täglichen Internetnutzung (auf 214 Minuten pro Tag). Der Anteil an Unterhaltung (z. B. Video oder Musikkonsum) an der Internetnutzung nimmt hierbei über den Betrachtungszeitraum kontinuierlich zu (vgl. Feierabend/Rathgeb/Reutter 2018, 31ff.). Unabhängig von dem gewählten Kanal kann der Konsum von Medien eine Auswirkung auf die Berufswahl haben. Dostal (2013, 20) ortet zwischen dem intensiven Konsum von Daily Soaps durch Jugendliche und ihren Berufswünschen einen möglichen Zusammenhang. Hieraus resultiert zunächst die Frage, mit welchen Berufsdarstellungen Zuseher/innen in Film und Fernsehen konfrontiert werden (Kapitel 3.1) und welchen Einfluss diese Berufsdarstellungen auf den Berufsfindungsprozess ausüben (Kapitel 3.2).

3.1 Mediale Berufsdarstellungen in Film und Fernsehen

Während des Konsums audiovisueller Medien – und insbesondere von Serien und Filmen – werden Zuseher/innen mit zahlreichen Berufsdarstellungen konfrontiert. Bereits Signorielli (1993) diagnostiziert eine seit den 1960er-Jahren weitgehend unveränderte Fernsehlandschaft mit überproportional vielen prestigeträchtigen Berufen (medizinisches Personal, Jurist/inn/en, Polizist/inn/en), welche zudem überaus erfolgreich in ihren jeweiligen Tätigkeitsfeldern sind. Die Daten beziehen sich auf Inhalte von US-TV-Sendern zur Hauptsendezeit (vgl. Signorielli 1993, 319ff.). Vergleichbare Ergebnisse liegen auch für Deutschland vor, basierend auf einer Analyse von 840 Programmstunden der fünf quotenstärksten TV-Sender, wobei sich eine starke Präsenz von Berufen der Kategorie Ordnung/Sicherheit zeigt (vgl. Krüger 2004, 58ff.).

Generell lassen diese Befunde ein verzerrtes Spektrum an Berufsdarstellungen vermuten. So eruieren Gehrau/Vom Hofe (2013) bei der Analyse populärer Jugend-TV-Serien im deutschen Sprachraum das völlige Fehlen von Berufen aus dem primären Wirtschaftssektor (z. B. Agrarberufe, Bergbau) oder sekundären Sektor (z. B. Baugewerbe, Produktion). Ebenso zeigen sich Unterschiede bezüglich der Berufsdarstellung in berufsspezifischen Serien (z. B. Arzt- oder Gerichtsserien) und nicht-berufsspezifischen Serien (z. B. Daily Soaps). Hinsichtlich berufsspezifischer Serien dominiert eindeutig der Bereich Gesundheit bzw. Sozialwesen (z. B. Arztserien), gefolgt von Verwaltung/Judikative (z. B. Polizei- und Krimiserien). In nicht-berufsspezifischen Serien dominieren hingegen Dienstleistungsberufe aus der Gastronomie oder Medienschaffende (vgl. Gehrau/Vom Hofe 2013, 125ff.). Darüber hinaus werden in Daily Soaps Berufe meist nur oberflächlich thematisiert, entweder visuell (z. B. Statist serviert im Hintergrund eines Gesprächs Getränke) oder verbal (z. B. zwei Personen sprechen über ihren Arbeitstag). Eine vertiefende Beschreibung der Berufe oder ausgeübten Tätigkeiten fehlt zumeist. Michel/Pelka (2004, 67) sprechen in diesem Zusammenhang im Unterschied zur Berufsrealität auch von einer „Soap Realität“.

3.2 Einfluss der medialen Berufsdarstellungen auf den Berufsfindungsprozess

Die zuvor geschilderten Befunde zur medialen Berufsdarstellung mögen zunächst nicht überraschen, schließlich dienen Serien primär der Unterhaltung – und einige Berufe erscheinen im Vergleich zu anderen für diesen Zweck prädestiniert zu sein (vgl. Gehrau/Vom Hofe 2013, 125). Gleichzeitig entwickeln die Zuseher/innen während des Serienkonsums Vorstellungen über Berufe und Berufsfelder, deren möglicher Einfluss auf die Berufsfindung nicht von der Hand zu weisen ist. Für „The Big Bang Theory – als eine der im Rahmen dieses Beitrages untersuchten Serien – konnten Li/Orthia (2016) zeigen, dass auch Personen ohne eigene Forschungserfahrung den in der Serie immer wieder aufgegriffenen Forschungsprozess als interessant wahrnehmen. Insbesondere zeigt sich, dass auch Nicht-Wissenschaftler/innen durch die Serie in den Naturwissenschaften wichtige Aspekte wahrnehmen (Empirie, Theoriebezogenheit, soziale und kulturelle Einbettung). Gleichzeitig kommt es jedoch bei der angeführten Serie zu einer überaus stereotypen Berufsdarstellung und auch die Darstellung von Geschlechterrollen kann kritisch hinterfragt werden (vgl. McIntosh 2014, 203f.).

Ebenfalls belegt ist der Einfluss von Krimiserien auf die Berufs- und Studienwahl (CSI-Effekt). Für Deutschland nachweisbar ist etwa der Einfluss des Konsums von Krimi-Fernsehserien auf die Wahl rechtsmedizinischer Studienrichtungen (vgl. Keuneke/Graß/Ritz-Timme 2010). Ähnliche Ergebnisse finden sich basierend auf einer Befragung von rund 1.300 Schüler/inne/n auch für Gesundheitsberufe, wo Zuseher/innen des Arztserien-Genres signifikant öfter einen Berufswunsch im Gesundheitsbereich aufweisen (vgl. Gehrau/Vom Hofe 2013). Ähnliches zeigt sich im niederländischen Sprachraum auch für Doku Soaps etwa über Hebammen oder Tierärzte (vgl. van den Bulck/Beullens 2007).

