bwp@ 49 - Dezember 2025

Innovation und Transfer in der beruflichen Bildung

Hrsg.: Nicole Naeve-Stoß, H.-Hugo Kremer, Karl Wilbers & Petra Frehe-Halliwell

Innovation und Transfer durch Interaktion: Transformative Teamentwicklung im qualifikationsheterogenen Pflegeteam

Beitrag von Sophie Kaiser & Wolfram Gießler
bwp@-Format: Forschungsbeiträge
Schlüsselwörter: Lernen im Prozess der Zusammenarbeit, Change Laboratory, Transformative Agency, Pflegeteamentwicklung

Der Beitrag entfaltet eine kollektive Perspektive auf die Zusammenarbeit und Entwicklung in qualifikationsheterogenen Pflegeteams. Ausgehend von Transformationen im System und rechtlich-organisatorischen Verschiebungen wird argumentiert, dass gelingende Zusammenarbeit nicht als Addition individueller Kompetenzen zu verstehen ist, sondern als interdependente und objektbezogene Praxis. In Anlehnung an die kulturhistorische Tätigkeitstheorie und das Konzept der Transformative Agency wird das Change Laboratory als formative Intervention vorgestellt, expansive Lernprozesse in Teams zu fördern. Eine laufende empirische Studie gewährt Einblicke in auftretende Widersprüche und Spannungen in der Zusammenarbeit eines Pflegeteams und zeigt, wie die (Re-)Konstitution des pflegerischen Objekts als „Keimzelle“ für die Teamentwicklung in der Pflege wirken kann. Der Beitrag schließt mit Implikationen für die Organisationsentwicklung und berufliche Bildung: Transfer entsteht dort, wo Interaktionsräume kollektive Reflexion ermöglichen, Aushandlung anregen und innovatives Handeln fördern und strukturell verankern.

Innovation and transfer through interaction: Expansive learning in mixed-skill nursing teams nursing teams

English Abstract

The paper unfolds a collective perspective on cooperation and development in mixed-skill nursing teams. Considering systemic transformations and legal-organizational shifts, it argues that successful collaboration should not be conceived as the additive interplay of individual competences, but as interdependent and object-oriented practice. Drawing on cultural-historical activity theory and the concept of Transformative Agency, the Change Laboratory is introduced as a formative intervention designed to foster expansive learning processes in teams. Empirical insights from an ongoing study reveal contradictions and tensions that arise in the collaboration of a nursing team and illustrate how the (re)constitution of the nursing object can function as a “germ cell” of team development. The paper concludes with implications for organizational development and vocational training, emphasizing that transfer emerges where interactive spaces foster collective reflection, negotiation, and the structural anchoring of innovative practice.[1]

 

[1]    Die englische Übersetzung des Abstracts wurde mithilfe eines KI-gestützten Sprachmodells (OpenAI, 2025) erstellt.

1 Ausgangspunkt: Transformation der Zusammenarbeit in der Pflege

Pflegeteams sehen sich angesichts steigender Komplexität von Pflegebedarfen und wachsenden Fachkräftemangels vor gestiegene Anforderungen in ihrer Zusammenarbeit gestellt. In der Langzeitpflege sind unterschiedliche Qualifikationen in der Pflege leistungsrechtlich durch die gesetzliche Personalbemessung vorgegeben (Gießler et al., 2023). Im Krankenhaus sind mehrheitlich dreijährig ausgebildete Pflegefachpersonen tätig (Bundesagentur für Arbeit, 2025). Jedoch führen weitere berufspolitische Entwicklungen wie die generalistische Ausbildung mit ihrem akademischen Zweig, die jüngst beschlossene bundeseinheitliche Pflegefachassistenzausbildung sowie die geplante Übertragung heilkundlicher Aufgaben auf akademische Pflegefachpersonen zu einer wachsenden Heterogenität in den Teams. Es ändern sich dadurch zum einen die Aufgabenverteilungen sowie die Struktur der Koordination auf Stationen oder Wohnbereichen. Zum anderen sind auch der Status und die Rollen aller Mitarbeitenden (Darmann-Finck et al., 2016) innerhalb der Teams tangiert. Abhängig vom Grad des Gelingens der Bewältigung dieser Veränderungen lassen sich Auf- oder Abwertungstendenzen feststellen, die alle beteiligten Mitarbeitendengruppen – von Pflegehelfenden bis zu akademischen Pflegefachpersonen – gleichermaßen betreffen (Bräutigam et al., 2025; Darmann-Finck & Baumeister, 2017). Der Qualifikationsmix ändert die Natur der Zusammenarbeit in Pflegeteams grundlegend. Die Art und Weise, wie im qualifikationsheterogenen Team miteinander gearbeitet wird, muss deswegen ebenfalls grundlegend und innovativ angepasst werden, um kein starres Splitting von Aufgaben und damit eine Fragmentierung im Pflegeprozess zu riskieren, welche die Gefahr eines Verlustes der Versorgungsqualität birgt (Bräutigam et al., 2025). Wie Studien zeigen, ist die gelingende Zusammenarbeit in qualifikationsheterogenen Teams abhängig davon, wie Kompetenzorientierung, partizipative Aushandlung der Zusammenarbeit, die Art der Aufgabenteilung und Delegation sowie Informationsfluss und Kommunikation als relevante Einflüsse wahrgenommen und gestaltet werden (Darmann-Finck & Baumeister, 2017; Hiestand, 2023; Bräutigam et al., im Druck). Die Zusammenarbeit ist dabei mehr als das additive Zusammenspiel einzelner Handlungsweisen und Kompetenzen der Beteiligten. Sie ist gekennzeichnet durch ein hohes Maß an Interdependenz der Handlungs- und Deutungsmuster im Team (Fischer & Röben, 2011; Mathieu et al., 2000). Im berufs- und wirtschaftspädagogischen Diskurs werden Teamarbeit und deren Weiterentwicklung vorrangig unter dem Aspekt der individuellen Sozialkompetenz diskutiert (insb. kompetenzorientierte und individualpsychologische Ansätze). Diese Perspektive ist dabei häufig verkürzt, da sie das „Zusammenwirken von Individuum und Praxisgemeinschaft“ (Fischer & Röben, 2011, S. 215) ausblendet. Vor diesem Hintergrund erscheint es notwendig, über eine individualzentrierte Sicht hinauszugehen und kollektive Dynamiken in den Blick zu nehmen, welche bspw. in kulturhistorischen Ansätzen (Vygotskij, 1978; Engeström, 2015) oder im Konzept situierten Lernens (Lave & Wenger, 1991) verortet sind. In diesem Artikel wird eine kollektive Perspektive auf die Kooperation und Teamentwicklung in qualifikationsheterogenen Pflegeteams eröffnet.

Besondere Aufmerksamkeit gilt den Innovationsprozessen im und durch das Team. Es wird aufgezeigt, wie durch eine kulturhistorisch fundierte Change-Laboratory-Intervention (Engeström, 2001, 2015) in einem Pflegeteam Innovation gefördert werden kann und inwiefern dieser Ansatz über eine bloße Optimierung von Abläufen hinausgeht, indem er systemische Lern- und Veränderungsprozesse initiiert. Im Zentrum steht dabei die Frage, wie neues Wissen nicht nur erzeugt, sondern auch in die alltägliche Arbeitspraxis transferiert werden kann.

