bwp@ Spezial HT2023 - Januar 2024

Fachkräftesicherung – Zukunftsweisende Qualifizierung, gesellschaftliche Teilhabe und Integration durch berufliche Bildung

Hrsg.: Karl-Heinz Gerholz, Silvia Annen, Rita Braches-Chyrek, Julia Hufnagl & Anne Wagner

Migration und Diversität im Frisierhandwerk. Perspektiven aus Berufsschule, Unternehmer:innentum und Kunst

Beitrag von Rhea Dehn Tutosaus, Alexandra Karentzos, Cornelia Lund, Caroline Schmitt & Sylvia Weyrauch
Schlüsselwörter: Migration, Frisierhandwerk, Integration, Fachkräfteausbildung

Die Relevanz von Migration und Diversität im Frisierhandwerk zeigt sich nicht nur in Konzepten für den beruflichen Einstieg für Menschen mit Migrationsgeschichte, sondern in immer heterogener werdenden Bedürfnissen einer diversen Gemeinschaft. Dadurch verändern sich auch Schönheitskonzepte und Schönheitshandeln. Migration wird zum Schlüsselelement von Schönheitspraktiken, um den Anforderungen der Kund:innen gerecht zu werden und diese zu erfüllen. Angehende Friseur:innen erwerben in der Berufsausbildung bisher keine Kompetenzen zur Behandlung unterschiedlicher Haarstrukturen (vgl. KMK 2022). Dadurch ist es notwendig, das Spektrum im Frisierhandwerk zu erweitern. Dies bedeutet auch diese Techniken in das Curriculum der Berufsausbildung aufzunehmen, zu lehren und zu erlernen. Haare sind ein Beispiel für Vielfältigkeit, aber auch für unterschiedliche Schönheits- und Körpervorstellungen sowie damit einhergehende Praktiken der Be- und Enthaarung. Durch eine Diversifizierung der Gesellschaft werden auch etablierte Begrifflichkeiten und Kategorisierungen in Frage gestellt.

Darüber hinaus steht das Frisierhandwerk vor der grundlegenden Aufgabe, betriebliche Strukturen zu flexibilisieren und Zugänge zu ermöglichen. Auch die Berufswahl junger Männer, die beispielsweise aus muslimisch geprägten Ländern migriert sind, verändert ein bisher von Frauen dominiertes Berufsfeld. Bereits in der Berufsausbildung trifft eine vielfältige Schüler:innenschaft mit Migrationsgeschichten auf curricular gesetzte Schönheitskonzepte und -praktiken. Diversität und Kulturalität finden darin kaum Berücksichtigung, was nicht zuletzt die Identifizierung der Schüler:innen mit den beruflichen Inhalten erschweren kann.

Im Beitrag soll die Vielstimmigkeit der Fachtagung sichtbar werden, indem die verschiedenen Perspektiven der Vortragenden aus Industrie, Wissenschaft und Ausbildung miteingebunden werden. Damit soll auch ein grundlegend neuer Ansatz in der Forschung eingeleitet werden, der die Heterogenität der Perspektiven nicht etwa als argumentatives Manko, sondern als Gewinn versteht. Gemeinsam diskutieren wir, wie sich Schönheitshandeln und Körpervorstellungen verändern, neue Ästhetiken entstehen und tradierte Vorstellungen und die damit einhergehenden Techniken gebrochen und neu konzipiert werden. Die Vielfalt der ästhetischen Gestaltungsmöglichkeiten ermöglichen neue Formen der Selbstbestimmung, des Empowerments.

Migration and Diversity in Hairdressing Craft. Perspectives from Vocational Schools, Entrepreneurship and Art

English Abstract

The relevance of migration and diversity in the hairdressing craft becomes not only evident in concepts for vocational access for people with a migration history but also in the increasing heterogeneous needs of a diverse community. As a result, beauty concepts and beauty practices are changing as well. Migration becomes a key element of beauty practices in order to respond to and fulfil the needs of clients. So far, future hairdressers do not acquire any competencies for the treatment of different hair structures in their vocational training. Therefore, it is necessary to broaden the spectrum of the hairdressing craft. This also means including, teaching, and learning these techniques in the vocational training curriculum. Hair is an example of diversity, but also of different ideas of beauty and the body, as well as the accompanying practices of hair treatment and depilation. Established terminologies and categorisations are also being challenged through the diversification of society.

Furthermore, the professional hairdressing craft is faced with the fundamental task of making corporate structures more flexible and enabling access. The career choice of young men who have migrated from Muslim countries, for example, is also changing an occupational field that was previously dominated by women. Already during vocational training, a diverse group of students with migration histories encounters curricular concepts and practices of beauty. Diversity and culturality are hardly taken into account, making it difficult for students to identify with the vocational content.

In this contribution, the polyphony of the conference is to become visible by including the different perspectives of the speakers from industry, science and education. This is also intended to introduce a fundamentally new approach to research that understands the heterogeneity of perspectives not as an argumentative shortcoming but as an asset. Together we will discuss how beauty practices and body concepts are changing, how new aesthetics are emerging and how traditional ideas and the techniques that go with them are being broken and reconceptualised. The diversity of aesthetic design possibilities enables new forms of self-determination and empowerment.

Zitieren des Beitrags

Dehn Tutosaus, R./Karentzos, A./Lund, C./Schmitt, C./Weyrauch, S. (2024): Migration und Diversität im Frisierhandwerk. Perspektiven aus Berufsschule, Unternehmer:innentum und Kunst. In: bwp@ Spezial HT2023: Hochschultage Berufliche Bildung 2023, hrsg. v. Gerholz, K.-H./Annen, S./Braches-Chyrek, R./Hufnagl, J./Wagner, A., 1-23. Online: https://www.bwpat.de/ht2023/dehn-tutosaus_etal_ht2023.pdf (22.01.2024).