Mediale Berufsdarstellungen tragen somit zur Formierung der Lebenswelt der Jugendlichen im Sinne von Habermas bei – Jugendliche erhalten ein (implizites) Hintergrundwissen, welche Tätigkeiten in bestimmten Berufsfeldern im Vordergrund stehen und auch, welche Berufe ‚typischerweise‘ von Personen des eigenen Geschlechts ausgeübt werden (bzw. werden ‚dürfen‘ im Sinne einer sozialen Akzeptanz). So werden Stereotype aufgebaut, die die Berufswahl der Jugendlichen beeinflussen. Die handelnden Personen sind sich hierbei zwangsläufig gar nicht bewusst, dass sie gemäß stereotypen Denkmustern handeln, da Stereotype fallweise auch impliziten Charakter haben. Dieser implizite Charakter macht Stereotype jedoch auch hartnäckig. Sind Sie einmal internalisiert, so determinieren sie das eigene Verhalten über einen geraumen Zeitraum hinweg (vgl. Ertl/Luttenberger/Paechter 2014, 426).

4 Methodisches Vorgehen

Das Forschungsdesign fußt auf einem zweistufigen Vorgehen: (1) Serienauswahl basierend auf einer Vorstudie. Die Auswahl der untersuchten Serien basiert auf einer Vorerhebung, in welcher 281 österreichische und 183 deutsche Schüler/innen zu ihrer Mediennutzung und konsumierten Serien befragt wurden. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass die untersuchten Serien den gegenwärtigen jugendlichen Lebenswelten entstammen und somit relevant sind. (2) Videostudie zur Berufsdarstellung in populären Jugendserien. Anhand der Daten der Vorstudie wurden vier populäre Jugendserien identifiziert und einer Videoanalyse (vgl. Moritz 2018) unterzogen. Jeweils zwei Folgen aus der ersten und der aktuellsten Staffel sollen hierbei einen Einblick in die Berufsdarstellungen in den jeweiligen Serien ermöglichen. Das hierfür zum Einsatz kommende Analyseraster umfasst unter anderem die Darstellung der Tätigkeiten, die beruflichen Rahmenbedingungen (z. B. eingesetzte Arbeitsmittel, Arbeitsumgebung) wie auch eine Einschätzung der in den Folgen dargestellten Personen und Arbeitsumgebungen nach dem RIASEC-Modell von Holland. Schließlich erfolgt ein Abgleich der dargestellten Tätigkeiten mit den realen Tätigkeiten auf der Grundlage von Tätigkeitsprofilen auf berufe.net (für Deutschland) bzw. bic.at (für Österreich).

4.1 Vorstudie und Serienauswahl

Im Zuge der Vorstudie wurden 281 österreichische und 183 deutsche Schüler/innen zu Mediennutzung und konsumierten Serien befragt. In der deutschen Stichprobe befinden sich 88 Schüler und 93 Schülerinnen, die zum Zeitpunkt der Befragung zu ca. 31 % ein Gymnasium, zu ca. 25 % eine Realschule, zu 19 % ein berufliches Gymnasium zu 9 % eine Hauptschule und zu 9 % eine integrierte Gesamtschule besuchten. Alle befragten Personen gaben an, 16 Jahre alt zu sein. Die österreichische Stichprobe gestaltet sich hinsichtlich des Alters heterogener und umfasst Personen im Alter von 15–18 Jahren, welche eine berufsbildende mittlere oder höhere Schule – primär eine Handelsakademie oder eine höhere Lehranstalt für wirtschaftliche Berufe – besuchen. Ziel war es, die populärsten Medien, Kanäle und Serien der Zielgruppe zu eruieren. Hierzu wurden die Jugendlichen mit dem in der folgenden Abbildung 3 entwickelten Instrument über offene Items befragt.

Abbildung 3: Instrument der VorerhebungAbbildung 3: Instrument der Vorerhebung

Tabelle 1 zeigt die prozentuelle Verteilung der Befragten hinsichtlich der populärsten Kanäle und Medien (Mehrfachnennungen möglich).

Tabelle 1:     Kanäle und Medien

Medien

PC/Laptop

Fernseher

Smartphone

Tablet

Andere

 

Österreich
(281 Personen)

58,01%

51,96%

29,89%

16,37%

6,41%

 

Deutschland
(183 Personen)

29,51%

67,76%

74,32%

39,89%

11,48%

 

Kanäle

Youtube

Netflix

Andere Streaminganbieter

Antenne, DVBT

Satellit

Andere

Österreich
(281 Personen)

14,59%

69,40%

39,50%

9,96%

18,51%

2,85%

Deutschland
(183 Personen)

44,81%

66,12%

46,45%

3,83%

16,94%

1,64%

Hinsichtlich der Medien dominiert bei den österreichischen Jugendlichen der eigene PC/Laptop; bei den deutschen Befragten hingegen das eigene Smartphone. Gleich darauf folgt der Serienkonsum über den Fernseher – wobei hier explizit lediglich das Wiedergabemedium gemeint ist, nicht der Konsum linearen TVs. Hinsichtlich der Kanäle zeigt sich deutlich die Dominanz von Streaming. Netflix stellt unter beiden befragten Gruppen den meistgenutzten Streaminganbieter dar, gefolgt von anderen Kanälen wie Youtube oder Amazon Prime. Der Konsum linearen TVs (über Satelliten oder Antenne) nimmt nur noch eine untergeordnete Rolle ein (in Österreich in Summe lediglich 28,47 % der Befragten, wobei Mehrfachantworten möglich waren).

Basierend auf den Nennungen der Jugendlichen wurden in weiterer Folge die populärsten Serien identifiziert (anhand einer offenen Frage nach den Lieblingsserien). Insgesamt wurden 69 Serien von den 464 Jugendlichen als eine ihrer Lieblingsserien bezeichnet, davon wurden 27 Serien mehrfach genannt. Die Ergebnisse für Österreich und Deutschland (Tabelle 2) zeigen eine durchaus vergleichbare Rangreihung hinsichtlich der populären Serien. Zu den populärsten Serien zählt ‚Haus des Geldes‘ – fast die Hälfte der Befragten in Österreich und ein Drittel der befragten Jugendlichen in Deutschland zählen die Serie zu ihren gegenwärtigen Lieblingsserien. Es zeigt sich zudem ein bunter Genre-Mix, welcher von Sitcoms über Zeichentrick und Fantasy bis hin zu Krimi- oder Arztserien reicht.