Aus berufspädagogischer Perspektive spielt hierbei das informelle Lernen eine zentrale Rolle, das erfahrungsgeleitet in Arbeitshandlungen eingebettet ist und im Ergebnis „aus Situationsbewältigungen und Problemlösungen hervorgeht“ (Dehnbostel, 2022, S. 57). Informelles Lernen ist zugleich die „informelle Dimension der Kompetenzentwicklung“ (Arnold et al., 2016, S. 104), die sich im betrieblichen Kontext und damit auch in einem Team realisieren kann. Innovation und Transfer werden dann erreicht, wenn dafür in der Arbeitsinfrastruktur (Arbeitsorganisation, Prozesse, Aufgaben etc.) „betriebliche Lernorganisationsformen“ geschaffen und integriert werden, die Lernen erfordern und unterstützen (Dehnbostel, 2022, S. 108). Informelles Lernen wird hierdurch zum formalen Lernen, in welchem Lern- und Arbeitsort miteinander verbunden sind (Dehnbostel, 2022, S. 50). Das Change Laboratory kann in diesem Sinne auch als betriebliche Lernorganisationsform für Transfer und Innovation in der Arbeitsinfrastruktur eingeordnet werden. Die kollektive Dynamik der Teamarbeit wird durch Reflexion und Aushandlung über Aufgabenverständnis, Zusammenarbeit und die darin zum Ausdruck kommenden Normen, Wertvorstellungen und Haltungen zum gemeinsamen Lernprozess im Team. Qualifikationsheterogene Teamarbeit in der Pflege ist, wie weiter unten aufgezeigt wird, eingeflochten in wirkmächtige systemische und organisationale Strukturen. Das Change Laboratory bietet einen Rahmen, in welchem sich aus einem kollektiven Lernprozess in einem Team Impulse für Organisationsentwicklung und organisationales Lernen entwickeln. Damit geht es über Anpassungslernen oder strategieunterstützendes Lernen in einem Unternehmen hinaus. Wie gezeigt wird, sind das Erkennen und die Reflexion von Widersprüchen und Komplexitäten in der Arbeit sowie die damit verbundenen Normen und Einstellungen Basis und Auslöser des Lernens. Hierdurch wirkt das Change Laboratory organisationskulturell, was für Gesundheitseinrichtungen mit ihrer expliziten sozialen und ethischen Verantwortung gut anschlussfähig ist. Es fördert eine „kulturgestaltende betriebliche Bildung“, in der Bedingungen geschaffen werden für eine „dialogisch kritische Verständigung über die obersten handlungsbegründenen Ziele und Werte“ (Geißler & Naumann, 2020, S. 633). Für Pflegeteams ist diese Verständigung elementar, um ein gemeinsam geteiltes Pflegeverständnis und Arbeitshandeln über alle Qualifikationsniveaus zu entwickeln.

2 Theorie und Forschungsstand zur Zusammenarbeit im qualifikationsheterogenen Pflegeteam

Die Forschung zur Zusammenarbeit in qualifikationsheterogenen Pflegeteams ist bislang begrenzt. Zwar gibt es Hinweise für Wirkungen auf die Versorgungsqualität, etablierte Steuerungsinstrumente fehlen jedoch weitgehend. Die fragmentierte Struktur des Gesundheitssystems in Deutschland mit seiner Gliederung in die arztzentrierte Akutversorgung im Bereich der Krankenversicherung und den Sektor der Pflegeversicherung (Gerlinger, 2021) beeinflusst darüber hinaus die Gestaltung des Personalmix. Bis zur Neuregelung der Pflegeausbildung durch das Pflegeberufegesetz (PflBG) galt Pflege als Heilhilfsberuf unter ärztlicher Gesamtverantwortung. Mit dem Gesetz wurden Vorbehaltsaufgaben für Planung, Organisation, Steuerung und Evaluation der Pflege definiert und der Status als Heilberuf gestärkt – mit bislang noch offenem Ergebnis hinsichtlich der Wirkung auf die Versorgungsstrukturen. Die historische Trennung von Grund- und Behandlungspflege prägt den Personaleinsatz in der Pflege bis heute. Grundpflege (z. B. Körperpflege, Mobilität) wurde – ursprünglich durch Übersetzungsfehler – als „leicht erlernbar“ angesehen und Assistenzkräften zugeordnet, während Behandlungspflege (z. B. Injektionen, Wundversorgung) als ärztlich verordnete Leistung gilt (Friesacher, 2008). Diese Trennung wird durch leistungsrechtliche Vorgaben von SGB V und XI verfestigt. Pflegewissenschaftlich wird jedoch betont, dass auch körperbezogene und interaktive Pflegehandlungen hohe Expertise erfordern (Müller, 2001; Friesacher, 2015). Der zunehmende Personalmangel verstärkt eine ökonomisch motivierte Zergliederung von Pflegeprozessen, bei der Assistenzkräfte Basisaufgaben und Fachkräfte komplexe oder steuernde Aufgaben übernehmen (Bräutigam et al., 2025). Ab 2027 ist eine bundeseinheitliche Pflegefachassistenzausbildung geplant. Sie befähigt zur eigenständigen Pflege in „nicht komplexen“ und zur Mitwirkung in „komplexen Pflegesituationen“, unterschieden nach Stabilität und Gesundheitsrisiko der Pflegeempfänger:innen (BMBFSFJ, 2025, S. 78). Diese Differenzierung wird künftig zentral für die Zusammenarbeit von Pflegeteams sein. Bisher führte die sektorale Fragmentierung des Gesundheitssystems zu einer stark funktionsorientierten Organisation der Pflege: Pflegeempfänger:innen werden entlang betrieblicher Abläufe versorgt, während prozessorientierte, multiprofessionelle Strukturen selten sind. Da pflegerische Leistungen im Krankenhaus meist nicht erlösrelevant sind und in der stationären Langzeitpflege allgemeine Pflege von gering Qualifizierten durchgeführt werden kann, verstärken ökonomische Anreize diese Funktionslogik (Büssing, 1997; Gerlinger, 2021). Für den Personalmix ist entscheidend, ob Pflegekräfte räumlich oder personenbezogen eingesetzt werden und ob tätigkeitsbezogene oder personenzentrierte Pflegeprinzipien gelten (Büssing, 1997). In der Praxis dominieren Mischformen, die bei Personalengpässen häufig wieder in verrichtungsorientierte Strukturen zurückfallen (van den Bussche et al., 1993). Besonders in der stationären Langzeitpflege zeigen sich konzeptuelle Defizite, fehlende Theorien und teilweise fachlich bedenkliche Strategien (Brandenburg & Kricheldorff, 2019). Zugleich ist unklar, welche Steuerungsmodelle zur Optimierung der Pflegeprozesse geeignet sind (Görres & Brannath, 2020). Positivbeispiele zeigen jedoch, dass Pflegeorganisationsformen, in denen wie im Primary Nursing (Wessel & Manthey, 2024) Pflegekräfte die Verantwortung und Entscheidungsfindung für Pflegeempänger:innen über den gesamten Versorgungsverlauf übernehmen und die Arbeitsverteilung gemeinsam im Team kommunizieren und steuern, die Anerkennung und Selbstwirksamkeit über alle Qualifikationsniveaus hinweg steigen (Bräutigam et al., 2025). Demgegenüber konnte die Annahme, dass der Einsatz akademisierter Pflegekräfte automatisch zu einer stärker patientenorientierten Versorgung führt, bislang nicht bestätigt werden. Ihr Einsatz sollte daher von der direkten Versorgungsperspektive der Pflegeempfänger:innen konzipiert werden (Bergjan et al., 2021).

Insgesamt zeigt sich, dass der Personalmix sowohl im Krankenhaus als auch in der stationären Langzeitpflege eine Organisation erfordert, die Prozess- und Beziehungsorientierung zu Pflegeempfänger:innen in den Mittelpunkt der Steuerung des Personaleinsatzes stellt. Diese Form der Organisation verändert die Zusammenarbeit auf Ebene der Pflegeteams grundlegend. Sie erfordert auf der einen Seite strukturgebende Maßnahmen seitens der Organisation. Auf der anderen Seite verlangt sie die aktive Beteiligung der Mitarbeiter:innen im Innovationsprozess, welche den Transfer der Änderungen in ihren Arbeitsalltag leisten müssen. Im Folgenden werden mit dem Konzept des expansiven Lernens (Engeström, 2015) theoretische Überlegungen dazu angestellt, wie diesen Erfordernissen über berufsbildende Maßnahmen begegnet und der Wandel, der durch die Anforderungen des Personalmixes angestoßen wird, unterstützt werden kann. Am Beispiel eines chirurgischen Pflegeteams werden im Anschluss Erkenntnisse aus einer Dissertationsstudie zur Zusammenarbeit im qualifikationsheterogenen Pflegeteam dargelegt, die die theoretischen Ansätze empirisch aufgreifen.

3 Zwischen Widerspruch und Gestaltung: Expansives Lernen und die Multiplizität des Objekts der Pflege

Wie im vorangegangenen Kapitel gezeigt, offenbart die Gestaltung des Personalmixes in der Pflege Spannungen zwischen struktureller Fragmentierung, hierarchischer Steuerung und fachlicher Eigenverantwortung. Sektorale Grenzen, ökonomische Anreizsysteme und professionelle Zuständigkeitsordnungen prägen die Organisation der Versorgung und erschweren die Entwicklung gemeinsamer, prozessorientierter Handlungspraxen. Organisationaler Wandel bleibt dabei zumeist hierarchisch verfasst und reproduziert jene Steuerungslogiken, die kooperative Lern- und Entwicklungsprozesse eigentlich ermöglichen sollten (Gerlinger, 2021; Jochimsen, 2024). Dieses Verhältnis verweist auf eine strukturelle Ambivalenz organisationaler Steuerung. Beschäftigte sollen kreativ, eigenverantwortlich und interprofessionell handeln, ohne substanziell an der Gestaltung von Veränderungsprozessen beteiligt zu sein (Gee et al., 1996; Haapasaari, 2014). Der Bedarf an expansivem Lernen ergibt sich direkt aus der Strukturlogik des bisherigen Systems. Nachhaltige Transformation erfordert Lernformen, die bestehende Widersprüche nicht überdecken, sondern als Ausgangspunkt kollektiver Entwicklung begreifen. Damit wird Lernen zur zentralen Bedingung organisationaler Erneuerung, nicht als individuelle Anpassung, sondern als gemeinschaftlicher Prozess der Bedeutungs- und Praxisgestaltung (Engeström, 2015; Engeström & Sannino, 2020).

An diesem Punkt setzt das Konzept der Transformative Agency an. Es bezeichnet die Fähigkeit von Akteur:innen, bestehende Handlungsrahmen reflexiv zu hinterfragen und neue Formen gemeinsamer Praxis zu entwickeln (Sannino, 2022; Engeström & Sannino, 2020). Im Unterschied zu individualpsychologischen Konzepten versteht die kulturhistorische Tätigkeitstheorie Agency als sozial vermittelten, kollektiven Prozess: Sie entsteht dort, wo Störungen, Konflikte und Widersprüche in der Arbeitspraxis zum Ausgangspunkt gemeinsamer Reflexion und Neugestaltung werden (Virkkunen, 2006). In der Theorie des expansiven Lernens (Engeström, 2015) wird diese kollektive Dimension systematisch gefasst. Lernen bedeutet hier, den gegebenen Handlungshorizont zu erweitern und neue Bedeutungs- und Regelstrukturen hervorzubringen. Beschäftigte werden so zu Mitgestaltenden organisationaler Transformation, indem sie neue Formen der Kooperation und Praxisentwicklung erproben. Damit bietet expansives Lernen einen theoretischen Rahmen, um die Gestaltung des Personalmixes nicht als Anpassungsleistung, sondern als kollektive Entwicklungsaufgabe zu begreifen.

Engeström et al. (1996) führen das Change Laboratory[1] als Methode ein, expansives Lernen in der Praxis anzuregen und hierdurch Transformative Agency durch formative Intervention zu fördern. Change Laboratories bestehen typischerweise aus sechs bis zwölf aufeinanderfolgenden Workshops mit einer Dauer von jeweils zwei Stunden. Zunächst werden die Teilnehmenden durch den/die Forschende:n mit beispielhaften Problemen, Unterbrechungen und Widersprüchen in ihrem Arbeitsalltag konfrontiert (erster Stimulus). Die Daten stammen dabei bspw. aus Beobachtungen und Vorgesprächen. Im Anschluss wird ein zweiter Stimulus präsentiert, welcher die Teilnehmenden dazu anregen soll, die Widersprüche zu analysieren und zu reflektieren. Häufig wird dafür das Tätigkeitsmodell von Engeström (2015) verwendet (Abbildung 1).

Abbildung 1: Tätigkeitsmodell nach Engeström[2] (2015, S. 63)Abbildung 1: Tätigkeitsmodell nach Engeström[2] (2015, S. 63)

Anhand der Linien identifizieren und analysieren die Teilnehmenden die Widersprüche in ihrer Arbeit. Dabei geht es um mehr als bloßes Beobachten und Einordnen. Vielmehr wird versucht, Problematiken und Widersprüche praktisch zu erforschen, sie geschichtlich einzuordnen und daraus grundlegende Verbindungen abzuleiten. Engeström et al. (2012) bedienen sich des Bildes der „Keimzelle“ von vorhandenen Strukturen, Handlungen und Arbeitsweisen, die in diesem Prozess erforscht werden. Eine Keimzelle beschreiben sie dabei als eine Einheit von Gegensätzen, also als internal spannungsvolles Konzept. Durch diese Spannungen wird die Keimzelle als Ausgangspunkt produktiv. Aus ihr können vielfältige Lern- und Entwicklungsprozesse entstehen, da sie Räume zur Erklärung, Anwendung und kreativen Problemlösung eröffnet (Engeström et al., 2012). Die Lernenden entdecken und modellieren im Change Laboratory diese „Keimzellen“ in einem kollektiven Prozess mit ermöglichenden Rahmenbedingungen. Hierdurch werden expansive Lernprozesse angestoßen, die Transformative Agency ermöglichen und fördern können.