Tabelle 2:     Die populärsten Serien unter den befragten Jugendlichen

Serie

Populäre Serien unter % der Befragten in Österreich*

Populäre Serien unter % der Befragten in Deutschland**

Genre

Haus des Geldes

47,4 %

30,1 %

Krimi-Drama

Stranger Things

15,8 %

18,0 %

Fantasy

Modern Family

10,5 %

9,8 %

Comedy

How I met your Mother

21,1 %

8,2 %

Comedy

Family Guy

21,1 %

6,6 %

Zeichentrick

Breaking Bad

26,3 %

4,4 %

Krimi-Drama

Game of Thrones

68,4 %

0,0 %

Fantasy

Prison Break

26,3 %

3,8 %

Action-Drama

Rick & Morty

10,5 %

5,5 %

Zeichentrick

Big Bang Theory

15,8 %

3,8 %

Comedy

Grey‘s Anatomy

15,8 %

3,8 %

Arztserie

Anmerkung: * Sample für Österreich: 19 Klassen; Nennung der populärsten Serien lediglich klassenweise; Prozentsätze spiegeln Anteil der Nennungen pro Klasse an den 19 befragten Klassen wider; ** Sample für Deutschland: 183 Personen; Prozentsätze spiegeln Anteil der Nennungen an den 183 befragten Personen wider.

Für die Analyse der Berufsdarstellungen wurden Serien ohne ausreichenden Realitätsbezug (z. B. Science-Fiction, Historien- oder Fantasy-Serien) aus der Untersuchung ausgeschlossen. Grund war die Annahme, dass in diesen Serien vermehrt für die Berufswahl der Jugendlichen nicht relevante ‚Berufe‘ (z. B. Magier, Adelige) darstellt werden bzw. der Unterhaltung Vorzug vor Realismus gegeben wird (vgl. auch Krüger 2004, 61). Aus demselben Grund wurden auch Zeichentrickserien von der Analyse ausgenommen. Ein weiterer Anspruch an die untersuchten Serien war zudem eine angemessene Abdeckung unterschiedlicher Genres. Konkret wurden die folgenden unter den befragten Jugendlichen populären Serien aus drei populären Genres ausgewählt, welche sich aus zwei nicht-berufsspezifischen und zwei berufsspezifischen Serien zusammensetzen:

  • Haus des Geldes (nicht berufsspezifisch)
  • How I Met Your Mother (nicht berufsspezifisch)
  • Grey’s Anatomy (berufsspezifisch)
  • The Big Bang Theory (berufsspezifisch)

Bei den vier ausgewählten Serien handelt es sich um Serien, die vollumfänglich bei populären Streaminganbietern verfügbar sind. Gleichzeitig sind drei der Serien auch im analogen Fernsehen fester (und langjähriger) Bestandteil des Abend- bzw. Nachmittagsprogramms zahlreicher deutschsprachiger TV-Sender (deutschsprachige Erstausstrahlungen: Grey’s Anatomy 2006, How I Met Your Mother 2008, The Big Bang Theory 2009). Bei ‚Haus des Geldes‘ und ‚How I Met Your Mother‘ handelt es sich um Ensemble-Serien ohne konkreten Berufsbezug. Der Beruf ist in beiden Serien zwar nicht handlungsleitendes Element, dennoch üben die einzelnen Darsteller/innen zahlreiche unterschiedliche berufliche Tätigkeiten aus. Bei den beiden ausgewählten berufsspezifischen Serien stehen ärztliche Tätigkeiten bzw. Pflegeberufe (Grey‘s Anatomy) bzw. Berufe in einem forscherischen Kontext (The Big Bang Theory) im Zentrum der Handlung.

4.2 Videostudie zu Berufsdarstellungen – Stichprobe und Methode

Für die Analyse der Berufsdarstellungen in den Serien wird ein standardisiertes Kodierschema eingesetzt, welches in Abbildung 4 Darstellung findet. In dem Schema werden die Zeitstempel der kodierten Szene, eine Zuordnung der erkennbaren Tätigkeiten zu einem Beruf (Spalte 2), eine detaillierte Beschreibung der sichtbaren Tätigkeit, der Name des Charakters (sofern verfügbar), die Bedeutung des Charakters für die Serie (Haupt- und Nebenrolle bzw. Statist/in), das Geschlecht des Charakters, die geschätzte Altersspanne sowie die Rahmenbedingungen der beruflichen Tätigkeit getrennt nach allgemeinen Arbeitsbedingungen, den Arbeitsmitteln und der Arbeitsumgebung festgehalten. Für die Haupt- und Nebenrollen werden darüber hinaus auch das Ausmaß eines direkten Bezugs auf die berufliche Tätigkeit, ihre Zufriedenheit und sonstige Anmerkungen zum Beruf erfasst. Schließlich wird nur für die Hauptrollen festgehalten, welchem Persönlichkeitsmerkmal Aussagen und gezeigtes Verhalten dieser Person in einer Szene nach dem RIASEC-Modell zuzuordnen ist.

Abbildung 4: Kodierschema zur Analyse der SerienAbbildung 4: Kodierschema zur Analyse der Serien

Als ‚berufliche Tätigkeiten‘ wurden lediglich Tätigkeiten kodiert, welche die konstitutiven Dimensionen der Beruflichkeit nach Beck (2018, 27) – soweit beurteilbar – erfüllen. Schulisches Lernen von Schüler/inne/n wurde demzufolge ebenso wenig als berufliche Tätigkeit kodiert wie z. B. das Ausrauben einer Bank als Bestandteil der Handlung bei fiktionalen Serien. Es wurden Hauptdarsteller/innen, Nebendarsteller/innen und Statist/inn/en kodiert, sobald diese eine berufliche Tätigkeit ausüben oder die berufliche Tätigkeit verbal thematisiert wird (z. B. Protagonistin berichtet beim Abendessen über ihren Arbeitstag).

Die Kodierung der Serien erfolgte durch zwei Kodierende. Diese analysierten zunächst eine Folge aus der Serie ‚How I Met Your Mother‘, um das Kodierschema auf seine Anwendbarkeit zu prüfen und um abweichende Kodierungen zu klären bzw. zu standardisieren. Nach diesem Pretest wurde die Kodierung des gesamten Datenmaterials jeweils durch eine Kodiererin bzw. einen Kodierer vorgenommen.