In der kulturhistorischen Tätigkeitstheorie bildet dabei das Objekt, als handlungsleitendes Motiv, den zentralen Bezugspunkt kollektiven Lernens. Es bezeichnet nicht einen statischen Gegenstand, sondern einen dynamischen, gemeinschaftlich geteilten Gegenstandsbereich, der durch kollektives Handeln verändert und zugleich sinnstiftend wirksam wird (Engeström, 2015). Als zentrales Motiv einer Tätigkeit verleiht das Objekt dem Handeln Richtung, Bedeutung und gesellschaftliche Einbettung, unabhängig davon, ob es materieller oder ideeller Natur ist (Sannino, Engeström & Lemos, 2016). Charakteristisch für das Objekt ist seine historische Offenheit. Es bleibt stets unvollendet und wird im Spannungsfeld gesellschaftlicher Deutungen, institutioneller Strukturen und individueller Sinnzuschreibungen ständig neu konstruiert. Damit fungiert das Objekt als Spiegel kollektiver Widersprüche, in dem sich Veränderungen sozialer Praxis äußern. Die Analyse dieser Widersprüche bedingt Lernprozesse, weil sie es ermöglicht, Motive, Strukturen und Handlungsorientierungen kritisch zu reflektieren und neu auszurichten.

In expansiven Lernprozessen wird das Objekt somit zum Motor von Entwicklung. Es verbindet die individuelle Erfahrung mit kollektiver Praxis und eröffnet Räume, in denen neue Bedeutungen, Werkzeuge und Regeln entstehen können. Lernen bedeutet in diesem Sinne, das Objekt gemeinsam zu transformieren – ein Prozess, in dem Wissen nicht übertragen, sondern gemeinsam hervorgebracht wird. Hierzu müssen die zugrunde liegenden handlungsleitenden Motive der beruflichen Pflege reflektiert werden. Diese sind verwoben mit berufsfachlichen Vorgaben und Systembedingungen sowie historischen Prägungen –beispielsweise der Vergeschlechtlichung von Pflegearbeit im Kontext christlicher Nächstenliebe. Darin zeigt sich die Multiplizität des Objekts Pflege, dessen Gestalt sich fortlaufend verändert und nicht abschließend erfassbar ist (Passoth, 2013, S. 269). Im Krankenhaus dominiert traditionell eine funktionsorientierte Organisation, die Diagnostik und Therapie in den Vordergrund stellt. Damit tritt, wie Jaspers (1979, S. 39) kritisiert, „an die Stelle der Sorge für das kranke Individuum der Betrieb“. Pflege wird so auf technisch-funktionale Abläufe reduziert, während subjektive Dimensionen des Erkranktseins aus dem Blick geraten (Feuerstein, 1993, S. 46). Mit der generalistischen Pflegeausbildung wird diese Funktionsorientierung herausgefordert. Ihr Ziel ist eine patienten- und prozessorientierte Pflege über alle Altersstufen und Sektoren hinweg (BMJ, 2018). Sie stärkt die wissenschaftlich fundierte Handlungskompetenz und das hermeneutische Fallverständnis von Pflegekräften, die Pflege als verstehende, kommunikative und koordinierende Tätigkeit gestalten (BIBB, 2020). Die Multiplizität der Pflege zeigt sich zudem im Wandel des Krankheitsspektrums: Chronische Erkrankungen prägen heute die Versorgung (Güthlin et al., 2020; van den Bussche et al., 2013). Pflegerisches Handeln ist daher nicht nur kurativ, sondern auch präventiv, beratend, begleitend, rehabilitativ und palliativ (Hinsche et al., 2024). Damit verbunden ist die Unterstützung in der Bewältigung von Verlusten – eine Aufgabe, die dem gesellschaftlichen Fortschrittsparadigma widerspricht, das Krankheit und Sterblichkeit verdrängt (Reckwitz, 2024). Für Pflegekräfte entsteht hieraus ein Spannungsfeld, dessen Verarbeitung selbst handlungsleitendes Motiv werden kann (Hiestand et al., 2025, S. 3).

Tätigkeitstheoretisch bedeutet dies: Expansives Lernen entsteht, wenn die Multiplizität der Objekte anerkannt, Widersprüche zwischen individuellen, kollektiven und organisationalen Handlungsorientierungen sowie gesellschaftlichen Bedingungen sichtbar gemacht und im Team bearbeitet werden. Wissenstransfer und Selbstreflexion – wie im Pflegeberufegesetz verankert – sind dabei zentrale Kompetenzen, um im Sinne von Transformative Agency funktionsorientierte Routinen zu hinterfragen und Prozess- sowie Beziehungsorientierung im Pflegeteam zu etablieren. Teamentwicklung in qualifikationsheterogenen Pflegeteams setzt an der kollektiven Objektorientierung an. Erst wenn Widersprüche zwischen funktionsorientierten Routinen, organisatorischen Anforderungen und berufsfachlichen Deutungen am gemeinsamen Objekt sichtbar und bearbeitbar werden, kann Transformative Agency entstehen. Vor diesem Hintergrund richtet sich der anschließende empirische Teil auf die Frage, wie kollektive mentale Objektmodelle in einem realen Stationsteam entstehen, verhandelt und in neue Praktiken übersetzt werden können.

4 Entwicklung kollektiver mentaler Objektmodelle als „Keimzelle“ für die Teamentwicklung am empirischen Beispiel eines chirurgischen Pflegeteams

Die empirische Untersuchung kombiniert die Change-Laboratory-Intervention als formativen Ansatz mit der Grounded-Theory-Methodologie (GTM) zur theoriegenerierenden Analyse. Sie zielt darauf, Prozesse kollektiver Objektbildung in einem qualifikationsheterogenen Pflegeteam zu rekonstruieren und erste Einsichten in die Dynamik kollektiven Lernens zu gewinnen. Dabei basiert sie auf der Annahme, dass Innovationen dort entstehen, wo Teams reale Widersprüche in ihrer Arbeitspraxis gemeinsam reflektieren und neu deuten.

Die im Folgenden dargestellten ersten Daten der Untersuchung stammen aus der Begleitung eines chirurgischen Stationsteams eines kommunalen Krankenhauses, das sich in einer Umstrukturierung befindet. Die Erweiterung des Stationsprofils um eine geriatrische Frührehabilitation, personelle Wechsel in der Führung und die geplante Standortverlagerung der Klinik erzeugen Spannungen, in welchen Routinen und Verantwortlichkeiten neu ausgehandelt werden müssen. Als Teil der erweiterten Regelversorgung verändert die Integration der geriatrischen Frührehabilitation den Fallmix, die Schnittstellen und pflegerischen Zuständigkeiten. In einem Auftragsklärungsgespräch mit den Führungskräften (n = 3), teilnehmenden Beobachtungen einer Frühschicht und einer Spätschicht und Kurzinterviews mit Teammitgliedern und ärztlicher Leitung der geriatrischen Frührehabilitation (n = 10) wurden zunächst zentrale Spannungsfelder und Wahrnehmungen der Teamarbeit erhoben. Diese Daten fungierten zugleich als Mirror Data im Sinne des Change-Laboratory-Ansatzes, die als erster Stimulus im Zyklus expansiven Lernens (Abbildung 2) genutzt wurden.

Abbildung 2: Zyklus expansiven Lernens (nach Kerosuo, Kajamaa & Engeström, 2010, S. 116)Abbildung 2: Zyklus expansiven Lernens (nach Kerosuo, Kajamaa & Engeström, 2010, S. 116)

Seit Mai 2025 fanden drei Workshops à jeweils zwei Stunden statt, in denen die ersten Phasen des Lernzyklus durchlaufen wurden: Im ersten Workshop identifizierte das Team zentrale Widersprüche, um die aktuelle Arbeitspraxis zu hinterfragen, im zweiten wurden diese analysiert und priorisiert und im dritten Workshop wurden erste Lösungsansätze modelliert. Hierbei entstand unter anderem die Idee einer neuen Rolle der Schichtsteuerung“, die koordinierende Aufgaben übernimmt, Kommunikationswege bündelt und Unterbrechungen im Pflegeprozess reduziert. Die Forschende nahm eine moderierende Rolle ein, strukturierte den Prozess anhand des Tätigkeitssystems und begleitete die kollektive Reflexion, ohne die Inhalte zu lenken. Drei weitere Workshops sind geplant, um die entstandenen Konzepte in der Praxis zu erproben und weiterzuentwickeln. Die Datenauswertung der Studie erfolgt nach der GTM (Strübing, 2021). Datenerhebung und Analyse verlaufen parallel, sodass Beobachtungen und Interpretationen unmittelbar in die Gestaltung der Intervention rückgekoppelt werden können. Hierbei orientiert sich das Vorgehen an dem für die GTM kennzeichnenden kontinuierlichen Wechsel von Feldarbeit und Reflexion (Strübing, 2021). Ein weiteres zentrales Element der GTM ist das Kodierparadigma, welchem das dargestellte Design folgt. Im offenen Kodieren werden die erhobenen Daten anhand theoriegenerierender W-Fragen (Was, wer, wie, wann, wie lange, wo, warum, womit, wozu) analysiert, um Handlungs-, Deutungs- und Spannungsmuster zu identifizieren. Im axialen Kodieren werden diese Kodes unter der Nutzung des Paradigmatischen Modells (Kernphänomen, kausale Bedingungen, Kontextbedingungen, intervenierende Bedingungen, Strategien, Konsequenzen) zu übergeordneten Kategorien verdichtet (Strübing, 2021) und in Beziehung gesetzt. Das vorgesehene selektive Kodieren dient dem Herausarbeiten von Kernkategorien und der Formulierung gegenstandsgegründeter theoretischer Ableitungen (Strübing, 2021). Dieser Schritt erfolgt in einer späteren Phase der Studie. Der derzeitige Stand der Untersuchung ist explorativ und liefert vorläufige Einblicke in die frühen Phasen expansiven Lernens eines Teams. Die zentralen Limitationen liegen im frühen Zeitpunkt der Datenerhebung und in der Fokussierung auf ein einzelnes Team. Die bislang gewonnenen Erkenntnisse stellen daher keine abgeschlossenen Ergebnisse dar, sondern erste Anhaltspunkte, die durch den Einbezug weiterer Teams und fortgesetzte Datenerhebung verdichtet werden sollen.

Die Doppelrolle der Forschenden als Moderatorin und Analytikerin erfordert eine besondere Reflexivität, um Nähe und Distanz methodisch auszubalancieren. Dieser Herausforderung wird durch Forschungsmemos, Peer-Debriefings, Triangulation verschiedener Datenquellen (Beobachtungen, Interviews, Workshop-Transkripte) und wiederkehrende Reflexionsschleifen begegnet. Gleichwohl bleibt der Einfluss der Forschungssituation, wie etwa organisationale Rahmenbedingungen, Machtverhältnisse oder gruppendynamische Prozesse, Teil der Interpretation. Insgesamt bietet das gewählte Forschungsdesign die Möglichkeit, frühe Prozesse expansiven Lernens empirisch sichtbar zu machen. Die bisherigen explorativen Beobachtungen geben erste Hinweise darauf, wie Teams über die gemeinsame Reflexion ihres Objekts kollektive Lern- und Entwicklungsbewegungen initiieren. Diese werden in den folgenden Kapiteln entlang zentraler Spannungsfelder der Teamarbeit (Führung, Koordination und Kommunikation) exemplarisch dargestellt. Die sich darstellenden Teamproblemlagen am empirischen Beispiel werden im Anschluss vor dem Hintergrund systemischer Herausforderungen qualifikationsheterogener Pflegeteams und der Bedeutung des geteilten Objektes für kollektive Lernprozesse, um diesen Herausforderungen zu begegnen, diskutiert.

4.1 Führungskonflikt: Widersprüchliche Erwartungen

Der Führungswechsel auf Stations- und Bereichsebene markiert einen zentralen Konfliktpunkt im untersuchten Team. Das Team und seine Leitungen rekonstruieren übereinstimmend das Bild einer stark protektionistisch agierenden früheren Leitung: „Das Wunschbuch hatten wir. Wir hatten ein Wunschbuch, das war jenseits von Gut und Böse … Und das Ding ist, sie hat ja Überstunden geschaffen ohne Ende“ (Auftragsklärung_SL[3]).

Die Analyse zeigt, dass die frühere Praxis eine Erwartungskultur individueller Rücksichtnahme verfestigt hat. Mit der neuen Stationsleitung werden gegensätzliche Deutungsmuster sichtbar: Sie beschreibt die Ansprüche der Mitarbeitenden als nicht erfüllbar, während diese ihre Erfahrungen in Form eines Verlustdiskurses rekonstruieren. Zudem entsteht eine Bruchlinie durch ihren geriatrischen Hintergrund: Sie deutet die geriatrische Frührehabilitation als „Traumland eigentlich“ (Auftragsklärung_SL), während sie die von ihr identifizierten Funktionsorientierungen des Teams als Ursache für die ablehnende Haltung ihres Teams gegenüber der Integration der neuen Aufgabe ins Stationsprofil hervorhebt:

Das ist nicht das, was sie wollen. Sie verstehen unter Pflege, dass ich für die Ärzte da bin, dass ich einen Patienten in den OP schiebe und dann kommt er zurück und dann hat er keine Schmerzen und dann habe ich genug getan. Das klingt jetzt so ein bisschen salopp. Also mehr so diese Funktionspflege. Und dieses Beziehungsarbeiten, das wollen die nicht. Und da sind chirurgische Pflegekräfte per se eher nicht dazu zu begeistern. Nicht alle (Auftragsklärung_SL).

Auch auf Bereichsebene werden belastete Erwartungshorizonte sichtbar. Die aktuelle Bereichsleitung verweist auf ein „gelerntes Misstrauen“ gegenüber Führungszusagen, das auf die Praktiken des früheren Bereichsleiters zurückgeführt wird:

Der Vorgänger, der da war, hat zwar viele Versprechen gemacht, nie ist etwas eingehalten worden. Dann viel „Ich kümmere mich drum, ich mach das, es ist kein Problem“. Und irgendwann war der Punkt, wo auch im Team klar war, es ist völlig egal (Auftragsklärung_BL).

Die subjektive Rekonstruktion verweist auf ein Vertrauensdefizit, das Frustration und eine pauschale Ablehnung von Neuerungen hervorruft. Die Konflikte gehen weniger auf den Führungsstil zurück als auf Diskrepanzen in den mentalen Modellen von Leitung und Fachkräften. Während die Führung gemeinsame Werte und Teamorientierung betont, definiert das Team seine Identität über Humor, Pausen und eine funktionsorientierte Pflegepraxis. Die mit der geriatrischen Frührehabilitation verbundene Beziehungsorientierung erscheint hingegen als Bedrohung der Identität als „chirurgische Schwestern“.