Aus den vier Serien wurden jeweils die erste und die letzte Staffel ausgewählt. Aus den einzelnen Staffeln wurden jeweils jene zwei Folgen analysiert, die besonders viele Darstellungen von beruflichen Tätigkeiten versprachen. Insgesamt wurden so 747 Kodierungen vorgenommen. Davon entfallen 45,5 % auf Grey's Anatomy, 11,2 % auf Big Bang Theory, 31,1 % auf Haus des Geldes sowie 12,2 % auf How I Met Your Mother. Rund 49,5 % der Kodierungen entfallen auf Figuren in den Serien, die eine Hauptrolle einnehmen, ca. 12,9 % auf Nebenrollen und ca. 37,6 % der Kodierungen auf Szenen, in denen Statist/inn/en mit beruflichen Handlungen erkennbar sind.

5 Ergebnisse

Im Zuge der Darstellung der Ergebnisse erfolgt zunächst eine Darstellung der vorgenommenen Datenverdichtung (Kapitel 5.1). Anschließend erfolgt eine vertiefende Analyse zweier in den untersuchten Serien überproportional stark vertretenen Berufe. Es erfolgt eine Analyse der Berufsdarstellung von Polizist/inn/en in der Serie ‚Haus des Geldes‘ (Kapitel 5.2), wie auch von Assistenzärzt/inn/en in ‚Grey‘s Anatomy‘ (Kapitel 5.3). Die Ergebnisse zeigen, dass die Berufsdarstellungen in den Serien aus dramaturgischen Gründen nur eingeschränkt die tatsächliche Arbeitsrealität in den jeweiligen Berufen widerspiegeln.

5.1 Überblick und Datenverdichtung

Die Tätigkeitsbezeichnungen der 747 Datensätze werden zunächst zu Kategorien zusammengefasst, um eine kompakte Datenauswertung zu ermöglichen. Auf diese Weise wird der Fokus auf die Berufe bzw. Berufsgruppen gelegt, die eine ausreichende Häufigkeit in den Serien besitzen. Tätigkeiten bzw. Berufe, die nur vereinzelt in Erscheinung treten, werden hingegen aus der weiteren Analyse ausgeschlossen. Dies erscheint gerechtfertigt, da durch die geringe Häufigkeit auch keine nachhaltige Wirkung auf jugendliche Zuschauer/innen erwartet werden kann.

Die einzelnen Berufsbezeichnungen und Tätigkeiten lassen sich zu insgesamt 12 Kategorien verdichten, die 655 der insgesamt 747 Kodierungen abdecken (87,7 %). So entfallen die häufigsten Szenen im Datenmaterial auf Polizist/inn/en mit 203 Kodierungen, gefolgt von Assistenzärzt/inn/en mit ebenfalls 203 Kodierungen, Oberärzt/inn/en mit 71, Wissenschaftler/inne/n mit 42, Krankenschwestern und -pflegern mit 36, Kellner/inne/n mit 35, Chirurg/inn/en mit 32, Barkeeper/inne/n mit 27, kaufmännischen Berufen mit 24 und Chefärzt/inn/en mit 20 Kodierungen. Die geringste noch berücksichtigte Anzahl an Kodierungen entfällt auf Ärztinnen und Ärzte mit 17 und Notkräfte (z. B. Sanitäter/innen) mit 9 Kodierungen. Die Verteilung der Berufe und Berufsgruppen auf die Serien zeigt nachfolgende Tabelle 3.

Tabelle 3:     Verteilung der Berufe und Berufsgruppen auf die analysierten Serien

Beruf/Berufsgruppe

Grey's Anatomy

Big Bang Theory

Haus des Geldes

How I Met Your Mother

Arzt/Ärztin

12

4

1

0

Assistenzarzt/Assistenzärztin

139

0

0

0

Chefarzt und Chefärztin

20

0

0

0

Chirurg/in

32

0

0

0

Krankenschwester/Pfleger

35

0

0

1

Notarzt/Notärztin, Sanitäter/in

5

0

2

2

Oberarzt/Oberärztin

71

0

0

0

kaufmännischer Beruf

4

8

1

11

Wissenschaftlicher Beruf

0

42

0

0

Barkeeper/in

2

5

0

20

Kellner/in

1

5

3

26

Polizist/in

3

1

199

0

Summe

324

65

206

60

Anmerkung: Berufe und Berufsgruppen mit mehr als 10 % Anteil an den gesamten Berufsdarstellungen einer Serie im Fettdruck hervorgehoben.

Tabelle 3 spiegelt deutlich die Schwerpunkte der Serien wider. Während in Grey‘s Anatomy verschiedene Arten von medizinische Berufen auftreten, sind es in Big Bang Theory vor allem Tätigkeiten von Naturwissenschaftler/inne/n und in Haus des Geldes fast ausschließlich Polizist/inn/en. Eine Ausnahme bildet How I Met Your Mother. Hier ist – der Natur einer berufsunspezifischen Serie folgend – ein berufsspezifischer Schwerpunkt nicht auszumachen, wobei jedoch Tätigkeiten aus dem kaufmännischen und gastronomischen Bereich überwiegen. Tabelle 4 zeigt die Alterskohorten sowie in welchem Ausmaß die einzelnen Berufsgruppen durch Frauen und Männer dargestellt werden.

Tabelle 4:     Anteil der Darstellerinnen in einer Berufsgruppe und Verteilung des Alters der Charaktere