Insgesamt äußert sich, dass der gegenwärtige Führungskonflikt maßgeblich auf einer fehlenden gemeinsamen Objektorientierung beruht. Erst die kollektive Arbeit am Pflegeobjekt im Zusammenspiel von Führung und Team erscheint als Ansatzpunkt, um Erwartungen und mentale Modelle anzugleichen und den Konflikt langfristig bearbeitbar zu machen.

4.2 Neuausrichtung der Koordination der Zusammenarbeit

Die Analyse verweist auf einen deutlichen Bedarf an veränderter Koordination im Team. Die Arbeitsweise erscheint historisch gewachsen und von tradierten Erwartungen geprägt, die zunehmend als nicht mehr tragfähig bewertet werden:

Ich finde schon, viele Erwartungen an uns, speziell an die Pflege, was wir zu leisten haben. Das war schon immer ein Problem, wenn man es als Problem bezeichnen kann. Ja, ihr seid ja für die Patienten zuständig, also macht das, das und das und das und das. … Pflege kommt halt auch aus einer Generation. Ich denke da ist auch viel Historisches noch dabei, was da rein wirkt. Es geht halt so nicht mehr jetzt. Beten und dienen, Gotteslohn und solche Geschichten. Das wurde halt viele Jahre so praktiziert, aber das fliegt uns jetzt um die Ohren, weil das kann man so nicht mehr leisten (Change Laboratory 1_SSL).

Besonders sichtbar wird dies an den veränderten Teamstrukturen. Während früher nahezu alle Teammitglieder in Vollzeit und mit dreijähriger Ausbildung tätig waren, ist das Personal heute heterogener zusammengesetzt. Teilzeitkräfte mit Zwischendiensten und Hilfskräfte werden jedoch von den examinierten Pflegefachkräften nicht als Entlastung anerkannt:

Na ja, aber jetzt mal ganz ehrlich, also Tanja (PFKE) ist uns im Alltag keine Unterstützung. […] Aber, also ich muss ehrlich sagen, wir haben super viele so Zwischendienstler, wo nicht definiert ist, was gemacht wird. Für mich fehlt es an examinierten Fachkräften, die im Frühdienst arbeiten und im Spätdienst arbeiten. Es ist so gefühlt (Change Laboratory 2_PFK1).

Diese Dynamik verweist auf eine Abwertung aller, die nicht alle Tätigkeiten vollständig abdecken können, wie z. B. Teilzeitkräfte, Wiedereinsteiger:innen oder Auszubildende. Statt Potenziale der heterogenen Personalkapazitäten einzubeziehen, dominiert die Forderung nach weiteren examinierten Vollzeitkräften. Damit verengt sich das Objektverständnis: Es richtet sich weniger auf die Versorgung selbst als auf das Prinzip, dass alle „alles“ machen müssen. Ein Beispiel ist die bis heute fortgeführte Aufteilung nach „Neubau“ und „Altbau“, die räumlich zwar kaum getrennt sind, aber als feste Struktur unabhängig vom tatsächlichen Pflegebedarf bestehen bleibt. Die Rekonstruktionen verdeutlichen, dass die Zusammenarbeit erst durch eine kollektive Reflexion des Pflegeobjekts neu ausgerichtet werden kann. Ein solcher Aushandlungsprozess eröffnet die Möglichkeit, pflegefachliche Ziele, verfügbare Ressourcen und Formen ihrer Nutzung gemeinsam zu bestimmen.

4.3 Kultur der Zusammenarbeit und Kommunikation

Die Analyse zeigt widersprüchliche Deutungen der Kommunikationskultur. Einerseits gilt Direktheit als historisch gewachsenes Merkmal der Teamidentität und wird positiv als Ausdruck von Augenhöhe und Zusammenhalt bewertet:

Weil wir sind eine Station, wir haben halt im Vergleich zu anderen hier einen ganz anderen Umgang mit Ärzten oder im Team. Manchmal auch ein bisschen derber, das wird dir wahrscheinlich auch aufgefallen sein. … Genau, also bei uns, klar, wenn der Chefarzt da war, da ist es nicht ganz so, dann drückt man auch mal ein kleiner Spruch (Kurzinterview_PFK4).

Gleichzeitig wird deutlich, dass diese Kommunikationsform nicht für alle anschlussfähig ist. Während langjährige Zugehörige und Vollzeitkräfte Direktheit positiv bewerten, problematisieren neuere oder in unterstützenden Funktionen tätige Kolleg:innen den Umgang: „Frust, ja, das habe ich dann halt gemerkt, es wurde halt hinter mir geredet“ (Kurzinterview_PFKE). Das folgende Zitat beschreibt die Herausforderungen im Alltag, die mit dieser Diskrepanz einhergehen:

Manche gehen freie Schnauze raus, die sagen, wie sie es denken. Und der andere, gehöre ich auch dazu, ähm, ja, ich schluck dann zuerst mal und denk mir meinen Teil und irgendwann, ähm, versuche ich das anzusprechen. … Also das Direkte verträgt nicht jeder und dann, ja, passiert mir als auch und dann weiß ich nicht, ähm, soll ich das jetzt als Kritik auffassen oder einfach nur als Anregung (Kurzinterview_PFK5).

Neben der Direktheit wird die Beschwerdekultur reflektiert. Insbesondere im zweiten Workshop beschreiben die Teammitglieder, dass häufige Klagen und die generelle Ablehnung von Veränderungen dazu führen, dass die Anliegen des Teams von anderen Berufsgruppen nicht mehr ernst genommen werden:

Ich glaube auch schon, dass da auch ein bisschen so das Problem ist, es wird sich irgendwie dauerhaft beschwert über irgendwas. Und ich glaube, dann werden wir irgendwann nicht ernst genommen, wenn es halt wirklich scheiße ist. Und ich glaube, an dem Punkt waren wir jetzt. So. Es wurde sich viel beschwert und ich bin schon lange im Team. Ich habe gute Phasen mitgemacht, ich habe schlechte Phasen mitgemacht. Und ich weiß auch, in den guten Phasen haben sich so viele beschwert und es war immer irgendwas schlimm. Und ich glaube, dass die Ärzte das irgendwann mal nicht mehr ernst nehmen (Change Laboratory 2_PFK1).

Als gemeinsamer Bezugspunkt wird schließlich die Vorstellung sichtbar, dass „gute Zusammenarbeit“ möglichst ohne Kommunikation auskommt:

Ja, wir schaffen … ohne großartig zu sprechen läuft. Ich kann es gar nicht anders beschreiben. Also jetzt zum Beispiel gerade ich, ich versuche jetzt vermehrt in so einem kurzen Zwischendienst zu rutschen von um acht bis halb zwei, dass ich zuschaffe, dass egal was gerade ist und wenn es ein gutes Team ist und gut läuft, dann muss ich nicht fragen. Dann fahre ich in den OP, dann mache ich das und dann läuft es einfach. Man hört Kollegen lachen, man merkt es an den Patienten tatsächlich auch, die klingeln weniger. Also es ist einfach, die Atmosphäre ist anders. Man spürt, es läuft (Auftragsklärung_SL).

Das Zitat verdeutlicht, dass der reibungslose Ablauf als Idealtypus guter Zusammenarbeit gilt. Problematisch ist dabei, dass pflegerische Arbeit durch ein hohes Maß an Unvorhersehbarkeit und Unwägbarkeiten geprägt ist, die ein zentrales Charakteristikum der Interaktionsarbeit an und mit Menschen darstellen (Kaiser et al., 2023). Wird jedoch das Deutungsmuster verfestigt, dass gute Arbeit dann gegeben ist, wenn sie störungsfrei verläuft, so erscheinen notwendige Abstimmungen und Aushandlungen untereinander oder mit Pflegeempfänger:innen nicht als genuiner Bestandteil der Pflege, sondern als Unterbrechung und Belastung.