Beruf/Berufsgruppe

Anteil Frauen in %

Altersverteilung der Charaktere

25-34 Jahre

35-44 Jahre

45-54 Jahre

55-64 Jahre

65 und älter

Arzt/Ärztin

41

6

6

3

2

0

Assistenzarzt/Assistenzärztin

63

139

0

0

0

0

Chefarzt/Chefärztin

50

5

3

12

0

0

Chirurg/in

48

5

26

0

0

0

Krankenschwester/Pfleger

75

19

9

7

0

0

Notarzt/Notärztin, Sanitäter/in

11

2

5

0

0

0

Oberarzt/Oberärztin

18

0

58

0

13

0

kaufmännischer Beruf

58

12

1

5

0

1

Wissenschaftlicher Beruf

17

30

8

1

0

0

Barkeeper/in

19

24

2

1

0

0

Kellner/in

66

33

2

0

0

0

Polizist/in

24

119

33

6

0

0

Summe

394

153

35

15

1

So fällt mit Tabelle 4 zunächst auf, dass der Anteil von Schauspielerinnen für einen bestimmten Beruf bzw. für eine bestimmte Berufsgruppe besonders hoch ist, bei den Krankenschwestern bzw. Krankenpflegern mit ca. 75 %. Dies bedeutet, dass in drei von vier Szenen das Kranken pflegende Personal von einer Frau gespielt wird. Ebenso findet sich ein relativ hoher Anteil an Schauspielerinnen bei den Kellner/inne/n und den Assistenzärzt/inn/en mit 66 % bzw. 63 %. Im Gegensatz dazu finden sich Schauspielerinnen bei den Oberärzt/inn/en, den Naturwissenschaftler/inne/n und den Polizist/inn/en nur sehr selten mit einem Anteil von 18 %, 17 % und 24 % der kodierten Szenen. Chefärztinnen und Chefärzte, Chirurg/inn/en und kaufmännische Berufe zeigen hingegen eine ungefähre geschlechtliche Gleichverteilung. Somit lässt diese erste deskriptive Analyse bereits eine Geschlechterseparation in den Darstellungen erkennen, wie sie auch schon in anderen Studien gezeigt werden konnte (vgl. z. B. Krüger 2004, 63). Tabelle 5 beschreibt, wie die dargestellten Charaktere in die Persönlichkeitstypologie von Holland einzuordnen sind.

Tabelle 5:     Absolute Häufigkeit der Charakterisierung von Berufsdarstellungen mit dem RAISEC-Modell von Holland (Nur Hauptrollen)

Beruf/Berufsgruppe

realistisch

konventionell

unternehmerisch

forschend

Arzt/Ärztin

0

0

0

3

Assistenzarzt/Assistenzärztin

0

0

0

118

Chefarzt/Chefärztin

0

0

0

20

Chirurg/-in

0

0

0

27

Oberarzt/Oberärztin

0

0

0

71

kaufmännischer Beruf

0

6

2

0

Wissenschaftlicher Beruf

0

0

0

28

Barkeeper/-in

0

5

0

0

Polizist/-in

40

0

0

3

Summen

40

11

2

270

Die Zuordnung bezieht sich jeweils auf die ausgeprägteste der sechs Dimensionen. Tabelle 5 zeigt zunächst, dass die Merkmale ‚sozial‘ und ‚künstlerisch‘ für die in den codierten Folgen dargestellten Charaktere keine Rolle spielen. Für die verbleibenden Merkmale zeigen sich allerdings klare Gruppierungen. So entfallen alle Kodierungen für das Merkmal ‚realistisch‘ auf die Polizist/inn/en. Im Gegensatz dazu finden sich die Einschätzungen als ‚forschend‘ vor allem in den medizinischen und naturwissenschaftlichen Charakteren der Serien wieder. Die Personen mit einer kaufmännischen und gastronomischen Tätigkeit werden schließlich überwiegend als konventionell in Szene gesetzt. Eine Kongruenz nach Holland (1973) scheint somit gegeben zu sein – die jeweiligen Charaktere verkörpern jenes Interessen- und Fähigkeitsspektrum, welches in den einzelnen Berufsfeldern erforderlich ist (vgl. z. B. Holland 1973, 111f.).

Im Folgenden werden mit den zwei meistgenannten Berufsgruppen die Polizist/inn/en aus ‚Haus des Geldes‘ sowie die die Assistenzärztinnen und -ärzte aus ‚Grey‘s Anatomy‘ detaillierter analysiert. Auf die anderen Berufe kann aus Platzgründen nicht weiter eingegangen werden.

5.2 Detailanalyse der Polizistinnen und Polizisten aus ‚Haus des Geldes‘

Eine Übersicht, wie häufig in den Szenen mit Polizist/inn/en Tätigkeiten zu erkennen sind, die einer zusammengefassten Beschreibung der realen beruflichen Tätigkeiten laut berufe.net aus Deutschland sowie bic.at aus Österreich entsprechen, zeigt Abbildung 5.

Abbildung 5

Abbildung 5: Anzahl der Kodierungen, die offizielle Tätigkeiten von Polizist/inn/en charakterisieren in % an allen Kodierungen mit Polizist/inn/en der jeweiligen FolgeAbbildung 5: Anzahl der Kodierungen, die offizielle Tätigkeiten von Polizist/inn/en charakterisieren in % an allen Kodierungen mit Polizist/inn/en der jeweiligen Folge

Wie Abbildung 5 zeigt, treten die Verfolgung und Aufklärung von Straftaten insgesamt am häufigsten in Erscheinung. So beinhalten in Staffel 1 – Folge 2 rund 35 % der Kodierungen Aktivitäten, die auf Verfolgung und Aufklärung von Straftaten entfallen. In den aktuelleren Folgen tritt zudem der Wach- und Streifendienst verstärkt in Erscheinung. Organisatorische und verwaltende Aufgaben sind hingegen kaum zu erkennen. Diese konnten nur für Staffel 1 – Folge 10 festgestellt werden und sie lassen sich in ca. 4 % der Kodierungen zu dieser Folge mit Polizist/inn/en ermitteln. Ein vergleichbares Bild zeigt sich auch nach den Zuordnungen auf der Basis von bic.at. So sind vor allem Tätigkeiten in den Szenen zu erkennen, die ein aktives Handeln in Notsituationen erfordern, z. B. bei der Vermeidung von Überfällen. Weitere Tätigkeiten, die zu den Aufgaben von Polizist/inn/en zählen, wie z. B. die Sicherung von öffentlichen Kundgebungen oder administrative Tätigkeiten, wurden in der Serie hingegen kaum dargestellt.

Unter welchen Arbeitsbedingungen sämtliche Tätigkeiten in den Szenen erbracht werden, welche Arbeitsmittel die Charaktere dabei verwenden und in welcher Arbeitsumgebung diese stattfinden, fasst die nachfolgende Tabelle 6 zusammen.