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass erst eine kollektive Reflexion des Objekts eine Neubewertung ermöglicht. Wenn Kommunikation nicht als reibungsloses „Nicht-reden-müssen“, sondern als aktiver Teil fachlicher Zusammenarbeit verstanden wird, kann sich die Definition von „guter Arbeit“ in Richtung einer partizipativen und professionellen Auseinandersetzung miteinander und mit den Pflegeempfänger:innen entwickeln.

4.4 Kollektive pflegefachliche Reflexionen entlang des Objekts als Ausgangspunkt transformativer Teamentwicklungsprozesse

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die identifizierten Widersprüche Ausdruck tieferliegender Differenzen in den kollektiven Deutungs- und Objektmodellen sind. Kernproblem ist das fehlende gemeinsame Verständnis darüber, worin das Objekt der Pflege besteht und welche Ziele verfolgt werden sollen. Besonders deutlich wird dies im empirischen Beispiel an den Spannungen zwischen examinierten Vollzeitkräften und Teilzeit- oder Hilfskräften. Erstere beanspruchen aufgrund ihrer Orientierung an der chirurgischen Funktionspflege die Definitionsmacht darüber, was als „vollwertiger“ Beitrag im Team gilt. Andere Beschäftigtengruppen werden dadurch marginalisiert, ihre Potenziale kaum genutzt und Innovationen blockiert. Hinzu kommt, dass die geriatrische Frührehabilitation nicht in das pflegerische Selbstverständnis integriert wird. Während Führungskräfte darin ein „Traumland“ pflegerischer Möglichkeiten sehen, werten viele Teammitglieder sie als „Altenpflege“ ab. Damit prallen ein funktionsorientiertes und ein beziehungsorientiertes Pflegeverständnis aufeinander. Ohne bewusste Aushandlung bleibt die geriatrische Frührehabilitation als Störung im Team verankert. In den Spannungen im Team spiegelt sich die Fragmentierung der Versorgungsprozesse, in denen stationäre Akutversorgung und Rehabilitation leistungsrechtlich und organisatorisch separiert sind. Zugleich deutet sich darin eine Werthaltung an, in der die Pflege alter und hochaltriger Menschen im Vergleich zur chirurgischen Akutpflege von Mitarbeitenden als Abwertung gedeutet wird. Es kommt zu einer systemisch bedingten Divergenz zwischen Handlungsroutinen und Deutungsmustern. Die Zwischenergebnisse deuten an, dass die kollektive Reflexion des gemeinsamen Objekts, z. B. im Rahmen der Change Laboratories ein zentrales Lernfeld der Pflege darstellt. In diesem Prozess können Machtverhältnisse sichtbar gemacht, unterschiedliche Annahmen anerkannt und zu einem erweiterten Verständnis professioneller Pflege verbunden werden. So eröffnen sich Chancen, Vertrauen zwischen Führung und Team aufzubauen und die Erweiterung des Stationsprofils um die geriatrische Frührehabilitation als Ressource für Kompetenz- und Qualitätsentwicklung zu nutzen. Erste Hinweise auf Transformative Agency werden sichtbar. Das Team beginnt, eigene Deutungsmuster zu reflektieren, Handlungsmodelle zu entwickeln und zu erproben. Diese Prozesse lassen sich als „Keimzellen“ nachhaltiger Teamentwicklung verstehen, da sie neue Formen professioneller pflegerischer Praxis erzeugen und langfristig verankern können.

5 Diskussion: Interaktion mit und am Objekt als Quelle für Innovation und Transfer

Die vorliegenden Analysen verdeutlichen, dass der Transfer organisationaler Innovationsprozesse in der Pflegepraxis nicht als linearer Vorgang oder als hierarchisch gesteuerte Implementierung vorgefertigter Konzepte verstanden werden kann. Es handelt sich vielmehr um einen rekursiven Prozess, in dem sich die alltägliche Arbeitspraxis und die strukturellen Gegebenheiten wechselseitig beeinflussen. Gerade die bewusste Kontrastierung und Reflexion dieser Widersprüche bilden eine zentrale Voraussetzung für Teamentwicklungsprozesse. Teams sind hierbei als soziale Systeme mit einer eigenen Logik zu begreifen, deren Entwicklung nur dann gelingen kann, wenn ihre Mitglieder aktiv an kollektiven Aushandlungs- und Lernprozessen beteiligt sind. Das gemeinsame Objekt fungiert als produktiver Ausgangspunkt, an dem sich Reflexion, Verständigung und Innovation vollziehen können. Erst durch diese kollektive Auseinandersetzung entstehen Formen von Transformative Agency (Engeström & Sannino, 2020), die es den Beteiligten ermöglichen, bestehende Routinen kritisch zu hinterfragen, neue Handlungsoptionen zu entwerfen und diese eigenverantwortlich zu erproben. Die im untersuchten Team beobachtete Unsicherheit im Umgang mit dem Qualifikationsmix bestätigt Befunde einer verbreiteten Theorie- und Konzeptlosigkeit in der pflegerischen Praxis (Brandenburg & Kricheldorff, 2019). Sie äußert sich in Spannungen, die von Überforderung, Ambiguitätsintoleranz und Statusunsicherheit geprägt sind (Darmann-Finck et al., 2016). Gleichzeitig lässt sich in diesen Spannungen Innovationspotenzial erkennen. Wenn sie als Ausdruck struktureller Widersprüche begriffen werden, können sie als „Keimzelle“ Ausgangspunkt neuer Modelle der Zusammenarbeit und gemeinsamer Lernprozesse werden. Die bewusste Auseinandersetzung mit der Heterogenität der Qualifikationen eröffnet damit Möglichkeiten, kollektive Reflexions- und Handlungsräume zu schaffen, die über funktionale Anpassungsleistungen hinausreichen. Der Transfer dieser Lernprozesse sollte dabei nicht als Übertragung externer Steuerungslogiken, sondern als zirkulärer Prozess zwischen Praxis und Organisation verstanden werden. Dabei lassen sich zwei Dimensionen unterscheiden. Erstens die direkte Integration neu entwickelter Modelle in den konkreten Arbeitszusammenhang und zweitens die Übertragung der dabei entstehenden Reflexionslogiken, Lernprinzipien und Kooperationsformen auf andere organisationale Kontexte. Beide Prozesse stehen in Verbindung. Erst die Passung der neuen Modelle ermöglicht ihre Übertragung, während auf der anderen Seite die Etablierung einer geteilten Reflexionskultur zur Förderung von Innovation und Lernen auf Teamebene beiträgt. Transfer erweist sich damit als Ausdruck einer kollektiven Lernbewegung, die auf die Erzeugung neuer Objektmodelle und gemeinsamer Sinnzuschreibungen abzielt.