Tabelle 6:     Zusammenfassung der näheren Beschreibungen der Kodierungen für die Polizist/inn/en

Arbeitsbedingungen

Arbeitsmittel

Arbeitsumgebung

Frauen

Männer

Frauen

Männer

Frauen

Männer

In der Einsatzzentrale herrscht reges Treiben (9x)

In der Einsatzzentrale herrscht reges Treiben (22x)

Computer (12x)

Computer (20x)

mobile Einsatz­zentrale (21x)

mobile Einsatzzentrale (47x)

Es befinden sich mehrere Personen in der Zentrale, die alle in ihre Arbeit vertieft sind (5x)

Gefährliche Situationen (8x)

Headset (6x)

Schutzausrüstung (Schutzkleidung, Gasmaske, Helme, Schilde, Sauerstofftank, Messgeräte, etc.) (14x)

Einsatzzentrale (13x)

Einsatzzentrale (43x)

Gefährliche Situationen (4x)

Es befinden sich mehrere Personen in der Zentrale, die alle in Arbeit vertieft sind (7x)

Stimmen-erkennungs-software (2x)

Gewehr (7x)

Bank (8x)

Bank (31x)

Im Vorfeld des anstehenden Telefonats mit einem der Geiselnehmer beruhigt sich der Tumult in der Zentrale (3x)

Im Vorfeld des anstehenden Telefonats mit einem der Geiselnehmer beruhigt sich der Tumult in der Zentrale (5x)

Mobiltelefon/ Handy (1x)

Headset (6x)

Krankenhaus (2x)

Außeneinsatz (4x)

Hohes Arbeitsaufkommen (Überlastung) (1x)

Tragen besonderer Schutzkleidung (4x)

Dokument (1x)

Mobiltelefon/Handy (4x)

Gefängnis (1x)

Lüftungsschacht (3x)

unangebrachten Kommentaren ausgesetzt (1x)

Schützen Einrichtungen/Personen (2x)

Stift und Papier (1x)

Walkie-Talkie (4x)

 

Restaurant (1x)

Rufbereitschaft (1x)

Es handelt sich um keine größere Menge, sondern nur circa 6 Personen (1x)

Laptop (1x)

Dokument (3x)

 

Park (1x)

Wird von mehreren Kolleg/inn/en flankiert und muss unter deren Augen eine Recherche durchführen (1x)

Hohes Arbeitsaufkommen (Überlastung) (1x)

Pistole/Waffe (1x)

Mikrofon (2x)

 

Krankenhaus (1x)

 

Ist der Befehlshabende vor Ort (1x)

Walkie-Talkie (1x)

Pistole/Waffe (2x)

   
 

Es handelt es sich um eine rurale Gegend. Auch die Anwohner d. Gehöfts, an dem sich die Szene abspielt, kennt der Beamte persönlich (1x)

Telefon (1x)

Schutzzaun/Barrikaden (2x)

   
     

Jeweils 1x: Uniform, Absperrband Akte, Kopf­hörer, Laptop, Telefon

   

Wie Tabelle 6 zeigt, sind bei den Männern deutlich mehr Kodierungen festzustellen als bei den Frauen, was den höheren Anteil an Schauspielern im Vergleich zu Schauspielerinnen in ‚Haus des Geldes‘ für Ordnungspersonal widerspiegelt. Eine nähere Inspektion der Tabelle 6 zeigt aber auch, dass die Figuren, die von Männern gespielt werden, andere Tätigkeiten ausüben und auch über andere Arbeitsmittel verfügen. So werden in den Kodierungen mit Männern deutlich häufiger Waffen und Schutzausrüstungen sichtbar als in Szenen, die von Frauen gespielt werden. Auch finden sich Frauen eher im Innendienst (z. B. Einsatzzentralen) und weniger im Außendienst wieder. Sie übernehmen damit eher koordinierende und organisierende bzw. unterstützende Tätigkeiten. In die gleichen Richtungen deuten auch die Kodierungen bei den Arbeitsbedingungen, so treten gefährliche Situationen vor allem in Szenen mit Männern auf. Damit zeichnen die analysierten Folgen ein Bild vom Polizeiberuf, in dem vor allem Männer die gefährlichen Tätigkeiten im Außendienst ausüben und Frauen eher unterstützende Arbeiten übernehmen.

5.3 Detailanalyse der Assistenzärztinnen und Assistenzärzte aus ‚Grey‘s Anatomy‘

Abbildung 6 zeigt, dass der Fokus bei den Assistenzärzt/inn/en deutlich auf der Durchführung von Untersuchungen und der Behandlung von Patientinnen liegt. Mit deutlichem Abstand treten das Informieren von Angehörigen sowie die Durchführung von Operationen auf. Organisatorische Tätigkeiten konnten nur in der ersten Folge von Staffel 1 ermittelt werden, dort aber auch mit einem sehr geringen Anteil.

Abbildung 6 (a): Anzahl der Kodierungen, die offizielle Tätigkeiten von Assistenzärzt/inn/en charakterisieren in % an allen Kodierungen mit Assistenzärzt/inn/en der jeweiligen FolgeAbbildung 6 (a): Anzahl der Kodierungen, die offizielle Tätigkeiten von Assistenzärzt/inn/en charakterisieren in % an allen Kodierungen mit Assistenzärzt/inn/en der jeweiligen Folge

Abbildung 6 (b): Anzahl der Kodierungen, die offizielle Tätigkeiten von Assistenzärzt/inn/en charakterisieren in % an allen Kodierungen mit Assistenzärzt/inn/en der jeweiligen FolgeAbbildung 6 (b): Anzahl der Kodierungen, die offizielle Tätigkeiten von Assistenzärzt/inn/en charakterisieren in % an allen Kodierungen mit Assistenzärzt/inn/en der jeweiligen Folge

Ein vergleichbares Bild zeigt auch die Zuordnung auf der Basis von bic.at. So nehmen die Untersuchung von Patient/inn/en den größten Raum ein. Meist werden zu Beginn einer Folge neue Patient/inn/en in den Handlungsstrang eingeführt. Die Darstellung der beruflichen Tätigkeiten folgt hierbei oft einem Dreischritt aus Diagnose – Prognose – Therapie. Prognose und Diagnose werden sowohl als kooperative Tätigkeit im Team dargestellt, als auch als dramaturgisches Element (z. B. Ärztin teilt Patienten eine Diagnose mit). In weiterer Folge steht die aktive Behandlung (bzw. die Therapie) durch das medizinische Personal im Vordergrund. Die Verschreibung von Medikamenten, die Anamnese oder administrative Tätigkeiten sind hingegen kaum zu erfassen. Einschränkend ist hier allerdings zu vermerken, dass einzelne Kategorien nach bic.at stark auf spezifische Fachrichtungen innerhalb der Medizin abstellen, die im Rahmen der Serie nicht im Vordergrund stehen wie z. B. die Fortpflanzungs- und Geburtsmedizin.

In Tabelle 7 erfolgt eine Aufschlüsselung der Arbeitsbedingungen, Arbeitsmittel und Arbeitsumgebungen für männliche und weibliche Charaktere. Auch hier zeigt sich eine vergleichsweise stereotype Berufsdarstellung, die etwa in den Arbeitsbedingungen (oftmals Hektik und Stress) und klassischen Arbeitsmitteln ihren Ausdruck findet.

Tabelle 7:     Zusammenfassung der näheren Beschreibungen der Kodierungen für die Assistenzärztinnen und Assistenzärzte

Arbeitsbedingungen

Arbeitsmittel

Arbeitsumgebung

Frauen

Männer

Frauen

Männer

Frauen

Männer

Private Gespräche (6x)

Hektik (7x)

Arztkittel (47x)

Arztkittel (32x)

Krankenhaus (81x)

Krankenhaus (51x)

Unsicherheit (5x)

Wette (4x)

Kasacks (35x)

Kasacks (11x)

Hotelzimmer (1x)

Hotelzimmer (0x)

erschöpft/müde (5x)

Abfällige Bemerkungen (3x)

Akte (16x)

Akte (10x)

Strand (1x)

Strand (0x)

Freude (4x)

Freude (3x)

Stethoskop (15x)

Stethoskop (8x)

   

genervt (4x)

Datenschutz (2x)

Kühlbox (11x)

Haarschutz (4x)

   

Hektik (4x)

erschöpft/müde (2x)

Handschuhe (4x)

Pager (3x)

   

Abfällige Bemerkungen (3x)

Unsicherheit (2x)

Traumaprotokoll (3x)

Mundschutz (2x)

   

Wette (3x)

Private Gespräche (2x)

Telefonliste (3x)

Schutzüberzug (2x)

   

verärgert (3x)

Widersetzen gegen Vorgesetzte/Regeln (2x)

Haarschutz (3x)

Tablet (2x)

   

Schwierigkeiten mit Patienten (3x)

verärgert (1x)

Mundschutz (3x)

Spritze (2x)

   

gestresst (3x)

Überforderung (1x)

Bücher (3x)

Traumaprotokoll (1x)

   

Distanz zu Patienten (2x)

Erledigen von zugeteilten Aufträgen (1x)

Trage (3x)

Telefonliste (1x)

   

Datenschutz (2x)

gestresst (1x)

Pager (2x)

Trage (1x)

   

Unbehagen (2x)

Nervös (1x)

Verbandszeug (2x)

Computer (1x)

   

Wie Tabelle 7 zeigt, lassen sich für die Arbeitsmittel Utensilien und Werkzeuge feststellen, die typischerweise mit ärztlichen und pflegenden Tätigkeiten verbunden werden. So sind die Charaktere zunächst an ihrer Berufskleidung (Kittel oder Kasack) klar als solche zu erkennen. Medizinische Fallakten und das Stethoskop stellen weitere häufig verwendete Arbeitsmittel dar. Auch die Arbeitsumgebung ist – dem berufsspezifischen Charakter der Serie Rechnung tragend – im Wesentlichen das Krankenhaus, also eine Umgebung, wie sie exemplarisch in Abbildung 7 dargestellt ist. Dabei lassen sich keine Unterschiede zwischen Kodierungen mit Frauen und Männern feststellen.

Abbildung 7: Szene mit typischen beruflichen Handlungen für Assistenzärztinnen und AssistenzärzteAbbildung 7: Szene mit typischen beruflichen Handlungen für Assistenzärztinnen und Assistenzärzte

Bei der Arbeitsumgebung hingegen zeigen sich erste Unterschiede für die Kodierungen zwischen den Geschlechtern. So treten bei den Frauen private Gespräche, Unsicherheit sowie Aussagen zu einer stressigen Situation tendenziell etwas häufiger auf als bei Männern. Insgesamt zeichnet die Serie ein Bild, dass Assistenzärztinnen und Assistenzärzte einen sehr fordernden, stressigen und mit Unsicherheiten behafteten Beruf ausüben. Die Kodierungen zeigen dabei, dass der Beruf für Frauen als belastender als für Männer dargestellt wird.

6 Abschließende Betrachtung

Der Medienkonsum von Jugendlichen stellt einen wichtigen Baustein in deren vorberuflichem Sozialisationsprozess dar. Die medialen Berufsdarstellungen werden durch den Konsum durch die Jugendlichen Bestandteil ihrer Lebenswelt – im Rahmen dieses Beitrages in Anlehnung an Habermas (2012) verstanden als ein Konglomerat von implizitem Hintergrundwissen, welches zumeist nicht reflexiv verfügbar, aber für die Jugendlichen dennoch handlungsleitend ist. Umso bedeutsamer erscheint in diesem Kontext die Frage, mit welchen Berufsdarstellungen die Jugendlichen in den von ihnen konsumierten Medien konfrontiert werden. In der gegenständlichen Studie wurden zunächst im Rahmen einer Vorstudie 464 Schüler/innen aus Österreich und Deutschland zu Mediennutzung und konsumierten Serien befragt und vier Serien zur tiefergehenden Analyse identifiziert (Haus des Geldes, How I Met Your Mother, Grey’s Anatomy, The Big Bang Theory). Eine Videostudie erlaubt anschließend Einblick in jene Berufsbilder, mit welchen die Jugendlichen im Zuge ihres Medienkonsums konfrontiert werden. Hierfür wurden insgesamt 16 Folgen der ausgewählten vier Serien analysiert. Die Ergebnisse zeigen – analog zum aktuellen Forschungsstand – dass Jugendliche hierbei mit einer Reihe von stereotypen und stark verkürzten Berufsdarstellungen konfrontiert werden.

Zentral wird im Zuge der Interpretation der Ergebnisse die Differenzierung zwischen berufsunspezifischen und berufsspezifischen Serien. Während es bei berufsspezifischen Serien zu einem klaren Fokus auf einen bestimmen Beruf kommt, steht bei berufsunspezifischen Serien dezidiert kein bestimmter Beruf im Mittelpunkt der Handlung. Im Rahmen dieser Studie zeigt sich bei berufsunspezifischen Serien, dass vorrangig Tätigkeiten aus der Hotellerie/Gastronomie oder dem kaufmännischen Bereich dargestellt werden. Die Darstellung der Tätigkeiten verbleibt auf einer sehr oberflächlichen Ebene, wie von Michel/Pelka (2004, 67) mit dem Begriff „Soap Realität“ umschrieben.