Für die Pflegepraxis ergeben sich daraus Implikationen. Die Auseinandersetzung mit der Multiplizität der Objekte der Pflege bspw. entlang der Phasen chronischer Erkrankungen (Corbin & Strauss, 1993; Schaeffer & Haslbeck, 2016) und eine kompetenzorientierte Gestaltung der Teamarbeit (Hiestand, 2023) können dazu beitragen, gemeinsame Deutungs- und Handlungsmuster zu entwickeln. Damit wird der Fokus von der standardisierten Verrichtung klar abgegrenzter Tätigkeiten nach Qualifikationsniveaus hin zu einer kommunikativen Aushandlung von Zuständigkeiten im unmittelbaren Kontakt mit den Pflegeempfänger:innen verschoben. Dieser Perspektivwechsel stärkt nicht nur die (transformative) Handlungsfähigkeit der Teams, sondern zugleich die Partizipationsmöglichkeiten der Pflegeempfänger:innen.

Formate wie die Change-Laboratory-Intervention können solche Prozesse gezielt unterstützen, indem sie Räume für kollektive Reflexion eröffnen und Spannungen nicht als Defizite, sondern als produktive Ausgangspunkte organisationaler Entwicklung begreifen. Pflegeteams werden dadurch nicht zu passiven Rezipient:innen externer Veränderungsimpulse, sondern zu Mitgestaltenden ihrer eigenen Praxis. Transfer vollzieht sich in diesem Verständnis als reflexiver, rekursiver Prozess, in dem neue Objektlogiken, kollektive Lernhaltungen und handlungsleitende Orientierungen gemeinsam hervorgebracht und institutionell verankert werden.

6 Fazit und Ausblick

In der Auseinandersetzung mit der Rolle des Objekts in der Teamentwicklung qualifikationsheterogener Teams wird deutlich, dass patienten- und personenzentrierte Pflege weit über die unmittelbare Arbeit an Pflegeempfänger:innen hinausgeht. Sie ist nicht lediglich als individuelles Interaktionsprinzip zu verstehen, sondern als kollektives Organisationsprinzip, das in die Strukturen und Bedingungen des Gesundheitssystems eingebettet ist. Daraus folgt, dass Abläufe, Routinen und Handlungen kontinuierlich kollektiv reflektiert und am Objekt der Pflege ausgerichtet werden müssen. Entscheidend ist dabei weniger die Frage „Wie machen wir das?“, sondern die vorgelagerte Frage „Warum machen wir das?“.

Der Beitrag basiert auf vorläufigen Einblicken einer laufenden Dissertationsstudie, die diese kollektive Perspektive auf die Kompetenzentwicklung in Pflegeteams aufgreift. Die bisher dargestellten Analysen bieten erste Hinweise auf Mechanismen expansiven Lernens in einem Pflegeteam. In den kommenden Erhebungsphasen wird die Untersuchung auf weitere Teams ausgeweitet, um vergleichende Perspektiven zu eröffnen und die bisherigen Erkenntnisse empirisch zu vertiefen. Damit kann das Verständnis kollektiver Lernprozesse in der Pflegepraxis weiter geschärft und ein theoretisch fundierter Beitrag zur Entwicklung einer reflexiven, partizipativen Organisationskultur in der Pflege geleistet werden.

Für die Praxis ergibt sich daraus die Notwendigkeit, qualifikationsheterogene Teams durch geeignete Begleitformate wie Change Laboratory-Interventionen systematisch zu unterstützen. Lernen wird so in die Arbeit integriert und im Sinne eines Lernens im Prozess der Zusammenarbeit (Klauser & Schlicht, 2017), in Anlehnung an das Konzept des Lernens im Prozess der Arbeit (Dehnbostel, 2024, S. 68), als Bestandteil organisationaler Entwicklung wirksam. Berufliche und betriebliche Bildung, die sich organisationskulturell gestaltend begreift, kann hier einen wesentlichen Beitrag leisten, Reflexions- und Innovationsprozesse in Gesundheitseinrichtungen zu initiieren und nachhaltig zu verankern. Wird das Konzept der Transformative Agency im Pflegekontext weitergedacht, rückt auch die Handlungsfähigkeit der/die Pflegeempfänger:in in den Fokus. Ein Beispiel liefert eine Studie von Engeström, Nummijoki und Sannino (2012), die anhand der Entwicklung eines Mobilitätsförderungskonzepts in der ambulanten Pflege Mechanismen expansiven Lernens unter Einbezug von Pflegekräften und Pflegeempfänger:innen darstellt. Im Ausblick zeigt sich, dass in der aktiven Integration von Pflegeempfänger:innen in die Interventionsforschung ein erhebliches, bislang wenig genutztes Erkenntnis- und Innovationspotenzial liegt, das die professionelle Entwicklung in der Pflege voranbringen kann. Damit wird zugleich die Fragmentierung des Gesundheitssystems auf betrieblicher Ebene sichtbar und gestaltbar. Wenn ein Pflegeteam die Bedarfe und Bedürfnisse der Pflegeempfänger:innen zum Ausgangspunkt seiner Arbeitsorganisation macht, betrifft dies unmittelbar auch die Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen sowie die Schnittstellen zu ambulanter und stationärer Langzeitpflege, niedergelassenen Ärzt:innen und Rehabilitation. Das Change Laboratory kann daher als „Keimzelle“ für die Förderung inter- und multiprofessioneller sowie sektorübergreifender Zusammenarbeit im Gesundheitssystem verstanden werden.

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[1]   Engeströms (2015) Theorie des „expansiven Lernens“ versteht Lernen als kollektiven, zyklischen Prozess der Transformation von Tätigkeitssystemen, welcher angestoßen wird durch strukturelle Widersprüche. Er verläuft in Phasen wie Infragestellung, Analyse, Modellierung, Erprobung und Generalisierung neuer Praktiken. Das Konzept basiert auf kulturhistorisch begründeten Prinzipien der Zone der proximalen Entwicklung und der Double Stimulation nach Vygotskij (1978) und der dritten Generation der Tätigkeitstheorie nach Engeström et al. (1996). Methodisch wird es in einem partizipativen Interventionsformat, dem „Change Laboratory“ operationalisiert, das durch den Einsatz von Mirror Data die Reflexion bestehender Praktiken ermöglicht und kollektive Neumodellierungen unterstützt (OpenAI, 2025).

[2] Das Tätigkeitssystem nach Engeström (2015) stellt Handeln in einem triangulären Rahmen dar, in dem ein Subjekt mithilfe von Instrumenten (z. B. Sprache, Werkzeuge, Symbole) auf ein Objekt gerichtet ist, das in einem bestimmten Outcome transformiert wird. Dieses Grundverhältnis ist eingebettet in eine soziale Dimension, die durch Gemeinschaft, Regeln und Arbeitsteilung geprägt ist und die Bedingungen sowie die Koordination des gemeinsamen Handelns strukturiert (OpenAI, 2025).

[3] Personencodes: Bereichsleitung (BL), Stationsleitung (SL), stellvertretende Stationsleitung (SSL), Pflegefachkräfte (PFK), Pflegefachkraft in Wiedereingliederung (PFKE). Alle Namen und Bezeichnungen wurden zur besseren Lesbarkeit innerhalb der gesprochenen Passagen pseudonymisiert.

Zitieren des Beitrags

Kaiser, S. & Gießler, W. (2025). Innovation und Transfer durch Interaktion: Transformative Teamentwicklung im qualifikationsheterogenen Pflegeteam. bwp@ Berufs- und Wirtschaftspädagogik – online, 49, 1–20. https://www.bwpat.de/ausgabe49/kaiser_giessler_bwpat49.pdf

Veröffentlicht am 18. Dezember 2025