Die analysierten berufsspezifischen Serien spiegeln hingegen die Dominanz von Arzt- bzw. Krimiserien im Feld der berufsspezifischen Serien wieder (vgl. Signorielli 1993, 319ff.; Krüger 2004, 58ff.; Gehrau/Vom Hofe 2013, 125ff.). Eine Kongruenz in Sinne von Holland (1973) scheint für die dargestellten Charaktere gegeben zu sein. Die von den Charakteren dargestellten Interessen und Fähigkeiten decken sich mit den Anforderungen der jeweiligen Berufsfelder. So dominieren etwa in ärztlichen Berufen die investigative Dimension und für Polizist/inn/en die realistische Dimension. Auch wenn die Berufsdarstellungen in den untersuchten Serien stark vereinfacht sind, so werden die Jugendlichen in Bezug auf die nach Holland für den jeweiligen Beruf notwendigen Anforderungen mit einem – zumindest hinsichtlich diesen Aspektes – realitätsgetreuen Bild konfrontiert. Gleichzeitig stellt die ausschließliche Betrachtung von Kongruenz eine isolierte Betrachtungsweise ausschlaggebender Faktoren im Berufsfindungsprozess dar und auch die Kongruenzhypothese selbst findet fallweise Kritik (vgl. Assouline/Meir 1987). Eine tiefergehende Betrachtung ist somit vonnöten, wie sie in diesem Beitrag etwa für den Arzt- und Polizeiberuf vorgenommen wird.

Für die berufsspezifischen Serien zeigt die Detailanalyse der Tätigkeiten der Polizist/inn/en aus ‚Haus des Geldes‘ (Kapitel 5.2) wie auch der Assistenzärztinnen und -ärzte aus ‚Grey‘s Anatomy‘ (Kapitel 5.3), dass die Darstellung trotz Fokus auf bestimmte Berufe oberflächlicher Natur bleibt und aus dramaturgischen Gründen bestimmte Tätigkeiten in den Vordergrund gerückt werden. So werden für Polizist/inn/en etwa überproportional oft Noteinsätze bei Einbrüchen oder Überfällen dargestellt. Dramaturgisch weniger ansprechende Tätigkeiten (z. B. Berichte und Protokolle schreiben, Kontrollgänge, Sicherheitsdienst bei Veranstaltungen, Straßenverkehr überwachen) finden hingegen keine Darstellung. Insofern kann festgehalten werden, dass auch bei den untersuchten berufsspezifischen Serien keine realistischen Berufsbilder transportiert werden. Die Bandbreite der dargestellten Tätigkeiten deckt in keinem Fall das Tätigkeitsspektrum eines Berufes ab. Es werden nur bestimmte Tätigkeiten fokussiert und ein enges Spektrum gezeigt. Dies erscheint auch insofern logisch, als dass die untersuchten Serien primär einen Unterhaltungs-, denn einen Bildungsanspruch stellen. Dennoch ist nicht von der Hand zu weisen, dass Jugendliche im Zuge ihres Serienkonsums auf diese Weise mit einer stellenweise stark vereinfachten und stellenweise stark überzeichneten Berufsrealität konfrontiert werden.

Die in vorangegangenen Studien zu medialen Berufsdarstellungen georteten klischeehaften Berufsdarstellungen im Hinblick auf Männer- und Frauenberufe (vgl. Krüger 2004, 63) lassen sich auch in den untersuchten Serien aufzeigen. So übernehmen Frauen eher koordinierende und organisierende bzw. unterstützende Tätigkeiten. Unsicherheiten und Aussagen zu als besonders stressig empfundenen Situation treten bei Frauen etwas häufiger auf. Stellenweise werden Berufe für Frauen als belastender als für Männer dargestellt.

Als Resümee lässt sich somit ableiten, dass in den untersuchten Serien (1) aus dramaturgischen Gründen lediglich eine eingeschränkt realitätsnahe Berufsdarstellung erfolgt sowie (2) die Darstellung fallweise durch Geschlechtsstereotype geprägt ist. Zudem kann das berufliche Tätigkeitsspektrum in den oft im US-amerikanischen Raum angesiedelten Serien nicht ohne Vorbehalte in den deutschsprachigen Raum übertragen werden – denn oft bestehen hinsichtlich Ausbildung und Tätigkeitsspektrum sowie dem Verständnis des Berufskonzeptes Unterschiede. Die Berufsdarstellungen in den Serien eigenen sich damit für Jugendliche nur bedingt, um auf dieser Basis eine Berufswahlentscheidung zu treffen. Dennoch spielen berufliche Vorbilder (vgl. Super et al. 1965, 40) und der Medienkonsum eine nicht zu unterschätzende Rolle im beruflichen Sozialisationsprozess. Nicht umsonst bildet etwa die Frage nach Vorbildern, Fernsehserien und Lieblingsgeschichten den Kern des Career Story Interviews nach Savickas (2011, 149f.). Die Auseinandersetzung mit Vorbildern aus Film und Fernsehen stellt somit eine wichtige Determinante der Berufsorientierung dar (vgl. Hoffner/Levine/Sullivan/Crowell/Pedrick/Berndt 2006). Insbesondere die Frage nach der medialen Darstellung unterschiedlicher Geschlechterrollen und ihrem Einfluss auf eine geschlechtsstereotype Berufswahl stellt ein Forschungsfeld mit viel Potenzial dar, welches jedoch im Zuge des gegenständlichen Beitrages keine vertiefende Betrachtung erfahren konnte. Im Rahmen von Folgestudien soll dieser Aspekt eingehender untersucht werden.

Für beratende Instanzen (z. B. Berufsberatung, Schule oder Eltern) lässt sich die Notwendigkeit ableiten, die Lernenden zu einem reflexiven Umgang mit Medien im Allgemeinen und medialen Berufsdarstellungen im Speziellen zu befähigen. Gleichzeitig stellen mediale Berufsdarstellungen nur einen kleinen Teilaspekt der Problematik geschlechtsstereotyper Berufswahl dar. Darüber hinaus bedarf es auch der Ermöglichung von Lernerfahrungen (z. B. in Form von Praktika oder schulischer Lernerfahrungen) und des Weckens und Reflektierens von Interesse für neue Berufsfelder. Gleichzeitig kann durch das Zurverfügungstellen von Informationen einem limitierten Berufswahlspektrum entgegengewirkt werden (vgl. Luttenberger/Ertl/Paechter 2016).

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Zitieren des Beitrags

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